Das russische Fernsehen über Gelbwesten und die Verschärfung des Versammlungsrechts in Frankreich

In der Sendung „Nachrichten der Woche“ hat das russische Fernsehen am Sonntag über die aktuellen Proteste der Gelbwesten in Frankreich berichtet. Interessant ist dabei auch der Vergleich des französischen und russischen Demonstrationsrechts und die Strafen für Verstöße dagegen in den beiden Ländern. Ich habe den Bericht übersetzt.
 
Vor der Übersetzung noch eine Anmerkung: Ich habe die Übersetzung des Beitrages verkürzt, wie Sie vielleicht sehen, wenn Sie sich den Film des Beitrags anschauen. In dem Beitrag ging es auch um einen russischen Aktionskünstler, der in Frankreich vor Gericht stand und wegen Brandstiftung verurteilt wurde. Da dies in Deutschland uninteressant ist, habe ich diesen Teil weggelassen.
 
Beginn der Übersetzung
 
Nachdem es über Weihnachten und Neujahr etwas ruhiger war, kocht es in Frankreich mit neuer Kraft hoch. Die „Gelbwesten“ beruhigen sich einfach nicht. Wir erinnern uns, es gab bereits Opfer – mindestens sechs Tote – und Tausende von Verletzten. Es scheint, dass sich der Preis des menschlichen Lebens in Frankreich bereits verändert hat. Wenn es so nicht geht, dann können wir auch anders!
 
Der frühere französische Minister für Jugend und Bildung, der berühmte Philosoph Luc Ferry, rief dazu auf, die Armee in die Städte zu schicken und das Feuer auf die Demonstranten zu eröffnen. Es ist der gleiche Philosoph, der das philosophische Traktat „Die kurze Geschichte der Gedanken“ schrieb, es ging um „Philosophie für die heranwachsende Generation“.
 
Ferry sagte jetzt: „Die Polizisten schaffen es nicht, die Gewalt zu beenden. Wenn wir sehen, wie ein armer Polizist getreten wird, ist es an der Zeit, dass die Sicherheitskräfte Waffen benutzen. Es ist unmöglich, dies noch länger zu tolerieren! Wenn ich nicht irre, haben wir die viertstärkste Armee der Welt, und es liegt in ihrer Macht, diese Abscheulichkeiten zu beenden. Wir müssen die Dinge beim Namen nennen.“
 
Auf die Demonstranten zu schießen und Truppen in die Städte zu schicken, ist ein verzweifelter Schrei eines westlichen Humanisten. Aber es ist interessant, dass, als es in Kiew auf dem Maidan vor fünf Jahren noch schlimmer war, Europa und Frankreich das einen demokratischen Prozess nannten und gegen harte Polizeiaktionen und erst recht den Einsatz der Armee waren. Auf keinen Fall die Armee schicken, tönte Europa damals!
 
Nachdem sie jetzt aus nächster Nähe erleben, was ihnen in der Ferne gefallen hat, sehen sie es plötzlich anders. Für das Schießen mit einer Schleuder zum Beispiel droht in Frankreich ein Jahr Gefängnis. Für das Werfen von Metallbolzen auf die Polizei auch ein Jahr. Es gibt bereits tausende Gerichtsurteile.
 
Viele hofften, dass es nach den Ferien ruhiger wird, aber es kamen 84.000 Menschen in ganz Frankreich zu den Demonstrationen. Es scheint, dass Tränengas nicht mehr wirkt, jeder hat Schutzmasken und Schutzbrillen. Und auf der Champs Elysee befindet sich ein Wasserwerfer, bei null Grad ist das der beste Weg, revolutionäre Stimmungen abzukühlen.
 
9. Januar: Nach zwei Monaten ist es wieder so, wie es beim Champs Elysees und Triumphbogen angefangen hat. Die Polizei versucht, die „Gelbwesten“ aus dem Zentrum zu treiben und das Territorium zu räumen.
 
In Paris ist die Stimmung angespannt. In Lafayette werden Tausende von Touristen – die Rabattsaiason ist in vollem Gange – an die Wände gedrängt. In Bordeaux ist das ganze Stadtzentrum von einer Gaswolke eingehüllt. In der Stadt Bourges dauerte der Häuserkampf einen halben Tag. Die Polizei, müde brennende Mülltonnen zu löschen, beschießt im Dunkeln alle, die geblieben sind, mit Eiswasser.
 
24 Verletzte, zweihundert Festgenommene. Alles so, wie vom Elysees Palast versprochen: Die „Ultra-Gewalt“ wurde mit „Ultra-Härte“ beantwortet. Es ist die Reaktion auf die Zerstörung von 60% der Überwachungskameras im Land, auf zerstörte Schaufenster. Der Boxer Christopher Dettinger, der im Alleingang mit einem ganzen Team von Bereitschaftspolizisten fertig wurde, ist jetzt ein Nationalheld, ganz Frankreich sammelt Geld für seine Anwaltskosten. Der Blankoscheck, den die Polizei erhielt, ist die Ankündigung eines neuen Gesetzes, das die Bestrafung für die Teilnahme an nicht genehmigten Versammlungen verschärft.
 
Dabei waren die Strafen auch so schon streng. Im Gegensatz zum Beispiel zu Russland. Der Antrag für die Genehmigung einer Versammlung in Paris muss zwei Monate vor dem geplanten Termin eingereicht werden. Bei uns sind es zwischen 10 und 15 Tage. Wenn Sie in Frankreich Versammlungen ohne Genehmigung durchführen, ist das eine Straftat, für die Sie für 6 Monate ins Gefängnis gehen können, zuzüglich einer Geldstrafe von 6.500 Euro. In Russland ist das eine Ordnungswidrigkeit wie Falschparken.
 
Sie können in Frankreich an solchen Aktionen teilnehmen, aber der Polizei sollte nicht widersprochen werden: Wenn Sie aufgefordert werden, die Versammlung zu verlassen, sollten Sie es sofort tut. Bei der zweiten Aufforderung droht wieder Gefängnis und eine Geldstrafe von 15.000 Euro. In Russland ist auch das wieder nur eine Ordnungswidrigkeit, es drohen maximal 15 Tage Ordnungshaft und eine Geldstrafe von 20.000 Rubel (ca. 170 Euro).
 
„Die Ordnungskräfte warten nur darauf, auf die Menschen einzuschlagen. Wir haben hier eine Diktatur. Das müssen die Menschen in anderen Ländern wissen. Dies ist keine Republik mehr. Der Slogan der Republik lautet“ Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit „, aber wir haben seit vielen Jahren die Freiheit und die Gleichheit verloren, aber die Brüderlichkeit ist seit dem 17. November wieder da“ sagte Jean-Claude Rainier, Leiter einer regionalen Gruppe der Gelbwesten.
 
Emmanuel Macron zeigte sich endlich in der Öffentlichkeit, er eröffnete ein Stadion in der Nähe von Paris. Bei den Zugängen zum Stadion hingen Wolken von Pfeffergas in der Luft, es traf alle: Sowohl die Gelbwesten als auch die Journalisten, die Macron übrigens weiterhin kritisiert. Ihm gefällt nicht, dass sie „Gelbwesten“ und die Polizei auf eine Stufe stellen. Seiner Meinung nach hat die Presse vergessen, was legale Gewaltanwendung ist.
 
Das heutige Frankreich ist natürlich nicht die Türkei oder Ägypten, aber auch nicht das Frankreich von Delacroix. Hier auf einem Zaun im 19. Bezirk hinterließ ein Künstler viele Rätsel, jeder versucht, die versteckten Codes zu entschlüsseln, aber die Hauptsache ist das Motiv des großen Bildes: Feuer, Barrikaden, Gasmasken und „Gelbwesten“.
 
„Dies sind die weinenden Kinder des Landes. Dies ist der gegenwärtige Zustand, in dem wir uns befinden. Die Franzosen weinen, sie haben diesen Kampf satt, darum geht es auf diesem Bild“ sagen die Nachbarn.
 
Diese Woche wurde er Beginn einer Debatte verkündet, die nach Ansicht der Regierung dem Streit und der Gewalt ein Ende setzen sollte. Vielleicht traut sich Macron sogar zu einem persönlichen Treffen mit den „Gelbwesten“, noch ist nichts darüber bekannt. Das einzige, was mit Sicherheit bekannt ist, ist dass die Franzosen am 19. Januar wieder auf die Straßen gehen werden.
 
Ende der Übersetzung
 
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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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