Das russische Fernsehen über das Dilemma der EU: Wie geht es weiter mit der Ukraine?

In der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ gab es am Sonntag viele Berichte über die Ukraine. Ich werde später dazu eine zusammenfassende Analyse schreiben. Aber einen Beitrag, der das Dilemma der EU und auch Deutschlands bei dem Thema Ukraine aufzeigt, habe ich komplett übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Europa reagiert originell auf den Machtwechsel in der Ukraine. Einige Politiker haben Selensky mit Putin Angst gemacht, andere wollen die Kontrolle in der Ukraine übernehmen. Eigentlich war die Ukraine unter Poroschenko schon unter ausländischer Kontrolle. Allerdings unter amerikanischer. Für die Vereinigten Staaten war die Ukraine im Kampf gegen Russland nur Kanonenfutter. Für Europa ist das Thema komplizierter.

Der designierte ukrainische Präsident ist ein Mann, der aus dem Nichts kam. Ein Neuling. Ohne politischen Hintergrund, aber eindeutig mit einer reichen Erfahrung, sich neu zu erfinden. Das Phänomen ist offensichtlich. Das ist das Hauptthema der Expertenanalysen geworden und auch beim nicht öffentlichen Meinungsaustausch unter Profis.

Heino Wiese war viele Jahre lang Politikberater der deutschen Sozialdemokraten. Er mietet mit seinem alten Freund Gerhard Schröder eine Loge im Stadion des Fußballvereins Hannover 96. Bald ist wieder ein Spiel und sie werden Themen haben, über die sie in der Halbzeit reden können.

„Es ist sehr interessant, wie sich die Ereignisse weiter entwickeln werden, ob Selensky bestehen kann, ob er wirklich etwas ändern kann. Gute Vorsätze reichen nicht aus. Um etwas zu ändern, ist es notwendig, Macht zu haben. Es ist schwierig, die Aussichten eines solchen Neulings einzuschätzen. Er wird verstehen, dass er eine parlamentarische Mehrheit braucht“ sagt Heino Wiese, Honorarkonsul der Russischen Föderation in Hannover.

Ja, es sieht aus wie eine Anti-Utopie, wenn die Position eines Menschen in der staatlichen Hierarchie von Likes in sozialen Netzwerken bestimmt wird, aber zum Beispiel Trump kommuniziert nicht erst ein Jahr über Twitter oder soziale Netzwerke mit seinen Untergebenen und der Welt.

„Präsident Trump rief Wladimir Selensky an, um ihm zum Sieg zu gratulieren und gleichzeitig und dem gesamten ukrainischen Volk zu friedlichen demokratischen Wahlen. Wir werden die Bemühungen der Ukraine, ihre territoriale Integrität wiederherzustellen und der russischen Aggression zu trotzen, weiterhin unterstützen“ teilte Kurt Volker, US-Sondergesandter für die Ukraine, über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Man gratuliert Selensky und lädt ihn so schnell wie möglich ein, zu Besuch zu kommen. Berlin, Paris, London, die Europäische Union und die NATO versprechen, ihn zu unterstützen und machen sich große Hoffnungen, er könnte die Korruption bekämpfen, die Wirtschaftsreformen fortsetzen, den Weg der Demokratie weiter gehen, deren Sieg sie in, aus ihrer Sicht, freien und ehrlichen Wahlen sehen. In der Presse wiederholt sich alles, was man nach der Wahl Poroschenkos oder gar Juschchenkos sehen konnte, jetzt mit Selensky.

Die Chancen von Selensky verringert nach Meinung westlicher Experten die Tatsache, dass er seine Kampagne darauf aufgebaut hat, das gegenwärtige oligarchische Machtsystem in der Ukraine zu brechen, obwohl er weder eine Gegenvision noch die politischen Kräfte hat, die er dazu braucht. Er wird mit Macron verglichen, obwohl es offensichtlich ist, dass die Situation bei Selensky noch unübersichtlicher ist.

„In diesem Zusammenhang gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir in ein paar Monaten oder in eineinhalb Jahren in der Ukraine eine Bewegung gegen Selensky sehen werden, wie auch bei Macron und den Gelbwesten in Frankreich. Man kann die ukrainischen Bevölkerung nicht einer übermäßigen Naivität beschuldigen. Die Bürger waren einfach verzweifelt und wollten den amtierenden Präsidenten loswerden. In der ukrainischen Gesellschaft beobachte ich keine übertriebenen Erwartungen oder utopische Hoffnungen, dass sich im Land jetzt alles ändern wird. Wenn man das schwache Mandat von Selensky berücksichtigt, wird es sehr schwer, den Krieg im Osten der Ukraine zu beenden. Ich sehe keine Vorbedingungen für gravierende Veränderungen“ sagte der Politikanalyst Volker Weichsel.

Selbständig mit Moskau verhandeln darf Selensky nicht, dazu ist er zu unerfahren. Das ist die übereinstimmende Einschätzung im Westen. Aber danach zeigen in der Einheit des Westens bereits Risse. Es stellt sich die Frage, wer den unerfahrenen Politiker manipulieren wird, Washington und London oder Berlin und Paris?

Die Ansichten über die Rolle und den Platz der Ukraine sind in den letzten fünf Jahren deutlich auseinander gegangen. Der Kontinent ist der Sanktionen überdrüssig, nüchterne Politiker und Wirtschaftskreise fordern wieder normale Beziehungen zu Moskau. Aber für die Angelsachsen hat sich nichts geändert und wird sich auch nicht ändern.

Der Pressesprecher der britischen Premierministerin May hat über die Ergebnisse ihres Telefongesprächs mit Selensky informiert: „Frau Premierministerin hat die Bedeutung für unsere beiden Länder zur Zusammenarbeit mit der Weltgemeinschaft zur Eindämmung der russischen Bedrohung festgestellt.“

Für die Vereinigten Staaten und Großbritannien ist die Ukraine ein Rammbock gegen Russland, auch wenn sie dabei zersplittert. Und mit der EU geht man nach dem Prinzip von Victoria Nuland um, das sie bereits 2014 formuliert hat: „Fuck the EU!“

„Dieser Satz ist aktueller denn je. Die USA werden nun von einem Mann geführt, von dem diese Worte sein könnten. Es ist eine Frage der Interessen: Deutschland hat sich immer mühelos im US-Fahrwasser bewegt, was bedeutende wirtschaftliche Ergebnisse möglich gemacht hat. Nun ist die Situation eine andere, die Amerikaner haben erkannt, dass Deutschland ihnen gefährlich Konkurrenz machen kann. Als Ergebnis wurden Strategien entwickelt, um die BRD zu schwächen“ sagte Heino Wiese.

Die Aufrechterhaltung eines feindlichen Puffers zwischen Deutschland und Russland, zu dem die baltischen Staaten, Polen und die Ukraine gehören, ist zu einer unabdingbaren Voraussetzung für den Erhalt der amerikanischen Vorherrschaft in Europa geworden, und das ist eine verständliche Strategie.

Hier wusste Poroschenko, der mit neuen Schulden gegen Zinsen des IWF ernährt wurde, wer sein Herr und Meister war. Normalerweise traf er nur mittlere Beamte und Politiker. Ein kurzes Treffen mit Trump war seine höchste diplomatische Auszeichnung.

Selensky soll aus Washingtons Sicht fähig und hoffnungsvoll aussehen: Er will das „Normandie-Format“ umgestalten, um die USA und Großbritannien einzubeziehen, fordert neue Sanktionen gegen Russland und hat noch keine klare Vorstellung, wie er den Bürgerkrieg beenden will.

Wie sein Vorgänger wird er oft aber sinnlos nach Europa reisen. Es ist bekannt, dass die „psychotherapeutische Sitzungen“ in Berlin Poroschenko nicht von verrückten Entscheidungen abhalten konnten, weil Europa nie ein klares Verständnis dafür entwickelt hat, was für eine Ukraine es will. Um ein klares Konzept zu formulieren, ist es nun gleichzeitig zu spät und zu früh.

In einem Monat sind Wahlen zum Europäischen Parlament, dann gibt es eine neue Europäische Kommission und vielleicht auch einen neuen Kanzler in Deutschland. Wenn Europa sein Interesse an der Ukraine, einem Land, das man als Teil Europas sieht, definieren würde, würde das Wladimir Selensky viel mehr helfen, als all die Unterstützungserklärungen, mit denen er überhäuft wurde. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird die Demokratie in der Ukraine immer wieder gewinnen. Bis sie endgültig verliert.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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