Die Sicht der Anderen: Das russische Fernsehen über den Streit zwischen den USA und China um Huawei

In der Sendung „Nachrichten der Woche“ hat das russische Fernsehen in zwei aufeinander folgenden Beiträgen über den Konflikt zwischen den USA und China berichtet, bei dem es mittlerweile nicht mehr „nur“ um einen Handelskrieg geht, sondern auch um die Vorherrschaft im Telekommunikationsbereich. Ich habe die Beiträge übersetzt.
 
Beginn der Übersetzung:
 
Wenn wir heute von Amerika sprechen, denken wir immer auch an China. Und es scheint so, als ob die ganze Welt das auch tut. Das liegt daran, dass China an das Hand anlegt, was Amerika für sich beansprucht: Die technologische Führerschaft in der Welt. Aber das wahre Kräfteverhältnis ist mittlerweile so, dass China es auf diesem Gebiet geschafft hat, seine Anstrengungen so zu bündeln, dass es so schnell voran kommt, dass es Amerika nun hinter sich lässt. China ist nun so weit voraus, dass der Rest der Welt bei der Einführung von Telekommunikationsnetzen der fünften Generation, also 5G, auf die Chinesen und ihr transnationales Unternehmen Huawei setzt.
 
Falls es jemand nicht weiß, Huawei hat 180 Tausend Mitarbeiter und Niederlassungen in mehr als 170 Ländern der Welt. Huawei wurde 1987 als privates Unternehmen in den Jahren der Gorbatschow-Perestroika gegründet. Russland wurde zehn Jahre später für Huawei der erste ausländische Markt. Natürlich sind die koreanischen Samsung-Handys noch die beliebtesten auf der Welt, aber das chinesische Huawei steht bereits an zweiter Stelle und hat das amerikanische Apple auf den dritten Platz verdrängt.
 
Das tut den Vereinigten Staaten weh. Washington vergisst in solchen Fällen den Anstand. Washington befiehlt seinen Verbündeten, das 5G-Netzwerk ohne Technik von Huawei aufzubauen, selbst wenn bereits Verträge geschlossen wurden. Und die Tochter des Huawei-Gründers wurde in Kanada auf Wunsch der Amerikaner verhaftet. Das wird kaum helfen, aber in den USA scheint man einen Wutanfall bekommen zu haben. Als Antwort bringen die Chinesen zwei prominente Kanadier in ihr Gefängnis. Nur für alle Fälle.
 
Das ist jedoch nicht das Wichtigste. Peking spielt ein viel größeres Spiel. Tatsächlich kauft es Afrika mit seinen Ressourcen auf, vereint Eurasien durch die neue Seidenstraße, baut Beziehungen zu Russland auf und übernimmt die Führungsrolle bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz. Nahe Peking und im Süden Chinas werden dafür ganze Städte gebaut. Bei der Gesamtkapazität der Supercomputer steht nun China und nicht die USA an erster Stelle der Welt. Am 15. Dezember kam die Nachricht, dass China, um die Tiefen der Teilchenphysik zu erforschen, bereits den größten Teilchenbeschleuniger Welt baut, ein wahres Monster, mit einem unterirdischen Ring mit einem Umfang von 100 Kilometern.
 
Es sei daran erinnert, dass Cern in der Schweiz, an dem auch Russland beteiligt ist, einen Umfang von 26 Kilometer hat. Das ist heute die größte derartige Anlage der Welt. Die chinesische wird 2028 viermal so groß sein. Das neue Projekt drückt den chinesischen Anspruch auf die Führungsrolle in der Welt auf dem Gebiet der Teilchenphysik aus.
 
Vor diesem Hintergrund wirken sowohl amerikanische Sanktionen und Handelskriege, als auch die Weigerung, über Sicherheit zu verhandeln, illegale Verhaftungen, egal ob von Russen oder Chinesen, hilflos und geradezu archaisch. Unangenehm sind sie trotzdem.
 
Es ist schwierig, in dieser müden und verängstigten Frau in rosafarbener Jacke, die Top-Managerin eines der größten Unternehmen der Welt zu erkennen. Es ist Meng Wanzhou, CFO und de facto Nummer Zwei des chinesischen Unternehmens Huawei.
 
Am Ausgang des Gerichts, wird sie geschützt und abgeschirmt während sie zu einem SUV geführt wird. Der Richter entließ Wanzhou schließlich gegen eine Kaution von 7,5 Millionen Dollar und mit der Auflage, sie rund um die Uhr zu überwachen. Außerdem bekam sie eine GPS-Fußfessel. Davor verbrachte Wanzhou fast zwei Wochen in einem kanadischen Gefängnis, nachdem sie während der Umsteigens am Flughafen Vancouver festgenommen worden war. Auf Ersuchen der Vereinigten Staaten und ohne Erklärung.
 
Vermutlich geht es um eine Verletzung der US-Sanktionen durch Huawei gegen den Iran. So wurde in der anglo-amerikanischen Welt mit Vertretern der globalen finanziellen und technologischen Elite noch nie verfahren, auch nicht mit Chinesen.
 
„Wir sind ein Land mit einer unabhängigen Justiz. Die Justizbehörden werden Entscheidungen ohne politische Einmischung treffen. Das Verfahren ist im Gange und es ist nicht angebracht, dass ich dazu Stellung nehme“ sagte der kanadische Premierminister Justin Trudeau.
 
Aber Donald Trump nahm Stellung. So deutlich, dass es wenig Zweifel an der politischen Natur dieser Geschichte gibt. Der US-Präsident sagte, er könne bei der Verhaftung der Finanzchefin von Huawei einschreiten, wenn das dazu beitrage, dass sich die USA und China in Handelsfragen einigen. Das US-Justizministerium widersprach man und sagte, dass es sich um die Verfolgung von Verstößen gegen amerikanisches Recht und nicht um Handelsfragen handelt. Außenminister Pompeo stimmte Trumps Ansatz zu, hat ihn sogar gut geheißen: „Wir müssen immer die Interessen der USA im Auge haben. In allen Fällen, in denen die Justizbehörden beteiligt sind, muss man auch die internationale Politik im Auge haben.“
 
Das bedeutet, dass echte Gentlemen immer gemäß den Regeln spielen, und wenn das nicht funktioniert, dann ändern sie die Regeln. In Peking wurde das offenbar sofort verstanden. Und darum war die Antwort hart. In China wurden zwei Kanadier unter dem Verdacht festgenommen, die nationale Sicherheit zu untergraben.
 
Die kanadische Außenministerin Christia Freeland wählte ihre Worte besonders sorgfältig: „Ein kanadischer Staatsbürger kontaktierte uns, weil chinesische Beamte ihm Fragen stellten. Aber seitdem konnten wir keinen Kontakt mit ihm herstellen.“
 
In den USA gab das Außenministerium dann auch eine alarmierende Erklärung zu den Handlungen Chinas ab: „Wir fordern China auf, alle Formen der willkürlichen Inhaftierung einzustellen und die Freiheiten im Rahmen der internationalen konsularischen Verpflichtungen und Verpflichtungen im Bereich des Schutzes der Menschenrechte zu achten“ sagte Robert Palladino, stellvertretender Leiter des Pressedienstes des US-Außenministeriums.
 
Inzwischen begann der Kongress, den eigenen Verbündeten wegen Huawei zu drohen. Den Europäern soll beispielsweise nicht gestattet werden, die fortschrittliche chinesische Technologie beim 5G-Funknetz zu implementieren, die im Gegensatz zur amerikanischen bereits auf dem Markt erhältlich ist.
 
„Das chinesische Unternehmen Huawei hat sich in eine beherrschende Stellung gebracht, indem es weltweit die Kommunikationsinfrastruktur bereit stellt“ sagte Senator Ted Cruz.
 
Die Teilnehmer der totalen elektronischen Überwachung im Rahmen des Five Eyes-Projekts, die USA, Kanada, Australien, Großbritannien und Neuseeland, sind empört. Sie sind besorgt über den Abfluss persönlicher Daten der Nutzer.
 
„China ist ein wirtschaftliches Monster, das die Rechtsstaatlichkeit nicht respektiert“ sagte Senator John Cornyn.
 
Trotz der Einschüchterung sind beispielsweise Spanien und Frankreich entschlossen, mit Huawei zusammenzuarbeiten.
 
Die Festnahme der Top-Managerin von Huawei ist eine Kriegserklärung im Bereich der Telekommunikation. In dieser Schlacht geht es darum, wer in naher Zukunft die globale Kommunikation kontrollieren und somit dominieren wird. Dieser Konflikt zwischen den USA und China ist also erst der Anfang.
 
Währenddessen in Singapur: Die längste Warteschlange der Welt für das neue iPhone. Was die Fans nicht erwartet hatten, waren die Promoter von Huawei. Sie verteilten 200 Powerbanks mit den Worten „Sie werden sie brauchen“. Ein Hinweis auf den schwachen iPhone-Akku.
 
Dieser Zug wurde als brillantes Trolling bezeichnet, und es war nicht das erste Mal, dass der chinesische Technikkonzern seinem Konkurrenten ein Stück vom Apfel „abgebissen“ hat: Nach der Präsentation neuer amerikanischer Modelle wurde ein Video veröffentlicht: „Danke, dass Sie die gleiche Technik verbaut haben, wie wir.“
 
Aber die schlechteste Werbung für Apple haben Kanada und die USA gemacht. In einem chinesischen Unternehmen kann man nun aufgrund des Besitzes eines iPhone seinen Job verlieren, in einem anderen die Hälfte des Gehalts. Für den Besitz des heimische Smartphone gibt es hingegen eine Prämie. Hier ein Kommentar aus den chinesischen Nachrichten nach der Festnahme der Finanzchefin von Huawei in Vancouver: „Kanadas Bereitschaft, die Menschenrechte mit Füßen zu treten, hat seine Doppelmoral in diesem Bereich aufgedeckt. Es wurde zum Zerstörer von Aktionen für Menschenrechte in der Welt.“
 
Und in chinesischen sozialen Netzwerken läuft eine Welle des Patriotismus: „Ich benutze Huawei, mein Freund liebt Apple. Ich habe ihm gesagt, er soll das Telefon auswechseln, das wollte er nicht. Ich habe mich entschieden, den Typen zu auszuwechseln.“
 
„China hat endlich auf die Vereinigten Staaten und Kanada reagiert, hat Stärke gezeigt und erlaubt es schwachen Ländern, die den Vereinigten Staaten nachlaufen, nicht mehr, China zu beleidigen.“
 
Für die Chinesen ist der „Fall-Huawei“ eine Frage des Nationalstolzes, schreibt The Washington Post. So ist es auch: Der Name bedeutet übersetzt „chinesische Leistung“ oder „Erfolg Chinas“ und das Unternehmen wird dem Namen voll und ganz gerecht. Seine Finanzchefin Meng Wanzhou ist eine der Top-Business-Frauen der Welt und sie ist auch die Erbin des Telekommunikationsimperiums.
 
Im vergangenen Jahr führte Huawei das Ranking der Smartphone-Verkäufe in China an, und dort haben viele Menschen mehr als nur ein Mobiltelefon. Außerdem ist das Unternehmen das Flaggschiff des digitalen Seidenstraßen-Projekts, bei dem das Netzwerk der neuen Generation mehr als 60 Länder verbindet. Und jedes zehnte Patent für die 5G-Technologie kommt aus China und insbesondere von Huawei.
 
In Peking wurde der Skandal daher als Versuch betrachtet, China auszubremsen und einen technologischen Krieg zu erklären.
 
Es geht um die Inhaftierung zweier kanadischer Bürger in der Volksrepublik China. Der erste ist Michael Kovrig, der ehemalige stellvertretende Leiter der kanadischen diplomatischen Mission, der mit Ministerpräsident Trudeau befreundet ist. Er arbeitete in Peking und Hongkong, er hat sogar einen chinesischen Namen, Kang Minkai. Jetzt ist er ein Angestellter einer Nichtregierungsorganisation, die laut Außenministerium der Volksrepublik China nicht in China registriert ist und daher gegen das Gesetz verstößt.
 
Der zweite ist Michael Speyvor, auch Chef einer NGO, die Verbindungen nach Nordkorea hat. Sie arrangiert Reisen nach Pjöngjang, veranstaltet dort Eishockeyspiele. Angeblich kennt Speyvor Kim Jong-Un persönlich und organisierte den Besuch von Basketballspieler Rodman in der Demokratischen Volksrepublik Korea, heißt es in einer kurzen Notiz über seine Festnahme.
 
„Die kanadischen Bürger Michael Kovrig und Michael Speyvor stehen im Verdacht, an Aktivitäten beteiligt zu sein, die die nationale Sicherheit Chinas untergraben. Im Moment werden diese beiden Fälle gesondert untersucht. Wir haben der kanadischen Botschaft in China mitgeteilt, dass alle gesetzlichen Rechte der Gefangenen respektiert werden“ sagte der Sprecher des Außenministeriums.
 
Ihren Besuch in der Volksrepublik China hat die kanadische Tourismusministerin verschoben. China dagegen hat die Verhandlungen mit der kanadischen Handelsdelegation über Forstwirtschaft abgebrochen und als Grund den „laufenden Rechtsstreit“ gegen Meng Wanzhou auch offen angegeben.
 
„Peking glaubt wahrscheinlich, dass die Vereinigten Staaten und andere Länder versuchen, China unter Druck zu setzen und seine Modernisierung zu behindern. Das ruft eine starke Reaktion hervor, die auf Patriotismus gründet. Diese Festnahmen zeigen die Bereitschaft zur Konfrontation mit dem Westen“ sagte der Analyst Joseph Cheng.
 
Die Antwort kann wirtschaftlicher Art sein: Ein chinesisches Gericht hat im Zusammenhang mit Patentstreitigkeiten den Verkauf von sieben alten iPhone-Modellen verboten. Analysten zufolge könnte Apple auf diese Weise 12 Milliarden Dollar verlieren. Der Kampf der Tech-Giganten ist Teil eines Handelskrieges und sein Ergebnis wird weitgehend von den Abkommen zwischen den Führern Chinas und den Vereinigten Staaten abhängen.
 
Ende der Übersetzung
 
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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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