Völlig andere Sicht als im Westen: Das russische Fernsehen über den Truppenabzug der USA aus Syrien

In der wöchentlichen Sendung „Nachrichten der Woche“ hat das russische Fernsehen die Situation in Syrien und Trumps Ankündigung zum Truppenabzug in zwei aufeinander folgenden Beiträgen thematisiert. Interessant ist, wie sehr sich der russische Blickwinkel auf Syrien von dem der westlichen Medien unterscheidet. Ich habe die Beiträge hier übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Wir haben das ganze Jahr über verfolgt, was in Syrien passiert. Für uns ist das von entscheidender Bedeutung, da die terroristische Seuche von dort sowohl auf Russland als auch auf unsere Nachbarländer überzuspringen drohte.
 
Als Folge der Maßnahmen Russlands gelang es der syrischen Armee mit Unterstützung der Türkei und des Iran, den größten Teil des Landes wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Parallel dazu operierte in Syrien eine von den Vereinigten Staaten angeführte und von niemandem eingeladene Koalition.
 
In den letzten Tagen des Jahres 2018 haben wir die Gelegenheit, die Ergebnisse in den Gebieten Syriens zu vergleichen, wo auf der einen Seite der Kampf gegen Terroristen und die Normalisierung des Lebens unter russischer Flagge und auf der anderen Seite unter amerikanischer Flagge verlief. Wir werden also zwei Leben in einem leidgeprüften Land erleben, zwei Konzepte.
 
Als Beispiele nehmen wir zwei Städte in von den Amerikanern kontrollierten Landesteilen, Raqqah und Rukban, und zwei in den von Syrern kontrollierten Gebieten, in denen mit Unterstützung Russlands das Leben aufgebaut wird, Damaskus und Aleppo.
 
In Damaskus und Aleppo wird das westliches Weihnachtsfest gefeiert. Das Leben ist friedlich, es gibt Feiertage und Geschenke. Syrien war und ist ein säkularer Staat, der gleiche Rechte für alle Nationalitäten und Konfessionen garantiert. Dies war in Syrien über viele Jahren nicht mehr so, für die kleinen Kinder sogar noch nie. Jetzt gibt es wieder Hoffnung für die Menschen.
 
Raqqah und Rukban, wo sich das größte Lager des Landes von der Größe der Stadt befindet, sind beide unter der Kontrolle der Amerikaner, es herrschen Zustände wie in einem Albtraum. Niemand denkt dort auch nur an Weihnachten. Es herrscht Gesetzlosigkeit, militante Fanatiker beuten die Menschen wie Sklaven aus, aber für Geld können sie sich freikaufen oder auch in die Sklaverei verkauft werden.
 
Auf den Straßen von Raqqah brennen Feuer, in denen Leichen mit Anzeichen von Folter und anderen Zeichen von Verbrechen verbrannt werden. So verwischen die Amerikaner vor dem angekündigten Abzug ihre Spuren. Die Häuser sind von Bomben zerstörte Ruinen. Niemand denkt an einen Wiederaufbau der Stadt oder an ein friedliches Lebens. Das war war nie Teil der Pläne der Amerikaner. (Anmerkung: Dass dies nicht etwa russische Propaganda ist, kann jeder leicht überprüfen: Haben Sie je von westlichen Politikern etwas über Aufbaupläne für Syrien gehört? Putin hingegen wirbt international seit langem für einen „Marshallplan“ für den Wiederaufbau Syriens und russische Soldaten helfen derzeit bei den Reparaturen von Strom- und Wasserleitungen in den befreiten Gebieten)
 
Das sind die zwei Konzepte für Syrien: das russische und das amerikanische. Es ist der Moment der Wahrheit. Die USA kündigen jetzt ihren Rückzug aus Syrien an. Das verstehe ich, sie sind dort in einer Sackgasse und wussten nicht, was sie als Nächstes tun sollten. Und das Ergebnis wird auch für sie immer schlechter, je länger sie dort bleiben. Und wenn nun jemand fragt, warum Russland neue Waffen braucht, ist die Antwort einfach: Damit sich Raqqah nicht noch anderswo wiederholen kann.
 
Amerika verlässt Syrien und überlässt die Kurden ihrem Schicksal. Zuerst bewaffneten sie die Kurden, feuerten sie zu einem blutigen Kampf mit dem IS an und deuteten die Schaffung eines unabhängigen Kurdistans an. Jetzt redet Amerika nicht mehr von Kurdistan, die Kurden werden in den an die Türkei grenzenden Gebieten sich selbst überlassen. Die Türken wollen den Kurden beibringen, ihre Heimat auf türkische Art zu lieben. Dabei hatten sie eine syrische Heimat, wo sie nicht unterdrückt wurden. Russland hat ihnen angeboten, ein gleichberechtigter Teilnehmer am Friedensprozess zu werden. Aber die Kurden glaubten den Vereinigten Staaten und beschlossen, den Amerikanern zu folgen, die sie davon überzeugt hatten, dass Russland die Kurden verraten hätte.
 
Nun müssen sich die Kurden neu orientieren und entscheiden, ob sie ein Leben in Syrien führen oder an zwei Fronten einen hoffnungslosen Kampf kämpfen wollen, gleichzeitig gegen Syrien und die Türkei.
 
Donald Trump kehrte von seiner geheimen Reise in den Nahen Osten nach Washington zurück und die Rückkehr war nicht mehr so geheim, wie die Abreise.
 
Auf der Basis von El-Assad im Irak wünschte Trump den Soldaten Frohe Weihnachten und bestätigte, dass die amerikanischen Truppen Syrien verlassen sollen.
 
„Amerika sollte nicht für jedes Land der Welt in den Kampf ziehen, oft ohne dafür eine Entschädigung zu bekommen. Wenn sie wollen, dass wir kämpfen, sollen sie auch dafür zahlen. Manchmal bedeutet das auch eine finanzielle Komponente, wir wollen nicht mehr von der ganzen Welt ausgenutzt werden. Das machen wir nicht mehr. Das verstehen auch die anderen so langsam“, sagte Trump.
 
Die einsame Entscheidung des US-Präsidenten über den Abzug der Truppen aus Syrien schockierte Generäle und Politiker in Washington. Sie sprachen sogar von einem Verrat der nationalen Interessen.
 
„Für mich ist dies ein absolut klares Signal, wenn außenpolitische Entscheidungen getroffen werden, die Wladimir Putin und Rand Paul unterstützen. Das ist ein klares Signal, dass die Idee schlecht ist. Parteiübergreifend fordern die Mitglieder des Senats Präsident Trump auf, diese Entscheidung zu überdenken“ sagte der US-Senator Chris Coons von der Demokratischen Partei.
 
Gegen Trumps Entscheidung wird so viel Widerstand wie möglich geleistet. Bis jetzt konnte der plötzliche Abzug der Truppen nur verlangsamt werden, teilte Senator Marco Rubio, Mitglied des Geheimdienstausschusses, mit.
 
„In Syrien werden Verhandlungen über eine Nachkriegsordnung geführt, aber die USA sitzen nicht mit an dem Verhandlungstisch. Alle Entscheidungen werden von der Türkei, Russland, dem Iran und Assad getroffen, also all jenen, die unsere Interessen in keiner Weise berücksichtigen“ sagte Rubio. (Anmerkung: Hier sieht man ganz offen, worum es den USA geht: Um ihre Interessen und nicht etwa um den IS oder die Menschen in Syrien. Leider werden derartig deutliche und unmissverständliche Äußerungen führender US-Politiker von den deutschen Medien nicht aufgegriffen)
 
Politiker, die Trump unterstützten, sind in der Minderheit. Unter ihnen ist auch Senator Rand Paul, der eine realistische Sicht auf das Geschehen in Syrien fordert: „Russland ist auf der Weltbühne ein großer Player und wenn wir unsere Aktionen in Syrien nicht koordinieren, werden wir niemals zu einer Lösung kommen. Der Iran ist ein Player und wir sollten auch in einen Dialog mit Syrien treten. Und wir können Assad nicht ignorieren. Er hat den Krieg gewonnen und diese Leute in Washington haben ihren Kopf in den Sand gesteckt und denken über einen möglichen großen Krieg in der Region unter Beteiligung von Russland und Iran nach. Aber das wäre ein großer Fehler. Ich glaube nicht, dass die Amerikaner einen neuen Krieg wollen “ glaubt Paul.
 
Und es geht nicht nur um Syrien. Der US-Präsident denkt darüber nach, die Zahl der Truppen in Afghanistan von 14.000 auf 7.000 Soldaten zu halbieren. So ist der oft unberechenbare Trump in dieser Angelegenheit nicht nur sich selbst treu geblieben, sondern man sieht, dass seine früheren politischen Aussagen keine leere Rhetorik, sondern ein Aktionsplan waren.
 
Ende der Übersetzung
Bleibt noch hinzuzufügen, dass russische Medien heute melden, dass die Kurden bereit sind, ihre Waffen nach einer politischen Lösung niederzulegen. Sie haben die syrische Armee bereits um Hilfe gegen einen möglichen Angriff der Türkei gebeten und die syrische Armee ist in Städte an der syrisch-türkischen Grenze eingerückt, die bisher unter kurdischer Kontrolle waren und wo sich auch amerikanische Truppen befinden. Dass diese politischen Gespräche erfolgreich sein werden, steht außer Zweifel. Die Kurden haben früher nie gegen Assad gekämpft, sie dürften also mit ihm einen Modus Vivendi finden und wenn dies auch die türkische Sicherheit einschließt, also das Ende der Unterstützung der PKK vom Gebiet Syriens aus, entfällt für die Türkei jeder Grund für einen Einmarsch in die Kurdengebiete in Syrien.
 
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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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