Wenn die Wahrheit nicht zur These passt, geht der Spiegel mit der Wahrheit flexibel um

Täglich bekommen wir in den Medien vor Augen geführt, wie schlimm die Zölle von Trump sind. Von Abschottung ist die Rede, von einer Gefahr für die Weltwirtschaft. Und heute sogar von Inflation. Ist diese Gefahr realistisch?
Um diese Frage zu beantworten, muss daran erinnert werden, was Inflation eigentlich ist. Inflation entsteht dann, wenn entweder die Löhne schneller wachsen als Menge der Waren oder wenn Waren knapp werden. Also immer dann, wenn im Vergleich zum Warenangebot zu viel Geld im Umlauf ist.
Von einem startken Wachstum der Löhne kann man in der westlichen Welt schon lange nicht mehr sprechen und auch eine Warenknappheit ist unserer konsumorientierten Welt nicht zu erwarten, das Gegenteil ist eher der Fall.
Und auch Zölle werden Waren nicht knapp machen, sie werden sie schlimmstenfalls verteuern. Und da sind wir dann tatsächlich bei einer möglichen Inflation. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass dies kaum zu erwarten ist. Die in der Presse gerne diskutierte Verteuerung von Autos durch höhere Stahlpreise ist reine Panikmache, denn der Stahl macht bei einem Auto gerade mal 1-2% des Verkaufspreises aus. Selbst wenn Stahl um 50% teurer wird, ist der Einfluss auf den Preis eines Autos also sehr gering. Genau das können wir übrigens gerade beobachten, denn der Stahlpreis ist von Januar bis Juli 2018 tatsächlich von ca. 600$ aus 900$ – also um 50% – gestiegen ohne dass dies zu einer spürbaren Verteuerung von Autos geführt hätte. Auch die Inflation ist deshalb nicht ausgebrochen. Und wenn Importautos in den USA um 25% teurer werden, wird dies kaum zu Inflation führen, die Konsumenten werden sich eben Autos kaufen, die in den USA produziert werden. Sie müssen dazu noch nicht einmal auf deutsche Autos verzichten, denn in den USA werden jährlich 800.000 Autos deutscher Hersteller produziert.
Und genau das will Trump ja erreichen, er will die Produktion in den USA erhöhen und damit Arbeitsplätze schaffen. Eigentlich eine gute Sache für die Amerikaner. Trotzdem wettert die Presse täglich gegen diese Politik, denn natürlich führt sie zu etwas höheren Kosten für die Unternehmen, was deren Gewinne schmälern könnte. Aber wie gesagt, wir reden hier über sehr geringe Mehrkosten.
Das Szenario der Inflation ist aber sowieso unrealistisch, denn die Nullzinspolitik der westlichen Nationalbanken bekämpft ja eine drohende Deflation, also das Gegenteil von Inflation. Die EZB hat als Ziel eine Inflationsrate von 1,9%, in den Jahren 2014 bis 2016 lag sie jedoch unter einem Prozent und damit war die Deflationsgefahr real. Und auch in 2017 (1,8%) und 2018 (bisher 1,5%) ist sie unter diesem Ziel von 1,9%. Und es ist nicht absehbar, dass sich hieran in den nächsten Jahren etwas ändert, auch Zölle werden darauf keinen Einfluss haben.
Wenn man diese Fakten vor Augen hat, dann sieht man, dass schon die Einleitung in dem Artikel des Spiegel schlicht Unsinn ist: „Die Zölle steigen, die Preise auch. Die Protektionismus-Spirale dreht sich immer weiter. Wann kommt die Inflation?“ Die Preise steigen eben nicht, auch wenn der Kolumnist des Spiegel den Leser mit dieser Aussage in Angst versetzen möchte.
Es werden dann auch weitere schlicht unwahre Thesen aufgestellt, damit der Leser versteht, wie schlimm Zölle sind: „Natürlich führt Protektionismus zu steigenden Preisen. Das ist sein eigentlicher Zweck: Zölle und andere Importbehinderungen sollen einheimische Produzenten vor billigerer ausländischer Konkurrenz schützen. Die Zeche zahlen die Verbraucher sowie Unternehmen, deren Vorprodukte teurer werden, und deren Beschäftigte.
Protektionismus führt nicht generell zu steigenden Preisen, sondern eben nur bei importierten Waren. Und damit bekommen Unternehmen aber Anreize, diese Waren im Land zu produzieren anstatt sie billig zu importieren. Und das schafft Arbeitsplätze. Es ist also eben nicht so, dass Beschäftigte (also auch Sie) die Zeche zahlen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Und im Fall der Zölle auf Stahl ist der Einfluss auf die Inflation wie gesehen ohnehin zu vernachlässigen, wie die Stahlpreisentwicklung dieses Jahres gezeigt hat: 50% Preissteigerung und nirgends hat das die Inflation erhöht. Und wenn importierte Autos um 25% teurer werden, dann kauft man eben im Lande produzierte Autos (was ja Trumps erklärtes Ziel ist), nur die Inflation wird sich davon nicht beeindrucken lassen.
Besonders interessant ist ein Absatz, in dem der Spiegel uns erklären möchte, dass Globalisierung etwas gutes ist: „Die Globalisierung hat ein nahezu unbegrenztes Angebot an Gütern geschaffen. Was auch immer gewünscht wird, lässt sich von irgendwo auf der Welt importieren. Globale Unternehmen haben grenz- und kontinentübergreifende Wertschöpfungsketten geknüpft; sie haben Kostenvorteile an diversen Standorten genutzt; intensiver internationaler Wettbewerb hat den Spielraum für Lohnerhöhungen eingeschränkt.
Das nahezu unbegrenzte Angebot an Gütern haben wir kaum der Globalisierung zu verdanken. Selbst wenn morgen überall auf der Welt Zölle eingeführt würden, würde sich daran nichts ändern. Wir dürfen nicht vergessen, Zölle gibt es jetzt auch schon und zwar für die meisten Produkte, die nicht in der EU produziert werden. Trotzdem gibt es dieses unbegrenzte Angebot an Gütern. Auch ein paar neue Zölle werden daran nichts ändern.
Der Spiegel spricht von „grenz- und kontinentübergreifenden Wertschöpfungsketten“. Für jeden, der mit diesem Begriff nichts anfangen kann, sei er kurz erklärt. Um z.B. ein Auto herzustellen, muss der Hersteller die Einzelteile bei Zulieferern kaufen, Glübirnen, Leder, Schaltkreise usw. Und auch die Zulieferer müssen zur Produktion ihre Waren irgendwo kaufen, z.B. muss ein Rind gekauft und geschlachtet werden, wenn man Ledersitze produzieren will. Und diese lange Kette von Produzenten ist die Wertschöpfungskette. Und wenn die grenzübergreifend ist, bedeutet das, dass die Firmen ihre Produktion in das Land verlagern können, wo es für sie am günstigsten ist, zu produzieren. In der Regel hat der Verbraucher davon nichts, die Preise werden nicht gesenkt, wenn eine Firma Geld eingespart hat, dieses Geld erhöht den Gewinn der Firma. Und wenn nun plötzlich Zölle diese Wertschöpfungskette stören, indem sie den Import von Einzelteilen verteuern, dann geht das zunächst einmal zu Lasten der Unternehmensgewinne. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man versucht, diese höheren Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, was in einem Markt mit großer Konkurrenz nicht immer möglich ist oder man sucht sich Zulieferer, die im Lande produzieren und deshalb nicht von Zöllen betroffen sind. Das führt zu mehr Produktion im Inland und damit zu Arbeitsplätzen.
Und wenn es mehr Arbeitsplätze gibt, steigen oft auch die Löhne, während aktuell der „Spielraum für Lohnerhöhungen eingeschränkt“ ist, wie der Spiegel selbst feststellt. Aber was ist Ihr Interesse und das Interesse der meisten Menschen? Sichere Arbeitsplätze und gute Löhne. Aber durch die internationalen Wertschöpfungsketten werden Arbeitsplätze unsicherer, weil eine Produktion quasi über Nacht in ein anderes Land verlegt werden kann und die Löhne steigen kaum noch, weil man mit den billigen Arbeitskräften in weniger gut entwickelten Ländern direkt konkuriert.
Also müssten wir doch eigentlich alle gegen diese Globalisierung sein, denn sie bringt uns keine wirkliche Vorteile, dafür aber eine Menge Nachteile. Und die Umwelt würde sich auch freuen, wenn nicht mehr alle Waren um die halbe Welt transportiert werden müssten, sondern möglichst viele Waren vor Ort hergestellt werden könnten.
Nur werden diese Fakten hinter schönen Worten wie „Wertschöpfungskette“ oder „Freihandel“ versteckt.
Und ob Inflation nicht schon schlimm genug wäre, setzt der Spiegel noch einen drauf „Das schlimmstmögliche Szenario wäre dabei nicht mal eine Aufspaltung der Welt in große Handelsblöcke, sondern der Zerfall des EU-Binnenmarkts
Das ist nun wirklich ein völlig unrealistisches Szenario, zumal es den Binnenmarkt schon gab, bevor die EU entstanden ist. Denn schon der Vorgänger der EU, die damalige EG, war eine Zollunion, also ein Binnenmarkt, und daran wird sich kaum mehr etwas ändern. Ein Auseinanderbrechen des Binnenmarktes wäre nur denkbar, wenn einzelne Länder unbedingt die EU verlassen wollen. Aber selbst die von der Finanzkrise und dem Euro so gebeutelten Länder wir Spanien oder Griechenland wollen die EU nicht verlassen. Einzig die traditionell EU-kritischen Engländer werden diesen Schritt wohl wagen.
Dazu der Spiegel: „Großbritannien ist bereits unterwegs in diese Richtung; der bevorstehende Brexit baut neue Handelsbarrieren auf und stiftet schon im Vorfeld große allgemeine Verunsicherung. Das Resultat: Die Wirtschaft lahmt, das Pfund fällt, die Preise steigen.
Diese Horrormeldungen zu Großbritannien bekommen wir immer wieder vorgelegt, damit wir nicht vergessen, dass ein EU-Austritt eine wirtschaftliche Katastrophe bedeutet. Das Problem ist, dass derartige Behauptungen dreiste Lügen sind. Die Wirtschaft in Großbritannien hatte ihr stärkstes Jahr 2014 mit einem Wachstum von etwas über 3% und ist seitdem – also Jahre vor der Entscheidung zum Brexit – weniger stark gewachsen, nämlich um 2,2% in 2015, um 1,9% in 2016 und um 1,8% in 2017, was aber für westliche Länder keine schlechten Werte ist. Auch Inflation ist in Großbritannien nicht zu beobachten. 2015 herrschte in Großbritannien sogar Deflation und seitdem diese vorbei ist, bewegt sich die Inflation dort zwischen 2 und 3%, aktuell ist sie sogar von 3 auf 2,5% gefallen. Und auch das Pfund fällt übrigens nicht, obwohl uns die Presse immer das Gegenteil erzählt. Das Pfund fiel 2015 und 2016 – also vor der Entscheidung zum Brexit – von 1,40 auf unter 1,20 für den Euro und ist seitdem stabil bei ca. 1,20.
Wir sehen also, dass sich der Spiegel auch zum dreisten Lügen nicht zu schade ist, wenn es darum geht, dem Leser klar zu machen, dass Globalisierung gut und ein Verlassen der EU reiner Selbstmord sei. Und offensichtlich hofft man beim Spiegel, dass seine Leser die Angaben nicht überprüfen. Genau das sollte man aber tun, wie man an diesem Beispiel wieder einmal sieht.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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