Türkei will in Syrien einmarschieren, USA sind einverstanden – Was sind die Hintergründe?

Syrien ist ein wenig aus dem Blickfeld der Medien verschwunden, aber heute liest man viel über eine türkische Offensive, eine Pufferzone, die Kurden und die Rolle der USA dabei. Worum geht es da aktuell?

Da Syrien seit Monaten aus den Schlagzeilen verschwunden ist, möchte ich hier die Hintergründe der aktuellen Meldungen und die Vorgeschichte aufzeigen. Wir werden wohl in der nächsten Zeit wieder einiges aus Syrien hören.

Im Osten Syriens, östlich des Flusses Euphrat, haben die Kurden die Macht. Die Kurden dort gehören zur YPG, einer Tochterorganisation der Terrororganisation PKK. Und schon da wird es kompliziert, denn Medien und Politik benutzen, je nach gewünschtem Narrativ, verschiedene Namen für die kurdischen Organisationen. Sie haben aber alle eines gemeinsam: Sie kämpfen für ein unabhängiges Kurdistan, denn kurdische Gebiete gibt es in der Türkei, Syrien, dem Irak und dem Iran.

Die Kurden, die nun im Osten Syriens de facto herrschen, sind eine Tochterorganisation der PKK und gleichzeitig auch Teil der Peschmerga, denen die Bundesrepublik Waffen geliefert hat. Über diesen Umweg hat Deutschland also Verbündete der PKK unterstützt, obwohl die auch in Deutschland als Terrororganisation eingestuft ist und obwohl sie gegen den Nato-Partner Türkei kämpfen.

Die Kurden konnten sich im Osten Syriens durchsetzen, weil sie von den USA unterstützt werden. Wenn wir davon in den Medien lesen, wird allerdings eher selten von Kurden gesprochen, in diesem Zusammenhang werden diese Gruppen als „Demokratische Kräfte Syriens“ bezeichnet. Man muss also, wenn man die Medienberichte liest, verstehen, dass PKK, YPG, Peschmerga, kurdische Milizen und „Demokratische Kräfte Syriens“ im Grunde eng zusammen hängen und die Übergänge oft fließend sind. Oder vereinfacht gesagt: Es ist alles das gleiche mit dem gleichen Ziel, ein unabhängiges Kurdistan.

Da die Türkei einen blutigen Krieg gegen die PKK führt, den man sehr heftig kritisieren kann und muss, kann man aber verstehen, warum die Türkei von einer YPG-Herrschaft an ihrer Grenze nicht begeistert ist. Sie befürchtet, dass die vom Westen in Syrien und im Irak hochgerüsteten Kurden Waffen an die PKK schmuggeln, die dann in der Türkei zum Einsatz kommen. Daher hat Erdogan seit langem davon gesprochen, dass er an der Grenze eine Pufferzone auf syrischem Gebiet einrichten will, um diese Unterstützung der PKK aus dem Osten Syriens zu verhindern.

Das brachte die Türkei auf Konfrontationskurs mit den USA, die die Kurden im Osten Syriens unterstützen und auch selbst Soldaten dort haben. De facto halten die USA zusammen mit den Kurden diese Gebiete besetzt.

Nebenbei gesagt ist all das ein klarer Bruch des Völkerrechts, denn egal, was man von Assad halten mag, er ist nun einmal der legitime Präsident Syriens und kein Land hat das Recht, einfach so zu entscheiden, dass es mal eben Teile eines anderen Landes besetzt.

Als nun die Türken und die USA über die Pufferzone verhandelt haben, wurde Assad gar nicht gefragt. Erdogan war in der Sache hart und hat eine türkische Invasion angekündigt und dabei auch riskiert, dass seine türkischen Soldaten in Konflikt mit US-Soldaten geraten. Das wäre in der Nato aber der größte anzunehmende Unfall gewesen, wenn Soldaten zweier Nato-Staaten auf einander geschossen hätten.

Die USA haben daher nachgegeben und die Türkei hat de facto grünes Licht für ihre Operation bekommen. Das war schon Anfang August. Anscheinend gab es aber hinter den Kulissen noch einiges an Gerangel, denn es sind zwei Monate vergangen, ohne dass die Türkei eingerückt wäre. Nun soll es aber so weit sein.

Im Spiegel gab es heute gleich zwei Artikel, in denen gemeldet wurde, dass die USA erstens die Kurden in dem Gebiet nicht vor den Türken schützen würden und zweitens die USA anfangen, ihre Truppen aus dem Gebiet abzuziehen. Das deckt sich mit den internationalen Meldungen.

Erdogan hatte in den letzten Tagen den Druck erhöht, indem er gemeldet hatte, dass die Türkei ihre Vorbereitungen für den Einmarsch abgeschlossen habe und in dieser Woche losmarschieren werde. Die USA haben heute daher gemeldet, den Abzug ihrer Truppen aus dem Gebiet zu beginnen. Die Türkei teilte daraufhin mit, mit ihrem Einmarsch noch zu warten, bis die US-Truppen das Gebiet verlassen haben.

Jedoch ist nicht zu erwarten, dass die Türkei kampflos einrücken wird. Die Kurden haben mitgeteilt, die USA nicht um Schutz gegen die Türken gebeten zu haben, aber von einem „bevorstehenden“ Zusammenstoß“ mit den Türken und von einer „türkischen Attacke“ gesprochen, auf die sie sich vorbereiten. Militärisch dürften die Kurden gegen die hochgerüstete türkische Armee auf verlorenem Posten stehen. Sie können, da der türkische Einmarsch lange erwartet wurde, den Türken aber möglicherweise empfindliche Verluste zufügen, denn sie hatten reichlich Zeit, sich einzugraben oder Gebiete zu verminen.

Bislang wird in Deutschland über diese Dinge recht korrekt berichtet, allerdings werden die Leser mit den Begriffen verwirrt. So kann kein deutscher Leser wirklich verstehen, dass nun die Türkei gegen Einheiten kämpft, die unter anderem von Deutschland ausgebildet und bewaffnet wurden. Deutschland beliefert die Peschmerga im Irak mit Waffen und bildet sie aus. Dass die dann aber nicht im Osten Syriens zu Einsatz kommen, kann niemand kontrollieren oder verhindern. Auch werden die wenigsten Deutschen wissen, dass Kurden und „Demokratische Kräfte Syriens“ das gleiche sind. Jetzt wird von „Kurden“ berichtet. Wenn es in den nächsten Tagen um den angeblichen Kampf gegen die IS im Osten Syriens gehen sollte, wird wieder von den „Demokratischen Kräften Syriens“ gesprochen werden, dabei ist das ein und dasselbe. Der deutsche Leser wird von den „Qualitätsmedien“ bewusst in die Irre geführt.

Ebenfalls kein Thema in den deutschen Medien sind die Fragen des Völkerrechts. Hier wird – ohne, dass die Medien auch nur ein kritisches Wort finden – ein souveräner Staat von Nato-Staaten besetzt. Syrien hat aber die Nato nicht angegriffen, wenn man diese Tatsache beim Namen nennen würde, könnte der deutsche Leser sich ja fragen, warum das angebliche „Verteidigungsbündnis“ Nato plötzlich einfach so andere Länder angreift und besetzt.

Dass die deutschen Medien das nicht kritisieren, hat aber noch einen Grund. Es liegt nicht nur daran, dass die USA von den deutschen „Qualitätsmedien“ generell nicht für ihre Völkerrechtsbrüche kritisiert werden, es hat noch folgenden Grund: Die USA machen Druck und wollen ihre europäischen Verbündeten dazu bringen, ebenfalls Truppen nach Ost-Syrien zu schicken, damit die USA ihre Truppen dort reduzieren können.

Deutschland hat das (bisher) abgelehnt. Aber man stelle sich einmal vor, die Medien würden die Vorgänge in Ost-Syrien als „völkerrechtswidrig“ kritisieren und müssten einen Monat später erklären, warum die Bundesregierung selbst Truppen dahin schickt. Das wäre nur schwer zu vermitteln.

Bisher weigert sich Deutschland zwar, Truppen zu entsenden, aber das kann sich ändern. Da würde es nur stören, wenn der deutsche Leser wüsste, dass dort ein absolut illegaler Angriffskrieg des Westens gegen Syrien läuft.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Es ist im Grunde ja noch viel schlimmer! Die deutschen Staatsmedien als auch die privaten, transatlantisch verseuchten „Leitmedien“ lassen Leute zu Wort kommen, bzw. behaupten das selbst, dass der US-Rückzug komplett falsch ist und die Sicherheitslage sich verschlechtere! Dass die USA es seit 2015 nicht geschafft haben bzw. es auch gar nicht wollen, den IS zu zerschlagen, kommt dabei nicht vor! Im Gegensatz haben es die russischen Kräft zusammen mit der syrischen Armee geschafft, weite Teile des Landes zu befrieden! Und auch dort wäre der IS am Ende, wenn die USA nicht dafür sorgen würden, dass das eben nicht passiert!

  2. Was jetzt passiert ist von langer Hand vorbereitet worden. Vor ein paar Monaten haben türkische und US Truppen gemeinsam trainiert.
    Nun ist man bestens vertraut mit dem System hinter SDF. Irgendwann, so sollte man meinen, müssen die Angehörigen der Volksgruppe der Kurden doch mal lernen das sie immer nur benutzt werden. So auch hier. Als Waffenliefergrund kam die kampferprobte Truppe grad recht. So moderat wie sie auftraten. Sie dienten als Kanonenfutter damit die US Verluste gering blieben.

    Und noch etwas verschweigen die Medien. Oder kennt jemand von Euch das „Syrian Interim Government“ ?

    „Die syrische Übergangsregierung kündigt den Zusammenschluss der Nationalen Befreiungsfront und der Nationalen Armee der FSA unter dem Dach einer Armee des Verteidigungsministeriums in der Übergangsregierung an.“

    https://twitter.com/HalabTodayTV/status/1180078553469276160

    Der Zusammenschluss ist dahingehend interessant weil das die Truppen sind die unter Befehlsgewalt der Türkei stehen und deren Einflussgebiet die Region Idlib als auch die türkisch besetzten Gebiete um Afrin ist. Das sind die Einheiten die für die ethnischen Vertreibungen der Minderheiten in den besetzten Gebieten zuständig waren.

    Die SDF musste auf Anordnung der USA Sicherungsanlagen an der türkisch/syrischen Grenze entfernen. Aktuell verlegt die SDF Truppen an die Grenze.

    „Die Türkei setzt Haubitzen und Raketenwerfer an der syrischen Grenze in Şanlıurfa neben Kobane und Tel Abiad ein“ Auch andere Orte sind betroffen.“

    Wo liegt die Legitimation der sogenannten Übergangsregierung? Schaut euch diese Zusammenrottung der Muslimbrüder nur einmal genauer an. Diese Typen sitzen in der sicheren Türkei und maßen sich an eine Regierung zu sein.
    Die Alleinige demokratisch legitimierte hat ihren Sitz in Damaskus.

    „SDF-Sprecher: @mustefabali: Die Entscheidung der USA zu Syrien war „ein Stich in den Rücken“ und eine Überraschung für die syrischen demokratischen Kräfte.“

    https://syria.liveuamap.com/en/2019/7-october-sdf-spox-mustefabali-us-decision-on-syria-was-a

    „Europäische Kommission als Reaktion auf einen möglichen türkischen Angriff: Die Syrienkrise kann nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden.“

    https://syria.liveuamap.com/en/2019/7-october-european-commission-in-response-to-turkish-possible

    Das nenne ich die verlogenste Äußerung der EU. Wer half denn beim Aufbau der militärischen Mittel kräftig mit?

    „Manbij: „Wir versichern allen, dass wir bereit sind, unser Land, unser Volk und uns selbst gegen jegliche türkische Aggression zu verteidigen, und fordern unser Volk, Araber, Kurden, Turkmenen und Zirkassier, auf, sich mit unseren Kräften zusammenzuschließen verteidige unser Zuhause “

    https://syria.liveuamap.com/en/2019/7-october-manbij-civil-council-statement-we-assure-everyone

    Bin gespannt wann uns die Medien die ersten bedauerswerten Menschen präsentieren. Man kann gar nicht so viel essen wie man k*** möchte angesichts dieser Verlogenheit.

  3. @ Thomas

    Das diverse Gruppen von kurdischen Kämpfern von der halben Welt bewaffnet wurden um gegen den IS zu kämpfen sollte man nicht einfach so abtun.
    Rückblickend muss man eher sagen man beschäftigte die Kurden damit sie nicht merken wie sie verarscht werden. Wer ist denn der Ziehvater des IS?
    Denn im Gegensatz zu den „Willigen“ haben die Kurden das nicht nur versprochen sondern haben es auch getan.
    Nicht um sonst hat Assad diese Kämpfer nicht in seinen Kampf gegen IS und sonstige Terrortruppen einbezogen. Assad weis das er mit den Kurden nach dem Ende des bewaffneten Konflikts reden kann.

    Dein Argument, die Türkei hätte ein Problem mit den syrischen Kurden entlang der Grenze kann man so nicht stehen lassen denn dieses würde bedeuten das der syrische Staat in der Vergangenheit sozusagen der Terrorpate der PKK war.
    Wenn man eine Bedrohung darin sieht das die eigene Landesgrenze löchrig ist muss man nicht in fremde Länder einfallen sondern muss seine Grenze sichern. Stell dir mal vor wenn jeder das als Einfallsgrund nimmt.

    Es stimmt das ein kleines Gebiet in Syrien von PKK Truppen gehalten wird welches immerhin dazu führte das Aleppo einigermaßen zur Ruhe gekommen ist. Außerdem mussten die aus der Region Afrin vertriebene Kurden irgendwo hin.
    Und eines gebe ich noch zu bedenken. Nur weil mir ein „lupenreiner Demokrat“ erzählt wer eine Terrororganisation ist muss ich die Einschätzung nicht übernehmen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Sèvres_(Osmanisches_Reich)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Lausanne

    https://www.youtube.com/watch?v=ZWdA4p9sFro

    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15737833.html

    https://www.focus.de/politik/ausland/tuerkei-die-buechse-der-pandora_aid_178129.html

    Jetzt sind sie vielleicht im Schutzbereich von PKK und SDF untergekommen und nun stellen die Vertriebenen wieder eine Gefahr für die Türkei dar?
    Kann schon sein das es das wird wenn türkische Truppen in Syrien so weiter machen wie sie es in der Türkei getan haben. Meldungen zu Zeiten der Operation Olivenzweig deuten darauf hin. Denn es ist nicht nur einfach eine Vertreibung sondern es findet die kulturelle Auslöschung statt. Es handelt sich um eine Annektion.

    Das erkennt man auch an dem überrannten Militärposten der nicht aufgegeben wurde. Diverse Rebellengruppen unterstehen dem Kommando einer fremden Armee das sollte man nicht vergessen.

    Der völkerrechtliche Gesichtspunkt kommt erst zum Tragen wenn es Syrien gelingt bei der UN gehört zu werden. Wie groß die Chance ist wissen wir.

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