Putin im O-Ton über die europäische Gasversorgung

Bei der Podiumsdiskussion beim Petersburger Wirtschaftsforum ging es auch um die Problematik der europäischen Gasversorgung. Das betrifft nicht nur Nord Stream 2. Fast vergessen ist das Projekt South Stream, das vor einigen Jahren auf Druck der EU gegen den Willen Bulgariens abgesagt wurde. Für das kleine und arme Bulgarien war das ein herber wirtschaftlicher Verlust. Bei dem Thema geht es auch um Turk Stream, eine Pipeline, die fast fertiggestellt ist und Gas aus Russland über die Türkei nach Süd- und Osteuropa bringen soll.

Ich habe die Frage der Moderatorin an den bulgarischen Präsidenten Radev und die Antworten, die Radev und Putin gegeben haben, komplett übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Moderatorin: Herr Radev , ich möchte auf internationale Investitionen und Projekte zurückkommen.

Vor ein paar Jahren wollte Bulgarien das Projekt South-Stream auf seinem Territorium umsetzen, musste es dann aber auf Druck von Brüssel einstellen. Ich weiß, dass Sie damals nicht Präsident waren, aber Sie wissen darüber garantiert mehr, als ich. Was waren die Gründe dafür, dass Bulgarien das Projekt eingestellt hat?

Denn jetzt gibt es Turk Stream, das von Russland in die Türkei führt, wir sprechen von einer Pipeline, die in der Verlängerung auch durch Ihr Territorium verlaufen kann. Werden Sie dieses Mal in der Lage sein, Ihre Interessen zu verteidigen und die Skepsis Ihrer europäischen Partner zu überwinden? Das sind jetzt zwei Fragen geworden.

Radev: Präsident Putin hat gerade eine sehr wichtige Sache erwähnt: Die Menschen müssen die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen. Ich kann nur die Verantwortung für meine Entscheidungen übernehmen. Damals war ich nicht Präsident. Das ist Vergangenheit. Wir dürfen nicht vergessen, dass Bulgarien Teil der Europäischen Union ist. Bulgarien gestaltet seine Energiepolitik in Übereinstimmung mit der Energiepolitik der Europäischen Union, namentlich bei der Diversifizierung, den Quellen und Lieferanten, der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.

Natürlich sind Bulgarien und Russland seit Jahrzehnten Partner in der Energiepolitik. Bulgarien ist zu 100 Prozent abhängig von russischem Gas und von russischen Atomtechnologien für unser Kernkraftwerk. Wir haben sehr fruchtbare Gespräche mit Präsident Putin und seinem Team geführt, wie wir unsere strategische Zusammenarbeit in Zukunft fortsetzen können.

Es gibt einige Veränderungen in Bulgarien, es gibt Veränderungen auf dem europäischen Gasmarkt und bei der europäischen Gasversorgung. Bulgarien modernisiert und erweitert sein Gastransportsystem. Wir haben die Beziehungen zwischen Griechenland und Bulgarien in Bezug auf die Versorgung mit Flüssig-Gas intensiviert. Das bedeutet, dass Bulgarien sein Potenzial ausbaut, ein Gasverteilzentrum zu werden, eine Art Gasbörse schafft. Dies bietet Russland zusätzliche Möglichkeiten in Bezug auf zusätzliche Gaslieferungen nach Bulgarien. Von dort kann es in jede Richtung gelenkt werden und durch Bulgarien nach Mitteleuropa fließen. Das ist eine gute Gelegenheit für Russland.

Natürlich müssen wir auch, das ist meine Meinung, wir haben gestern darüber diskutiert, wir müssen unsere Beziehungen in Bezug auf die Vergabe von Kontrakten in Bezug auf die Lösung des Problems der Preisbildung ändern, denn der Markt verändert sich. Es gibt zwei Ansätze. Ein Ansatz sind langfristige und feste Preise für Pipeline-Gas. Ein weiterer Ansatz ist eine flexiblere Preisgestaltung unter Berücksichtigung von verflüssigtem Erdgas. Bisher sind diese Möglichkeiten recht begrenzt, aber sie sind bereits auf dem Markt. Ich hoffe daher, dass wir in der Lage sein werden, den besten Ansatz zu finden, um zu erreichen, was in unserem Interesse ist, damit wir weiterhin strategische Partner im Energiesektor sind.

Wladimir Putin: Ich möchte zwei Worte dazu sagen. Der Herr Präsident sprach über die Preisgestaltung. Jetzt kommen wir wenigstens ein bisschen auf wirtschaftliche Fragen zurück. Er sagte, es gebe einen langfristigen Festpreis und einen flexiblen Preis. Ich erlaube mir dazu eine kleine Anmerkung. Der Preis ist langfristig, aber nicht fest. Er ist an die Preise für eine Reihe von Energieprodukten gebunden, vor allem an Rohöl. Je nach Schwankungen beim Ölpreis schwankt der Gaspreis. Das ist absolut fair und marktgerecht. So ergibt sich der Gas-Preis. Das heißt natürlich nicht, dass eine solche Formel für immer gelten muss. Wir sind bereit zu Gesprächen. Bitte gerne. Aber das sollte natürlich auf der Ebene der Entscheidungsträger geschehen.

Was das South-Stream Projekt betrifft, so bedauern viele in Bulgarien, dass es nicht verwirklicht wurde, „viele“ ist sehr höflich ausgedrückt. Was hat Bulgarien verloren? Es hat drei Milliarden Dollar an Investitionen und tausend neue, hoch bezahlte Arbeitsplätze und 400 Millionen Dollar an Transiteinnahmen jährlich verloren. So einfach ist das. Das sind die direkten Verluste für die bulgarische Wirtschaft. Man kann nicht anders, als das zu bedauern. Und warum es so gekommen ist, ist wohl auch jedem bekannt. Lassen Sie es uns offen sagen: Es gibt Kosten für die Intergrierung in das westliche System. Das geht einher mit der Einschränkung der Souveränität. Übrigens, in der Eurasischen Wirtschaftsunion gibt es das nicht, wir streiten dort bis aufs Blut, aber es wird alles einstimmig beschlossen, nur einstimmig, oder es wird nicht angenommen. Das schafft auch Probleme, aber andere, als in der Europäischen Union.

Ich habe es schon oft gesagt und ich möchte es noch einmal wiederholen: Die heutige EU trifft für die gesamten EU-Staaten bei mehr Themen verbindliche Entscheidungen, als es der Oberste Sowjet der UdSSR für die Unionsrepubliken getan hat. Aber darum jetzt geht es nicht, sondern um den Bau neuer Pipelines, die die Rohstoffversorgung nach Europa diversifizieren. Wie viele Jahre arbeiten wir an Nord Stream 2? Und South Stream musste komplett abgesagt werden.

Mit der Türkei haben uns wir uns geeinigt, Turk Stream zu bauen, dank des politischen Willens von Präsident Erdogan, dank der Tatsache, dass er die besten Qualitäten des männlichen Charakters und der Souveränität seines Landes gezeigt hat, werden wir in den nächsten Monaten das Projekt abschließen. Auf See ist es abgeschlossen, jetzt laufen die Arbeiten an Land, es wird bald fertig. Und jetzt werden unsere europäischen Partner unser Gas über diesen Weg erhalten, wenn sie es denn wollen. Aber ich denke, Südeuropa ist daran interessiert, denn ich möchte es noch einmal wiederholen, Pipeline-Gas aus Russland wird per se immer billiger sein, als Flüssiggas von jenseits des Ozeans. Immer. Das ist kein großes Rätsel, die Experten wissen es: die Produktion ist günstiger, es muss nicht verflüssigt werden, um auf Tanker verladen zu werden und es muss auf dem anderen Kontinent nicht wieder in Gas umgewandelt werden. Verstehen Sie? Da ist Potenzial beim Preis, aber der Preis muss natürlich für den Verkäufer und den Käufer vorteilhaft sein.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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