Neue Russland-Sanktionen angekündigt – Was haben die Russland-Sanktionen bisher erreicht?

Diese Woche sollen neue Sanktionen gegen Russland beschlossen werden. Noch ist unklar, was da kommen wird, aber sowohl in der EU als auch in Washington wird derzeit an neuen Sanktionen gearbeitet. Die Frage ist, was bringen Sanktionen, wie werden sie überhaupt begründet und wie werden sie medial rübergebracht.

Wirtschaftssanktionen sind eigentlich an sich schon etwas absurdes. Während westliche Medien und Politiker bei jeder Gelegenheit den freien Handel fordern, verhängen sie gleichzeitig gegen immer mehr Länder Sanktionen, die den freien Handel einschränken. Als Gründe finden sich immer irgendwelche ideelle Ziele, wahlweise hat ein Land das Völkerrecht gebrochen und soll dafür bestraft werden oder eine Regierung unterdrückt angeblich ihr eigenes Volk und man muss den armen, unterdrückten Menschen mit Sanktionen helfen, diese böse Regierung loszuwerden.

Sanktionen helfen jedoch nie dem betroffenen Volk, sondern schaden ihm im Gegenteil sehr. So haben die Sanktionen gegen Saddam seinerzeit oder gegen Assad aktuell zu hunderttausenden toten Kindern geführt, die nicht medizinisch behandelt werden konnten, weil die Medikamente auf den Sanktionslisten standen. Im Falle des Irak sprechen selbst US-Regierungsmitglieder von über einer halben Million toter Kinder. Das grenzt schon an einen Genozid, aber es war ja für die Menschenrechte.

Sanktionen haben auch noch nie ihr Ziel, nämlich einen politischen Kurswechsel oder einen Regimechange, erreicht. Auch nach Jahrzehnten der Sanktionen sitzen zum Beispiel die Regierungen von Nordkorea oder Kuba noch immer fest im Sattel. Saddam konnte erst durch einen Krieg gestürzt werden und bei Assad hat nicht einmal das bisher funktioniert.

Auch gegen Russland gibt es seit 2014 harte Wirtschaftssanktionen, nur ist der Effekt gleich Null. Die EU hat unter den Sanktionen sogar mehr gelitten, als Russland. Die Sanktionen haben bisher praktisch keinen Einfluss auf Russland gehabt, denn die Waren, die Russland nun nicht mehr im Westen kaufen kann, kauft es eben in China ein. Der Verlierer ist die EU, die einen wichtigen Markt verloren hat und der Gewinner ist China, das diesen Markt quasi geschenkt bekam. Kurzzeitig geschmerzt hat lediglich, dass Russland von langfristigen Finanzierungen durch den westlichen Kapitalmarkt abgeschnitten wurde, aber da Russland praktisch keine Schulden, dafür aber hunderte Milliarden an Reserven hatte, konnte man das kompensieren. Und trotz der Sanktionen wachsen Russlands Reserven sogar noch.

Vorgeschobene Gründe für die Sanktionen fanden sich immer. Mal war es die Krim, dann die angebliche Einmischung in die US-Wahlen, wobei zwar Sanktionen verhängt wurden, aber bis heute keine Beweise vorliegen, dass Russland sich überhaupt eingemischt hat. Hier sieht man schon, dass es keine wirklichen Gründe für Sanktionen gab, sondern nur Vorwände gesucht wurden. Gleiches gilt für den Fall Skripal, wo es keinerlei Beweise gibt, sondern nur Anschuldigungen des britischen Geheimdienstes. Die internationalen Ermittlungen des OPWC haben jedoch keine Ergebnisse gebracht. Und nun sollen die neuen Sanktionen mit dem Vorfall von Kertsch begründet werden, bei dem die Ukraine Ende November die russische Grenze verletzt hat, aber trotzdem Russland schuld sein soll.

Im Spiegel findet sich zu den neuen Sanktionen eine Kolumne, die den Leser auf die neuen Sanktionen vorbereiten soll. Nachdem dort auch wieder all die unbelegten Anschuldigungen des Westens als Fakten aufgelistet werden, wird auch noch in weiteren Punkten der Leser in die „richtige“ Richtung beeinflusst. Zum INF-Vertrag, den die USA einseitig gekündigt haben, steht dort zum Beispiel: „Diverse europäische Länder sind dabei, ihre Rüstungsausgaben zu erhöhen – insbesondere wegen Russland, das furchteinflößende Waffensysteme installiert und das, ebenso wie die USA, den INF-Vertrag zur Rüstungskontrolle aufgekündigt hat, sodass ein neues Wettrüsten droht.

Diese Formulierung ist journalistisch eine Frechheit, denn sie verschweigt, dass die USA den Vertrag einseitig gekündigt haben und nennt Russland dabei sogar als erstes im Zusammenhang mit den bösen russischen Waffen. Gerade so, als hätte Russland den Vertrag gekündigt.

Dass die Nato zuerst und schon vor Jahren ihre ebenfalls „furchteinflößenden Waffensysteme“ an der russischen Grenze aufgestellt hat, wird nicht erwähnt. Was soll Russland denn tun, wenn die USA Abrüstungsverträge einseitig kündigen und ihre Waffen an die russische Grenze stellen? Einseitig die Verträge weiterhin einhalten und seine Grenzen nicht schützen? Im übrigen erhöhen die Europäer ja ihre Rüstungsausgaben nicht wegen der russischen Waffen, sondern weil die USA fordern, dass die Nato-Länder 2% ihres BIP in ihre Armeen stecken sollen. Russlands Verteidigungsetat ist seit Jahren stabil, es ist also nicht Russland, dass hier ein Wettrüsten provoziert und seine Verteidigungsausgaben erhöht, es sind die Nato-Länder.

Nachdem der Leser im Spiegel also mit üblichen Russland-Feindbild in Stimmung gebracht wurde, geht es dann um die russische Wirtschaft und die Frage, wie stark oder schwach die russische Wirtschaft ist. Während westliche „Experten“ bei Einführung der Sanktionnen 2014 den baldigen Staatsbankrott Russlands vorhersagten, sind sie heute etwas vorsichtiger. So steht im Spiegel: „Aktuell ist die wirtschaftliche Lage erstaunlich stabil, trotz all der westlichen Sanktionen, die sich seit 2014 gegen das Land und seine Oligarchen gerichtet haben. (…) Derzeit ist die Lage für Putin relativ entspannt. 2018 soll die Wirtschaft um 2,3 Prozent gewachsen sein, wie Russlands Statistiker kürzlich vermeldeten.

Trotz aller Bemühungen des Westens wächst Russlands Wirtschaft deutlich schneller, als zum Beispiel die deutsche Wirtschaft. Russland könnte Deutschland sogar schon bald bei der Wirtschaftsleistung schon bald von Platz 5 auf der Welt verdrängen.

Das Problem für den Westen ist, dass Russland schnell lernt. Es wiederholt weder die Fehler der Sowjetunuion, noch die Fehler von 2014.

Die Sowjetunion hat auf das von den USA in den 1980er Jahren angezettelte Wettrüsten reagiert, indem sie gegenhalten wollte. Aber das war zu teuer und sie ging pleite. So steht es auch heute im Spiegel: „Der Westen siegte im Kalten Krieg nicht nur wegen der Anziehungskraft seines Gesellschaftsmodells, sondern auch, weil die Sowjets bis jenseits ihrer Belastungsgrenze Ressourcen fürs Militär aufwenden mussten.“

Auf das heutige Wettrüsten der USA reagiert Russland jedoch asymmetrisch, das ist billiger und nicht weniger effektiv. Während die USA für sehr viel Geld ihre Raketenabwehr entwickelten, hat Russland Raketen entwickelt, die solche Abwehrsysteme umgehen können. Da diese Abwehrsysteme die Flugbahn der angreifenden Raketen vorausberechnen und dann Raketen auf Abfangkurs schicken, hat Russland Raketen entwickelt, die ständig ihren Kurs nach dem Zufallsprinzip ändern. Die Abwehrraketen fliegen also zu einem vorausberechneten Punkt, wo dann aber keine russische Rakete ist, weil sie inzwischen mehrmals den Kurs geändert hat. In der Raketentechnik ist Russland weltweit führend, die NASA braucht russische Raketenmotoren für ihre Raketen und Russland hat inzwischen sogar Hyperschallraketen im Arsenal, eine Technik, an der alle anderen Länder bisher gescheitert sind.

Trotz aller Provokationen der USA steigt Russland einfach nicht in ein neues Wettrüsten ein und geht stur seinen Weg. Das hindert, wie wir hier sehen, aber die westliche Presse nicht daran, eine russische Bedrohung an die Wand zu malen, obwohl allein die USA mittlerweile mehr als 1o Mal soviel für Rüstung ausgeben, wie Russland. Und wenn Deutschland tatsächlich das Bundeswehrbudget auf 1,5% des BIP erhöht, dann sind sogar die deutschen Verteidigungsausgaben allein schon höher als die russischen. Wer bedroht hier wen?

Als 2014 die westlichen Sanktionen eingeführt wurden, bekam Russland tatsächlich für zwei Jahre wirtschaftliche Probleme. Aber das lag nicht an den Sanktionen, sondern am Verfall des Ölpreises. Russland hatte seinen Haushalt mit einem Ölpreis von 80 Dollar geplant, aber der fiel auf unter 30 Dollar. Russland musste Kürzungen im Haushalt vornehmen, aber keine neuen Schulden aufnehmen und überstand die Krise relativ gut. Wie man im Spiegel lesen kann, war auch das für Russland eine Lehre und es plant nun mit einem Ölpreis von 40 Dollar, egal wie hoch der Preis in Wirklichkeit ist: „Seit 2017 gilt eine neue Budgetregel, die vorsieht, dass der Staatshaushalt Überschüsse ausweisen soll, wenn der Ölpreis über 40 Dollar pro Fass liegt.“

Und langfristig fällt der Ölpreis nicht unter 40 Dollar, das werden die USA zu verhindern wissen, denn ihr Fracking-Öl ist aufgrund der hohen Förderkosten erst ab einem Preis von 50 Dollar rentabel. Damit ist Russland mit seiner Planung auf der sicheren Seite.

Man sieht, dass Russland sich wirtschaftlich recht intelligent aufgestellt hat und mit Sanktionen kaum zu treffen ist. Trotzdem muss der Kolumnist des Spiegel dem Leser erklären, warum Sanktionen dann sinnvoll sein können. Dazu hat er drei angebliche Schwachpunkte der russischen Wirtschaft ausgemacht.

Als erstes nennt er die Abhängigkeit Russlands von Öl und Gas, das 60% der russischen Exporte ausmacht. Was er verschweigt ist, dass diese Abhängigkeit ausgerechnet dank der Sanktionen abnimmt. Putin selbst hat lange eine Diversifizierung der Wirtschaft gefordert und gefördert, aber mit wenig Erfolg. Es war zu einfach, einfach Öl und Gas zu fördern und damit Geld zu verdienen. Nur wenige haben ernsthaft andere Einnahmequellen gesucht. Das wurde durch die Sanktionen anders. Plötzlich wachsen andere Industrien in Russland, weil in Russland dank der Sanktionen Märkte frei geworden sind, die vorher von westlichen Produkten besetzt waren. Die Landwirtschaft boomt in Russland, es ist mittlerweile bei den Weizenexporten Spitzenreiter. Früher konnten russische Produztenten gegen die subventionierten westlichen Lebensmittel nur schwer konkurrieren. Dank der Sanktionen gibt es diese westliche Konkurrenz in Russland nicht mehr und schon blüht die Landwirtschaft auf. Und das ist nur ein Beispiel, es gibt einige mehr.

Die Schwäche Russlands sieht der Kolumnist dann auch langfristig: „Was wird eigentlich, falls im Zuge des Klimawandels und der Konkurrenz durch immer effizientere regenerative Energien Öl und Gas langfristig im Preis verfallen sollten? Wovon lebt Russland dann?

Da hat die russische Wirtschaft aber noch viel Zeit, eine Lösung zu finden, denn in den nächsten Jahrzehnten wird die Weltwirtschaft noch auf Öl und Gas angewiesen sein.

Als zweite Schwäche nennt der Kolumnist die Demografie und beruft sich auf eine Ausarbeitung der UN: „Sollte die Zuwanderung aus Zentralasien nicht massiv zunehmen, wird die Einwohnerzahl bis 2050 je nach Szenario um bis zu 24 Millionen Menschen zurückgehen, wie aus den Vorausberechnungen der UNO hervorgeht

Ich habe mir diese Berechnung angesehen und kann sie nicht nachvollziehen. In Russland steigen die Geburtenraten, seit in Russland die Familien- und Kinderförderung vor ca. 10 Jahren komplett reformiert wurde. Im Gegensatz zu den europäischen Ländern übersteigt die Geburtenrate in Russland seit Jahren die Sterberate, die Bevölkerung wächst also. Wie die UN zu ihrer Einschätzung kommt, ist in der Berechnung nicht zu sehen, sie zeigt nur Tabellen, ohne zu erklären, auf welcher Grundlage sie entstanden sind.

Lediglich die dritte Schwäche Russlands, die der Kolumnist ausgemacht haben will, kann man tatsächlich als solche diskutieren: „Rund ein Drittel der gesamten ökonomischen Aktivitäten und die Hälfte der legalen Beschäftigung sind direkt unter seiner Kontrolle, so der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer Länderanalyse. Staatliche Eigentümerschaft konzentriert sich besonders in den Sektoren Energie, Rüstung, Finanzen, Netze und Infrastruktur. Das Problem ist nur: Russlands öffentlicher Sektor gilt als intransparent, unzuverlässig und korrupt.

Korruption ist ein Problem in Russland, das bestreitet niemand. Andererseits haben in den 1980ern, als China seine Reformen durchgeführt hat, auch viele gemeint, dass das System der staatlichen Lenkung in China nicht funktionieren könne. Diese Experten hatten alle Unrecht, wie man heute weiß. Ob der russische Weg der Wirtschaftspolitik langfristig erfolgreich ist, wird man sehen. Derzeit gibt die stabile Wirtschaft, die der Spiegel selbst Russland bescheinigt, diesem Weg jedenfalls recht.

Wie um sich selbst Mut zuzusprechen, wiederholt der Kolumnist mehrmals einen Satz: „Wie gesagt, auf Dauer schnürt Putins harter Durchgriff der Wirtschaft die Luft ab.

Aber ob das genauso ein Irrtum ist, wie all die Prognosen, die 2014 den schnellen Staatsbankrott Russlands vorhersagten, werden wir erst noch sehen. Im übrigen kann man auch trefflich darüber streiten, ob Putin tatsächlich mit „hartem Durchgriff“ arbeitet. Das wäre eine eigene Analyse wert, denn es gibt auch gute Argumente, die genau dies widerlegen.

Man darf also gespannt sein, welche Sanktionen gegen Russland von der EU und den USA diesmal eingeführt werden und was sie bringen.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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