Flächendeckende Überwachung in Deutschland: Wie Merkel uns bewusst belügt

2013 deckte Edward Snowden auf, dass die USA nicht nur alle Deutschen, sondern die ganze Welt flächendeckend überwachen. Es war Wahlkampf und Merkel fand das gar nicht lustig. „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“, waren ihre Worte. Passiert ist freilich nichts und was man sich schon denken konnte, wird heute bestätigt: Merkel hat kein Problem mit dem Abhören, sie findet es nur nicht gut, wenn es bekannt wird.

Der Spiegel schreibt über den damaligen stellvertretenden Sicherheitsberater von Obama, Ben Rhodes, der jetzt seine Erinnerungen veröffentlicht hat. Da kann man lesen, dass Merkel kein Problem mit dem Abhören hatte, wie der Spiegel schreibt: „Ben Rhodes, damals stellvertretender Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, sagt, Merkel sei nur verärgert gewesen, weil für sie „ein PR-Problem in der deutschen Öffentlichkeit entstand. Nicht wegen des Abhörens selbst“.“

Nun muss man die Vorgeschichte im Hinterkopf haben, im Rückblick werden Zusammenhänge immer besser sichtbar. Im Sommer 2013 erschütterte Edward Snowden die bis dahin heile Welt der US-Geheimdienste. Mit seinen Enthüllungen über die weltweiten Ausspähungen der NSA trat er eine Lawine los. Plötzlich war bekannt, dass die USA gnadenlos alles und jeden ausspionieren, egal ob Freund oder Feind. Für Deutschland bedeutete das, dass bekannt wurde, wie die NSA alle Telefonate in Deutschland abhört und alle E-Mails liest. Und das drei Monate vor der Bundestagswahl. Merkel war not amused.

Daher regten sich die Vertreter des Kanzleramtes medienwirksam auf und es wurde davon geredet, dass ein „No-Spy-Abkommen“ mit den USA geschlossen werden sollte. Nur war das eben auch gelogen, wie wir spätestens seit 2015 wissen. In der Süddeutschen konnte man dazu 2015 lesen: „Nach außen tut diesen Schritt als erster der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla am 12. August 2013, als er vor der Hauptstadtpresse behauptet, die US-Seite habe „den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten“. Bei Pofalla bleibt es nicht. Es folgen, noch vor der Bundestagswahl, Regierungssprecher Steffen Seibert, der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich und die Bundeskanzlerin selbst. Die Formulierungen variieren, die Botschaft bleibt dieselbe: Es wird ein No-Spy-Abkommen geben. Kanzlerin Merkel formuliert es ein wenig vorsichtiger, sie sagt die Amerikaner seien bereit, „mit uns ein sogenanntes No-Spy-Abkommen zu verhandeln“.“

Blöd nur, dass das alles gelogen war. Die Regierung wusste, dass die USA sich auf so ein Abkommen nicht einlassen würden und so hat die Bundesregierung nicht einmal ernsthaft danach gefragt. Es war eine reine Show für die Öffentlichkeit und von vorne bis hinten gelogen, wie man 2015 weiter bei der Süddeutschen lesen konnte: „Neue Dokumente, die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR einsehen konnten, zeigen: Zu diesem Zeitpunkt wusste die gesamte Spitze der Bundesregierung, dass die US-Regierung eine solche Zusage nicht gegeben hatte. Damit erreicht die Affäre ein neues Niveau. Es scheint klar zu sein, dass die Regierung absichtlich getäuscht hat – mithin also das Gegenteil dessen getan hat, was Regierungssprecher Seibert vorvergangene Woche behauptet hatte: Man habe „nach bestem Wissen und Gewissen“ informiert. Eher schon wider besseres Wissen.

Es wurden nämlich 2015 E-Mails aus der Regierung bekannt. So stand in einer E-Mail, wie man die Öffentlichkeit beruhigen wollte: „Darin heißt es, Anfang August werde eine hochrangige Delegation deutscher Geheimdienstvertreter nach Washington fliegen, um die Spitzen der US-Geheimdienste zu treffen. „Das Ziel der Gruppe wird es sein, eine schriftliche Bestätigung der US-Seite zu bekommen, dass US-Geheimdienste deutsches Recht in der Vergangenheit nicht gebrochen haben und in der Zukunft nicht brechen werden.“ Diese schriftliche Bestätigung wolle „Minister Pofalla am 12. August präsentieren“, und zwar ausdrücklich auch der Presse.

Man beachte: Die Regierung wollte von den USA lediglich eine schriftliche Bestätigung, dass sie sich an deutsche Gesetze halten. Eigentlich müsste das selbstverständlich sein. Stattdessen aber passierte folgendes: „Diese schriftliche Bestätigung bekamen die Deutschen aber nicht. Womit die deutsche Reisegruppe zurückkam, ist einem Papier vom 7. August 2013 zu entnehmen, aus dem SZ, NDR und WDR nun erstmals zitieren. Es ist das Schlüsseldokument dieser Affäre, und als Empfängerin ist eingetragen: Frau Bundeskanzlerin. Darunter der Vermerk: „Lag der Bundeskanzlerin vor“. In diesem Dokument wird zunächst erklärt, die Vertreter der US-Geheimdienste hätten die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, ein No-Spy-Abkommen zu verhandeln. Jedoch: „Über das ‚Ob‘ müsse allerdings die Politik entscheiden.“

Das bedeutet im Klartext, dass Merkel und Obama darüber hätten sprechen müssen, aber diese Gespräche hat Merkel nach allem, was man heute weiß, nie angestoßen. Sie war daran einfach nicht interessiert. Es war ihr, die sie so gerne über ihre ostdeutsche Herkunft redet und darüber, wie schlimm es in dem „Überwachungsstaat“ DDR war, egal, dass die USA die Deutschen wesentlich gründlicher überwachen, als es die Stasi je getan hat. Die Stasi hat einzelne Menschen überwacht, die NSA überwacht pauschal alle Bürger.

Merkel gewann die Wahl, und es gelang der Regierung und den Medien, das Thema so klein wie möglich zu halten. Obwohl sich an den Überwachungspraktiken der NSA nichts geändert hat, spielt das Thema in der Öffentlichkeit keine Rolle mehr. Brisant wurde es nochmal, als Anfang 2014 auch noch herauskam, dass die USA sogar Merkels Handy abhörten. Aber auch da war Merkels öffentlich zu Schau gestellte Entrüstung gespielt. Das geht laut Spiegel aus den Erinnerungen von Obamas damaligem stellvertretenden Sicherheitsberaters hervor: „Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei den Amerikanern gegen das Abhören ihres Handys durch US-Geheimdienste offenbar weniger heftig protestiert, als sie die Öffentlichkeit im Oktober 2013 glauben machte („Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“). Ben Rhodes, damals stellvertretender Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, sagt, Merkel sei nur verärgert gewesen, weil für sie „ein PR-Problem in der deutschen Öffentlichkeit entstand. Nicht wegen des Abhörens selbst“.

Für Merkel war es also kein Problem, dass alle, inklusive sie selbst, abgehört werden. Sie ärgerte nur, dass es ans Licht gekommen war. Und auch überrascht kann sie nicht gewesen sein, wie man im Spiegel lesen kann: „Laut Rhodes hatten Merkel und Obama im Sommer 2013 bereits mehrfach über das Thema gesprochen. Als Obama im Juni Berlin besuchte, soll Merkel ihn auf einen Balkon des Kanzleramts gebeten, nach Osten gewiesen und an die Überwachung durch die Stasi erinnert haben. Die Deutschen seien da empfindlich. (…) Für die deutschen Nachrichtendienste könne der Lauschangriff auf Merkel hingegen nicht überraschend gekommen sein. Sie hätten davon doch „gewusst oder hätten es wissen müssen“, so der Obama-Mann.

Sie hatte also während des Wahlkampfes und der Snowden-Enthüllungen mit Obama darüber gesprochen und dabei schon gewusst, dass sie abgehört wurde. Als das ein halbes Jahr später auch bekannt wurde, da tat sie dann ganz überrascht. Aber das „No-Spy-Abkommen“, dass die Regierung dann scheinheilig für die Öffentlichkeit ins Spiel brachte, wurde gar nicht mehr erwähnt. Merkel wollte es nie abschließen.

Und auch die deutschen Geheimdienste wussten bescheid, haben aber nichts dagegen getan. Wozu aber braucht Deutschland Geheimdienste, wenn die nichts gegen Spionage einiger Länder unternehmen? Selbst dann nicht, wenn sie davon wissen.

Allerdings werden Sie, wenn Sie das Buch von Rhodes kaufen sollten, in der deutschen Version nichts über die Szene auf dem Balkon finden, denn die „Memoiren erscheinen diese Woche bei C.H. Beck. Die Balkonszene fehlt, obwohl sie ursprünglich im Manuskript stand. Rhodes sagt, er habe 40.000 Wörter gestrichen, weil der Text zu lang gewesen sei.“ Man muss es also wohl in der englischen Original-Version suchen.

Es ist nichts ungewöhnliches, dass Bücher in verschiedenen Sprachen einen unterschiedlichen Inhalt haben. Wer zum Beispiel die Erinnerungen von Bill Clinton liest, der wird in der deutschen Version viel über deutsche Politiker lesen. Diese Passagen fehlen in anderen Sprachen. Clinton hat, damit sich das Buch besser verkauft, für jede Sprache extra Passagen eingefügt. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn in dem Rhodes-Buch Änderungen für den deutschen Markt vorgenommen wurden. Nur kann mir niemand erzählen, dass die Balkon-Szene in der deutschen Version nur durch einen dummen Zufall gestrichen wurde.

Ich habe in diesem Beitrag geschrieben, dass Politik und Medien das Thema so klein wie möglich halten. Wie die Medien das im Einzelnen machen, zeigt der Artikel des Spiegel, den ich hier zitiert habe, sehr anschaulich. Man sollte doch meinen, dass ein solcher Artikel in das Ressort „Politik“ gehört, oder? Er fand sich aber im Ressort „Netzwelt“. Das bedeutet, dass viele politisch interessierte Leser ihn gar nicht sehen. Und es bedeutet, dass er von denen, die sich für Computer usw. interessieren und daher das Ressort „Netzwelt“ verfolgen, auch kaum gelesen wird, da er mit dem für sie interessanten Thema nichts zu tun hat. Der Spiegel hat also darüber berichtet, sogar objektiv, und man kann ihm nicht vorwerfen, hier allzu viel verschwiegen zu haben. Blöd nur, dass der Spiegel den Artikel dann so in seinen Ressorts versteckt, dass ihn möglichst wenige Menschen lesen.

Eigentlich gehört ein solcher Artikel auf die Titelseite im Ressort „Politik“, denn im Grunde deckt er einen Skandal auf: Die Bundeskanzlerin hat ihre Bürger und Wähler wissentlich und vorsätzlich belogen, die ganze Regierung hat mitgemacht und das heutige „freie“ Deutschland ist in Wahrheit ein schlimmerer Überwachungsstaat, als es die DDR je gewesen ist.

Wenn Sie also das nächste Mal lesen, dass wieder angeblich die bösen Russen oder Chinesen irgendwo irgendeinen Computer gehackt haben oder sonst wie spionieren und die Medien sich darüber entsetzlich aufregen, dann stellen Sie sich folgende Frage: Warum regen sich die Medien über den Verdacht, dass Russen oder Chinesen spioniert haben sollen, so auf, während über die unbestrittene Tatsache, dass die USA wirklich alles in Deutschland ausspionieren, schweigend hinweggesehen wird?

Auch dies ist Teil der Strategie, mit der die Medien den NSA-Skandal unter den Teppich kehren. Sie berichten einfach nicht darüber, machen aber andererseits jeden Verdacht gegen ein anderes Land zu einem Skandal. Damit wird die Aufmerksamkeit der Leser von den USA abgelenkt. Und wenn die Medien mal darüber berichten, so wie hier der Spiegel, dann wird der Artikel im „falschen“ Ressort platziert, damit ihn möglichst wenige lesen.

Interessant fand ich damals eine Äußerung von Putin zu dem Thema. Im April 2014 fand seine alljährliche Sendung „Direkter Draht zum Präsidenten“ statt. Dort stellt sich Putin vier Stunden lang live den Fragen der Bürger. In Deutschland wird dann immer über „Putins Propaganda-Show“ geschrieben. 2014 sagte Putin dort, dass es schwierig sei, offen mit europäischen Politikern zu sprechen, da sie überall befürchten müssen, abgehört zu werden. Er brachte auch konkrete Beispiele und erzählte, dass manche europäische Politiker selbst in ihrem eigenen Büro in persönlichen Gesprächen zu flüstern beginnen, wenn sie etwas brisantes sagen wollen. Er nannte allerdings (leider) keine Namen, das tut er bei solchen Gelegenheiten nie, um niemanden bloß zu stellen.

Das Publikum fand das aber sehr lustig und es gab lautes Gelächter im Saal, woraufhin Putin hinzufügte, dass das kein Scherz gewesen sei und dass es ein echtes Problem ist, wenn man nicht mal unter vier Augen völlig offen reden kann. Weitere Beispiele für solche Aussagen Putins finden Sie übrigens in meinem Buch.

Im Zuge des NSA-Skandals, den Snowden enthüllt hatte, war damals auch ans Licht gekommen, wie flächendeckend die USA „verbündete“ Regierungen und auch die EU in Brüssel abhören. Putin sprach das öffentlich an, während man so etwas aber nie von westlichen Politikern hörte, die gegen die Praxis der USA nicht aufbegehren.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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