Die „Neue Seidenstraße“ im Licht der Geopolitik: Wer hat welche Interessen?

In den Medien ist immer mal wieder die Rede von dem chinesischen Projekt „One Belt One Road“ oder „Neue Seidenstraße“. Es wird in den Medien immer in einem negativen Licht dargestellt. Aber wer weiß eigentlich warum? Und wer weiß, was das für ein Projekt ist? Darauf wollen wir mal näher eingehen.

Kurz gesagt handelt es sich bei dem Projekt um das größte Infratsrukturprojekt der Welt. China will Schienen und Autbahnen von China bis nach Europa bauen, um den Handel auf dem gesamten Eurasischen Doppelkontinent anzukurbeln. Würde der europäisch-chinesische Handel von Containerschiffen auf die Schiene verlegt werden, wäre das nebenbei auch ein Gewinn für die Umwelt.

Das klingt erst einmal gut, wo sind also die Nachteile?

Der Nachteil ist der, dass China das Projekt finanziert und die teilnehmenden Länder dabei entweder bei China Schulden machen müssen oder Teile ihrer Infrastruktur bzw. auch von Unternehmen in den Bereichen Infrastruktur und Versorgung unter chinesische Kontrolle geraten. Das kann man durchaus negativ sehen, denn es erhöht Chinas Einfluss und damit Chinas Macht.

Anders herum wird es uns immer als positiv dargestellt, wenn der Westen das gleiche in anderen Ländern tut: Investieren und Übernehmen von Firmen, Bodenschätzen oder Infrastruktur. Daran sieht man schon, dass die westlichen Medien das gleiche Verhalten gut finden, wenn der Westen es tut, aber schlecht finden, wenn China es tut.

Wenn die deutschen Medien westliche Interessen vertreten, kann man das gut finden. Aber es sollte klar gekennzeichnet werden. Ansonsten können die deutschen Medien nicht für sich beanspruchen, objektiv, kritisch und unabhängig zu berichten.

Daher muss es nachdenklich machen, wenn die Medien zwar tendenziös berichten, aber dem Leser das nicht mitteilen. Denn hier zeigt sich, dass die westlichen Medien bei dem Thema nicht objektiv berichten, sondern die gleichen Dinge verschieden vermitteln, je nachdem, wer es tut. Sie berichten also interessengesteuert, das muss man bei dem Thema im Hinterkopf haben.

Außerdem sollte es nachdenklich machen, warum Russland – im Gegensatz zur EU – das Projekt begrüßt. Russland ist schließlich nicht eben dafür bekannt, sich freiwillig in die Abhängigkeit anderer zu begeben. Und tatsächlich sieht Russland das auch nicht so, Russland finanziert seine Teile des Projektes weitgehend selbst und sieht große Vorteile für sich, wenn es an diesem großen Handelsprojekt teilnehmen kann, ohne dabei von China abhängig zu werden.

Überhaupt ist die recht junge russisch-chinesische Freundschaft ein komplexes Gebilde, in dem China nur auf den ersten Blick der stärkere Partner ist. Klar, China ist wirtschaftlich stärker und hat eine fast zehnmal so große Bevölkerung, wie Russland. Aber auch China ist von Russland abhängig, denn um seine Wirtschaft am Laufen zu halten, braucht es Unmengen an Rohstoffen und davon hat Russland mehr als genug. So gesehen entwickelt sich zwischen diesen beiden Ländern eine immer größere gegenseitige Abhängigkeit, je enger sie zusammenarbeiten. Keiner kann den anderen wirklich dominieren und zusätzlich vereint die beiden, dass die USA beide offen als Gegner ansehen und versuchen, sie zu bekämpfen. Sei es durch die Russland-Sanktionen oder den Handelskrieg mit China.

Das führt zu einem immer engeren politischen Zusammenrücken der beiden Großmächte. Es zwingt sie geradezu zu dieser Zusammenarbeit.

Was wäre nun aus Sicht der EU klug?

Auch die EU könnte, wenn sie einig auftreten würde, von dem chinesischen Projekt profitieren. Und zwar mehr, als alle anderen, einfach weil sie der modernste Partner in dem Projekt wäre.

Wenn die EU, ähnlich wie Russland, sich zu dem Projekt bekennen und an ihm beteiligen würde, wäre sie der dritte große Profiteur nach Russland und China. Man könnte sich Absatzmärkte sichern, die bisher noch schwer erreichbar sind und auch eine politische Annäherung mit Russland und China wäre eine zwangsläufige Folge. Dies allerdings wäre eine Machtverschiebung im geopolitischen Gleichgewicht, die für die USA nicht hinnehmbar ist.

Die Geostrategen in Washington sagen alle unisono, dass sich der Kampf um die Vorherrschaft auf der Welt auf dem eurasischen Kontinent entscheidet. Wer diesen kontrolliert, beherrscht die Welt. Und die USA sind da bisher im Vorteil, weil sie die EU de facto kontrollieren.

Wenn die USA Sanktionen gegen Russland verhängen wollen, dann üben sie einen so großen Druck aus, dass sich die EU-Staaten dem beugen, auch wenn es zu ihrem eigenen Schaden ist. Das wird in den USA auch ganz offen ausgesprochen. Der ehemalige Vizepräsident Biden hat es 2014, als die neuen Russland-Sanktionen begannen, öffentlich gesagt: Die EU-Länder wollten keine Sanktionen erlassen, aber der Druck der USA hat sie auf Linie gebracht und sie haben sich den US-Sanktionen angeschlossen, die der EU „wirtschaftliche Schläge“ versetzt haben. Für alle, die das für eine Verschwörungstheorie halten, ist hier der entsprechende Teil einer Rede verlinkt.

Und genau da ist das Problem der EU: Sie wird zwischen China und Russland auf der einen Seite und den USA auf der anderen Seite aufgerieben. Das Projekt der Seidenstrasse, das eine große Chance für die EU wäre, wenn sie sich auf ihre eigenen Interessen konzentrieren würde, anstatt den US-Interessen sogar zum eigenen Schaden zu folgen, wird nun ohne sie stattfinden. Jetzt hat China die Möglichkeit, seine Projekte mit einzelnen EU-Ländern zu verhandeln und natürlich ist ein einzelnes EU-Land ein schwächerer Verhandlungspartner, als es eine geschlossene EU wäre. Trotzdem ist das Projekt für viele EU-Länder hochinteressant.

Im Spiegel kann man dazu lesen:

„Gleichwohl haben sich nach und nach nicht nur asiatische und afrikanische Staaten einbinden lassen. Auch 13 EU-Staaten (Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Griechenland, Portugal, Polen, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und die drei baltischen Staaten) schlossen mit Peking individuelle Investitionsabkommen. Das sind alles kleinere Länder, anders als das EU-Gründungsmitglied Italien, die viertgrößte Volkswirtschaft der Staatengemeinschaft und achtgrößte weltweit. Deren Unterschrift hätte ein ganz anderes, vor allem politisches Gewicht.“

Handel wird uns von Medien und Politik immer als etwas positives dargestellt. Je mehr und je freier der Handel ist, desto besser, so der allgemeine O-Ton. Allerdings scheint dies nicht zu gelten, wenn China Handel treiben will. Dann reagiert Washington gereizt und Brüssel folgt dieser Linie, anstatt sich als Profiteur dem Projekt anzuschließen.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie einseitig die Medien berichten, sieht man auch in dem gleichen Spiegel-Artikel:

„Auch in Ungarn und Griechenland haben die Nachfahren von Mao Zedong politisch gut investiert: Wenn die EU mal wieder gegen Menschenrechtsverletzungen oder anderes Übel in China protestieren will, legen Griechen oder Ungarn neuerdings schon mal ihr Veto ein.“

Klar, Menschenrechte sind wichtig. Aber ich habe nie gehört, dass die EU-Staaten mal die Menschenrechtssituation in den USA angesprochen hätten. Das klingt in Ihren Ohren merkwürdig?

Mal sehen: Bei China wird die Todesstrafe zu Recht kritisiert, warum nicht bei den USA? Der Umgang Chinas mit den Minderheiten, zum Beispiel in Tibet, wird zu Recht kritisiert, aber haben Sie je ein Wort der Kritik zum Umgang der USA mit ihren Ureinwohnern gehört, deren Lage noch schlechter ist, als die der Tibeter? Bei aller chinesischer Unterdrückung, die Tibeter wurden nicht umgesiedelt und in unwirtliche „Reservate“ gepfercht, ohne gefragt oder entschädigt worden zu sein. Und was ist mit Guantanamo, wo Menschen ohne Gerichtsverfahren und Rechte seit mittlerweile über 15 Jahren gefangen gehalten und unbestritten gefoltert werden? Da können nicht einmal die Chinesen mithalten, solche Vorwürfe gibt es gegen China gar nicht. Und dass in keinem Land der Welt prozentual mehr Einwohner im Gefängnis sitzen, als im „Land of the Free“, sei nur nebenbei angemerkt.

Es gäbe also genug Gründe, auch in Washington einmal die Menschenrechte anzusprechen und nicht bloß in Peking. Aber der Spiegel hat schon Recht: Mit Macht und Investitionen verhindert man unangenehme Fragen, das macht nicht nur China so, China hat dies eher von den USA gelernt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die EU, wie gesagt, gerade unter die Räder kommt. War es früher Europa, dass anderen Ländern den Handel zu den eigenen Bedingungen aufgezwungen hat, wird dies inzwischen mit Europa gemacht. Europa entwickelt sich zu einem Kolonialgebiet, dass derzeit von den USA beherrscht wird, aber in Zukunft vielleicht auch von China.

Wer das verhindern will, muss nicht gegen die Seidenstrasse kämpfen, der Kampf ist auch gar nicht zu gewinnen. Die EU müsste sich dringend von den USA emanzipieren und für ihre eigenen Interessen eintreten. Das Ergebnis wäre ein Gleichgewicht in Eurasien zwischen der EU, China und Russland. Vielleicht gehört auch Indien noch in diese Liste.

Ein solches Geichgewicht wäre sehr wünschenswert, auch und gerade aus Sicht der kleinen Länder, denn ein solches Gleichgewicht verhindert deren Unterdrückung durch ein dominantes Land. Es wäre also im Interesse aller Länder des eurasischen Doppelkontinentes, wenn dies passieren würde.

Die einzigen, denen ein solches Szenario nicht gefällt, sind die USA.

Aber warum eigentlich sollten wir in Eurasien uns von außerhalb beherrschen lassen, anstatt unsere eigenen Entscheidungen über unsere Interessen zu treffen?

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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