Nach dem Normandie-Gipfel – Wieder Tricksereien in Kiew

Nach dem Normandie-Gipfel am 9. Dezember waren alle sehr optimistisch, aber schon am nächsten Tag relativierte das ukrainische Präsidialamt die schriftlich in Paris getroffene Vereinbarung.

Ich habe davon gelesen, bin aber nicht dazu gekommen, darüber zu berichten, wie Selensky unmittelbar nach dem Treffen in Paris versucht hat, die gerade übernommenen Verpflichtungen schon wieder zu relativieren. Da das russische Fernsehen am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ darüber berichtet hat, übersetze ich diesen Bericht.

Beginn der Übersetzung:

Es ist ein kleines, aber sehr charakteristisches Detail. Nach dem Gipfel in Paris erschien der Text der Abschlusserklärung auf der offiziellen Website des ukrainischen Präsidenten, jedoch war er ein wenig verändert worden. Das wurde sofort vom Chef der Donezker Rebellen, Denis Puschilin, und der ukrainischen Partei „Oppositionsplattform für das Leben“ bemerkt. In der ukrainischen Übersetzung wurden nur ein paar Worte geändert, aber im Ergebnis verzerrte das das gesamte Wesen des Dokuments.

Anstelle des Satzes „die Parteien bekunden ihr Interesse an einer Einigung im „Normandie-Format“ und der trilateralen Kontaktgruppe über alle rechtlichen Aspekte des Sonderstatus der Regionalverwaltung“ fand sich dort nur noch ein Interesse, über „alle rechtlichen Aspekten des Gesetzes über den Sonderstatus“ zu diskutieren.

So hat die ukrainische Regierung beschlossen, von ihrer Verpflichtungen zur Erörterung aller Fragen des Sonderstatus des Donbass abzuweichen und sie durch die Diskussion nur eines Gesetzes zu ersetzen. Als die ukrainische Regierung erkannte, dass ihr kleiner Betrug bemerkt wurde, posteten sie den echten Text der Erklärung, die von den Staatsoberhäuptern vereinbart wurde. Kiew hat seinen alten Stil beibehalten.

Selnsky trat im Fernsehsender „1+1“ auf und erklärte unverblümt, dass das Minsker Abkommen geändert werden sollte, zumindest was die Kontrolle über die Grenze angeht. „Vier Jahre sind seit Minsk vergangen, alles verändert sich im Leben. Und wir verstehen, dass unser Team Minsk nicht unterzeichnet hat, aber wir als Regierung müssen die Bedingungen erfüllen, die die alte Regierung damals eingegangen ist. Aber ich bin sicher, dass wir einige Dinge ändern können und ändern werden, denn die Übertragung der Kontrolle über die ukrainischen Staatsgrenze unter unsere Kontrolle erst nach den Wahlen ist definitiv nicht unsere Position, “ sagte Selensky.

Klingt nach einer nicht gelernten Lektion. Putin hat wiederholt erklärt, dass im Minsker Abkommen „alle Punkte miteinander verknüpft sind“ und Konsistenz extrem wichtig sei. Das ist logisch. Wenn man einen Punkt ändert, muss man auch alles umschreiben. Und als er zurückkehrte, fügte Putin hinzu: „Das Gesetz über die Amnestie ist noch nicht in Kraft. Wir haben uns bereits 2015 darauf geeinigt. Das Gesetz ist verabschiedet, es gibt einige Entscheidungen, aber es wurde nicht in Kraft gesetzt, nichts davon gilt. Und die ukrainische Seite wirft immer die Frage auf: Geben Sie uns die Möglichkeit, die Grenze durch Truppen zu schließen. Ich kann mir vorstellen, was als nächstes passieren wird, es wird ein neues Srebrenica geben, das ist alles. Wir haben doch gesehen, wie Selensky mit den Nationalisten diskutiert hat. Es ist nicht klar, wer dort stärker ist, was dort geschehen wird und wer sie, diese Nationalisten, führen wird, wenn sie in diese Gebiete einrücken, ohne dass die Menschen vorher Garantien erhalten haben.“

Srebrennica, eine Stadt in der heutigen Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina, wurde zum Symbol für das blutigste Massaker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa, als 1995 die bosnisch-serbische Armee etwa 8.000 bosnisch-muslimische Männer massakrierte. Tatsächlich nannte Putin das Beispiel dieser Tragödie eine höchst unerwünschte Entwicklung der Ereignisse für den Donbass für den Fall, dass die ukrainische Armee die Grenze zu Russland schließen darf.

Putin nannte mit Srebrenica ein im Westen sehr bekanntes Beispiel. Obwohl, warum so weit weggehen? Es gibt ausreichend viele rein ukrainische Beispiele. Selensky griff das Thema Srebrenica jedoch auf und antwortete Putin in der Sendung des Fernsehsenders „1+1“, dass es kein Srebrenica im Donbass geben werde.

„Wir sind andere Menschen, frei und demokratisch. Wir verstehen, dass dort Ukrainer leben. Und wir respektieren die Bürger der Ukraine. Es wird kein Gemetzel geben. Wir sind eine andere Regierung, Menschenleben sind das Wichtigste für uns. Deshalb sehe ich keinen Grund für solche Schlussfolgerungen“, sagte er.

Nicht überzeugend. Schließlich sprach Putin von ukrainischen Nationalisten. Und für die ist das Leben von Andersdenkenden nicht wertvoll. Damit gibt es viel Erfahrung. Es genügt, sich an den Großen Vaterländischen Krieg zu erinnern, als ukrainische „Patrioten“ offiziell in den Reihen der Wehrmacht und in faschistischen Uniformen kämpften. Die Brutalität der Banderas war für Hitler wertvoll. Hier sind nur ein paar Beispiele, die das deutlich zeigen.

September 1941. Babi Jar am Stadtrand von Kiew. Innerhalb von zwei Tagen wurden dort 30.000 Juden erschossen. Die SS beteiligte aktiv Kämpfer der Organisation der ukrainischen Nationalisten (OUN) an dem Massaker. Dann bildeten die Nazis aus diesen Kräften die sogenannte „Hilfspolizei“, das 115. und das 118. Bataillon. Die Polizisten peinigten die örtlichen Bevölkerung, bewachten Konzentrationslager und machten andere Drecksarbeiten.

1942 wüteten ukrainische Nationalisten auch in Weißrussland. Das Symbol ihrer schrecklichen Verbrechen war das Massaker im Dorf Khatyn. Dort trieben ukrainische Polizisten des 118. Bataillons 179 Dorfbewohner in eine Scheune und verbrannten alle bei lebendigem Leib, alte Menschen, Frauen, Kinder. Diejenigen, die aus der brennenden Scheune fliehen wollten, wurden mit Maschinengewehren erschossen. Bis zum Ende des Krieges blieben mehr als 10.000 Banderas in Weißrussland und die sowjetischen Behörden brauchten bis 1952, um sie in den weißrussischen Wäldern auszuräuchern.

Eine weitere schreckliche Episode aus der Biographie der ukrainischen Nationalisten ist das Volyn-Massaker von 1943. Es war eine ethnische Säuberung gegen polnische Zivilisten im Nordwesten der heutigen Ukraine. Bis 1939 gehörte dieses Gebiet zu Polen. Die Ukrainische Rebellenarmee (UPA) beschloss, diese Gebiete von den Polen zu säubern. An nur einem Tag, am 11. Juli 1943, griffen ukrainische Truppen 150 Dörfer gleichzeitig an. Mehr als 100.000 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, wurden auf einmal getötet. Der 11. Juli ist in Polen der Tag des Gedenkens an die Opfer des Völkermords, der von der OUN-UPA begangen wurde.

Zu Sowjetzeiten wurden die Verbrechen der ukrainischen Nationalisten dezent übersehen, um das „Brudervolk“ nicht zu beleidigen. Aber die Ereignisse von 2014, der Maidan, der Putsch, der Krieg im Donbass haben gezeigt, dass die Ideen und blutigen Methoden der OUN-UPA in der Ukraine nach 70 Jahren immer noch lebendig sind und weiterhin gedeihen.

Das sind gruselige Aufnahmen aus Odessa, wo Nationalisten am 2. Mai 2014 im Gewerkschaftshaus 48 Gegner des Putsches bei lebendigem Leib verbrannt haben. Niemand wurde bestraft.

Von Beginn des heldenhaften Widerstands des Donbass gegen die aggressiven Unterstützer des Putsches zogen die sogenannten Freiwilligenbataillone in das Bürgerkriegsgebiet. Die Bataillone „Aidar“, „Azov“, „Dnipro“ und „Donbass“ waren besonders grausam.

Nach dem Rückzug des Aidar-Bataillons aus dem Dorf Krebka in der Region Donezk im September 2014 fanden Milizionäre ein Massengrab, in dem Zivilisten begraben waren, denen man in den Hinterkopf geschossen hatte. Es gab Anzeichen von Folter bei allen Leichen. Eine der Frauen war schwanger. Gräueltaten in den besten Traditionen der Polizei des Großen Vaterländischen Krieges.

2016 erschien das Buch „Ordinary Fascism: War Crimes of Ukrainian Security Forces 2014-2016“. Der Autor ist Maxim Grigoriev. Er dokumentierte akribisch die Zeugenaussagen von Augenzeugen von Bewohnern des Donbass und Milizen, die von den Nationalisten gefangen gehalten, aber auf wundersame Weise gerettet wurden. Ihre Geschichten von Folter sind entsetzlich. Ein paar Auszüge:

„Der verwundete Donbass-Bewohner Dmitri Klimenko sagt aus: „Ich wurde am 8. Juli 2014 vom Bataillon „Donbass“ zu Hause gefangen genommen. Nachdem einer von ihnen ein Messer gezogen hatte, begann er, mir ins Bein zu stechen, während er die Vernehmung fortsetzte. Danach traktierte mich ein anderer Mann mit einem Elektroschocker. Die ganze Inquisition dauerte zehn Stunden.“ Ein anderer berichtete: „Ich wurde ertränkt. Ein Lappen wurde mir auf das Gesicht geworfen, zwei Bullen von Kerlen saßen auf jedem meiner Arme, um mich festzuhalten. Und der fünfte goß Wasser auf den Lappen, wenn der Lappen nass wird, fängt man an, Wasser einzuatmen. Und wegen des Mangels an Luft, weil der Lappen nass ist, beginnt man, Wasser zu ziehen, das auf dein Gesicht gegossen wird, und du erstickst. Ich weiß nicht, es ist wahrscheinlich schlimmer, als zu ertrinken. Ich kann die Verhöre und Foltern nicht zählen. Danach wurde ich in einen Kühlraum auf dem Flughafen gebracht.““ (Anm. d. Übers.: Der Flughafen der Stadt Mariupol wurde in dem Krieg zu einem Foltergefängnis umfunktioniert, darüber gab es schon viele Berichte, hier zum Beispiel)

Wir können die Liste noch lange fortsetzen. 200 Gefangene wurden für das Buch interviewt. Der Stil der Nationalisten ist bekannt. Aber Selensky sagt, dass Srebrenica im Donbass nicht möglich ist, wenn die ukrainische Armee den Donbass einkesselt. Sie werden ihn dann nicht fragen. Für die Nationalisten ist das Leben wertlos, wenn Mord ihre Zwecken dient. Es genügt, sich an die „himmlischen Hundert“ auf dem Maidan zu erinnern. (Anm. d. Übers.: Die ukrainische Propaganda hat die Opfer der Schießerei auf dem Maidan zu den „himmlischen Hundert“ verklärt, der Begriff ist dort offizielle Sprachregelung. Details über die Todesschüsse auf dem Maidan finden Sie hier)

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Das widerliche Nazi-Pack ist nur einer von vielen Gründen, warum sich werden die Donbass-Republiken in der erlernten und praktizierten Würde von der Ukraine verabschieden .

    https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2612202845532288&id=707180039367921&__tn__=K-R

    Einige der von Grigoriew befragten Menschen kennt man persönlich. Doch wie gesagt, sind die Nazis eben nur einer von vielen Gründen.

    So wie der neue Präsident sich selbst darstellt, wie er andere aus der Regierung unwidersprochen öffentlich reden lässt, während er dabeisteht, wird es auch im Westen klarer und über kurz oder lang auch unabdinglich, dass sich die Berichterstattung der Medien, sowie das Verhalten der Politik wird ändern müssen, will man sich auch noch öffentlich weltweit als die Geburtshelfer und Unterstützer der Nazi-Brut betiteln lassen. Die Teufel, welche der Westen fett fütterte , haben sich nun mal schon geschafft, dass ihre Ideologie zur Staatsdoktrin erhoben wurde.

    Insoweit ist die neue noch nicht vollendete Pipeline sehr wohl doch auch als Politikum anzusehen. Anders wie dargestellt ducg verschiedene EU-Staaten. Sobald der Hahn geöffnet ist und Gas durchs Wasser, an der Ukraine vorbeifließt, werden auch die Stimmen derer sich wandeln, die heute noch von den Terroristen im Donbass sprechen. In ganz naher Zukunft schon, werden die „Großtaten“ der bis dahin über Berlins „roten Teppiche flanierenden ukrainischen Politiker“ als das weltweit erkannt werden was sie sind. Einfaches, stinknormales Verbrecherpack, welches auch in der Ukraine wird verfolgt werden. (Weniger die Nazis, als deren beschützende Hände des Poroschenko-Regimes)

    Und man wagt noch eine Prognose. Auch nicht mehr fern, wird der Zeitpunkt sich einstellen, dass die auch vorhandenen sogenannten Hardliner in den Republiken, dafür sorgen werden, dass militärische Maßnahmen gegen den Dauerbeschuss durch die ukrainische Armee wird massiv beantwortet werden. Das ausgesprochene Verbot der externen journalistischen Bericherstattung von der Front, legte den ersten Grundstein….Ohne Absprache mit Russischen Entscheidungsträger, wäre das nicht machbar gewesen. Nur der, welcher nicht viel Realitätssinn mitbringt, dass es irgendwann mal reicht, dass sich die Menschen im nicht Naziverseuchten Donbass durch Scharfschützen abknallen lassen wie die Hasen, würde gegen den Schutz der eigenen russischen Journalisten arbeiten.

    Stinkefinger (!)
    Es wird kommen, was kommen muss. Nur eines kommt nicht: Die Republiken werden sich auf gar keinen Fall den Rücken zu Russland selbst zu pflastern. Und ohne eine so weitgehende Autonomie, dass die eigenen Grenz-Truppe /Millitär / Polizei wird weiter tätig bleiben, läuft da NULL in Richtung des durch Russland Gewolltem. Da können sie sabbeln soviel sie wollen in Kiew. Und natürlich weiß das Russland. Billigt es wahrscheinlich auch genauso. Ansonsten hätte das Sterben von zigtausenden jeglichen Sinn verloren.

  2. Das wird für die nächsten Jahre auf Kosten der dortigen Bevölkerung ein Dauerkonflikt bleiben. Selensky ist nicht in der Lage, Minsk II gegen die Nationalisten umzusetzen und der Westen wird einen Teufel tun, sich mit den Nationalisten anzulegen! D.h., die Ukraine beschießt weiter jeden Tag den Donbass, nachzulesen bei NewsFront und deren Berichte stimmen mit den OSZE-Berichten ziemlich überein! Den Leuten im Westen reden die Medien weiter ein, wie schlimm das doch alles mit dem Krieg in der Ukraine ist, sie erwähnen aber nicht, dass das Kiewer Regime gar nicht daran denkt, Minsk II umzusetzen, bzw. das ist die normalste Sache der Welt, dass Kiew dieses Abkommen nicht umsetzen kann, weil Russland ja weiter die Volksrepubliken unterstützt. Dass Kiew den Donbass weiter mit einer Blockade überzogen hat, wird natürlich nicht erwähnt, so dass es logisch ist, dass die Beziehungen zu Russland für den Donbass überlebenswichtig sind. Und man hat einen Grund, die Sanktionen gegen Russland bis zum St. Nimmerleinstag zu verlängern!

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