Syrien-Update: Wie der Spiegel alles Wichtige verschweigt, was im November geschehen ist

Da ich schon länger keinen Überblick über die Entwicklungen in Syrien geschrieben habe, werde ich hier die Entwicklungen seit Anfang zusammenfassen und auch die beeindruckende Desinformation, die der Spiegel darüber fabriziert hat.

Im Oktober ist Bewegung in die Situation in Syrien gekommen. Die Türkei wollte die Unterstützung der PKK durch syrische Kurden unterbinden und hat einen Einmarsch in Nordsyrien angekündigt, um eine Sicherheitszone an der türkisch-syrischen Grenze zu errichten. Da die USA im Nordosten des Landes die Kurden unterstützt haben, drohte sogar eine Konfrontation türkischer und amerikanischer Soldaten. Das hat die Türkei jedoch in Kauf genommen, woraufhin Trump den überstürzten Abzug seiner Truppen angeordnet hat.

Daraufhin marschierte die Türkei ein und dann es kam zu einem Treffen von Putin und Erdogan in Sotschi, bei dem die beiden ein Abkommen ausgehandelt haben, was die Lage wieder beruhigt hat. Im Ergebnis haben sich die Kurden mit Assad auf eine Zusammenarbeit geeinigt und syrische Truppen sind in das Gebiet eingerückt. Damit es nicht zu Zusammenstößen mit den Türken kommen konnte, sind auch russische Truppen eingerückt und haben eine Pufferzone zwischen Türken und Syrern geschaffen. Im Ergebnis patrouillieren nun russische und türkische Soldaten gemeinsam die Grenze und sichern sie so vor kurdischer Unterstützung für die PKK in der Türkei.

Wer allerdings gehofft hatte, dass es nun – nachdem die Kurden und die syrische Regierung sich geeinigt hatten und auch wieder zusammenarbeiten – zu einem Abzug der US-Truppen aus Syrien kommen würde, der hat sich zu früh gefreut. Die USA haben Truppen in Ostsyrien belassen und die syrischen Ölfelder besetzt, um sie zu „beschützen“. Die Frage ist, vor wem.

Das Öl wird nun in LKW über die irakische Grenze gebracht. Wer die Erlöse aus dem gestohlenen und geschmuggelten Öl einstreicht, ist nicht klar. Die USA behaupten, die Kurden würden die Gelder bekommen, aber belegt ist das nicht und es ist nicht ausgeschlossen, dass die USA die Millionen selbst einstreichen. Dass es den USA in Syrien nun, nachdem ihr Regimechange gescheitert und Assad weiterhin Präsident des Landes ist, in der Hauptsache ums Öl geht, sagen die USA auch ganz offen. Trump sagte am 2. November vor Journalisten:

„Der Waffenstillstand in Syrien ist fest etabliert. Wir haben das Öl gerettet. Offen gesagt, können andere an der Grenze in Syrien patrouillieren. Die Türkei kämpft dort seit Tausenden von Jahren. Sollen sie sich um die Grenze kümmern! Wir wollen das gar nicht, wir wollen unsere Soldaten nach Hause holen. Allerdings lassen wir Soldaten in Syrien, weil wir das Öl beschützen. Ich mag Öl. Wir bewachen es.“

Dass die USA es damit ernst meinen, konnte man spätestens am 5. November sehen, als türkische und arabische Nachrichtenagenturen berichtet haben, dass die USA mit dem Bau von zwei befestigten Stützpunkten im Gebiet der Ölfelder begonnen haben. Am 23. November meldete Reuters unter Berufung auf das СЕНТКОМ, die USA würden 500 Soldaten in der Region konzentrieren.

Dass die USA das syrische Öl angeblich für die Kurden „bewachen“, bestätigte ein Pentagon-Sprecher am 12. November:

„Seit vier Jahren kümmern sich unsere Partner aus dem zivilen Flügel der „Demokratischen Kräfte Syriens“ um das Öl . Diese Leute verwalteten die Öl-Lieferungen. Wir erwarten, dass sie dies weiterhin tun, ohne dass da jemand eingreift. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass niemand stört.“

Interessant, dass die USA sich so um die Kurden sorgen, die sie vorher beim Angriff der Türkei im Stich gelassen haben und die sich deshalb wieder Assad zugewandt haben. Da es sich um syrisches Öl handelt, hätte man annehmen müssen, dass sich nun Assad und die Kurden darüber verständigen. Aber das ist in Washington nicht gewollt. Die USA haben immer noch das Ziel, Assad zu stürzen. Würde er gemeinsam mit den Kurden den Osten des Landes inklusive der Ölfelder kontrollieren, würde das Syrien insgesamt stabilisieren und händeringend für den Wiederaufbau nötige Gelder in die Kassen spülen. Das wollen die USA verhindern.

Wenn man genau zuhört, sagen die USA das auch ganz offen. Am 23. November sagte der Syrien-Beauftragte der US-Regierung:

„Diplomatischer und wirtschaftlicher Druck auf Damaskus ist notwendig, um die Ziele in Syrien voranzubringen. Es kann keine Hilfe für Damaskus beim Wiederaufbau Syriens geben, bis ein glaubwürdiger politische Prozess beginnt. Und ich denke, dass diese Position mit der Position vieler unserer europäischen Partner übereinstimmt. Wir werden mit ihnen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Druck anhält.“

Tatsächlich läuft der politische Prozess schon. In Genf ist eine Arbeitsgruppe aus syrischer Regierung, Opposition und syrischer Zivilgesellschaft zusammengetreten, die eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Was die USA offiziell erklären, scheint also nur ein Vorwand zu sein, um Assad und den Friedensprozess in Syrien zu behindern. Ein stockender Wiederaufbau dürfte den „politischen Prozess“, den die USA angeblich sehen wollen, kaum erleichtern.

In einem Interview, dass Assad dem russischen Fernsehen gegeben hat, hat Assad auf die Frage des Journalisten, ob Syrien den Raub seines Öls vor die UN bringen will, geantwortet:

„Selbstverständlich. Aber ich, Sie und viele in der Welt wissen, dass die UNO nicht existiert, weil es kein Völkerrecht gibt. Alle bei der UNO eingereichten Beschwerden liegen in den Schränken, da es sich (bei den USA) um einen Staat handelt, der von Banden geführt wird, die nach dem Prinzip der Gewalt handeln. Wir leben jetzt in einer Welt, die einem wilden Wald ähnlich ist, sie ist jetzt der Welt vor dem Zweiten Weltkrieg ähnlicher, als der Zeit danach. Wir werden bei der UNO eine Beschwerde einreichen, aber sie dort in den Schubladen verschwinden.“

Mit seinen Aussagen zum Völkerrecht hat Assad durchaus Recht. Das sieht man auch am Verhalten Israels, das vom Westen in keiner Weise kritisiert wird. Israel fliegt schon sehr lange Angriffe auf Syrien. Man stelle sich einmal vor, was in Medien und Politik los wäre, wenn Syrien seit Jahren immer wieder Israel bombardieren würde. Aber wenn Israel das mit Syrien macht, interessiert es im Westen niemanden.

Auch im November gab es israelische Angriffe. Der Spiegel hat seine Leser mal wieder unvollständig informiert. Israel hat mitgeteilt, der Angriff sei eine Reaktion auf Raketen, die aus Syrien auf israelisches Gebiet abgefeuert worden seien, aber von der israelischen Luftabwehr abgefangen worden sind. Der Spiegel schrieb:

„Die israelischen Streitkräfte (IDF) haben „breit angelegte Angriffe“ gegen Stellungen der syrischen Armee und mit dem Iran verbundenen Kräften ausgeführt. Das teilten sie bei Twitter mit. Nach Angaben der israelischen Luftwaffe griff diese in der Nacht zum Mittwoch eine Reihe von Zielen in Syrien an. Damit antworte Israel auf Raketenangriffe aus Syrien vom Vortag, hieß es. Iran unterstützt im syrischen Bürgerkrieg die Regierungstruppen.“

Der Spiegel hat sich damit zum Propagandisten der Israelis machen lassen, denn die Sache hat einen Schönheitsfehler. Die Raketen aus Syrien sind demnach auf die Golanhöhen geschossen worden, die Israel völkerrechtswidrig besetzt hält und annektieren möchte. Völkerrechtlich gehören die Golanhöhen aber zu Syrien. Israel hält also illegal syrisches Gebiet besetzt und greift die syrische Armee in Syrien mit seiner Luftwaffe an. Aber der Spiegel hat daran nichts zu kritisieren und verschweigt seinen Lesern diese wichtigen Details. Und dass die Israelis bei dem Angriff auf die syrische Hauptstadt Damaskus, die auch bombardiert wurde, elf Menschen getötet und ein Wohnhaus getroffen haben, verschweigt der Spiegel ganz.

Zum Schluss noch ein besonders eindrucksvolles Beispiel davon, wie der Spiegel sich im Syrienkonflikt als einseitiger Propagandist betätigt. Am 22. November titelte der Spiegel „Angehörige von Syriens Machthaber – Assad-Familie soll sich in Spanien wegen Geldwäsche verantworten“ und schrieb einleitend:

„Der ehemalige syrische Vizepräsident Rifaat al-Assad ist in das Visier spanischer Ermittler geraten: Zusammen mit weiteren Angehörigen des Machthaber-Clans soll er viele Millionen Euro unterschlagen haben.“

Wer den Artikel nur auf der Spiegel-Homepage sieht, ohne ihn zu öffnen und genau zu lesen, bekommt den Eindruck, dass Assads Familie (also mutmaßlich auch er selbst) sich in Spanien bereichert hat. Der Artikel beginnt dann so:

„Zahlreiche Angehörige des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sollen in Spanien wegen Geldwäsche in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro auf die Anklagebank. Neben dem 82-jährigen Ex-Vizepräsidenten Rifaat al-Assad (Onkel des heutigen Machthabers Baschar al-Assad), der nach Medienangaben im Exil in Frankreich und Großbritannien lebt, werden auch acht seiner Kinder und zwei seiner Ehefrauen der Geldwäsche und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung beschuldigt.“

Nun weiß ich nicht, ob wie sehr sich Assad selbst bereichert, aber in dem Spiegel-Artikel geht es, wie man dann sehen kann, um jemand ganz anderen. Der genannte „ehemalige syrische Vizepräsident Rifaat al-Assad“ hat sich mit der regierenden Assad-Familie schon vor 35 Jahren zerstritten und hat keinerlei Kontakt mehr zu Assad. Das steht aber erst später im Spiegel-Artikel:

„Rifaat al-Assad musste Syrien 1984 nach einem Putschversuch gegen seinen Bruder Hafis verlassen, den langjährigen Machthaber Syriens und Vater des heutigen Präsidenten.“

Der Spiegel suggeriert seinem Leser mit den einleitenden Absätzen, dass Assad irgendwie etwas damit zu tun hat, ohne es freilich explizit zu behaupten. Die entscheidende Information, dass der Onkel von Assad nichts mehr mit der syrischen Regierung und dem Präsidenten zu tun hat, wird nur in einem Satz erwähnt und geht beim Überfliegen des Artikels, der ein sehr düsteres Bild von Rifaat und seinen Machenschaften zeichnet, unter. Die meisten Leser dürften diese Verbrechen mit dem syrischen Präsidenten in Verbindung bringen, der damit aber gar nichts zu tun hat und seinen Onkel wahrscheinlich seit 35 Jahren nicht mehr gesehen haben dürfte.

So wird man in Deutschland von „Qualitätsjournalisten“ informiert.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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