Das russische Außenministerium über Verstöße der Nato gegen den Atomwaffensperrvertrag

Bei ihrer wöchentlichen Pressekonferenz wurde der Sprecherin des russischen Außenministeriums eine interessante Frage zu Atomwaffen in Europa gestellt. Ich habe die Frage eines Journalisten und die Antwort von Maria Sacharova übersetzt und anschließend einem Faktencheck unterzogen.

Beginn der Übersetzung:

Frage: Derzeit blickt die internationale Gemeinschaft auf den Erwerb russischer S-400-Raketenabwehrsysteme durch Ankara und die Unzufriedenheit darüber in den Vereinigten Staaten und bei der NATO. Bulgarien ist gezwungen, F-16-Kampfjets aus den Vereinigten Staaten zu kaufen, die nach ihren technischen Merkmalen B61-Atombomben tragen können. Wenn die USA beschließen, ihre Ausrüstung aus Incirlik zu entfernen und sie auf eine andere Basis zu verlegen, könnte es eine nukleare Bedrohung für Europa geben?

Maria Sacharova: Leider ist die nukleare Bedrohung für Europa nie verschwunden. Sie wissen wahrscheinlich, wie viele Atomwaffen aus den USA in Europa sind, auch in Ländern, die nicht Mitglieder des „Clubs der Atommächte“ sind. Daran sollte man sich immer erinnern, obwohl einige Leute es nicht einmal wissen. Vor einigen Jahren waren die Europäer schockiert, dass auf ihrem Gebiet Atomwaffen stationiert sind. Was können wir zu dieser Bedrohung der Sicherheit sagen? Man muss von dieser Tatsache wissen und irgendwie damit leben.

Wir haben keine Informationen über Pläne in Washington, seine B61-Atombomben aus der Türkei abzuziehen und sie auf bulgarischem Boden oder anderswo in den NATO-Mitgliedstaaten zu stationieren. Von Zeit zu Zeit wurde darüber spekuliert. Aber wenn wir über Fakten sprechen, haben wir dazu keine bestätigten Informationen. Vor fast drei Jahren gab es angebliche „Hinweise“ über eine Umstationierung amerikanischer Atomwaffen aus der Türkei nach Rumänien, die jedoch dementiert wurden.

Russlands Position zur Stationierung von US-Atomwaffen in Europa ist unverändert. Alle B61-Bomben müssen in das Eigentümerland, nämlich in die Vereinigten Staaten, abtransportiert werden. Alle Infrastrukturen für US-Atombomben außerhalb der USA, die den Einsatz dieser Waffen ermöglichen, müssen ebenfalls abgebaut werden. Gleichzeitig muss natürlich auch die Praxis der „atomaren Teilhabe“ der Nato, die Elemente der nuklearen Planung und Übungen des Einsatzes von Nuklearwaffen durch nicht-atomare Staaten umfasst, beendet werden. Solche Maßnahmen stehen in direktem Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag, sie verstoßen gegen den ersten und zweiten Artikel des Vertrages.

Die genannte Praxis der Vereinigten Staaten bezüglich ihrer Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag ist unseren Augen inakzeptabel und unverantwortlich. Dies trägt nicht zur Deeskalation bei, sondern ist eine der größten nuklearen Gefahren, denen die internationale Gemeinschaft große Aufmerksamkeit schenken sollte.

Ende der Übersetzung

Der Vorwurf, über den man in deutschen Medien nichts liest, wiegt schwer. Russland beschuldigt konkret Deutschland und die USA, den Atomwaffensperrvertrag zu brechen. Es geht um die „atomare Teilhabe“ der Bundeswehr, in deren Rahmen deutsche Piloten ausgebildet werden, US-Atombomben abzuwerfen. Im Kriegsfalle sollen zumindest einige der US-Atombomben in Deutschland von deutschen Piloten abgeworfen werden.

Frau Sacharova sagt, das verstoße gegen die Artikel eins und zwei des Atomwaffensperrvertrages. Also schauen wir uns die Artikel einmal an:

„Artikel I
Jeder Kernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder sonstwie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen.
Artikel II
Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.“

Frau Sacharova hat also Recht. Wenn die USA im Rahmen der „atomaren Teilhabe“ Deutschland im Kriegsfall Atomwaffen geben wollen, damit deutsche Piloten sie einsetzen, verstoßen die USA gegen Artikel eins. Und Deutschland verstößt gegen Artikel zwei, wenn es im Kriegsfall Atomwaffen annimmt. Der Vertragstext ist eindeutig.

Hinzu kommt, dass der Bundestag 2010 die Bundesregierung aufgefordert hat, sich für den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland einzusetzen. Geschehen ist jedoch nichts. Die Details zu dem Bundestagsbeschluss finden Sie hier.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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