Putin im O-Ton über Selensky, die Ukraine und Weißrussland

Auf dem Petersburger Wirtschaftsforum ist hat Präsident Putin an der Podiumsdiskussion teilgenommen. Wie angekündigt, werde ich Teile der Diskussion übersetzen.

Unter anderem wurde Putin auch zum neuen ukrainischen Präsidenten Selensky und zu der Situation mit der Ukraine befragt. Ich habe die Fragen und Antworten zu dem Thema komplett übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Moderatorin: Herr Präsident, wir sagen, dass es keine gravierenden Gegensätze zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion gibt, es braucht nur Zeit und den nötigen Willen. Aber es ist schon vorgekommen, dass ein Land, das Beispiel ist die Ukraine, buchstäblich die Brücken zwischen den beiden Regionen eingerissen hat. Darum frage ich mich, warum Sie Wladimir Selensky nicht zum Wahlsieg gratuliert haben.

Wladimir Putin: Sie wissen, dass er immer noch eine bestimmte Rhetorik benutzt und uns „Feinde“ und „Aggressoren“ nennt. Er muss sich irgendwann entscheiden, was er erreichen will. Wir lehnen keine Kontakte ab, wir werden mit ihm zusammenarbeiten.

Moderatorin: Ja, weil Sie der Präsident einer großen Macht sind. Heute ist er in seinem Land sehr beliebt, er wurde mit einer riesigen Mehrheit gewählt.

Wladimir Putin: Sehr gut.

Moderatorin: Sie haben mit ihm keinerlei gemeinsame Vorgeschichte. Eine kleine Geste kann den Lauf der Ereignisse komplett verändern, das wissen Sie, Herr Präsident. Warum können Sie sich nicht ohne Vorbedingungen mit ihn treffen?

Wladimir Putin: Habe ich das etwa abgelehnt? Niemand hat das angeboten.

Moderatorin: Aber sind Sie bereit, ihn zu treffen?

Wladimir Putin: Hören Sie, ich kenne den Mann nicht. Ich hoffe, dass wir uns eines Tages kennenlernen. Offenbar ist er ein Profi auf dem Gebiet, in dem er bisher gearbeitet hat, er ist ein guter Schauspieler. (Gelächter im Saal) Ich meine das ernst, und Sie lachen. Aber es ist eine Sache, jemanden zu spielen, und es ist eine andere Sache, jemand zu sein. Zum Schauspielern braucht man Talent, das ist sicher. Viel Talent. Eines dieser Talente ist das Talent der Veränderung. Man kann alle 10 Minuten in eine neue Rolle schlüpfen. Prinz oder Bettler im Abstand von 10 Minuten. Aber in beiden Rollen muss man überzeugend sein. Das ist wirklich ein Talent. Aber zum Regeln staatlicher Angelegenheiten sind andere Qualitäten gefragt. Man braucht eine gewisse Erfahrung, man braucht Fachwissen, man muss in der Lage sein, die wichtigsten Probleme zu erkennen, sie zu sehen und die Werkzeuge zu finden, um diese Probleme zu lösen. Man muss in der Lage zu sein, fähige Menschen in einem Team zu versammeln, gute Beziehungen zu ihnen aufzubauen, an sie zu glauben, ihnen die Möglichkeit zu geben, frei zu denken und Lösungsansätze anzubieten. Man muss die richtigen Entscheidungen treffen und was sehr wichtig ist, man muss Millionen von Menschen die Motive des eigenen Verhaltens bei der Entscheidungsfindung erklären können. Und vor allem muss man den Mut und den Charakter haben, die Verantwortung für die Folgen dieser Entscheidungen zu übernehmen.

Ich sage nicht, dass Herr Selensky diese Qualitäten nicht hat. Kann gut sein, dass er sie hat. Ihm mag die Erfahrung fehlen, aber damit ist es so eine Sache, wie wir sagen, die kommt mit dem Leben. Und das geht schnell. Hat er die anderen Qualitäten, die ich aufgezählt habe? Kann gut sein, aber ich weiß es nicht, denn er konnte es ja noch nicht zeigen. Aber was wir sehen, sind widersprüchliche Aussagen. Im Wahlkampf hat er das eine gesagt, nach der Wahl etwas anderes. Wir werden abwarten. Mal sehen.

Ich sage nicht, dass er noch nichts getan, aber mit seinen Aussagen schon alles ruiniert hat. Nein. Mal sehen.

Moderatorin: Ich möchte Sie etwas zu Weißrussland fragen. Armenien ist in diesem Jahr Vorsitzender der Eurasischen Wirtschaftsunion, im nächsten Jahr ist es Weißrussland. Sie treffen sich oft mit Präsident Lukaschenko, kürzlich in Sotschi und in Nur-Sultan. Es wird viel darüber geredet, dass Russland und Weißrussland sich vereinen könnten, wirtschaftlich auch bei den politische Strukturen. Es heißt, das könnte 2024 geschehen. Ist das wahr?

Wladimir Putin: Nein, das ist auch nicht möglich. Ich werde Ihnen sagen, warum: Weil sich die Geschichte so entwickelt hat, dass unser Volk in verschiedenen Ländern lebt. Ich bin der Meinung, dass Weißrussen, Russen und Ukrainer ein Volk sind, das habe ich viele Male gesagt, ich bin überzeugt davon, dass wir ein Volk sind.

Schließlich gab es früher keine Ukraine. Tatsächlich wurde das Gebiet Teil des russischen Imperiums, es gab damals keine Ukrainer, es waren Russen. Worin hat sich das gezeigt? Eine gemeinsame Geschichte, eine Sprache, ein Glaube, eine Religion und alle betrachteten sich als russisch. Mit der Zeit entwickelte sich die Ukraine. Dort, am Rande des Reiches, bildete sich all das. (Anm. d. Übers.: „U Kraia“ bedeutet auf Russisch „am Rande“, das Gebiet wurde einst als „Ukraine“ bezeichnet, weil es vor langer Zeit „am Rande“ des russischen Reiches lag) Die Nähe zur europäischen Kultur, zur katholischen Welt, die zeitweise Zugehörigkeit einiger Gebiete zum katholischen Polen, entwickelte in Teilen der Bevölkerung den Wunsch, diesem Teil Europas näher zu sein. Das ist ein völlig berechtigter Wunsch, daran ist nichts verwerfliches.

Vor dem Ersten Weltkrieg begannen Länder, die sich auf den Krieg mit Russland vorbereiteten, die Idee der ukrainischen Identität zu entwickeln. Natürlich, man wollte den potenziellen Gegner schwächen, versuchte, ihn zu spalten, ihm Gebiete zu entreissen. Diese Idee wurde aufgegriffen und weiter entwickelt. Und bei einem Teil der Bevölkerung hat sich wirklich eine eigene Identität entwickelt. Auch daran ist nichts Schreckliches, es ist ein natürlicher Prozess. Deshalb behandeln wir das mit Verständnis und Respekt.

Das Gleiche gilt für Weißrussland. Ich wiederhole, nach meiner tiefen Überzeugung sind wir alle ein Volk. Aber es hat sich so entwickelt, dass wir in verschiedenen Ländern leben, dass verschiedene Staaten gebildet wurden. Ich habe mich schon oft zu diesem Thema geäußert. Es gibt keinen Grund für eine staatliche Einheit.

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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