Das russische Fernsehen über die heiße Phase im ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf

Das russische Fernsehen berichtete in der wöchentliche Sendung „Nachrichten der Woche“ über den Wahlkampf in der Ukraine. Bis zur Präsidentschaftswahl ist es nur noch etwas mehr als ein Monat. Im Wahlkampf liegt derzeit ein berühmter Stand-Up Comedian vorne, gefolgt von Präsident Poroschenko und Julia Timoschenko, beides pro-westliche Kandidaten. Ich habe den Bericht über die Lage in der Ukraine übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Fünf Jahre sind seit dem blutigen Putsch der ukrainischen Nationalisten vergangen. Sinnlose Grausamkeit, regelrechte Wildheit, das haben die Radikalen damals gezeigt. Präsident Janukowitsch hatte bereits ein Abkommen über Neuwahlen in sechs Monaten unterzeichnet und er hätte wohl alles unterzeichnet, sogar Wahlen in drei Wochen, aber nein, sie stürmten trotzdem seinen Wohnsitz, um ihn umzubringen. Und die europäischen Garantien für den friedlichen Übergang waren nichts wert.

Mit dem Putsch wurden Fakten geschaffen. Anderthalb Monate später begann die Kiewer Junta einen Bruderkrieg im Donbass. Nach UN-Angaben gab es mehr als 10.000 Tote, allein Russland nahm 2,5 Millionen Flüchtlinge aus dem Konfliktgebiet auf.

Im Juni 2014 wurde der „Schokoladenkönig“ Präsident der Ukraine, der Oligarch Petro Poroschenko. Er hat Blut an seinen Händen. Das Blut des Putsches, das Blut des Bürgerkriegs und er ist für die beispiellose Armut verantwortlich, in die er die Ukraine geführt hat.

Am 31. März sind Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, in nur noch etwas mehr als einem Monat. Poroschenko ist im Land verhasst, obwohl die Umfragen zeigen, dass er unter den Top drei liegt. Das Wort „Umfrage“ verursacht in der Ukraine jedoch, wenn nicht Gelächter, so doch ein wissendes Lächeln. Zumindest bei denen, die vorsichtig sind. Denn jeder versteht, dass diese veröffentlichten Zahlen der Auftakt zur Wahlfälschung sind.

Und doch: Laut Umfragen liegt Poroschenko auf dem zweiten Platz. Auf dem dritten Platz folgt mit geringem Abstand Julia Timoschenko. Und sie behauptet, dass diese Zahlen nichts mit der Realität zu tun haben. Aber nach den veröffentlichten Zahlen führt der beliebte Komiker Selensky.

Die konsequenteste Position, was die Beziehungen zu Russland angeht, hat der Oppositionsführer Juri Boyko. Ein qualifizierter und ausgeglichener Politiker, der keine leeren Versprechen macht. Aber inmitten des wütenden Populismus ist so jemand jetzt nicht gefragt. Die Soziologen geben ihm keine Chance auf das Erreichen der Stichwahl.

Man muss sich wundern, aber Selensky ist die Überraschung im Wahlkampf. Und seine Popularität ist eine Tatsache. Und dafür gibt es eine Erklärung. Ein frisches Gesicht in der Politik. Von den Alten haben viele längst genug. Er ist kein Oligarch, wenn er auch nicht arm ist. Er hat keine Verbindung zur Korruption, das ist gut. Er hat in der Vergangenheit keine Fehler gemacht, weil er nie für irgendetwas verantwortlich war. Mit ihm verbindet man Positives, weil er die Leute zum Lachen bringen kann.

Auch wenn jemand nicht an sein politisches Talent glaubt, eine Stimme für Selensky ist wie eine Proteststimme gegen alle Politiker. Hinter Selensky steht der Besitzer des TV-Senders „1+1“, der Oligarch Kolomoisky, der mit Poroschenko noch einige Rechnungen offen hat. Und das bedeutet auch, dass Selensky genug Sendezeit im Fernsehen garantiert ist.

Aber ernsthaft, was denkt Selensky zum Beispiel über den Bürgerkrieg im Donbass? „Ich denke, dass es bei diesem Thema, diesem Land, nur um menschliches Leben gehen darf. Also würde ich das menschliches Leben nehmen und zu unserem Ziel machen. Menschenleben retten. Daher würde ich jede Variante, die mit dem Einsatz der Armee verbunden ist, ausschließen. Wir müssen miteinander reden. Und wenn dabei die Galle hochkommt, aber es darf kein Mensch mehr sterben“ sagt Selensky.

Man darf aber keine Illusionen haben. Es gab von ihm auch viele anti-russische Sprüche. Er ist die Kreatur eines Oligarchen, ein Söldner von Kolomoisky. Und Selensky spendete früher seine Honorare zur Unterstützung der sogenannten „Anti-Terror-Operation“ im Donbass. Das bedeutet, auch er hat Blut an den Händen.

Und sein Programm? Für sein Programm hat Selensky die Ukrainer gebeten, ihm zu schreiben, nach dem Motto: Senden Sie mir Ihre Wünsche und die werden mein Programm. Der Bürgermeister von Kiew Vitaly Klitschko scherzte dazu: „Das erinnert mich an einen Passagier, der ins Cockpit kommt und dann die anderen Passagiere um Tipps bittet, wie man das Flugzeug landet. Ich möchte nicht in einem solchen Flugzeug sitzen.“ Klitschko macht Witze, aber meist lacht man in Kiew über ihn (Anm. d. Übersetzers: Klitschko ist berühmt für seine völlig sinnfreien Aussagen, sie füllen ganze Playlists in sozialen Netzwerken in Russland und der Ukraine).

Das Thema Politik ist fester Bestandteil auf den Straßen der ukrainischen Hauptstadt. Heute demonstrieren sie nicht, aber sie diskutieren über den Präsidenten, die Minister und natürlich über den Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko.

Früher war das der Kiewer Platz der Oktoberrevolution, jetzt ist es der Platz der Unabhängigkeit, der Maidan. Für viele ist er das Symbol für den Machtwechsel durch den Sturm empörter Menschen. Es ist schön dort, aber es ist besser, auf den Boden zu schauen, um nicht über die kaputten Pflastersteine zu stolpern, die hier schon jahrelang liegen. Es ist das Zentrum des politischen Lebens in der Ukraine: Hier gab es „Kutschma“-Demos im Jahr 2001, die „Orangene Revolution“ und schließlich den Euromaidan in 2013/2014.

Die „Straße der Helden der Himmlischen Hundert“. Dieser Straßenname erschien auf dem Stadtplan von Kiew 2014. Vor fünf Jahren, am 20. Februar, wurden hier Dutzende Maidan-Demonstranten erschossen. Scharfschützen feuerten aus verschiedenen Richtungen auf die Demonstranten. Die Täter des Massakers sind noch immer nicht ermittelt. Nun gibt es hier eine temporäre Gedenkstätte, die bald das „Museum der Revolution der Würde“ werden soll.

Das Massensterben der Teilnehmer des Maidan und der Polizisten wurde zu einem Wendepunkt der sogenannten „Revolution der Würde“, danach kam die gegenwärtige politische Elite an die Macht.

Diese Touristin aus England, Caroline, weiß wenig über den Jahrestag der tragischen Ereignisse auf dem Maidan, sie kam, um eine Ausstellung zu sehen. Sie sagt, sie habe damals etwas darüber in britischen Zeitungen gelesen. Aber sie hat fast alles vergessen. Nun schreiben die britischen Zeitungen nicht mehr darüber. „Ich denke, die Briten haben mit den Ukrainern gefühlt. Es sah so aus, als wären sie dagegen, dass die Russen sie erobern“ sagt Caroline.

Die Kiewerinnen Zoya und Tatiana erinnern sich an die Ereignisse vor fünf Jahren, sie waren gegen Präsident Viktor Janukowitsch, der Europa und die NATO versprochen hatte und dann den Kurs änderte. Sie sagen, dass der Euromaidan nicht umsonst war, aber ein besseres Leben brachte er nicht.

Ein besseres Leben versprechen den Ukrainern nun 44 Präsidentschaftskandidaten. Die Straßen sind voller Plakate, überall sind Wahlkampfstände. Die meisten Wahlkämpfer hat der aktuelle Präsident Petro Poroschenko, aber die Menschen bemerken sie nicht. An einigen Stellen gibt es erhitzte Debatten.

„Sie lügen, wenn sie sagen, dass sie russische Soldaten töten. Alles komplett gelogen. Dort töten sich Ukrainer gegenseitig. Sie feuern aus Stalinorgeln auf Kramatorsk und Slavjansk.“ erzählen die Leute.

Andere, die außerhalb der aktuellen politischen Agenda stehen, feiern den 23. Februar mit einem Spaziergang im Kiewer Museum des Großen Vaterländischen Krieges. (Anmerkung d. Übersetzers: Der 23. Februar war in der Sowjetunion der Tag der Roten Armee, ein wichtiger Feiertag) „Das ist ein wirklicher Feiertag. Wir sind gekommen, um unsere Großeltern zu ehren, um uns zu erinnern. Wir vergessen die sowjetischen Feiertage nicht“ sagen diese Menschen.

Etwas mehr als einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine weiß der Großteil der Bevölkerung nicht, wen sie wählen sollen.

Ende der Übersetzung

Wenn Sie sich für die russische Sicht auf die Politik interessieren, dann empfehle ich Ihnen, sich die Beschreibung meines Buches anzusehen. Dort lasse ich den russischen Präsidenten Putin in ausführlichen Zitaten zu Wort kommen und Sie können sich selbst ein Bild über seine Ziele machen. Auch zur Ukraine ist dort ein ausführliches Kapitel enthalten. Die Beschreibung finden Sie im Link unter dem Artikel.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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