INF-Vertrag durch USA gekündigt: Deutsche Politiker fordern neue US-Atomraketen in Europa

Nun machen die USA wenig überraschend die Drohung wahr und steigen aus dem INF-Vertrag aus. Was bedeutet das für Europa und was sind die Hintergründe?

Der INF-Vertrag war der letzte von mehreren Abrüstungsverträgen des Kalten Krieges. Er verbietet den USA und Russland landgestützte Atomraketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometer. Der Vertrag ist vor allem für Europa wichtig, denn solche Raketen erreichen ihr Ziel in wenigen Minuten, man hat also praktisch keine Vorwarnzeit und damit auch keine Zeit, über eine Reaktion nachzudenken. Das erhöht die Gefahr eines „Atomkrieges aus versehen“, wenn eine Seite etwas fälschlicherweise als Rakete erkennt und darauf hin ihre eigenen Raketen losschickt, einfach weil es keine Zeit mehr zum Nachdenken und Analysieren gibt.

Diese Gefahr betrifft Europa und Russland, die innerhalb der Reichweite dieser Raketen liegen, die USA hingegen sind nicht betroffen, denn die entsprechenden Raketen fliegen nicht bis in die USA. Deshalb sollten Russland und Europa hier eigentlich an einem Strang ziehen, aber die Europäer machen ihrer Rolle als „Schoßhunde der USA“ alle Ehre und nicken in der Nato jeden Vorschlag der USA ab, auch wenn er die Sicherheit in Europa ohne Not verschlechtert. Hierbei wird auch eine Show für das Volk abgezogen, wenn die Europäer heucheln, sie wollten den Vertrag erhalten, bei einer Abstimmung in der UNO aber mit den USA gegen eine Debatte über das Thema stimmen. Natürlich wurde darüber in den deutschen Medien kein Wort berichtet, als sich diese Geschichte Ende Oktober 2018 zutrug. Der deutsche Leser hätte ja die Doppelzüngigkeit der Bundesregierung allzu leicht erkennen können, da verschweigen die deutschen kritischen Qualitätsmedien das Thema lieber komplett.

Nun besteht also die Gefahr eines neuen atomaren Wettrüstens in Europa. Und kaum haben die USA angekündigt, in einem halben Jahr aus dem Vertrag auszusteigen, da rufen schon die ersten europäischen Politiker nach neuen US-Atombomben in Europa. Immerhin halten die USA sich an die Kündigungsfrist von sechs Monaten, zwischendurch sah es so aus, als wollten die USA diese Kündigungsfrist ignorieren und sofort aus dem Vertrag aussteigen.

Der Spiegel berichtet heute zum Beispiel, dass der polnische Außenminister umgehend nach neuen US-Atomraketen für Europa gerufen hat: „Als Reaktion auf ein Ende des INF-Vertrags über das Verbot landgestützter Mittelstreckenwaffen fordert der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz die Stationierung amerikanischer Atomraketen in Europa. „Es liegt in unserem europäischen Interesse, dass amerikanische Truppen und Atomraketen auf dem Kontinent stationiert sind“, sagte Czaputowicz dem SPIEGEL.

Nun sind die Polen ohnehin als extreme Falken bekannt, wenn es um Russland geht. Aber ich frage mich trotzdem, wie Atomraketen in Europas Interesse sein sollen. Zur Info: Wenn zum Beispiel Polen auf seinem Territorium US-Atomraketen stationieren lässt, dann bedeutet das automatisch, dass diese Stationierungsorte zu Zielen russischer Atomraketen werden. Wie soll das in Polens Interesse sein? Zumal weil, wir erinnern uns, diese Stationierung so dicht an der Grenze des anderen die Gefahr eines Atomkrieges „aus versehen“ massiv erhöht. Ich kann, selbst wenn ich der polnischen Logik von einer „russischen Bedrohung“ folgen würde, nicht erkennen, wie die Erhöhung der Gefahr eines „Krieges aus versehen“ die Sicherheit Europas verbessern könnte. Das Gegenteil ist der Fall.

Über dieses Risiko liest man im Spiegel natürlich nichts in den heutigen Artikeln zum INF-Vertrag.

Dafür zitiert der Spiegel den polnischen Außenminister weiter: „Es gebe keinen Grund zu glauben, dass Nuklearwaffen nicht auch in Zukunft den Frieden sichern würden. Die Nato wirft Russland vor, den INF-Vertrag gebrochen zu haben. Czaputowicz schließt nicht aus, dass eines Tages auch Nato-Atomraketen in Polen stehen könnten. „Das wünschen wir uns überhaupt nicht“, so Czaputowicz. „Aber es hängt alles davon ab, wie sich Russland in Zukunft verhält, ob es seine aggressive Rüstungspolitik fortführt. Darüber müsste die Nato als Gemeinschaft entscheiden.“ Russland, so der polnische Außenminister, verstehe nur die Sprache der Stärke.

Das lässt der Spiegel unkommentiert durchgehen, obwohl man doch die Frage stellen könnte, worin Russlands „aggressive Rüstungspolitik“ eigentlich besteht, wenn Russlands Verteidigungsbudget nur ca. 60 Milliarden beträgt, das der USA alleine aber schon über 700 Milliarden, die anderen Nato-Länder noch nicht einmal eingerchnet.

Aber auch in Deutschland kann es einigen Politikern mit neuen US-Atomraketen in Europa anscheinend gar nicht schnell genug gehen, wie der Spiegel ebenfalls berichtet: „CDU-Politiker halten es für einen Fehler, dass Außenminister Heiko Maas eine nukleare Nachrüstung als Reaktion auf ein Ende des INF-Vertrags ausgeschlossen hat. Es sei „ganz falsch zu sagen, dass man nichts tun wird“, kritisiert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag Norbert Röttgen. Er warf der SPD vor, die „ernste sicherheitspolitische Lage zu innenpolitischer Vorteilssuche“ zu missbrauchen.

Nun ist Röttgen als Schrafmacher bekannt. Er war einer der lautesten Verfechter einer deutschen Beteiligung an der illegalen Irak-Krieg der USA 2003 und forderte von Russland, die Al-Qaida nahestehenden Gruppen in Syrien nicht anzugreifen. Und nicht nur das, er war auch der Meinung, Deutschland sollte sich an möglichen Angriffen der USA und Frankreichs in Syrien beteiligen, auch mit dem Risiko, dabei in direkten Konflikt mit russischen Truppen zu geraten. Sogar einen Verstoß gegen das Völkerrecht und gegen das deutsche Grundgesetz nahm er dabei in Kauf.

Ein Mann, der mit solchen Forderungen durch die Gegend läuft, ist in meinen Augen ein Sicherheitsrisiko.

Generell sitzen die Falken momentan in der CDU. Ich habe mich gefreut, als bekannt wurde, dass Elmar Brok endlich in den Ruhestand geht und nicht mehr für die Europawahl aufgestellt wurde. Denn auch dieser Mann ist ein wandelndes Sicherheitsrisiko, wie man im Spiegel lesen kann: „Auch der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok hält es für falsch, frühzeitig Optionen vom Tisch zu nehmen. Sollte Russlands Präsident Wladimir Putin weiterhin jede Zusammenarbeit ablehnen, „müsste man notfalls auch über eine atomare Nachrüstung in Europa nachdenken“, fordert Brok.

Die SPD zeigt sich bisher zurückhaltender, als die CDU, man wird die Reaktionen noch abwarten müssen. Am neugierigsten bin ich jedoch auf die Reaktion der (oliv-)Grünen, die sich einerseits als Pazifisten geben, aber oft am lautesten nach Militäreinsätzen rufen und diese hinter „humanitären Notwendigkeiten“ zu verbergen suchen.

Einen Überblick über die Abrüstungsverträge der Vergangenheit und Details zum INF-Vertrag finden Sie hier.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. Aufgrund der guten Aussichten für einen 3. Weltkrieg mit thermonuklearen Waffen an multiplen Brennpunkten ist der neue Ausbildungsberuf besonders gefragt. Voraussetzung dafür war das Führen eines erfolgreichen Verkaufgespräches. Der folgende Telefonanruf offenbart den immernoch viel zu laxen Umgang mit Atomwaffen.

    Erwerbsloser erhält Umschulung zum Nuklearwaffen-Export-Kaufmann (IHK)
    https://aufgewachter.wordpress.com/2016/02/08/erwerbsloser-erhaelt-umschulung-zum-nuklearwaffen-export-kaufmann-ihk/

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