Nato lehnt russischen Vorschlag für ein Moratorium gegen neue Atomraketen in Europa ab

Derzeit gibt es vieles, was wir in der deutschen Presse nicht finden. Russland hat der Nato vorgeschlagen, unter gegenseitiger Kontrolle auf die Stationierung von atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa zu verzichten. Die Stellvertreterin von Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat mitgeteilt, darüber zu sprechen sein „sinnlos“.

Die Geschichte geht auf den INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces, Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme) aus dem Jahr 1987 zurück, der das Verbot von landgestützten atomaren Kurz- und Mittelstreckenraketen regelte. Der Hintergrund war die Stationierung der sowjetischen SS-20-Raketen in der DDR in den 1970er Jahren, mit denen ganz Westeuropa innerhalb weniger Minuten erreicht werden konnte. Der Westen reagierte mit dem NATO-Doppelbeschluss und der Stationierung der amerikanischen Pershing-Raketen. In Verhandlungen wurde dann erreicht, dass beide Seiten komplett auf derartige landgestützte Raketen verzichteten und diese vernichtet wurden.

Der INF-Vertrag war vor allem für Europa extrem wichtig, weil Kurz- und Mittelstreckenraketen keine Gefahr für die USA darstellen, die weit genug entfernt sind, wohl aber für die europäischen Länder. Denn diese Raketen erreichen ihre Ziele innerhalb von Minuten und es gibt praktisch keine Vorwarnzeit. Auch ein Atomkrieg „aus Versehen“ ist damit real, denn ein falsch interpretiertes Signal kann zum Abschuss der eigenen Raketen führen, weil man keine Zeit hat, um etwas zu überprüfen, man hat nur Sekunden für eine Reaktion.

Diesen für Europa extrem wichtigen Vertrag haben die USA im Februar gekündigt und im August ist er daher, trotz aller russischen Proteste, ausgelaufen. Die USA warfen den Russen vor, gegen den INF-Vertrag zu verstoßen, um damit ihre eigene Kündigung zu rechtfertigen. Das Problem ist, dass die USA zwar behauptet haben, Russland habe mit bestimmten Raketen gegen den Vertrag verstoßen, aber nie Beweise vorgelegt haben. Nicht einmal den Russen, obwohl die monatelang um Vorlage der „Beweise“ gebeten haben, damit man wenigstens dazu Stellung nehmen kann. Es gab aber nichts als unbelegte Vorwürfe aus den USA.

Umgekehrt haben die USA jedoch unbestritten schon lange gegen den INF-Vertrag verstoßen. Nur ein Beispiel ist die US-Raketenabwehr in Europa mit Startrampen vom Typ MK-41 (Aegis). Solche Startrampen, die Tomahawk-Raketen abfeuern können, an Land aufzustellen, war ein klarer Vertragsverstoß. Besonders dreist war dabei, dass die USA behauptet haben, die MK-41 könne an Land keine Tomahawk-Raketen abfeuern. Aber kaum war der Vertrag im August ausgelaufen, haben die USA sich selbst der Lüge überführt, indem sie bei einem Test eine Tomahawk-Rakete von einer an Land aufgestellten MK-41 aus abgefeuert haben.

Russland, das, im Gegensatz zu den USA, von Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa genauso direkt bedroht wäre, wie die europäischen Nato-Länder, hat daher angekündigt, keine solchen Raketen aufzustellen, bevor die USA es tun. Außerdem hat Präsident Putin den Nato-Ländern einen Brief geschrieben und ein Moratorium vorgeschlagen, also einen Verzicht auf die Stationierung solcher Raketen in Europa. Dazu schlug er auch vor, gemeinsam Kontrollmechanismen zu beschließen, damit beide Seiten zufrieden sind und sich sicher fühlen können. Eine Antwort auf diesen Vorschlag hat die Nato bisher nicht gegeben.

Erst jetzt gab es eine Antwort. Die Stellvertretende Nato-Generalsekretärin Rose Gottemoeller hat sie in einem Interview mit der russischen Zeitung Kommersant gegeben. Auf die Frage, ob die Nato bereit sei, über solch ein Moratorium zu sprechen, antwortete sie:

„Aus meiner Sicht hat das keinen Sinn.“

Als Begründung verwies sie wieder auf die nie belegten Anschuldigungen der USA, ein bestimmter, Kaliningrad stationierter russischer Raketentyp, verstoße gegen den INF-Vertrag und weil die Raketen in Europa stehen, bräuchte man über ein Moratorium nicht reden.

Dass die USA mit ihrem in Rumänien und Polen aufgestellten „Raketenabwehrsystem“ und den verwendeten Startrampen MK-41 selbst gegen die Vertrag verstoßen, ignoriert die Dame. Das Problem ist ja in der Praxis, dass Russland, wenn eine Rakete aus einer solchen Vorrichtung abgeschossen wird, nicht weiß, ob es eine Abwehrrakete oder ein atomarer Angriff mit einer Tomahawk-Rakete ist. Deshalb schlägt Russland ja vor, einen Kontrollmechanismus auszuhandeln, der beiden Seiten die nötige Sicherheit garantiert.

Aber Rose Gottemoeller ist in dem Interview allen Fragen zu einem Kontrollmechanismus konsequent ausgewichen, obwohl die Journalisten sie drei Mal in verschiedenen Formulierungen wiederholt haben.

Damit setzen sich die europäischen Länder auf Druck der USA der Gefahr eines Atomkrieges in Europa aus, von dem die USA gar nicht betroffen wären. Russland hat die USA zwar wissen lassen, dass sie in einem solchen Fall keineswegs sicher wären, aber was würde das den Europäern nach einem Atomkrieg in Europa noch helfen?

Die einzige Sicherheit, die es für Europa geben kann, ist der Verzicht auf die Aufstellung solcher Raketen in Europa.

Aber dazu sind die Europäer nicht bereit. Sie haben aus der Geschichte rund um den Nato-Doppelbeschluss nichts gelernt und sind wieder bereit, sich auf Druck der USA als Schlachtfeld für einen möglichen Atomkrieg zur Verfügung zu stellen.

Die Hintergründe über die Abrüstungsverträge, die die USA in den letzten Jahren gekündigt haben, finden Sie hier.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

6 Antworten

  1. Die Verblödung in der europäischen Politik hat leider ein Ausmaß erreicht, dass jede Rationalität verloren gegangen ist! Man glaubt der eigenen Propaganda und hat und hält die für das Maß der Dinge!
    Die deutschen Staatsmedien wie die Tagesschau berichten stundenlang über den Rücktritt irgendeines Bischofs, nicht aber dieses Thema hier.
    Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer will eine „internationale Koalition“ zusammen mit Russland und Syrien, um Nordsyrien zu besetzen! Wer soll denn einen solchen Unsinn ernstnehmen! „Debil“ wird der russische Außenminister Lawrow bei sich über diesen Schwachsinn denken!

    1. Oh… Ich denke, da wird schon ein Team des RU-Aussenministeriums dran arbeiten. Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit grösseres Thema werden. Weil, in der Tat dermaßen oft durch die AKK Russland “ in hohen Tönen“ benannte wurde. Und ich glaube, auch Putins Sprecher wird schnell reagieren, so der nur 1 mal benannte USA der Führungsanspruch „entzogen“ wurde… Diese Steilvorlage wird man sich nicht entgehen lassen.

      Kleber führte ein Gespräch mit der Saarländerin. Sollte sich jeder mehrfach anschauen.
      https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/akk-will-loesung-fuer-nordsyrien-100.html
      Speziell auf den Völkerrechts-Hinderungsgrund wies Kleber mehrfach hin in Fragestellung, ob man denn auch mit „Syrien“ sprechen würde. Wenn man ihr jedem Antwortsatz vorangestelltes Nein… als tatsächlich gemeintes Nein interpretiert, begründet sie dann wiederum mit der Unterscheidung zwischen Nord-Syrien und Gesamt-Syrien. Hier läge jedoch eine UN-Resolution vor …“ Und die gilt“

      https://www.securitycouncilreport.org/un-documents/syria/

      Was meint sie ..?

      Welche ?

  2. Man kann eigentlich nur noch denken, dass in den USA ein Haufen Soziopatgen das sagen hat und damitvmeine ich nicht nur die Marionetten in den Parteien.
    Und in Europa sind wohl nur noch Arschriescher ohne Sinn und verstand am Zepter. Was ist da bloß mit den „Eliten“ los. Eine Studie hat doch ganz klar gezeigt, dass unsere Politiker mir auf diese hören. Finden die das gut, wenn es hier Atombomben regnet, oder sind die so dumm zu glauben, das sei nicht möglich?

  3. Ich denke, wir müssen hier etwas Klarheit gewinnen.

    „DIE NATO“ meint ein russischer Vorschlag sei „sinnlos“ zu diskutieren. – Aha! Interessant. Und wer, bitte schön, ist diese „NATO“? Nein, weder spricht „DIE NATO“ noch handelt sie „unter amerikanischen Druck“. Dass das so ist, lässt sich leicht erklären. Prinzip Nummer 1: Die NATO ist obsolet. Ohhhh, das ist ja „Trump Politik“ und „da setzt er sich nicht durch“. Wirklich? „Ja, weil, würde er sich durchsetzt, spätestens heute Nachmittag, würden die CIA und die Coup-Dems sagen, ‚seht ihr, er ist ja doch eine Putin Marionette!‘

    Alles Unsinn. – Gehen wir auf Square One / Quadrat 1 zurück. — „DIE NATO“ meint ein russischer Vorschlag sei „sinnlos“ zu diskutieren.“ Na, und? Wer ist der Adressat von dieser NATO-„Verlautbarung“? Ist er Russland? Nein, das kann nicht sein. Russland könnte mit „DER NATO“ diskutieren, aber der Adressat sind die europäischen Länder. „DIE NATO“ sagt den europäischen Länder: ‚Ihr diskutiert nichts derartiges mit Russland, ist das klar?!‘

    Das Thema ist zwar nicht so frisch-gebacken wie die Kurden… wir erinnern, das sind ja die „US Partner“ die Trump gerade fallen gelassen hat (laut CIA, Dems und Kramp-Karrenbauer), … aber Deutschland muss sich ja um die „Einheit“ Europas kümmern. Jawohl, darum geht’s. Dabei bedeutet „Einheit“ „deutsche Kontrolle“ und „schütze den Sumpf“. Stellen wir uns vor, die USA würden neue INF-Raketen nicht aufstellen. Stellen wir uns weiter vor, die USA würden die Einrichtungen in Rumänien und Polen abbauen (bzw. die Baumaßnahmen in Polen überhaupt nicht fertigstellen). – Woah! Die USA lassen sogar „die europäischen Verbündeten“ fallen! – Quatsch pur.
    Macron fängt an interessante Ideen zu artikulieren. Die strategische Debatte im Hinterzimmer kocht und brodelt. Trump lässt nicht locker: auf dem letzten G-20 Meeting in Japan nahm er sich die Zeit zu sagen, dass er das US-Japan Schutz-Bündnis für „nicht ausgeglichen“ ansieht, weil, schließlich, wenn es zu irgendwelchen Kämpfen käme, würden die Japaner alles auf ihren Sony TVs ansehen während die Amerikaner die Arbeit machten. Fazit: Nicht nur die NATO ist obsolet.

    Und was ist „DIE NATO“? – Sie ist der kleine Mann hinter der Gardine * Der Zauberer von Oz*, der die Hebel seiner Maschine hin und her zieht, und damit fürchterlichen Lärm, Rauch und Getöse erzeugt. – Wenn die Einschätzung zu umfassend oder vereinfachend klingt, können wir in die militär-technischen Details eintauchen. – Dazu, für die Grunddaten, empfehle ich das neue Buch von Andrei Martyanov, „Losing Military Supremacy“ und zitiere (und übersetzte) von gestern (http://smoothiex12.blogspot.com/2019/10/a-review-of-my-book-first-by-frennch.html): „Wir verlieren viele Menschen. Wir verlieren eine Menge Ausrüstung. Wir erreichen normalerweise nicht unser Ziel, die Aggressionen des Gegners zu verhindern“, sagte RAND-Analyst David Ochmanek am Donnerstag auf einer Sicherheitskonferenz. „In unseren Spielen, wenn wir gegen Russland und China kämpfen, bekommt Blau seinen Arsch in die Hand gegeben.“ (Ich bin mir nicht sicher ob der letzter Teil auf Deutsch Sinn macht: auf Englisch heißt “ … blue gets its ass handed to it“, dass der Westen (bei Kriegsspielen als blaue gekennzeichnet) vermöbelt wird. Es macht mMn wenig Sinn sich zu beschweren, ungefähr so: „Ja, mag sein, aber da wir in Europa weder Politik noch Politiker haben, ziehen wir die Arschkarte.“ Der Titanenkampf hat erst begonnen.

    Im Moment, jegliche Aussagen von „DER NATO“ hinsichtlich rüstungspolitischer Entscheidungen in Europa sind nur als einen Wetteinsatz gegen Trump zu verstehen und können sich relativ bald tatsächlich als leeres Getöse entpuppen.

  4. Also wenn ich das recht verstehe;
    Präsident Putin hat den Nato-Ländern einen Brief geschrieben in dem es um Atomwaffen geht. Und die Stellvertretende Nato-Generalsekretär hat in einem Interview mit einer russischen Zeitung die Antwort gegeben.

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