Scheitert der „Normandie-Gipfel“? Kiew verweigert Unterschrift unter Grundsatzdokument

Das geplante Treffen im Normandie-Format zwischen Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine droht zu scheitern. Der Grund: Kiew weigert sich, ein Grundsatzdokument zu unterzeichnen. Aber in den deutschen Medien wird darüber nicht berichtet.

Erst am Sonntag hat der Chef des Moskauer Spiegel-Büros, Christian Esch, in einem Artikel Russland beschuldigt, nicht an einem schnellen Treffen im Normandie-Format interessiert zu sein. Ich habe den Artikel analysiert, der für jeden, der die Hintergründe kennt, nichts anderes als primitive Propaganda ist, die Analyse finden Sie hier.

Heute meldet die TASS, dass das Treffen möglicherweise nicht stattfinden wird. Der Grund ist, dass sich die Ukraine weigert, die sogenannte „Steinmeier-Formel“ zu unterzeichnen, die Grundlage für das Treffen ist.

Was sind die Hintergründe?

Es geht dabei um Punkt 9 des Abkommens von Minsk (die Details zu dem Abkommen finden Sie hier). Dort wird festgelegt, wie Kiew wieder die volle Kontrolle über die Rebellengebiete erlangen soll. Der Weg dahin ist in dem Abkommen exakt vorgezeichnet. Demnach sollten schon 2015 zwei Prozesse parallel laufen: Erstens sollten sich Kiew und die Rebellen in direkten Gesprächen auf die Modalitäten zur Durchführung von Kommunalwahlen in den Rebellengebieten einigen und zweitens sollte Kiew eine Verfassungsreform durchführen, die den Gebieten einen Sonderstatus garantiert. Danach sollten die Kommunalwahlen abgehalten werden und anschließend sollte Kiew wieder die Kontrolle über die Gebiete erhalten.

Das Problem ist, dass Kiew sich bis heute weigert, direkt mit den Rebellen zu verhandeln und dass Kiew auch die Verfassungsreform bis heute nicht durchgeführt hat. Mehr noch: Der neue ukrainische Außenminister hat erst am Samstag klar gesagt, dass es keine Verfassungsreform geben werde.

Die „Steinmeier-Formel“, die der damalige deutsche Außenminister Ende 2015 vorgeschlagen hatte, regelte die Details auf dem Weg zur Umsetzung dieses Prozesses. Es ging darin sowohl um detaillierte Schritte zum Abzug von Waffen von der Frontlinie, aber vor allem um die Details der Übergabe der Kontrolle. Demnach sollte, nachdem Kiew sich mit den Rebellen auf die Wahlen geeinigt und die Verfassungsreform durchgeführt hat, am Tag der Wahlen Kiew wieder „vorübergehend“ die Kontrolle im Donbass übernehmen und diese endgültig bekommen, wenn die OSZE ihren abschließenden Wahlbericht vorlegt.

Kiew hat sich nun heute, wenn man der Quelle der TASS, die normalerweise sehr gut informiert ist, glauben will, in Minsk geweigert, diese „Steinmeier-Formel“ zu unterzeichnen. In Minsk findet derzeit Vorbereitungsgespräche für das Treffen im Normandie-Format statt.

Mit dieser erneuten Absage aus Kiew, sich an die Regelungen des Minsker Abkommens zu halten, steht das ganze Treffen des Normandie-Formates auf der Kippe. Natürlich ist es denkbar, dass das Treffen trotzdem stattfindet und dass die Regierungschefs der vier Länder sich mit diesem Detail beschäftigen. Aber es ist auch möglich, dass das Treffen abgesagt wird, weil Kiew nach wie vor nicht bereit ist, das Minsker Abkommen, dass Kiew unterschrieben hat, auch umzusetzen.

Nachdem Herr Esch vom Spiegel am Sonntag so ausführlich berichtet hat, dass Russland angeblich an dem Normandie-Treffen nicht interessiert ist, obwohl das unwahr ist, bin ich gespannt, ob er nun wenigstens auch mal über Kiews fortgesetzte Weigerung berichten wird, das Abkommen von Minsk umzusetzen. Aber da er seinen Job behalten will, wird er das kaum ausführlich und im Detail thematisieren.

Nachtrag: Wenige Stunden nach den oben genannten Meldungen hat der ukrainische Außenminister verkündet, er habe sein OK für die Unterschrift unter die „Steinmeier-Formel“ gegeben. Warum diese Unterschrift in Minsk von der ukrainischen Seite verweigert wurde, ist bisher nicht klar. Sollte es Neuigkeiten geben, werde ich in einem weiteren Nachtrag berichten.

Nachtrag 2: Das Treffen ist zu Ende und nun ist bekannt geworden, dass in Kiew offensichtlich Chaos herrscht. Während der Außenminister die Unterzeichnung genehmigt hat, hat der ukrainische Delegationsleiter und ehemalige ukrainische Präsident Kutschma die Unterschrift verweigert.

Stattdessen hat die Pressesprecherin der ukrainischen Delegation auf Facebook mitgeteilt, dass die Ukraine nicht dagegen sei, das Dokument zu unterzeichnen, vorher müssten aber weitere Bedingungen erfüllt werden. Diese Bedingungen widersprechen jedoch teilweise dem Minsker Abkommen.

So forderte sie auf Facebook unter anderem, dass vor der Unterschrift bereits ukrainische Parteien und die Wahlkommission auf dem Gebiet der Rebellen aktiv werden sollten. Jedoch müssen diese vorbereitenden Maßnahmen zu den Kommunalwahlen laut Abkommen von Minsk in direkten Verhandlungen mit den Rebellen ausgehandelt werden. Kiew aber verweigert derartige direkt Gespräche.

Über solche Details könnte man noch streiten. Aber gemäß dieser Erklärung fordert die Ukraine nun auch, dass die Kontrolle über die Grenze zwischen Russland und den ukrainischen Rebellengebieten vor der Unterschrift unter die Steinmeier-Formel an Kiew übergeht. Das widerspricht definitiv dem Abkommen von Minsk, denn dort ist in Punkt 9 eindeutig festgelegt, dass das erst nach den Kommunalwahlen im Donbass geschehen soll, für die die Steinmeier-Formel ja gerade einen Teil der Voraussetzungen schaffen soll.

Die ukrainische Delegation weigert sich also wieder, das Abkommen von Minsk umzusetzen. Natürlich wird in der deutschen Presse darüber nicht berichtet. Nach jetzigen Stand ist völlig offen, ob es zu einem Spitzentreffen im Normandie-Format kommt, denn die Unterzeichnung der Steinmeier-Formel war eine Voraussetzung für das Treffen.

Die ukrainische Delegation hatte demnach noch weitere, ebenfalls kaum erfüllbare, bzw. dem Minsker Abkommen widersprechende Forderungen gestellt. Ich will auf diese Details hier aber nicht eingehen, sollte das Thema in den deutschen Medien aktuell werden, werde ich dazu einen detaillierten eigenen Artikel schreiben.

Die Kontaktgruppe, die sich heute ergebnislos in Minsk getroffen hat, soll nach Plan wieder am 1. Oktober zusammentreffen. Ein Treffen im Normandie-Format von Merkel, Macron, Putin und Selensky noch im Oktober dürfte damit unrealistischer geworden sein.


Wenn Sie sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahres 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 670 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.

In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich direkt hier über den Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Werbung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Alles, wirklich ALLES an einem nachhaltigem „Stop des Tötens “ hängt an dem DIREKTEN Dialog zwischen Kiew – Donezk/Lugansk…

    Und nun, genau jetzt, sind wir an dem Punkt , dass man wohl mit an fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- davon ausgehen muss, dass es wieder die „Gute Frau Dr. Merkel ist, welche nun die Notbremse ziehen lässt, durch Kiew.

    https://www.facebook.com/707180039367921/videos/1740874899331758/

    Wie nun Anti-Spiegel zutreffend aufzeigt :

    Zitat (..) Der Weg dahin ist in dem Abkommen exakt vorgezeichnet. Demnach sollten schon 2015 zwei Prozesse parallel laufen: Erstens sollten sich Kiew und die Rebellen in direkten Gesprächen auf die Modalitäten zur Durchführung von Kommunalwahlen in den Rebellengebieten einigen und zweitens sollte Kiew eine Verfassungsreform durchführen, (..)

    steht nun mal seit 2015 der DIREKTE Dialog – logischerweise auch ganz am Anfang,(auch wenn er erst in Pkt.4 aufgeführt wird.- 1-3 sind Selbstverständlichkeiten, ohne die, ein Dialog keinen Sinn machen würde.. )

    Das Drehbuch wurde in Berlin geschrieben..

    Und genau diesen wichtigsten DIREKTEN DIALOG, hat sie VERHINDERT, durch die klaren Instruktionen an Poroschenko- und nun an den Schauspieler auch.

    Und genau das WESENTLICHE- DIREKTER DIALOG – im Zusammenhang „Steinmeier-Formel – gibt (oder gäbe) der Welt eben nun zu denken, warum bis zum heutigen Tage die Bürgerkriegsparteien immer noch über Dritte mit- bzw. gegeneinander reden.

    Nun, es ist einmal so, dass die gesamte Internationale Presse, eben nicht nur aus ARD /ZDF / Spiegel & Konsorten besteht…

    Sie – „DIE Gute“ hat nun eben ein Riesenproblem damit, dass man nun eben den DIREKTEN Dialog VOR den Kommunalwahlen weltweit wird verstehen wird lernen, sollte es nun eben zum Treffen in Paris kommen. Und man wird verstehen lernen, wer genau diesen Verhinderte..

    Und natürlich ist auch die Verfassungsänderung nur dann möglich,. wenn sie vorab des Beschließens, auch mit den „Feinden“ im direkten Dialog besprochen wird, damit eben am Ende, tatsächlich das Minsk2-Ergebnis dabei erzielt werden kann..

    Unde natürlich besteht nun die große Angst der Deutschen, dass der Franzose tatsächlich die Leader aus Donezk & Lugansk (oder Aussenminister) dem Treffen in Paris wird zuschalten..

    Was wird sie tun ?

    Es gibt verschiedene Szenarien. Doch das „Wendehäls’chen Merkel“ wird nun eher die Sanktionen gegen Russland in Frage stellen und damit drei Fliegen mit einer Klappe schlagen, als nun sich zur BUhhH -Person abstempeln zu lassen, die Schuld an den meißten Toten nach dem Tag der Unterzeichnung von Minsk2 hat.

    Vielleicht bringt sie ja diesmal einen weißen Strauss Rosen und legt ihn einem gewissen Präsidenten zu Füßen und hofft, auf dessen Einfallsreichtum, wie die Situation doch noch gerettet werden kann… FÜR SIE !

    .

    1. Zum Nachtrag: Anti-Spiegel

      Der ukrainische Außenminister erklärte sich mit der „Steinmeier-Formel“ einverstanden
      Es geht darum, Donbass einen Sonderstatus zu verleihen

      https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/6900289

      Kiew, 18. September. / TASS /. Der ukrainische Außenminister Vadim Pristayko erklärte, er habe der sogenannten „Steinmeier-Formel“ zugestimmt, Donbass einen Sonderstatus innerhalb der Ukraine einzuräumen.

      „Wir haben uns auf dem Beratertreffen am 2. September auf die Steinmeier-Formel geeinigt, und ich kann mitbringen, worauf ich mich geeinigt habe“, sagte er am Mittwoch auf einer gemeinsamen Sitzung der parlamentarischen Ausschüsse für europäische Integration und auswärtige Angelegenheiten Es ist absolut klar: Das Gesetz über den Sonderstatus tritt zum Zeitpunkt der Wahl in einem vorläufigen Format in Kraft und tritt schließlich in Kraft, nachdem das BDIMR der OSZE entschieden hat, dass die Wahlen in voller Übereinstimmung mit den hohen Standards der Organisation abgehalten wurden. “

      „Das steht in der Entscheidung“, fuhr der Minister fort, „es ist notwendig, dass alle an diesem Tisch vertretenen Parteien, alle hier vertretenen Medien Zugang zu den Wahlen haben usw. Nur dann können die Wahlen als Wahlen anerkannt werden, die den OSZE-Standards entsprechen “

      Er hat auch bemerkt, dass, um Wahlen im unkontrollierten Teil von Donbass durchzuführen, die relevanten Bedingungen zuerst geschaffen werden müssen. „Zuerst werden die notwendigen Sicherheitsbedingungen geschaffen und erst dann werden Wahlen abgehalten. Präsident Vladimir Zelensky hat dies klar gesagt“, fügte der Außenminister hinzu.

      Ende Tass:

      🙂

      Er spricht von dem Treffen am 02.September…. Das alles hat mit Minsk2 weniger bis nichts zu tun..sondern spiegelt nur die Kiewer Interpretation wider, dass alles NUR von Kiew gesteuert wird, ohne Einbeziehung Donezk/Lugansk

  2. Der ukrainische Außenminister war zuvor Botschafter bei der NATO. Von dem ist also nicht zu erwarten, dass der Minsk II umzusetzen gedenkt. Hat Selensky den allein bestimmt, oder hat US-Generalgouverneur Kurt Volker ihm den zur Seite gestellt, damit Selensky auf Linie bleibt? Es ist also davon auszugehen, dass ein neuerliches Treffen im Normandie-Format, wenn es denn überhaupt zustande kommt, wie das Hornberger Schießen ausgehen wird! Der Westen will die in Minsk paragrafierte militärische Niederlage nicht anerkennen und versucht, daraus zumindest ein Patt zu machen, d.h., Änderungen an der Abfolge von Minsk II bzw. komplette Neuregeln zum Abkommen zu erreichen! Und wenn das nicht gelingt, wird der Spiegel genau den gleichen Mist schreiben, wie jetzt! Man wird erneut Russland verantwortlich machen! Die Situation der Bürger des Donbass interessiert die zynischen und menschenverachtenden Politiker des „Wertewestens“dabei nicht die Bohne!

Schreibe einen Kommentar