Zwickmühle: Welche Folgen der „Ukraine-Skandal“ für Selensky und die Ukraine selbst hat

Die Ukraine steht nun im Zentrum des weltweiten Themas Nummer eins, des US-amerikanischen Wahlkampfes. Aber was bedeutet das für die Ukraine selbst?

Die Ukraine ist seit dem Maidan ein Vasall der USA, in Kiew wird seit 2014 keine wichtige Entscheidung ohne grünes Licht aus Washington getroffen. Das Land ist nach dem Maidan verarmt, hat die Hälfte seiner Wirtschaftskraft eingebüßt, ist de facto bankrott und vollständig abhängig von „Hilfsgeldern“ der EU, USA und des IWF. Diese vollständige Abhängigkeit vom Westen hat für das Land Folgen, die nun deutlich zu Tage treten.

Die Ukraine ist in den Skandalen um US-Wahlkämpfe auch kein „Player“, sie ist nur ein Instrument. Aber die nun veröffentlichten US-Dokumente zeigen, dass sie ein extrem wichtiges Instrument ist und viel tiefer in den „Skandalen“ um die angeblichen russischen oder jetzt ukrainischen Einmischungen in US-Wahlen steckt, als man in der Öffentlichkeit wusste. Daher müssen wir uns zunächst die Chronologie anschauen, um zu verstehen, was das für die heutige Ukraine und ihre neue Regierung bedeutet.

Als die Demokraten sich 2016 die Legende von der russischen Einmischung in die US-Wahlen ausgedacht haben, spielte die Ukraine eine viel wichtigere Rolle, als man bisher wusste. Kern der Geschichte war, dass Daten vom Server der Demokraten bei Wikileaks gelandet sind und von denen veröffentlicht wurden. Es ging in den veröffentlichten E-Mails darum, dass die Demokratische Partei in unzulässiger Weise Clinton gegen ihren internen Konkurrenten Sanders unterstützt hatte – ein klarer Verstoß gegen alle demokratischen Regeln. Diese Tatsache wurde nie bestritten und die Parteivorsitzende musste zurücktreten.

Anstatt aber diesen Skandal aufzuarbeiten, wurde die „russische Einmischung“ erfunden.

Angeblich hätten russische Hacker den Server der Demokraten geknackt und die Daten gestohlen. Ein Kernthema war daher die Untersuchung des Servers, denn die Downloadgeschwindigkeit deutete nicht auf einen Hack hin, sondern auf einen USB-Stick. Das deckte sich auch mit den Angaben von Wikileaks, die behaupteten, die Daten von einem Insider der Partei bekommen zu haben. Dieser Insider soll ein Mann namens Seth Rich gewesen sein, der – dumm gelaufen – ermordet wurde, bevor er dazu verhört werden konnte. Die erste Veröffentlichung der Daten fand auf der Seite DLC Leaks im Juni 2016 statt und schon am 10. Juli 2016 wurde Seth Rich in Washington erschossen, noch bevor Wikileaks selbst die Daten veröffentlicht hat.

Die Schlüsselfrage war also der Server, den jedoch das FBI nie untersuchen durfte. Die Untersuchung führte stattdessen die Firma Crowdstrike durch, die von den Demokraten bezahlt wurde und das gewünschte Ergebnis lieferte: Der Server wurde demnach von Hackern geknackt.

Es ist ein einmaliger Vorgang, dass eine solche Straftat in einem so wichtigen Skandal nicht vom FBI untersucht wurde, sondern von einer Firma, die von einer der beteiligten Parteien dafür bezahlt wurde. Der Server selbst verschwand darauf hin. Wie sich zeigt, scheint er in die Ukraine gebracht worden zu sein. Eine unabhängige Untersuchung des Servers gab es bis heute nicht.

Der damalige ukrainische Präsident Poroschenko hatte sich eindeutig auf die Seite von Clinton gestellt. Er lieferte danach auch Informationen über Trumps Wahlkampfmanager Manafort, die zu dessen Rücktritt während des Wahlkampfes führten, weil ihm vorgeworfen wurde, von Russland bezahlt worden zu sein. Das war ein weiterer Baustein der sogannten „Russlandaffäre“.

Allerdings zeigte sich später das an der Geschichte nichts dran war, denn Manafort hatte das Geld nicht von Russland, sondern als Berater des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch erhalten. Diese Gelder hatte er nicht ordnungsgemäß versteuert und wurde später wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Aber eine Verbindung zu Russland wurde nicht gefunden.

Die entscheidenden Informationen aber hatte die damalige ukrainische Regierung den Demokraten im Sommer 2016 zugespielt.

Der Mueller-Report hat auch eindeutig ergeben, dass es keine fragwürdigen oder illegalen Verbindungen zwischen Trump und Russland gegeben hat. Aber dieser Report war eigentlich überflüssig, denn die beiden Hauptvorwürfe wurden nie untersucht oder sind in sich zusammengebrochen: Der russische Hackerangriff wurde nicht vom FBI untersucht und der Server ist danach verschwunden, und von den Anschuldigungen gegen Manafort blieb außer Steuerhinterziehung nichts übrig.

Die Medien haben diese Fakten nie berichtet, sie stellen es stattdessen so hin, als sei an der Affäre doch irgendetwas dran gewesen, jedoch nennen sie dazu keine Fakten. Kein Wunder, denn es gibt keine.

Was wir aber sehen ist, dass es 2016 eine massive Unterstützung für Clinton aus der Ukraine gegeben hat, die die Medien verschweigen.

Und es geht noch weiter: US-Vizepräsident Joe Biden hat nach dem Maidan-Putsch seinen Sohn in dem ukrainischen Gaskonzern Burisma untergebracht. Dort bekam er offiziell für seinen Nebenjob – er war ja nicht dauerhaft in Kiew – 50.000 Dollar monatlich. Der damalige Generalstaatsanwalt der Ukraine, Schokin, hat gegen die Firma wegen Korruption ermittelt, wobei Bidens Sohn zusammen mit dem gesamten Vorstand im Fadenkreuz der Ermittler stand. Im März 2016 war Joe Biden in Kiew und hat die damalige Regierung unter Präsident Poroschenko und Premierminister Jazenjuk erpresst: Wenn sie Schokin nicht binnen sechs Stunden feuern, werde die Ukraine eine zugesagte US-Zahlung von einer Milliarde Dollar nicht bekommen. Schokin wurde gefeuert und der neue Generalstaatsanwalt Lutsenko hat die Ermittlungen gegen Burisma und Biden junior dann eingestellt. Die Details können Sie hier nachlesen.

Biden selbst hat im Jahr 2018 stolz vor dem Council on Foreign Relations erzählt, wie er den „Hurensohn“ („Son of a bitch“) gefeuert hat.

Joe Biden Admits to Getting Ukrainian Prosecutor who Investigated Son Fired

Poroschenko hat Selensky also ein schweres Erbe hinterlassen.

Trump möchte nun wissen, was damals tatsächlich passiert ist. Offene Fragen gibt es reichlich:

Haben die Demokraten gelogen?
Was ist tatsächlich auf dem fraglichen Server zu finden?
Hat Joe Biden seine Macht als US-Vizepräsident missbraucht, um strafrechtliche Ermittlungen gegen seinen Sohn zu verhindern?
Welche Rolle spielte bei all dem die US-Botschafterin in Kiew, die dem Generalstaatsanwalt Lutsenko, der im Sommer in die USA reisen wollte, um Informationen zu übergeben, kein Einreisevisum für die USA gegeben hat?

Das war nur eine kleine Auswahl der Fragen, auf die es keine Antworten gibt.

Diese Fragen interessieren nicht nur Trump, sondern auch Selensky, denn die Machenschaften der Poroschenko-Regierung sind auch ein innenpolitisches Thema in der Ukraine. Was wurde alles von Präsident Poroschenko angestellt und von Generalstaatsanwalt Lutsenko vertuscht? Es geht um Korruption in Milliardenhöhe, das ist für die neue Regierung des bankrotten Landes ein wichtiges Thema.

Man sieht also, dass sich die Interessen von Trump und Selensky überschneiden: Beide wollen die Dinge aufklären, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Für Selensky ist die Situation allerdings eine Zwickmühle. Er braucht die Aufklärung der Skandale für seine Innenpolitik. Aber wenn er mit Trump zusammenarbeitet und Trump die Wahl verliert, wird Selensky keinerlei Zukunft mehr haben, denn die Rache der Demokraten dürfte schrecklich werden. Wenn er aber gegen seine eigenen Interessen verstößt und die Aufklärung aus Angst vor den Demokraten nicht angeht, dann schadet ihm das erstens innenpolitisch und zweitens hätte er ein Problem, wenn Trump Präsident der USA bleibt.

Was Selensky auch tut, es ist falsch. Die Ukraine ist nun unversehens zu einem Spielball der US-Innenpolitik geworden und sollte dieses Thema bis zu den US-Wahlen in über einem Jahr bestehen bleiben, bedeutet das im besten Fall „nur“ einen quälenden Stillstand für die Ukraine, die aber dringend Fortschritte braucht.

Unabhängig davon, was man von Selensky denkt und was er tatsächlich selbst politisch erreichen möchte: Er kann nur verlieren.

Das erklärt wohl auch, warum Selensky so überrascht und wenig erfreut war, als das Weiße Haus das komplette Gespräch veröffentlicht hat. Selensky war anscheinend davon ausgegangen, dass das Weiße Haus nur Trumps Worte, aber nicht Selenskys Worte veröffentlicht. Aus Selenskys Worten geht nämlich eindeutig hervor, dass er Trumps Interesse teilt und die Machenschaften der Demokraten in der Ukraine mehr als kritisch sieht.

Selensky ist damit schon – ungewollt – auf Trumps Seite gelandet und hat die Demokraten verärgert. In Kiew muss man sich nun jeden Schritt sehr genau überlegen, denn die Ukraine ist damit bereits unter die Räder der US-Innenpolitik gekommen.

Jetzt ist nur noch die Frage, wie sehr sie dabei im US-Wahlkampf unter diesen Rädern zermalmt wird.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. An Staatsspitzen ist die Luft dünn, erst Recht wenn die Macht in anderen Händen liegt. Traditionell befindet sich die Macht in den westlichen Staaten außerhalb der gewählten Institutionen. Die Macht lässt vom Volk lediglich ihre Vertreter wählen.

    Sobald das Volk seine Souveränität zurück erlangen will und selbst die Machthaber wählt, kommt es zu Konflikten wie derzeitig in den USA und anderen westlichen Staaten.

    Selensky und Trump bleibt nur ein Weg, Korruption und Machtmissbrauch in ihren Ländern und zwischen ihren Ländern aufzuklären. Das ist zwar lebensgefährlich aber unumgänglich.

    Würde das Selensky in der Ukraine und Trump in den USA gelingen, hätten sie den Wählerwillen erfüllt. Dafür würden sie allerdings und nur bestenfalls wieder gewählt. Leider enden Staatschefs bisher auch in der Korruption der nicht legitimierten Macht.

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