Das russische Fernsehen über politische Geiselnahmen durch die USA

In der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ wurde ein heikles Thema aufgenommen, es beschuldigte die USA Menschen als politische Geiseln zu nehmen, um die Ziele der amerikanischen Politik durchzusetzen. Ich habe den Beitrag übersetzt.
 
Beginn der Übersetzung:
 
Die amerikanische Super-Einfachheit ist immer noch ein Thema. Die Vereinfachung der Politik und die Vereinfachung der Motive. Die Vereinfachung im Stil und die Vereinfachung der Methoden. Es scheint, dass die Vereinigten Staaten all dies der Welt aufzwingen, und die Menschheit selbst gleitet zurück in dunkle Zeiten.
 
Wir zum Beispiel kennen das Prinzip noch aus der Erfahrung der Stalin-Zeit der UdSSR: „Gibt es die Person, gibt es ein Problem, gibt es die Person nicht mehr, gibt es auch kein Problem mehr.“ Im 21. Jahrhundert kehrten die Vereinigten Staaten von Amerika zu diesem Prinzip zurück. Ein klassisches Beispiel ist der ehemalige Direktor des Internationalen Währungsfonds, der Franzose Dominique Strauss-Kahn. Er war in seinem Heimatland so beliebt, dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2012 in Frankreich als Kandidat Nummer eins galt.
 
Ein beeindruckender Mann, ein hervorragender Redner, er hatte großes internationales Ansehen, er war ein Kritiker der US-Wirtschaftspolitik, die auch Frankreich schadet. Es ist klar, dass die Amerikaner einen solchen Präsident nicht für die Franzosen wollten. Eines Tages war Strauss-Kahn geschäftlich in New York angekommen, und dort wurde er bereits im Hotel von einem kräftigen schwarzen Mädchen in einer weißen Schürze erwartet. Strauss-Kahn konnte sich kaum umdrehen, als sie ihn auch schon wegen sexueller Belästigung anklagten.
 
Strauss-Kahn fand sich in Handschellen zusammen mit stinkenden New Yorker Obdachlosen im Knast wieder. Ein Skandal. Die Presse berichtete. Alle brüllten: „Schuldig!“ Er war eingesperrt wie eine Geisel. Und so wurde er politisch getötet.
 
Später erst, nach einem langwierigen, künstlich in die Länge gezogenen Rechtsstreit mit dem amerikanischen Zimmermädchen, gewann Strauss-Kahn den Prozess. Aber zu spät, der Präsidentenstuhl ist an ihm vorbeigegangen. Im Jahr 2012 wollten die Amerikaner den farblosen Francois Hollande. So lösten die Amerikaner, indem sie die Person ausgeschaltet hatten, das Problem.
 
Nun entfernen die Japaner nach dem Beispiel der Amerikaner eine Person. Das ist Carlos Ghosn. Er ist 64 Jahre alt. Eine Legende der globalen Automobilindustrie. Der Brasilianer positioniert sich als Weltbürger. Gründer und Leiter der internationalen Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi. Ende 2017 wurde die Allianz weltweit Nummer Eins im Pkw-Absatz und überholte Volkswagen und Toyota, General Motors sowieso. Jetzt ist Carlos Ghosn in einem japanischen Gefängnis. In einer kalten und engen Zelle. Bis vor kurzem musste er auf einem Laken schlafen, wie ein Hund. Kürzlich wurde Carlos Ghosn erlaubt, eine Koje in die Zelle zu bekommen. Aber die Verhältnisse sind nach Angaben der Frau von Ghosn, Carol, immer noch nicht gut.
 
„Mein Mann wird in einer unbeheizten Zelle von sieben Quadratmetern gehalten, und er wird hauptsächlich mit Reis und Perlgraupen ernährt. In den letzten zwei Wochen hat er sieben Kilogramm abgenommen. In der Nacht schalten sie das Licht nicht aus. Sie geben ihm nicht die notwendigen Medikamente“ sagte Ghosns Frau.
 
Am 8. Januar erschien Ghosn zum ersten Mal nach seiner Verhaftung in der Öffentlichkeit. Er sah aus wie ein elender, hagerer alter Mann. Die Japaner verdächtigen Carlos Ghosn, Einkommen zu verschleiern und Gelder von Nissan unterschlagen zu haben. Ghosn und seine Anwälte bestreiten alles. Es gab noch kein Gerichtsverfahren, aber man versucht bereits, Ghosn zu brechen.
 
„Die Staatsanwälte verhören ihn täglich für mehrere Stunden. Sie schüchtern ihn ein und beschimpfen ihn, halten ihm Lektionen und tun dies in Abwesenheit von Anwälten, um ein Geständnis zu erhalten“ schrieb die Presse.
 
Das heißt, die japanische Anklage hat wenig Beweise, und braucht um jeden Preis die „Königin der Beweise“, ein Geständnis. Das aber ist etwas, was sie von Ghosn bisher nicht bekommen haben.
 
Japan braucht Carlos Ghosn nicht, da Nissan, das er vor dem Bankrott gerettet hat, heute großartig funktioniert. Und Ghosns Zukunftspläne für die Integration mit Renault und die Schaffung eines riesigen transnationalen Automobilkonzerns, der nicht mehr stark vom Staat und den lokalen Traditionen abhängig ist, sind nicht in Tokios Interesse. Aber: Gibt es keinen Ghosn mehr, gibt es auch kein Problem mehr. Wir wiederholen es noch einmal, das war das stalinistische Prinzip: „Gibt es die Person nicht mehr, gibt es auch das Problem nicht mehr.“ Nun wurde das Prinzip von Amerika ins Waffenarsenal übernommen. Und auch amerikanische Vasallen begannen damit, und der Preis des menschlichen Lebens auf dem Planeten sinkt.
 
Das ist die neue amerikanische Mode: Geiselnahmen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben nur Banditen und Terroristen Geiseln genommen. Sie haben eine konkrete Aufgabe: sie entführen eine oder mehrere Personen und fordern von anderen die Erfüllung ihrer Wünsche. Es wurde verabscheut, man reagierte mit Ekel darauf, wer Geiseln nahm man, galt als unmenschlich und gnadenlos, mit solchen Leuten wollte niemand etwas zu tun haben. Und nun das. Immerhin sind Geiselnahmen eine Mode aus dem Mittelalter, auf keinen Fall darf man das in unserer humanen Moderne tun.
 
Jetzt nimmt Amerika ausländische Geisel. Mit der Hilfe amerikanischer Gerichte. Der russische Pilot Jaroschenko wurde ohne Recht auf Verteidigung unter fragwürdigen Anklagen verurteilt und sitzt im Gefängnis.
 
Die Rechtsanwältin Natalia Veselnitskaya hat Probleme mit der amerikanischen Justiz, die sich an ihr rächen wird, weil sie den berühmten Betrüger Browder entlarvt hat. (Browder hat laut russischer Staatsanwaltschaft hunderte Millionen Dollar unterschlagen, Anm. d Verf.)
 
Die Aktivistin Maria Butina hat eine amerikanische Universität absolviert und kam als russische „Verführerin“, die für eine fremde Macht arbeitet, durch eine aufgeblasene Anklage ins Gefängnis.
 
Über jeden dieser Fälle haben wir in „Nachrichten der Woche“ mehrmals berichtet und das russische Außenministerium hat protestiert. Dennoch halten die Amerikaner sie als Geiseln, in der Hoffnung, so die russische Politik beeinflussen zu können.
 
Hier ist noch eine ganz frische Geschichte. Vor kurzem wurde die Journalistin und Fernsehmoderatorin des iranischen englischsprachigen Senders „Press-TV“ Marzie Hashemi am Flughafen festgenommen. Sie flog nach Amerika, um ihren kranken Bruder zu besuchen. Früher war sie eine Afroamerikanerin namens Melanie, die zum Islam konvertiert ist und heute im Iran arbeitet. Bereits das reicht aus, um direkt nach der Landung festgenommen zu werden, ihr den Hijab im Gefängnis abzunehmen und ihr nur Schweinefleisch als Speise anzubieten. Eine weitere Geisel, die sich nichts hat zu Schulden kommen lassen. Der Iran ist für die Vereinigten Staaten einfach ein rotes Tuch.
 
Und die Amerikaner verbreiten die Seuche der Geiselnahmen auf der ganzen Welt. Im Dezember verhaftete Kanada auf Ersuchen der Vereinigten Staaten die Finanzchefin und Tochter des Gründers des chinesischen Telekommunikationskonzerns Huawei wegen angeblicher Verstöße gegen die Sanktionen gegen den Iran. Meng Wangzhou ist immer noch in Kanada. Aus dem Knast wurde entlassen und steht unter Hausarrest. Sie ist in Geiselhaft.
 
Die Chinesen waren gezwungen, mit gleicher Münze zu antworten. Fünf Kanadier werden in chinesischen Gefängnissen festgehalten. Und in einem Fall erhöhte ein Gericht sofort die Strafe für die Einfuhr von Drogen von 15 Jahren Haft auf die Todesstrafe. Der Name des betroffenenen Kanadier ist Robert Lloyd Shelenberg. Er hat 10 Tage Zeit, um Berufung einzulegen. Aber es sieht schlecht für den Kanadier aus. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat nichts als ohnmächtiges Entsetzen. Diplomatische Noten funktionieren nicht. Selbst US-Außenminister Mike Pompeo setzte sich für den Kanadier ein und bezeichnete Chinas Aktionen als „inakzeptabel“. Peking hat nicht einmal geantwortet.
 
Geiselnahmen sind so alt wie die Menschheit. Um nicht gleich in die Antike zurückzugehen, erinnern wir uns an den Zweiten Weltkrieg. Deutsche Faschisten nahmen unschuldige Menschen als Geiseln und erschossen sie bei Ungehorsamkeit und Sabotageakten in einer besetzten Stadt. Dies ist Paragraph 358 der amerikanischen Regeln des Landkrieges („RULES OF LAND WARFARE“): „Geiseln, die festgenommen werden, um illegale Aktionen der Streitkräfte des Feindes oder seiner Bevölkerung zu verhindern, können bestraft und eliminiert werden, wenn der Feind diese Aktionen nicht einstellt.“
 
Es scheint, dass Amerika die Praxis Geiselnahme wiederbelebt hat und sie sogar zur Norm macht. Wer aus Erfahrung lernen will, lernt schnell. Eine typische Geisel in der Ukraine ist der Journalist Kirill Vyshinsky. Er verschimmelt im Gefängnis von Kherson, nur um ihn gegen in Russland wegen Terrorismus verurteilte Ukrainer auszutauschen.
 
Vor kurzem fand in Kiew bei seinem Rechtsanwalt Andrei Damansky eine überraschende Durchsuchung statt. Ausgerechnet an einem Tag, an dem der Anwalt gerade in Kherson war. Nichts wurde beschlagnahmt, aber es war eine Aktion zur Einschüchterung. Das heißt, Kyrill wird nicht nur das Recht auf freie Meinungsäußerung, sondern auch das Recht auf Verteidigung verweigert. Es ist diese Einfachheit, die man von den Amerikanern gelernt hat.
 
Ende der Übersetzung
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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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