Der Sündenbock

Wie ich vor einigen Tagen schon mitgeteilt habe, hat der Rubikon mich gebeten, zu einigen Themen Artikel beizusteuern.

Zwei von vier Artikeln zu den Demonstrationen in Moskau und den weltweiten Abrüstungsverträgen wurden am Freitag auf dem Rubikon veröffentlicht, heute folgte der dritte Artikel, in dem es um MH17 geht. Ich veröffentliche ihn hier im Wortlaut, wie er auf Rubikon erschienen ist:

Der Abschuss des Fluges MH17 über der Ukraine ist bis heute ungeklärt, doch die Leitmedien hatten mit Russland „den Schuldigen“ sofort ausgemacht.

Bis heute ranken sich um den Abschuss von Flug MH17 über dem Donbass viele Legenden. Ich möchte hier einmal auf die wichtigsten Fragen eingehen. Das Flugzeug der malaysischen Airline wurde im Juli 2014 abgeschossen, und für die westlichen Medien war die Sache schon nach wenigen Stunden klar: Die Russen waren es!

Ganz so einfach ist es freilich nicht, daher werde ich hier versuchen, die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammenzustellen. Im Zuge der Arbeit an meinem Buch über die Ukraine-Krise 2014 habe ich allein dem Thema MH17 knapp 70 Seiten mit fast 100 Quellenverweisen gewidmet und alle Untersuchungsberichte dazu gelesen.

Womit wurde MH17 abgeschossen?

Das ist die kontroverseste Frage, und wie ich inzwischen weiß, ist es längst zu einer Glaubensfrage geworden und keine Frage der Fakten.

Als mögliche „Täter“ werden zwei Varianten genannt: Eine Boden-Luft-Rakete von Typ Buk oder eine SU-25. Man kann sich dem „Täter“ über das Ausschlussverfahren nähern. Dazu muss man die Schäden am Flugzeug und den Funkverkehr beziehungsweise die Blackbox anschauen.

Und hier muss ich schon mit der ersten hartnäckigen Legende aufräumen. Die Ukraine hat den Funkverkehr nicht geheim gehalten. Er wurde übermittelt, er deckt sich mit den Aufzeichnungen der Blackbox und auch Russland hat dem nicht widersprochen, und Russland hat den Funkverkehr nahe seiner Grenze routinemäßig ebenfalls aufgezeichnet. Und der Funkverkehr, der schon im Zwischenbericht der Ermittler im September 2014 veröffentlicht wurde, ist nicht ungewöhnlich. Es war ein Routineflug ohne besondere Anweisungen der Fluglotsen. Jeder konnte das — Englischkenntnisse vorausgesetzt — schon in dem Zwischenbericht seit Ende 2014 nachlesen. Trotzdem hält sich das Gerücht hartnäckig.

Das Flugzeug wurde von irgendetwas getroffen, brach schon in seiner Reiseflughöhe auseinander, und als seine Trümmer über viele Quadratkilometer verteilt am Boden aufschlugen, war der vordere Teil von hunderten oder tausenden Projektilen durchlöchert, die das Flugzeug von der Seite getroffen haben. Die Aufzeichnung der Blackboxes reißt von einer Sekunde zur anderen ab.

Das sind die Fakten.

Kann eine SU-25 ein solches Schadensbild verursachen?

Die SU-25 ist ein Flugzeug zur Bekämpfung von Bodenzielen und hat zur Bekämpfung von Luftzielen Raketen vom Typ R-3 beziehungsweise R-60 an Bord. Beides sind kleine Raketen mit Infrarotsucher, die in die Triebwerke fliegen und diese mit einer Sprengladung zerstören. Ob dabei auch der Flügel einer Boeing abgerissen würde, ist umstritten. Wenn nicht, hätte die Boeing nach einem solchen Treffer noch eine Notlandung versuchen können. Aber selbst wenn der Flügel zerstört worden wäre, hätten wir ein anderes Schadensbild: Wir hätten ein in einem Stück abgestürztes Flugzeug ohne die vielen Löcher, und die Aufzeichnung der Blackbox wäre während des Absturzes weitergelaufen. Diese Variante scheidet also aus.

Daher wird gesagt, die SU-25 hätte die Boeing mit der Bordkanone abgeschossen, was die vielen Löcher erklären soll.

Auch das ist aber nicht haltbar, denn es gibt gleich mehrere Probleme bei dieser These.

Zunächst die Geschwindigkeit. Die SU-25 hat eine Dienstgipfelhöhe von nur 7.000 Metern. Sie kann sich zwar auf über 10.000 Meter, wo die Boeing unterwegs war, „hochquälen“, wäre dort aber über 100 Kilometer pro Stunde langsamer als die Boeing. Versuchen Sie mal, manuell ein Ziel zu treffen, dass sich mit 100 Kilometern pro Stunde von ihnen entfernt. Das ist ambitioniert, zumal der Pilot seinen Aufstieg so hätte planen müssen, dass er genau zur richtigen Sekunde am richtigen Punkt ist, wo dann ein Objekt mit 100 Sachen an ihm vorbeidonnert. In der Praxis ist das ohne Computerberechnung nicht möglich, und einen solchen Computer hat die SU-25 nicht.

Aber nehmen wir mal an, es ginge trotzdem.

Beim Luftkampf setzt sich das Flugzeug hinter sein Opfer und beschießt es von hinten, nur so gibt es eine Chance, ausreichend viele Treffer zu landen, um den Gegner abzuschießen. Wir haben aber keine Einschläge von hinten am Heck der Boeing, sondern vorne am Flugzeug, und zwar von der Seite.

Die SU-25 hätte also — die Kanone schießt stur geradeaus nach vorne — im 90-Grad-Winkel zur Boeing stehen müssen, um sie von der Seite zu durchlöchern. Dann allerdings wäre die Boeing mit 800 Kilometern pro Stunde an der SU vorbeigedonnert. Wie lange wäre die Boeing dabei im Schussfeld gewesen? Nur Millisekunden. Aber selbst wenn die Kanone hunderte Schuss pro Sekunde abfeuert, hätten nicht einmal eine Handvoll Projektile die Boeing dabei treffen können, einfach wegen der hohen Geschwindigkeit.

Auch bei dieser Variante würden wir also keine hunderten oder tausenden von Löchern im Rumpf der Boeing finden.

Man kann die SU-25 als Täterin also ausschließen. Sie ist schlicht nicht in der Lage, ein solches Schadensbild zu erzeugen, wie wir es bei MH17 gesehen haben.

Bleibt die Buk. Die ist so konstruiert, dass sie neben ihr Ziel fliegt, explodiert und dabei tausende Schrapnelle freisetzt, die den Gegner durchlöchern. Und genau dieses Schadensbild sehen wir bei der Boeing. Dabei wäre sie strukturell auch so stark beschädigt worden, dass sie sofort auseinandergebrochen wäre. Passt auch zum Schadensbild. Und nicht zuletzt wäre dabei auch die Aufzeichnung der Blackbox von einer Sekunde zur anderen abgebrochen, während man bei Beschuss durch ein Flugzeug noch zumindest für einige Sekunden aufgeregte Reaktionen der Piloten gehört hätte.

Ich weiß, das ist für viele inzwischen eine Glaubensfrage und ich werde wieder viele Emails deswegen bekommen, aber es deutet alles auf eine Buk und nichts auf ein Flugzeug.

Hinzu kommt die Herkunft der „Flugzeug-These“. Sie wurde von der russischen Armee am Tag des Unglücks gestreut, später aber nie wiederholt. Auch der Chefkonstrukteur der SU-25 hat in einem Interview in einem russischen Fachmagazin die SU-15 ausgeschlossen. Sie kann das nach seiner Meinung gar nicht leisten. Und selbst Russland zweifelt die These der Buk nicht an. Mit anderen Worten: Niemand der Beteiligten hält an der These fest, für alle Beteiligten steht fest: Es war eine Buk.

Damit kommen wir zur nächsten Frage: Wer hat sie abgeschossen?

Das ist schon nicht mehr so eindeutig.

Es können die Rebellen gewesen sein. Die Rebellen haben schon drei Wochen vor dem Abschuss gemeldet, ihnen seien Buks in die Hände gefallen. Kiew hat das bestritten. Und wenige Tage vor dem Abschuss der Boeing gab es einen Abschuss einer AN-26 durch die Rebellen in 6.000 Meter Höhe. Das war für jeden Experten die Bestätigung, dass die Rebellen solche Systeme hatten. Ob sie aus Russland gekommen sind, wie Bellingcat behauptet, oder aus ukrainischen Beständen einer eroberten Kaserne, wie die Rebellen mitgeteilt haben, ist erst einmal nebensächlich. Wobei der Bericht von Bellingcat sehr unglaubwürdig ist, das sei gleich dazu gesagt.

Nach dem Abschuss haben die Rebellen plötzlich bestritten, Buks zu haben und Kiew war plötzlich der Meinung, sie hätten welche. Egal, es können die Rebellen gewesen sein, die aus Versehen das Flugzeug abgeschossen haben. Von einem absichtlichen Abschuss hätten sie keine Vorteile, aber viele Nachteile gehabt. Aber ein Versehen ist möglich und es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas passiert.

Es kann aber auch die Ukraine gewesen sein. Die hatte Buks dort und in den Tagen zuvor hatte es immer wieder Meldungen gegeben, dass russische Kampfflugzeuge in die Ukraine eingedrungen wären. Die Luftabwehr der Ukraine war an dem Tag deshalb in erhöhter Alarmbereitschaft. Und auch die Ukraine kann die Boeing aus Versehen abgeschossen haben. Ich sagte gerade, es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass so etwas passiert. Es ist sogar der Ukraine schon passiert: Im Zuge eines Manövers hat die Ukraine im Jahr 2000 versehentlich eine russische Passagiermaschine über dem Schwarzen Meer abgeschossen.

Ich will keine Bosheiten unterstellen, aber auch ein absichtlicher Abschuss durch Kiew ist denkbar, denn man konnte es Russland in die Schuhe schieben und sich so Vorteile erhoffen. Auch wenn das aller Logik entbehrt, aber so ist es dann ja auch passiert: Der Abschuss von MH17, egal, wer es gewesen ist, hat dann zum Beginn der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland geführt, die keine zehn Tage danach beschlossen worden sind.

Was sagen die offiziellen Untersuchungsergebnisse?

Nichts Eindeutiges.

Die Flugunfallermittler haben den Abschuss einer Buk zugeordnet und im Abschlussbericht wollen sie aus der Position der Buk bei der Explosion relativ zur Boeing einen möglichen Abschussort hergeleitet haben. Allerdings ist das kaum ernst zu nehmen, denn der Abschuss der Boeing erfolgte unmittelbar über der Frontlinie, und nur aus der Position der Rakete herleiten zu wollen, ob die Buk ein paar hundert oder tausend Meter weiter nördlich oder südlich abgefeuert wurde, ist recht gewagt. Höflich ausgedrückt.

Aber dieser Bericht ist auch nicht entscheidend. Entscheidend sind die Ermittlungen des holländischen Staatsanwaltes Westerbeke. Der muss nämlich mehr auf den Tisch legen als eine solche Theorie. Er muss ein Gericht überzeugen, und dafür braucht es handfeste Beweise. Und während der Abschlussbericht 2015 vorgelegt wurde, hat Westerbeke erst 2019 Anklage erhoben, dazu gleich mehr. Jedenfalls waren diese Schlussfolgerungen des Abschlussberichts für den Staatsanwalt nicht überzeugend genug für eine Anklage.

Woher kam die Rakete?

Dazu habe ich schon geschrieben, dass es letztlich nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder aus Russland oder aus ukrainischen Beständen. Dabei muss man im Hinterkopf haben, dass viele ukrainische Kasernen und Militäreinheiten in den ersten Wochen des Konfliktes mitsamt ihren Waffen zu den Rebellen übergelaufen sind. Es kann also eine ukrainische Buk gewesen sein, die den Rebellen in die Hände gefallen ist oder eine, die von der ukrainischen Armee abgeschossen wurde.

Auf die Theorie der Buk aus Russland will ich nur kurz eingehen. Alle Meldungen, die das behaupten, berufen sich auf Bellingcat und Bellingcat ist eine britische Plattform, die an die Nato und vor allem an das Atlantic Council angebunden ist. Es ist also keine neutrale Quelle und vor allem keine objektive Quelle.

Als ich die Recherchen für mein Buch über die Ukraine-Krise Ende 2014 und Anfang 2015 gemacht habe, war noch der Originalreport von Bellingcat im Netz. Dort wurde aus kaum zehn Fotos aus sozialen Netzwerken hergeleitet, die Buk käme aus Russland. Das war mehr als unglaubwürdig. Heute ist der Bericht längst aufgepeppt worden. Aber diese Spur bezieht sich ja auf den Bericht, den Bellingcat 2014 veröffentlicht hat. Ich habe dem Bericht, den ich damals in seiner ursprünglichen Form gelesen habe, nie ein Wort geglaubt, und das gilt bis heute. Die Quelle ist parteiisch und der Originalreport war — sorry — für die Tonne.
Also konnte man über die Herkunft der Rakete lange Zeit nur spekulieren.

Im Mai 2018 gaben die Ermittler eine Pressekonferenz und teilten mit, unter den Trümmerteilen sei auch ein Teil der Rakete gewesen und man habe die Seriennummer herausgefunden. Nur wisse man nicht wirklich, was die Zahlen bedeuten. Trotzdem berichteten die deutschen Medien euphorisch, nun sei Russlands Schuld endgültig bewiesen.

Russland hob die Geheimhaltung dazu im September 2018 auf und teilte mit, anhand der Nummer die Rakete identifiziert zu haben: Sie sei im Dezember 1986 produziert und dann per Bahn in die Westukraine zu einer Luftabwehrdivision gebracht worden. Damals gehörte die Ukraine bekanntlich noch zur Sowjetunion. Dort sei die Rakete geblieben und nach dem Zerfall der Sowjetunion in die Bestände der ukrainischen Armee übergegangen. Darüber berichteten die deutschen Medien allerdings nicht.

Dabei hat ja auch das noch nichts zu sagen, die Rakete kann ja nach 1991 innerhalb der Ukraine verlegt worden und dann den Rebellen in die Hände gefallen sein.

Kiew könnte dieses Rätsel lösen, aber da die westlichen Medien keine Fragen stellen, schweigt Kiew. Übrigens hat Kiew diese russischen Angaben noch nicht einmal bestritten. Kiew schweigt und die westlichen Medien stellen keine Fragen.

Auf welcher Grundlage hat Staatsanwalt Westerbeke im Juni 2019 schließlich Anklage erhoben?

Das ist eine gute Frage, denn neue Erkenntnisse hat er nicht vorgebracht. Er stützt sich stattdessen auf abgehörte Gespräche des ukrainischen Geheimdienstes SBU, der in dem Konflikt schon viele gefälschte Unterlagen und Mitschnitte präsentiert hat. Auf dieser Grundlage hat Westerbeke gegen vier Männer Anklage erhoben und 2020 wird es zu einer Verhandlung in Abwesenheit kommen, also ohne die Angeklagten. Westerbeke wird also alleine vor dem Richter stehen. Das ist nach holländischem Recht möglich, aber natürlich ist eine Verhandlung ohne Anwesenheit der Angeklagten und ohne Verteidigung eine Farce.

Überhaupt ist die Rolle der Niederlande bei MH17 mehr als merkwürdig. Die Regierung hat Dokumente zu dem Fall zur Geheimsache erklärt und sich geweigert, diese den Ermittlern, dem Staatsanwalt, Parlamentsabgeordneten oder Journalisten zur Verfügung zu stellen. Dazu hat die holländische Regierung nach dortigen Gesetzen das Recht. Und obwohl der Nationalrat, also das Parlament, Einsicht gefordert hat, wurde diese verweigert. Auch eine Klage von Journalisten war erfolglos und ist vor dem Obersten Gericht gescheitert.

Was hat Holland, das ständig Russland vorwirft, Informationen zurückzuhalten, zu verbergen? Diese Frage bleibt bisher offen.

Was sagt Malaysia zu den Ergebnissen der Ermittlungen?

Das ist vielleicht die interessanteste Frage, denn die deutschen Medien haben darüber überhaupt kein Wort berichtet.

Die Untersuchungskommission, das Joint Investigation Team (JIT), besteht aus Ermittlern aus den Niederlanden, Malaysia, Australien, Belgien und der Ukraine. Russland ist nicht vertreten. Dafür aber die Ukraine, die mindestens eine Teilschuld trifft, denn sie hätte den Luftraum spätestens in dem Moment sperren müssen, als eine AN-26 in 6.000 Metern Höhe abgeschossen worden ist. Flugabwehrsysteme, die 6.000 Meter hoch schießen können, kommen auch über 10.000 Meter hoch, und damit war der zivile Luftverkehr in der Region nicht mehr sicher. Das führt noch zu Schadensersatzklagen der Hinterbliebenen, und spätestens hier hat die Ukraine ein großes Interesse daran, sich als unschuldig darzustellen und alle Schuld Russland zuzuweisen. Da Russland nicht Teil des JIT ist, kann es sich dagegen auch nicht zur Wehr setzen.

Hätte die Ukraine den Luftraum nach dem Abschuss der AN-26 gesperrt, wäre der Abschuss von MH17 nur wenige Tage später verhindert worden.

Malaysia sollte übrigens zu Anfang auch aus dem JIT herausgehalten werden. Aber da das JIT auf der Grundlage des Chicagoer Abkommens arbeitet, konnte Malaysia sich erfolgreich dagegen wehren und wurde doch noch ins JIT geholt. Das Chicagoer Abkommen zur Untersuchung von Flugzeugabstürzen sieht nämlich vor, dass alle beteiligten Länder in die Untersuchungskommission kommen. Und Malaysia war definitiv betroffen, schließlich war es ihr Flugzeug.

Aber alle anderen Staaten des JIT gehören zu den Gegnern Russlands. Außer Malaysia. Und Malaysia ist mit den Ergebnissen der Ermittlungen ganz und gar nicht einverstanden.

In den malaysischen Medien gab es ungezählte Artikel und von malaysischen Politikern ungezählte Aussagen mit scharfer Kritik an den Ergebnissen. Ende Mai 2019 sagte der malaysische Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz folgendes zu den Ergebnissen des JIT:

„Sie beschuldigen Russland, aber wo sind die Beweise? (…) Man braucht handfeste Beweise, die belegen, dass die Russen die Rakete abgefeuert haben. Es können die Rebellen gewesen sein, es kann aber auch die ukrainische Regierung gewesen sein, sie haben diese Raketen auch. (…) Wir wissen nicht, warum wir von den Untersuchungen ausgeschlossen waren, aber da war von Anfang an viel Politik involviert und die Idee war es nicht, herauszufinden, was geschehen ist, sondern sie scheinen bemüht gewesen zu sein, es Russland anzuhängen. (…) Das ist keine neutrale Untersuchung.“

Im Gegensatz zu den deutschen Medien haben die Medien in Holland zumindest über diese Proteste aus Malaysia berichtet, allerdings hat die niederländische Regierung nur mitgeteilt, die Äußerungen zur Kenntnis genommen zu haben, weiter kommentiert hat sie sie nicht.

Ein weiteres Beispiel ist ein Gastbeitrag der damaligen malaysischen Botschafterin in den Niederlanden in einer malaysischen Zeitung. In dem Gastbeitrag hat sie die Anklage von Westerbeke auseinandergenommen. Sie schrieb, dass es bei der Untersuchung nie darum gegangen sei, die Wahrheit herauszufinden, sondern dass die Untersuchung von geopolitischen Interessen geleitet gewesen sei. Und sie muss wissen, wovon sie spricht, denn als zuständige Botschafterin in der fraglichen Zeit saß sie an der Quelle.

Fazit: Wie Sie sehen, wissen wir nichts. Wir wissen, auch wenn viele an der SU-25-These festhalten, dass es eine Buk war. Aber wir wissen nicht, wer sie abgefeuert hat. Und es ist möglich, dass wir es nie erfahren. Es können beide Seiten aus Versehen gewesen sein, es kann die Ukraine auch absichtlich getan haben, obwohl ich mir so etwas nicht einmal vorstellen will. Aber da wir nichts Genaues wissen, können wir auch nichts ausschließen.

Wir sehen viele Ungereimtheiten und wir sehen, dass die deutschen Medien uns vieles verschweigen. Sei es die Tatsache, dass Kiew sich nicht zum Verbleib der Rakete äußert oder auch die massive Kritik aus Malaysia. Die ist übrigens nicht neu, schon 2014 hat Malaysia der Ukraine vorgeworfen, Beweise zerstören zu wollen. Nur in Deutschland hat man davon nie etwas gehört, stattdessen wird nur über Russlands angebliche Schuld berichtet.

Dieses komplexe Thema kann in einem so kurzen Artikel nur oberflächlich angerissen werden. An dieser Stelle sei daher Eigenwerbung erlaubt: Wer sich für mehr Details interessiert, dem empfehle ich, mein Buch über die Ukraine-Krise einmal anzuschauen. Dort gehe ich die Krise des Jahres 2014 im Detail auf fast 650 Seiten mit circa 950 Quellenverweisen chronologisch durch und allein MH17 füllt dort 68 Seiten mit 94 Quellenverweisen. Daher war es hier in der Kürze auch nur möglich, einen Abriss zu geben, aber kein vollständiges Bild. Dazu ist das Thema zu komplex.


Nachbemerkung: Soweit der Artikel von mir im Rubikon. Da ich dort nicht zu viel Eigenwerbung machen wollte, habe ich die Leseprobe zu MH17 aus meinem Buch, die ich hier beim Anti-Spiegel veröffentlicht habe, dort nicht verlinkt. Aber hier tue ich es für alle, die das Kapital „probelesen“ möchten.

Sollten Sie danach „Appetit auf mehr“ bekommen haben und sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahres 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 670 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.

In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Kurzer, aber meiner Meinung nach wichtiger Einwand:

    Du schreibst in dem Artikel von einer „SU-25“, welche die Rebellen aus 6000 Meter Höhe abgeschossen haben sollen. Davon höre ich zum ersten Mal! Ich weiß von einer Antonow AN-26! Abgeschossen aus fast 6000 Metern Höhe am 14. Juli – 3 Tage vor MH17.

    Das sind zwei doch sehr verschiedene Apparate! Bodenkampfflugzeug hier – Transportflugzeug da.
    Eine Verwechslung?

    1.  2. Mai 2014: Zwei Mi-24 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       29. Mai 2014: Eine Mi-8 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       Juni 2014: Eine AN-30 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       14. Juni 2014: Eine IL-76 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       24. Juni 2014: Eine Mi-8 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       12. Juli 2014: Eine Mi-24 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       14. Juli 2014: Eine AN-26 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe
       16. Juli 2014: Eine Su-25 abgeschossen durch Separatisten mit unbekannter
      Waffe.

      http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810964.pdf

  2. Thomas, ich suche händeringend den Abschlussbericht des JIT im Netz. Bei Google findet sich dazu überhaupt keine Adresse und bei einigen anderen Seiten steht zwar Abschlussbericht.pdf, aber wenn man draufklickt, passiert nichts, so als sei der Bericht nicht mehr für die Öffentlichkeit einsehbar. Kannst du weiterhelfen?

    1. Der Bericht ist von der NL Regierung als „Geheim“ eingestuft worden. Wenn man aber den Spuren des Berichts folgt stellt man fest das besonders viele Differenzen zu Bildern, Waffenspuren und den Zeugenaussagen auftreten.

      „Und ein Bonbon zum Schluss
      Bezüglich des Abschussortes sagte Tjibbe Joustra, der Vorsitzende des NSR, in einem Fernsehinterview am 13. Oktober, so als ob dieser sicher bestimmt worden wäre: „It is an area where borders were shifting. But it is an area where pro-Russian rebels had control.“ (Er befindet sich in einem Gebiet, in dem sich die Grenzen verschoben. Aber er befindet sich in einem Gebiet, in dem die pro-russischen Rebellen die Kontrolle hatten). Diese beiden Sätze präsentierten uns auch ARD und ZDF, ohne dass ein Journalist zu bemerken schien, dass sie einander widersprechen. Entweder, oder. Die Grenzen verschoben sich oder das Gebiet war unter Kontrolle einer Seite. Beides geht nicht zusammen.

      Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ist das mittlerweile aufgefallen oder sie wurde darauf hingewiesen. Wenn man die Meldung derzeit googelt (area shifting control MH17, 17. Oktober, 21:55 Uhr MESZ, Screenshot), findet man im Google-Anriss noch den ersten Satz von Joustra, und der oben verlinkte Artikel gibt diese ursprüngliche dpa-Meldung wieder. In der jetzigen Version der Meldung fehlt er bereits. Dort heißt es nun: „The board’s head, Tjibbe Joustra, said the missile came from an area under the control of pro-Russian rebels.” (Der Chef des Rats, Tjibbe Joustra, sagte die Rakete kam aus einem Gebiet unter der Kontrolle der pro-russischen Rebellen). Auch die Information in der usrprünglichen dpa-Meldung, dass diese Bemerkung im Widerspruch zur Darstellung während der Präsentation des Abschlussberichts stand, ist entfernt worden.
      Willkommen in der Welt von George Orwell!“

      Link zum Screen funktioniert nicht mehr hab ich nachgesehen.

      https://www.freitag.de/autoren/gunnar-jeschke/was-folgt-aus-dem-abschlussbericht-zu-mh-17

      „„Wobei mir jetzt eben beim Lesen im Bericht erst auffiel, dass nicht ein einziges Foto einer dieser sehr charakteristischen Stanzspuren eines typischen BUK-Fragments in der Außenhülle des Flugzeugs gezeigt wurde („bow-tie shaped“, 14×14 mm²) – das wäre für mich der „rauchende Colt“. Auch für die Ermittler, also gehe ich davon aus, dass so etwas nicht gefunden wurde. Was nicht heißt, dass so etwas nicht vorhanden war – nur eben nicht gefunden. Und solche Stanzspuren entstehen eben nur zufällig, nicht zwangsläufig.!

      Der BUK-Raketenkopf besteht aus ca. 6.000 Schrapnellen. Es gab insgesamt 800 Einschläge („over 800 hits are estimated“) im Flugzeug. Es gibt in den JIT-Berichten keine einzige Aufnahme eines typischen schmetterling-förmigen Einschlagloches! Dafür gibt es ein Foto eines Schmetterling-Schrapnelles. Quelle ist der ukrainische Geheimdienst. Insgesamt wurden nur vier (!) Schrapnelle gefunden, die zu einer BUK-Rakete passen.“

      https://www.freitag.de/autoren/gunnar-jeschke/was-folgt-aus-dem-abschlussbericht-zu-mh-17

      „Und diese Maschinenkanonen arbeiten mit anderen Patronenladungen -TNT und PETN. Die Geschosse haben eine so hohe Geschwindigkeit (und Energie) und Form, dass sie – anders als die Schrapnelle, die im Pilotenkörper stecken bleiben Fig.37 ! – durchschlagen – es können also nur Reste, Splitter, Abrieb (gleiches Metall wie die Schrapnelle?) und eben die Schmauchspuren anderer Sprengstoffe nachgewiesen werden. Und tatsächlich lassen sich einigermaßen runde Durchschüsse auch im Pilotensitz (aus sehr festem Metall) finden, Fig. 24, 26. Explosivgeschosse sind von dieser Betrachtung nicht ganz erfasst, sie explodieren nämlich nicht bei der Oberflächenberührung, sondern µs später im Inneren und würden kleine Splitter hinterlassen – aus einem ähnlichen Metall wie die Schrapnelle.

      Der Report schließt das von vornherein aus und nimmt als diskutierte Möglichkeit ein von vorn kommendes Flugzeug (Abschnitt 3.6), was natürlich durch die irrsinnig hohe Relativgeschwindigkeit keine Schussgenauigkeit haben kann und deshalb kaum Treffer erzielen wird (womit der geneigte Leser gleich von vornherein in eine bestimmte Richtung gelenkt wird, nämlich dass es kein Flugzeug gewesen sein kann – naja, wers mit sich machen lässt).“

      https://friedensblick.de/25726/es-gab-buk-fremde-sprengstoffreste-an-mh-17/

      Suchst du das hier?

      https://www.icj-cij.org/files/case-related/166/166-20180612-WRI-01-00-EN.pdf

      1. Nein, ich suche den Bericht des JIT, auf den Thomas mich aufmerksam gemacht hat. Das war der Abschlussbericht und ich habe ihn Anfang März diesen Jahres gelesen, er war relativ einfach zu finden! Jetzt findet man mit einfacher Suche nichts mehr davon.
        Im Grunde braucht man doch gar nicht viel spekulieren. Das Flugzeug wurde in ca. 10.000 m Höhe mit Kurs Richtung Russland ca. 80 km östliche von Donezk und ca. 50 km vor der russischen Grenze, die es in ca. 3 min erreicht hätte, getroffen. Ob mit Buk oder SU-25 ist dabei erst einmal nebensächlich. Aus militärischer Sicht macht es für die Volkswehr und erst recht nicht für die angeblich verantwortliche russische Luftabwehreinheit Sinn, auf ein Zivilflugzeug in dieser Position zu feuern! Wenn dieses Flugzeug einen militärischen Auftrag hätte, so hätte es Richtung Nordosten abdrehen müssen, um Kurs Richtung Lugansk zu nehmen, um dort seinen Auftrag zu erfüllen, irgendetwas zu bombardieren oder Fallschirmjäger abzusetzen. In diesem Fall wären die Volkswehr oder die die russische Einheit aber von einem militärischen Ziel ausgegangen, zunächst einem legitimen Ziel, es hätte sich aber als Versehen herausgestellt! Schaut man sich die Position an, von der aus die Buk abgefeuert wurde, so käme hier zweifellos die Ukraine in Frage, um angebliche Angriffe aus Russland abzuwehren!

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