Wie Russland, Japan und Indien über Umwelt und Klima denken

Das letzte Thema bei der Podiumsdiskussion, an der die Präsidenten Russlands und der Mongolei, sowie die Premierminister von Japan, Indien und Malaysia teilgenommen haben, war die Umweltpolitik.

Da das Thema in Deutschland ja die Schlagzeilen beherrscht, habe ich gedacht, dass es interessant sein könnte, wie die Regierungen dieser Länder darüber denken und habe daher auch diesen Teil der dreistündigen Diskussion übersetzt.

Vorher noch zum Verständnis: Während der Diskussion wurde darüber gesprochen, dass Trump Putin vor einiger Zeit angerufen und sein Mitgefühl wegen der Waldbrände in Sibirien ausgesprochen hat. Wie sich herausstellte, kam dieser Anruf zu Stande, nachdem der Präsident der Mongolei bei einem Besuch in Washington es vorgeschlagen hat, weil ein paar nette Worte nichts kosten, aber für die zwischenstaatlichen Beziehungen gut sind. Darauf spielte der Moderator an, als er das Thema Umweltschutz mit seiner Frage an den mongolischen Präsidenten eingeleitet hat.

Beginn der Übersetzung:

Moderator: Unsere Sitzung dauert schon recht lange. Ich schlage vor, bevor wir sie beenden, noch zum letzten großen Thema zu kommen, das uns wirklich alle betrifft. Die Tatsache, dass der Präsident der Mongolei Donald Trump leicht davon überzeugt hat, Sie, Präsident Putin, wegen der Waldbrände in Sibiriern anzurufen, ist ein Beweis dafür.

Wie auch immer jeder von uns zu den Gründen der globalen Erwärmung stehen mag, es gibt da ja verschiedene Versionen, darum soll es jetzt nicht gehen, wir erleben aber gerade beispiellose Veränderungen des Klimas, das ist offensichtlich. Und das liegt nicht an der schnellen Kommunikation heutzutage, Nachrichten verbreiten sich so schnell, wie nie zuvor, wir erfahren alle sofort von Bränden in brasilianischen oder sibirischen Wäldern. Das Problem ist, dass wir nur zuschauen. Entschuldigen Sie das banale Beispiel, aber ich bin ein Pilzsammler und ich konnte in den letzten zwei Jahren bis zum 20. Oktober Pilze sammeln. Das gab es noch nie und das bedeutet offensichtlich nicht Gutes. Auch, wenn ich persönlich mich darüber freue, länger in der Natur Pilze sammeln zu können.

Putin: Aber Sie haben die Waldbrände nicht gelegt?

Moderator: Nein, ich sammle Pilze im Moskauer Umland.

Das Thema ist sehr komplex, aber lassen Sie uns hier trotzdem darauf eingehen. Sagen wir, für Russland ist es von Vorteil, dass der Arktische Ozean nun für Schiffe befahrbar ist und nicht mehr zugefroren ist. Aber gleichzeitig taut an den Küsten des Arktischen Meeres der Permafrostboden und die Fundamente verrutschen. Ich habe es selbst gesehen: Auf der Kola-Halbinsel frieren die Flüsse nicht rechtzeitig zu und Rentierhirten können nicht rechtzeitig zur Brunft die Herden zusammenführen, was zu einem Rückgang der Fleischproduktion führt. Aber es gibt in dem Zusammenhang auch sehr globale Infrastrukturprobleme.

Das Thema betrifft alle, denn schließlich werden russisches Gas und Öl aus der Arktis über die neue Route geliefert, wie die Premierminister Indiens und Japans heute erzählt haben. Und Probleme mit den sibirischen Wäldern betreffen auch die Mongolei. Wir haben das Pariser Abkommen und man könnte sagen: Worauf warten wir, lasst es uns umsetzen. Aber ich habe das Gefühl, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem wir etwas mehr tun müssen.

Beginnen wir mit dem Präsidenten der Mongolei, der dieses Thema heute als erster angesprochen hat. Was könnten wir gemeinsam tun, ernsthaft gemeinsam tun?

Battulga: Wie gesagt, wir leben auf demselben Planeten, das sind unser alle Probleme und unsere gemeinsamen Fehler. Heute ist Müll zu einem sehr großen, globalen Problem geworden, Luftverschmutzung, Umweltverschmutzung. Es gibt Unternehmen, die meiner Meinung nach mindestens 1 Prozent ihres Umsatzes in einen gemeinsamen Fonds für die Umwelt einzahlen sollten. Wir haben diese Erfahrung gemacht: Die meisten Unternehmen in der Mongolei haben 1 Prozent ihres Einkommens in den Kinderschutzfonds eingezahlt. Daher denke ich, dass es möglich ist, einen globalen Fonds für den Umweltschutz zu schaffen und Unternehmen zu ermutigen, einen bestimmten Prozentsatz ihres Einkommens beizusteuern, vielleicht kann man das innerhalb der G20 oder der G7 umsetzen. Wir haben keinen Ersatzplaneten. Wir müssen Verantwortung für unsere gemeinsame Zukunft übernehmen.

Moderator: Herr Ministerpräsident Modi, Sie haben sich die Aufgabe gestellt, wenn ich mich nicht täusche, Indien bis 2030 zum ersten Land zu machen, das vollständig auf Elektroautos umstellen wird, aber der Strom wird immer noch aus Kohle , Öl oder Gas produziert. Welche Ideen haben Sie dazu? Wie verbindet man das eine mit dem anderen?

Modi: Ich verstehe, dass wir über den Klimawandel sprechen. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie ein so wichtiges Thema zur Diskussion stellen. Heute gibt alles, was in der Welt um uns herum geschieht, Anlass zur Sorge. Irgendwann haben unsere Vorfahren Schritte unternommen, um unsere Welt zu retten und alles, was wir heute haben, ist das Vermächtnis unserer Vorfahren. Deshalb müssen wir auch über künftige Generationen nachdenken und unsere Welt bewahren, damit auch sie sie erben und an andere Generationen weitergeben und glücklich leben können. Mahatma Gandhi sprach vom Prinzip des Vertrauens. In diesem Geist, in diesem Vertrauen, müssen wir bedenken, dass uns dieser Planeten anvertraut wurde. Wir sollten nicht darüber nachdenken, was wir haben wollen, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Wir können dieses Prinzip nicht in unseren sozialen Strukturen anwenden. Wenn wir dieses Prinzip, nur an uns zu denken, aufgeben, können wir unsere Probleme lösen.

Wir können denken, dass Technologie unsere Probleme lösen kann, wenn wir zusammenarbeiten. Aber worüber wir wirklich sprechen, ist eine Änderung des Verhaltens jedes Einzelnen. Die Menschen müssen wissen, welchen Weg sie in Zukunft gehen sollen.

Natürlich müssen wir neue Technologien entwickeln. So haben wir beispielsweise auf der 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen darüber gesprochen, in Indien 175 Gigawatt erneuerbarer Energie zu erschaffen, damit wir einen positiven Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten können. Ich kann sagen, dass wir dieses Ziel – 175 Gigawatt aus erneuerbare Energie – zum größten Teil bereits auf Solarenergie umgestellt haben und damit einen wesentlichen Beitrag zu diesem Ziel geleistet haben. Das Ziel, das wir uns gesetzt haben, sind 175 Gigawatt bis 2022 und wir werden es erreichen.

Was die Mobilität betrifft, so sollte die Welt darüber nachdenken, beispielsweise auf Elektroautos zu setzen. Wir sprechen auch über Märkte, über unsere Wirtschaft, wie sie diese Technologien nutzen können. Aber die Frage ist nun: Kann Indien in Zukunft Sonnenkollektoren verwenden? Indien kann ein Hersteller von Solarmodulen werden. Und trotz der Kernkraftwerke, die wir jetzt bauen, und anderer Energieanlagen, konzentrieren wir uns jetzt auf die Produktion von Sonnenkollektoren, weil solche Batterien beliebt sind.

Zum Beispiel ist der Akku in Mobiltelefonen bereits sehr klein, er kann für eine lange Zeit funktionieren, 24 Stunden, 26 Stunden. Mobiltelefone sind heute für jeden verfügbar geworden. Die Solarzellentechnologien sind ebenfalls bezahlbar geworden. Jetzt wollen wir zum Beispiel auf umweltfreundliche Lebensmittel umstellen. 250 Millionen Haushalte sollten bereits auf umweltfreundliche Lebensmittel umstellen. Wir wollen diese Haushalte mit Energie versorgen und wir wollen, dass Solarstrom zum Einsatz kommt. Wir wollen Batteriesysteme entwickeln und Möglichkeiten zur Speicherung von Solarenergie nutzen. Deshalb wollen wir viel in diese Richtung tun. Wir haben Unternehmen eingeladen, nach Indien zu kommen und zu überlegen, was sie tun könnten. Denken Sie, dass wir 250 Millionen Familien haben, die diese Batterien, diese Energie brauchen. Wenn wir berücksichtigen, was für ein riesiger Markt das ist, dann können wir das subventionieren und mit dem Elektroautomarkt zusammenarbeiten. Ich denke, das sind gewaltige Veränderungen, aber wir brauchen sie.

Moderator: Ministerpräsident Abe, mein Kompliment an Japan, das immer noch Kohle verbrennt, aber dabei entsteht überhaupt kein Rauch. Jeder sollte die japanischen Kohlekraftwerke gesehen haben. Das ist es, was auf der ganzen Welt zu verbreitet werden sollte. Das Frage geht auch an Sie.

Abe: Die japanische Kohletechnologie ist auf höchstem Niveau, d.h. die Effizienz der japanischen Kohlekraftwerke ist 20 Prozent höher, als der weltweite Standard. Wenn wir unsere Kohlekraftwerke auf schnell wachsende Volkswirtschaften ausdehnen, können wir die weltweiten CO2-Emissionen um so viel reduzieren, wie Japan selbst freisetzt. In Zukunft wollen wir auf Erdgas und Brennstoffzellen setzen und damit die Effizienz um weitere 40 Prozent steigern.

Unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung einer kohlenstofffreien Gesellschaft sind bahnbrechende Innovationen erforderlich. Und in dieser Hinsicht wird Wasserstoff, der kein CO2 freisetzt, eine Schlüsselrolle spielen. Und in dieser Hinsicht hat Japan als erstes Land in der Welt Autos mit Brennstoffzelle verkauft und jetzt bauen wir in der Präfektur Fukushima eine Wasserstoffanlage. Es wird die größte derartige Anlage. Und nächstes Jahr während der Olympischen Spiele und der Paralympics planen wir, diesen Wasserstoff für die Autos zu verwenden.

Das größte Problem beim Wasserstoff sind die hohen Kosten. Aber wir haben eine langfristige Strategie, die darauf abzielt, die Kosten der Wasserstoffproduktion auf das Niveau von Erdgas zu senken, das heißt, um das Zehnfache. Wir haben auch Pläne zur Einführung von CO2-Recycling-Technologien, einschließlich des Einsatzes künstlicher Photosynthesetechnologien. Das heißt, Japan wird durch Innovation bei den neuesten Technologien führend sein.

Moderator: Präsident Putin, schauen Sie sich die Einigkeit aller bei diesem Thema an. Tatsächlich gibt es bei dem Thema sehr oft Ausreden, die nicht unbedingt laut ausgesprochen werden, aber hier auf der Bühne sind sich alle einig. Das ist vielleicht das vielversprechendste Thema im Fernen Osten und in Asien, worüber man reden sollte: Die Umwelt.

Putin: Umweltschutz ist sehr eng mit der Frage der Energie verbunden. Das ist es, worüber wir alle sprechen. Und die Erderwärmung ist nicht keine kleine Sorge für Russland. Ich habe das bereits auf dem G20-Gipfel erwähnt, in Russland verläuft die Erwärmung nach Angaben von internationalen Experten 2,5-mal schneller als auf dem gesamten Planeten. Dies bringt für uns gewisse Bedrohungen mit sich, vor allem im Norden, wo, wie Sie richtig bemerkt haben, die Siedlungen auf Permafrostboden gebaut sind. Und die Frage ist, was man wie in dieser Hinsicht tun kann.

Wir unterstützen alle internationalen Bemühungen in diesem Bereich. Wie Sie wissen, haben wir das Pariser Abkommen unterstützt und haben sehr ambitionierte Verpflichtungen übernommen. Wir wollen die Emissionen gegenüber dem Ausgangswert von 1990 um etwa 70 bis 75 Prozent zu senken. Übrigens haben die EU-Länder in dem Abkommen sehr viel bescheidenere Verpflichtungen übernommen. Sie wollen ihre Emissionen nur um 60 Prozent reduzieren.

Jetzt wurde über Elektroautos gesprochen. Gerade wurde zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte ein starker Rückgang der Verkäufe von Elektrofahrzeugen verzeichnet. Dafür gibt es einige Gründe. Aber wir haben Umweltprobleme, die nicht nur mit der Erwärmung zusammenhängen, sondern auch mit den Folgen der Verwendung von Verbrennungsmotoren, von denen die meisten in Großstädten verwendet werden, die Folge ist Smog. Außerdem werden noch andere Arten von Brennstoffen, einschließlich Kohle, benutzt, um Strom zu produzieren oder zu heizen. Um all das geht es in dem Programm, das wir erarbeitet haben, um die Umweltsituation im Land zu verbessern. Das ist eines der Probleme.

Gleichzeitig möchte ich feststellen, dass die Struktur der russischen Energieproduktion weltweit eine der grünsten ist. Mehr als ein Drittel unserer Energie stammt aus Wasserkraft und Kernenergie und mehr als 50 Prozent kommen vom Gas, das bekanntermaßen der umweltfreundlichste Brennstoff unter den fossilen Energieträgern ist. Und wir sind immer noch ein Land, das reich an Rohstoffen und Energieträgern ist, das ist unser Wettbewerbsvorteil und wir dürfen nie vergessen, dass wir diesen Wettbewerbsvorteil effektiv nutzen müssen.

Aber natürlich dürfen wir bei dem weltweiten Trend nicht abseits stehen und nicht darüber nachdenken, was morgen geschehen wird, sondern im Gegenteil, wir sind verpflichtet, uns mit modernen, alternativen Energiearten, einschließlich Wasserstoffenergie, zu befassen. Das tun wir auch.

Wir haben in den letzten Jahren 800 Megawatt Strom aus erneuerbaren Energien eingeführt und arbeiten weiter daran. Bis 2024 wollen wir mehr als 4, ich glaube 4,2 bis 4,7 Gigawatt Strom aus alternativen Energiequellen produzieren. Gerade erst haben wir mit unseren finnischen Partnern, mit der Firma Fortum, einen sehr guter Windpark eingeweiht und wir sind auch in der Solarenergie tätig. Im Großen und Ganzen glauben wir, dass dieser Trend absolut richtig ist und natürlich werden wir alles tun, um unsere Pläne in Umweltfragen umzusetzen.

Moderator: Vielen Dank.

Lassen Sie mich den Menschen in Wladiwostokn danken, bevor ich den Teilnehmern der Diskussion danke. Erstens hat arbeiten viele Freiwillige hier auf dem Forum, dafür einen besonderen Dank. Zweitens ist Wladiwostok nicht nur eine Plattform für das Forum geworden, sondern auch ein Ort, wo Sie, liebe Delegierte, bitte viel von Ihrem Geld ausgeben, um der Stadt zusätzliche Einnahmen zu geben. Und vor allem wird Wladiwostok vor unseren Augen für Asien wirklich zu einem neuen Tor zum Fernen Osten Russlands und zu Russland insgesamt. Deshalb ein besonderes Dankeschön an Wladiwostok und seine Bewohner. (Beifall)

Und ein besonderer Dank geht an Premierminister Abe, Premierminister Modi, Präsident Battulga und Präsident Putin für die Teilnahme an dieser Plenarsitzung des Ostwirtschaftsforums. Auf wiedersehen.

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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