Was sagt Putin selbst über den Vorfall von Kertsch? Hier sein offizielles Statement im Wortlaut

Auf der alljährlichen großen russischen Konferenz für ausländische Investoren stellte Putin sich gestern bei der Podiumsdiskussion den Fragen der Teilnehmer. Dabei gab er auch zum ersten Mal ein öffentliches Statement zu dem Vorfall in der Meerenge von Kertsch. Ich habe die Frage und Putins Antwort übersetzt.
 
Beginn der Übersetzung:
 
Frage eines Teilnehmers aus dem Saal: Ich möchte Sie zu den Beziehungen zur Ukraine fragen, zunächst zu dem Vorfall in Kertsch. Ich würde gerne wissen, warum diese Schiffe von der russischen Seite festgesetzt wurden. Darüber hinaus finden im nächsten Jahr Präsidentschaftwahlen in der Ukraine statt. Ich würde gerne wissen, ob es Informations- und Propagandakampagnen von russischer Seite gibt? Dies kann zu erhöhten Spannungen mit der Ukraine führen. Wie beurteilen Sie die langfristigen Beziehungen zur Ukraine?
Antwort Putin: Zu dem Vorfall im Schwarzen Meer. Dies ist natürlich eine Provokation, die von der derzeitigen Regierung organisiert wurde, ich denke, vom derzeitigen Präsidenten, im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im März nächsten Jahres.
 
Meines Wissens liegt der derzeitige Präsident in den Umfragen irgendwo auf dem fünften Platz. Er läuft Gefahr, nicht einmal in die Stichwahl zu kommen. Daher muss er etwas tun, um die Situation zu verschärfen und Hindernisse für seine Konkurrenten, vor allem von der Opposition, zu schaffen.
 
Warum denke ich das und warum bin ich mir sogar sicher, dass dies der Fall ist? Sehen Sie, es gab nun diesen Vorfall im Schwarzen Meer. Dies ist jedoch ein nur Grenzzwischenfall, mehr nicht. Und was ist 2014 passiert, als sich die Krim für Russland entschieden hat? Dies war eine völlig andere Geschichte, viel größer und wichtiger. Oder der schreckliche Bürgerkrieg im Südosten der Ukraine mit Panzern, schwerer Artillerie und sogar Flugzeugen der Regierungstruppen. Da herrscht tatsächlich Krieg, aber es wurde kein Kriegsrecht eingeführt.
 
Und nun soll ein ein kleiner Vorfall im Schwarzen Meer ein Grund sein, das Kriegsrecht im Land einzuführen? Und zwar ausgerechnet kurz vor den Präsidentschaftswahlen. Das ist eine absolut offensichtliche Tatsache!
 
Nun zu dem Vorfall selbst oder genauer gesagt zu der Provokation. Und das ist nichts anderes als eine Provokation. Schauen Sie, im September dieses Jahres ist eine ziemlich identische Flottille aus Kriegsschiffen der Ukraine durch die Meerenge von Kertsch und unter der Brücke von Kertsch hindurch in das Asowsche Meer gefahren.
 
Sie haben die Vereinbarungen und Anforderungen vollständig erfüllt, berichteten über die Zusammensetzung der Flottille, wer wohin auf dem Weg ist. Wir stellten ihnen einen Lotsen zur Verfügung und führten sie problemlos zu ihrem Ziel im Asowschen Meer.
 
Was ist jetzt passiert? Sie haben auf Anfragen unseres Grenzschutzes überhaupt nicht reagiert. Sie sind in unsere Hoheitsgewässer eingedrungen. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass sie in die Hoheitsgewässer eingedrungen sind, die auch schon vor der Wiedervereinigung der Krim Russische Gewässer waren. Also an einem Ort, der von jeher russisches Hoheitsgewässer war.
 
Sie antworteten nicht auf die Funksprüche unserer Grenzsoldaten und nahmen direkten Kurs auf diese Brücke. Sie reagierten nicht auf die Vorschläge, einen Ankerplatz anzulaufen. Trotzdem wurde ihnen angeboten, ihnen einen Lotsen für die Passage zu bringen, sogar noch nachdem sie unsere Staatsgrenze verletzt haben. Aber sie beantworteten nicht einen einzigen Funkspruch!
 
Und wie sollten sich die Grenzsoldaten nun verhalten? Kriegsschiffe drangen in die Hoheitsgewässer der Russischen Föderation ein und reagieren nicht auf Anrufe. Es ist nicht klar, was sie tun werden. Wie sollen sich die Grenzsoldaten verhalten? Hätten sie anders gehandelt, müssten sie alle vor Gericht gestellt werden. Sie erfüllten ihre militärische Pflicht. Tatsächlich übten sie ihre legitimen Funktionen aus, um die territoriale Integrität der Russischen Föderation zu schützen.
 
Ich denke, in Ihrem Land hätten die Grenztruppen genauso gehandelt, das ist absolut offensichtlich. Darüber hinaus stellte sich heraus, dass sich unter den Besatzungsmitgliedern zwei Mitglieder des Geheimdienstes der Ukraine befanden, die diese spezielle Operation in Wahrheit leiteten. Und sie gaben selbst an, dass sie Mitarbeiter des Geheimdienstes der Ukraine waren. Das sind völlig offensichtliche Anzeichen für eine im Voraus geplante Provokation, die als Vorwand dienen sollte, um im Land das Kriegsrecht zu verhängen.
 
Es hat nicht nicht einmal etwas mit den Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine zu tun. Dies ist ein skrupelloses Spiel innerhalb des Landes, um politische Gegner mit Hilfe des Kriegsrechts zu unterdrücken.
 
Eigentlich habe ich mich schon an vieles gewöhnt, aber die heutige Kiewer Regierung befeuert erfolgreich antirussische Gefühle, sie haben keine anderen Mittel mehr übrig, sie haben nichts anderes mehr zu bieten. Und es scheint, dass sie damit wieder durchkommen werden, auch in der westlichen Presse. Wenn sie heute Babys zum Frühstück verlangen würden, würde man ihnen wahrscheinlich Babys servieren. Und was würde der Westen dann sagen? Wenn sie essen wollen, dann lässt sich daran nichts ändern.
 
Dies ist jedoch eine sehr kurzsichtige Politik. Es wird nichts Gutes bewirken, weil es die derzeitige ukrainische Führung in ihrem Tun bestätigt, und zwar in der Form, dass es sie nicht zu vernünftiger politischer Arbeit im Land und zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik veranlasst wird.
 
Die Ukraine hat ein Problem mit der Wirtschaft, im sozialen Bereich steht sie vor dem Zusammenbruch und sie bettelt mit ausgestreckter Hand um Geld beim Internationalen Währungsfonds. Aber irgendwann werden zukünftige Generationen das zurückzahlen müssen! Und auch das Verhältnis zu den Nachbarn ist nicht gut.
 
Daher zu den langfristigen Perspektiven: Egal wer heute in Kiew an der Macht ist, die russischen und ukrainischen Völker waren und bleiben für immer brüderliche, sehr eng verbundene Nationen. Dieser derzeitige „politische Schaum“ wird sich irgendwann auflösen.
 
Ende der Übersetzung
 
Wenn es Sie interessiert, was Putin selbst zu den Krisen der internationalen Politik sagt, sollten Sie sich mein Buch einmal ansehen, in dem ich Putin selbst mit langen Zitaten zu den aktuellen Fragen zu Wort kommen lasse. Dies Buch war aus meiner Sicht notwendig, weil in den westlichen Medien zwar viel über Putin berichtet wird, aber er selbst nie zu Wort kommt. Und wenn doch, werden seine Aussagen so aus dem Zusammenhang gerissen, dass sie einen völlig anderen Sinn bekommen.
Nachtrag: Ich sehe gerade, dass auch der Youtube-Kanal Russland.ru dies übersetzt hat, wenn Sie das Video mit deutscher Übersetzung sehen möchten, dann finden Sie es hier

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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