Die Queen kann nichts dafür – Wie das russische Fernsehen über das Brexit-Chaos berichtet

Im russischen Fernsehen hat man sichtlich Spaß am Brexit. Auch an diesem Sonntag war das Briten-Chaos wieder Thema in der Sendung „Nachrichten der Woche“.

Wenn es um den Brexit geht, den die deutschen Medien mit gerunzelter Stirn und einer gewissen Verzweiflung verfolgen, dann hat man in russischen Redaktionsstuben sichtlich Spaß. Dabei geht es nicht darum, sich über eine Schwächung der EU zu freuen, daran hat Russland kein Interesse. Russland wünscht sich im Gegenteil eine starke EU, denn nur eine starke EU kann sich irgendwann von den USA emanzipieren, denn das ist das Ziel der russischen Regierung: Eine starke und selbstbewusste EU, die nicht mehr an der kurzen Leine der USA läuft.

In Russland amüsiert man sich vielmehr über die offensichtliche Unfähigkeit weiter Teile der britischen und europäischen politischen Eliten, die sich am Beispiel Brexit so deutlich zeigt. Ich habe daher den unterhaltsamen Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Was ist vom einst riesigen britischen Empire geblieben? Die heutigen Prozesse dort sind so, dass das gegenwärtige staatliche System nicht in der Lage ist, angemessen auf die sich abzeichnenden Herausforderungen zu reagieren. Premierminister Boris Johnson hat Königin Elisabeth II getäuscht und gedemütigt. Die letzten Regierungen haben eine nach der anderen nur die Zahl der Probleme des Landes erhöht und das Parlament ist zu einem Ort geworden, in dem man sich beschimpft und gegenseitig anbrüllt.

Was dort abläuft, ist wie eine spannende Fernsehserie. In der aktuellen Folge erklärt der Oberste Gerichtshof von England die Entscheidung der Königin, die Arbeit des Parlaments auszusetzen, für illegal. Was bisher geschah, wir blenden nochmal zurück zu den früheren Folgen.

Großbritannien beschließt nach den Ergebnissen des von Premierminister David Cameron vorgeschlagenen Referendums den Austritt aus der Europäischen Union. Cameron selbst, der das Referendum vorgeschlagen hat, wollte nur der EU Angst machen und hat selbst gegen den Brexit gestimmt. Danach: Rücktritt. Theresa May kommt als Premierministerin. Anstatt um das Austrittsabkommen mit der EU zu kümmern, widmet sie sich dem Kampf gegen Russland. (Anm. d. Übers.: Im Beitrag des russischen Fernsehens werden an dieser Stelle unkommentiert und ohne Übersetzung Reden von May in Sachen Skripal gezeigt)

Infolgedessen gibt es keine Einigung über den Brexit, die für das Parlament akzeptabel ist. Theresa May fliegt aus dem Stuhl des Premierministers. Diesen Sommer wurde sie durch den verrückten, wie viele glauben, und exzentrischen Boris Johnson ersetzt. Er ist für einen harten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ohne Abkommen. In kürzester Zeit verliert Boris seine parlamentarische Mehrheit und da er kein feindliches Parlament braucht, beschließt er, die Arbeit des Parlaments auszusetzen. Es gibt nicht nur keine Plenarsitzungen, sondern auch alle Ausschüsse und Kommissionen ruhen, und die vorliegenden Gesetzesentwürfe sind „verbrannt“ und müssen neu eingebracht werden. Die einzige Möglichkeit, die Aussetzung des Parlaments zu erklären, besteht darin, die Königin selbst von der Richtigkeit eines solchen Schritts zu überzeugen, denn die Entscheidung trifft die Monarchin.

Boris Johnson ruft Königin Elizabeth II an und täuscht die alte Dame. Er sagt, dass die Entscheidung legal ist, sodass Ihre Majestät schließlich den Befehl erteilt. Das Parlament ist bis zum 14. Oktober kalt gestellt. Und wir erinnern uns: Die Frist für den Brexit ist der 31. Oktober.

Und nun das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Großbritannien: „Die Entscheidung, die Königin um die Aussetzung des Parlaments zu bitten, war illegal.“ Es ist klar, dass die Entscheidung der Königin illegal ist, weil sie schließlich beschlossen hat, mit ihrer Macht die Türen des Parlaments abzuschließen. Aber die Königin steht nicht unter Verdacht. Die „Entscheidung, die Königin zu bitten“ war also illegal. Das heißt, das Gesetz wurde von Boris Johnson gebrochen. Es ist besser, die Tatsache zu vertuschen, dass er die Königin getäuscht hat, indem er ihr eine illegale Entscheidung untergeschoben hat. Die Königin sollte sich nicht täuschen lassen und nicht getäuscht werden. Also irgendwie so. Boris Johnson hat die Königin de facto getäuscht, aber die Königin trifft keine Schuld.

Infolgedessen kehren die Abgeordneten zu ihren grünen Sofas zurück und der Antagonismus mit der Regierung von Boris Johnson erreicht ein schmerzhaftes Niveau. Johnson schlägt Neuwahlen vor. Das Parlament ist dagegen. Vorerst ein Patt. Darüber hinaus war es dem Parlament schon vorher gelungen, ein Gesetz über die Unmöglichkeit eines Austritts aus der EU ohne Abkommen zu verabschieden. Aber eine Einigung, die dem Parlament gefällt, gibt es nicht. Der bestehende Text wurde vom Parlament abgelehnt.

Boris Johnson flog schnell zur UN-Vollversammlung, wo er Großbritannien zum Weltführer in Sachen Moral und Verantwortungsbewusstsein erklärte und sich mit Prometheus verglich, dem ein Adler die Leber zerhackt. Der Adler sind natürlich die Gegner des Brexit. Und wegen des Feueralarms der politischen Krise kehrte nach vorzeitig nach London zurück.

Dort warteten das „paralysierte“ Parlament, wie es der Premierminister selbst nennt, und die von ihm getäuschte Königin auf ihn. Später teilte Boris Johnson mit, dass er mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht einverstanden sei und wandte sich erneut an die Königin, die seiner Meinung nach eine Rede im Parlament halten sollte. Die Königin hat es derweil aber nicht eilig.

Wenn das so weitergeht, wird sich das Vereinigte Königreich eines Tages von einem Königreich in eine Republik verwandeln. Mit all ihren normalen, demokratischen Attributen, wie einer Verfassung, die das Funktionieren des Staates regelt. Nun sieht dieser Mechanismus in Großbritannien archaisch aus und zeigt am Beispiel des Brexit, dass er handlungsunfähig macht. All diese Perücken, Roben und Kutschen könnten Respekt einflößen, wenn der politische Mechanismus dahinter funktionieren würde, aber so beschleichen einen Zweifel, wozu sich alle so verkleiden. Wenn es für die Touristen ist, dann ist es das Eine, wenn als Funktion gedacht ist, warum funktioniert der Mechanismus dann nicht?

Und warum die englische Königin zu einer Witzfigur machen? Schließlich wurde sie so oft getäuscht und sie wiederholt in unverantwortlicher Weise die Worte, die ihr von der Regierung vorgelegt werden, ganz so wie es ein Papagei tun könnte. Und sie unterzeichnet resigniert Entscheidungen, die sich später für Großbritannien als fatal herausgestellt haben. Schließlich hat die Königin formal eine riesige Macht, aber sie unterschreibt alles, was ihr von Premierministern vorgelegt wird.

So genehmigte Elizabeth II die Invasion des Irak durch britische Truppen, die sich später als ungerechtfertigt herausgestellt hat. Darüber hinaus räumte der damalige Premierminister Tony Blair später ein, dass die Invasion im Irak einer der Hauptgründe für die Entstehung des terroristischen IS sei. Das heißt, der IS entstand mit dem Segen der englischen Königin.

Elizabeth II. erlaubte die Bombardierung und anschließende Zerstörung Libyens, wovon man heute eindeutig weiß, dass es ein Verbrechen war. Sie stimmte auch dem Brexit-Referendum zu, das der damalige Premierminister David Cameron nun für einen Fehler hält. Und Elizabeth II. leitete mit Theresa May das Verfahren zum Austritt aus der EU ein und billigte später den Gesetzentwurf zum Brexit und machte ihn damit zum Gesetz. Jetzt wissen sie nicht weiter. Aber die Königin ist über jeden Verdacht erhaben.

Wir werden die Serie weiter verfolgen. Das wird noch interessant. Auf jeden Fall geht es im Drehbuch um die Degenerierung der britischen Elite. Ähnliche Prozesse sehen wir auch in der EU.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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