Vorwurf aus Ungarn: „EU Kommission tritt wie ein „Politbüro“ auf“ – Die Reaktion der Medien lässt tief blicken

Gestern sorgte ein Interview in der FAZ für Schlagzeilen. Die FAZ hatte den ungarischen Justizminister und Spitzenkandidat zur Europawahl der Regierungspartei Fidesz interviewt.

Die Überschrift lautete „Fidesz-Spitzenkandidat vergleicht EU-Kommission mit „Politbüro““ und wenn man diese Überschrift bei Googel eingibt, sieht man sofort, dass die deutsche Presse oft nur mit copy/paste arbeitet, denn so ziemlich alle Medien in unserer „bunten, vielfältigen und kritischen“ Medienlandschaft haben diese Überschrift wörtlich übernommen, wie dieser Screeshot zeigt. Alle Suchergebnisse, die diese Überschrift zeigen, passen nicht auf eine Seite, dies ist also nur ein Auszug.

Für Aufregung sorgte die letzte Frage im Interview, in der es um den Streit zwischen der Fidesz und EU-Kommissionspräsident Juncker geht. Hier zunächst die vollständige Antwort des ungarischen Justizministers:

„An dieser Stelle haben wir nicht Juncker als Person angegriffen, sondern die schlechten Entscheidungen der Meinungsführer der Kommission. Wir haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass die Kommission wie ein Politbüro aufgetreten ist. Wir glauben, die europäischen Verträge formulieren eindeutig. Die politische Richtung muss der Europäische Rat bestimmen, in dem die Staatsoberhäupter und Regierungschefs der Nationen sitzen. Heute sinkt aber immer mehr der Einfluss des Europäischen Rates. Aufgabe der Kommission ist es, den Geist der Verträge zu wahren und in der Richtung, die der Rat vorgegeben hat, zu verfahren. Stattdessen sehen wir, dass der Einfluss des Rates sich verringert und die Kommission die politische Richtung vorgeben will.“

Wer will dem widerspfrechen? Er hat mit allem Recht. Tatsächlich soll eigentlich der Europäische Rat die politische Richtung bestimmen, denn dort sitzen gewählte Regierungschefs. Die EU-Kommission schwingt sich aber tatsächlich immer mehr zu einer „europäischen Regierung“ auf, obwohl sie von niemandem gewählt wurde. Demokratie?

Man stelle sich einmal vor, in Deutschland gäbe es keine Bundestagswahlen, sondern nur Landtagswahlen. Und dann bestimmen die Ministerpräsidenten der Länder unter sich, wer Mitglied eines „Deutschen Rates“ wird. Dieser „Deutsche Rat“ wiederum würde dann, zusammen mit den Landesregierungen, bestimmen, wer Bundeskanzler und Bundesminister wird. Der Kanzler und seine Minister wären also nicht gewählt, hätten aber die Macht.

Wäre das demokratisch? Eher nicht.

Aber so ist die EU aufgebaut. Und wenn Ungarn dies kritisiert, hat es in meinen Augen absolut Recht!

Unsere Medien stören sich am undemokratischen Aufbau der EU jedoch überhaupt nicht, sondern greifen jemanden an, der diese Zustände kritisiert. In all den Artikeln der deutschen Medien steht nun, dass die merkwürdigen Ungarn Rechtsstaat und Demokratie gefährden und die „gute“ EU-Kommission als „Politbüro“ bezeichnen. Pfui Teufel!

Jedoch werden die Argumente Ungarns nirgendwo zitiert oder erwähnt. Und wer hat schon das ganze Interview in der FAZ gelesen?

Im Spiegel sieht das zum Beispiel so aus:

„In wenigen Tagen will der EVP-Vorstand über den weiteren Umgang mit der ungarischen Regierungspartei Fidesz entscheiden. Spitzenkandidat Laszlo Trocsanyi provoziert derweil in einem Interview.“

Aber haben Sie beim Lesen der kompletten Antwort des ungarischen Justizministers eine Provokation erkennen können? Ich nicht.

Der Spiegel kürzt die Aussage des ungarischen Justizministers dann auch so, dass seine Argumente untergehen:

„Auf die Frage: „War das Anti-Juncker-Plakat der ungarischen Regierung eine bewusste Provokation der EVP-Parteifreunde?“ antwortete Trocsanyi: „An dieser Stelle haben wir nicht Juncker als Person angegriffen, sondern die schlechten Entscheidungen der Meinungsführer der Kommission. Wir haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass die Kommission wie ein Politbüro aufgetreten ist.““

Die wichtigsten Argumente, mit denen er seinen Standpunkt erklärt, werden nicht wörtlich zitiert. Hauptsache, das Pfui-Wort „Politbüro“ wird erwähnt. Ist das vollständige und objektive Berichterstattung?

Stattdessen wird in den Medien immer behauptet, dass in Ungarn Rechtsstaat, Pressefreiheit und Demokratie in Gefahr sind. Dabei ist es Ungarn, dass in Wahrheit für mehr Demokratie in der EU eintritt, während unsere Medien Ungarn dafür kritisieren. So sind die deutschen Qualitätsmedien.

Verkehrte Welt.

Nachtrag: Der Kommentar eines Lesers brachte mich auf etwas, was für mich, der ich Russisch spreche, zu selbstverständlich ist, um es zu bemerken: „Rat“ heißt auf Russisch „Sowjet“.

Und so war die „Sowjetunion“ eben auf Russisch „Sowjetski Sojus“. Aber „Sowjet“ klingt natürlich auf Deutsch böser und einprägsamer, als „Rat“. Man hätte im Westen anstatt von „Obersten Sowjet“ ja auch vom „Obersten Rat“ schreiben können oder anstatt von der „Sowjetunion“ als der „Räte-Union“.

Noch schöner wird es aber, wenn man die heutigen Begriffe auf Deutsch und Russisch vergleicht: „Europäische Union“ heißt auf Russisch „Evropeski Sojus“, erinnert an „Sowjetski Sojus“. Auch nicht schlecht, oder? Und „Rat der Europäischen Union“ heißt auf Russisch „Sowjet Evropeskogo Sojusa“. Da haben wir doch tatsächlich ein paar interessante Parallelen.

Sprache ist schon etwas ganz Tolles!

In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich direkt hier über den Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Werbung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

Schreibe einen Kommentar