Warum die Ukraine unter Selensky keine andere Politik machen wird, als unter Poroschenko

Die Wahl in der Ukraine ist noch nicht lange her, der neue Präsident noch nicht im Amt und die Einschätzungen über die Folgen gehen weit auseinander. Einige Kommentatoren glauben, dass mit Selensky ein Oppositioneller gesiegt hätte und sehen optimistisch in die Zukunft. Das ist jedoch eine Fehleinschätzung, wie einige Hintergrundinformationen belegen. In der Ukraine wird sich unter Selensky nichts wesentliches ändern.

Selensky ist im Grunde ohne Programm angetreten. Er versprach den Menschen das, was sie hören wollten, nämlich ein Ende der korrupten Herrschaft der Oligarchen. Das waren auch schon die Forderungen auf dem Maidan, die jedoch nicht umgesetzt wurden, im Gegenteil: Statt die Oligarchen von der Macht zu entfernen, wurde nach dem Maidan mit Poroschenko ein Oligarch Präsident.

Dass Selensky selbst nur Dank der Unterstützung des Oligarchen Kolomoisky die Wahl gewinnen konnte, wird von vielen ausgeblendet. Selenskys Erfolg wäre ohne die Sendeplätze im TV-Kanal 1+1 des Oligarchen Kolomoisky nicht möglich gewesen. Sowohl die populäre Comedy-Show „Kvartal 95“ läuft dort, als auch die populäre TV-Serie „Sluga Naroda“ („Diener des Volkes“), in der Selensky einen anständigen Präsidenten im Kampf gegen Korruption, Ungerechtigkeit und politische Seilschaften spielt.

Diese Serie, die seit 2015 läuft, hat bei den Ukrainern die Assoziation mit Selensky als ehrlichen Politiker entstehen lassen. Das wurde von langer Hand vorbereitet, fast vier Jahre läuft die Serie. Kolomoisky, der mit Poroschenko verfeindet ist und dessen Bank, die damals größte Bank der Ukraine, von Poroschenko enteignet wurde, hat noch eine Rechnung mit Poroschenko offen. Die Enteignung der Bank wurde gerade von einem Gericht in Kiew als illegal bezeichnet und Kolomoisky hat nun Aussicht auf eine milliardenschwere Entschädigung.

Kolomoisky lebt heute in Israel und hat gute Kontakte zur dortigen Regierung. Und hat er Selensky unter Kontrolle. Ohne die mediale Unterstützung durch Kolomoisky kann dieser nichts tun. Und auch die Rechte an der Serie gehören weder Selensky, noch Kolomoisky. Sie gehören Netflix. Und damit kommen die USA ins Spiel, wo derzeit Ermittlungen gegen Kolomoisky laufen, es geht um Geldwäsche. Das dürfte eine Warnung an Kolomoisky sein, seinem Kandidaten keinen Kurs zu erlauben, der die Vasallentreue der Ukraine gegenüber den USA in Frage stellt. Die US-Ermittlungen gegen Kolomoisky können entweder in Vergessenheit geraten oder zu einem internationalen Haftbefehl und Kontensperrungen führen.

Kolomoisky wird diese Warnung verstanden haben.

Damit dürfte der Kurs der Ukraine unter Selensky von Kolomoisky abhängen, der wiederum weder die USA noch Israel verärgern kann, ohne persönliche Konsequenzen zu riskieren.

Auch wenn Selensky weniger radikale Töne anschlägt, als Poroschenko, dürfte sich am Kurs der Ukraine also nur wenig ändern.

Selensky macht unterdessen mit widersprüchlichen Aussagen Schlagzeilen. So bezeichnete er Putin in einem Interview als „Feind“ und ließ verlauten, das einzige, was Russland und die Ukraine gemeinsam hätten, wäre die Staatsgrenze. Andererseits verspricht er bei jeder Gelegenheit, den Bürgerkrieg beenden und darüber mit Russland reden zu wollen.

Die harte Rhetorik gegenüber Russland mag ein Trick sein, um die Nationalisten in der Ukraine zu beschwichtigen, aber irgendwann muss er seinen Worten Taten folgen lassen. Und dann hat er nur die Wahl, die Nationalisten im eigenen Land zu verärgern, indem er auf die Rebellen im Osten des Landes zu geht, oder den Bürgerkrieg nicht beenden zu können. Beides geht nicht, er wird sich entscheiden müssen.

Auch seine weiteren Aussagen sind widersprüchlich. Im Abkommen von Minsk sind diverse Punkte festgelegt, die die Ukraine erfüllen muss. Zum Beispiel geht es dabei um eine Amnestie und um eine Änderung der Verfassung, um den Gebieten im Osten des Landes einen Sonderstatus zuzubilligen. Beides hat Selensky in diesen Tagen abgelehnt, während er gleichzeitig einen „Neustart“ des Minsker Friedensprozesses gefordert hat. Wie das aber gehen soll, wenn er nicht bereit ist, sich an das Abkommen von Minsk zu halten, bleibt sein Geheimnis. Details zu dem Abkommen von Minsk finden Sie hier.

Das hat auch Putin erst kürzlich wieder auf einer Pressekonferenz erwähnt und festgestellt, dass es bisher keine Anzeichen gibt, dass die Selensky das Abkommen von Minsk, das Poroschenko vor vier Jahren unterschrieben hat, nun umsetzen wird. Bei der Gelegenheit sagte Putin auch, dass er über diese Themen gerne mit Selensky sprechen würde, um eine Lösung zu finden. Aber das könne Russland nicht alleine tun, alles hänge nun von der Politik der neuen Regierung in Kiew ab.

Unterdessen hat Poroschenko seinem Nachfolger eine weitere politische Zeitbombe hinterlassen, indem er vor seinem Amtsverlust noch das neue Sprachgesetz unterschreiben will, das die Benutzung von Russisch im öffentlichen Raum unter Strafe stellt. In einem Land mit mindestens 15% ethnischen Russen, die kaum Ukrainisch sprechen und ca. 30%, die Russisch als Muttersprache haben, sorgt das für Unruhe vor allem bei den Wählern von Selensky.

Dabei wird auch an anderer Stelle an einer Schwächung von Selensky gearbeitet. Bis zur Parlamentswahl im Oktober hat er keine politische Machtbasis und die Wahlkommission hat das offizielle Wahlergebnis noch immer nicht verkündet. Das führt dazu, dass Selensky das Parlament nicht mehr auflösen kann, um vorgezogene Neuwahlen zu ermöglichen, da die Fristen bis zur planmäßigen Wahl zu knapp werden. So wird er nun ein halbes Jahr ohne Macht im Amt sein, während im Parlament eine Verfassungsänderung diskutiert wird, um die Macht des Präsidenten zu beschneiden.

Es ist im Gespräch, ihm die Verantwortung für Geheimdienst und Militär abzuerkennen und dem Premierminister zu übergeben. Auch wichtige Minister soll der Präsident dann nicht mehr vorschlagen dürfen. Der ukrainische Präsident hätte dann etwa so wenig Macht, wie der deutsche Bundespräsident und könnte noch Begnadigungen aussprechen und Gesetze unterschreiben, die andere gemacht haben. Damit wäre Selensky entmachtet, bevor überhaupt in die Nähe der Macht gekommen wäre.

Aber wie gesagt ist es ohnehin unwahrscheinlich, dass er etwas ändern würde, wenn er denn die Macht dazu hätte. Am blinden Gehorsam der Ukraine gegenüber den USA würde sich so oder so nichts ändern, die USA haben sich ihre Macht in der Ukraine zu gut abgesichert, sei es über Strukturen im Land selbst oder auch über den möglichen Druck auf Kolomoisky, ohne dessen Unterstützung Selensky nichts tun kann, da es ihm an finanziellen Mitteln, eigenen Medien und politischer Unterstützung fehlt.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. Zu ergänzen wäre hier noch, dass US-Generalgouverneur Kurt Volker verkündet hat, dass die USA in der Ukraine auch weiter beim Aufbau der Demokratie „helfen“ werden. D.h., Selensky hat ihren aggressiven antirussischen Kurs weiterzuführen, der durch die Stationierung von US-Ausbildern die Umsetzung von Minsk II ausschließt! Über den IWF halten die USA Selensky ebenfalls an der Leine, denn die bankrotte Ukraine ist ja auf den IWF angewiesen! Auch die EU wird Druck auf Selensky machen und ihre paar Brosamen an Bedingungen knüpfen, die den antirussischen Kurs festigen sollen! Von Demokratie und Volkes Willen kann in der Ukraine auch weiterhin keine Rede sein! Aber darum geht es den USA und zum Schluss der EU ja auch nicht! Die Oligarchen werden sich ein wenig bekriegen und vielleicht gibt es etwas Aktionismus, um der Öffentlichkeit in Sachen Korruptionsbekämpfung etwas vorzugaukeln, aber an der überfälligen Korruptionsbekämpfung dürfte auch Kolomoisky nicht gelegen sein!

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