12. Juni 1999: Wie knapp die Welt an dem Tag am 3. Weltkrieg vorbeigeschrammt ist

Vor zwanzig Jahren hat ein Ereignis Geschichte geschrieben, dessen Wichtigkeit und Dramatik kaum bekannt, obwohl es damals fast zu einem Zusammenstoß russischer und amerikanischer Soldaten mit sehr bösen Folgen gekommen wäre. Die Rede ist vom „Vorstoß auf Pristina“. Über diese russische Militäroperation sind nun geheime Dokumente veröffentlicht worden und die Beteiligten haben Interviews gegeben. Was damals geschah und warum das Thema bis heute wichtig ist, lesen Sie hier.

Das russische Fernsehen hat schon vor einer Woche das erste Mal über die freigegeben Informationen berichtet und auch an diesem Sonntag gab es in der Sendung „Nachrichten der Woche“ darüber einen langen Beitrag. Ich habe ihn jedoch dieses Mal nicht übersetzt, denn er ist als Text – also ohne die Bilder – kaum zu verstehen. Dennoch will ich darüber berichten und schreibe deshalb ausnahmsweise eine eigene Zusammenfassung, anstatt den russischen Bericht eins zu eins zu übersetzen.

Hinter Jelzins Rücken

Um zu verstehen, warum diese Operation damals, im Jahre 1999, so wichtig war und warum sie bis heute nachwirkt, müssen wir uns zurückversetzen in die 1990er Jahre.

Damals lag Russland am Boden, die Oligarchen beherrschten das Land, der selten nüchterne Präsident Jelzin wurde von niemandem wirklich ernst genommen und die USA hatten ihre Vertreter in jedem russischen Ministerium und sie schrieben für den Kreml gleich ganze Gesetze. Russland war damals ein bankrottes Land, das im Grunde aus Washington regiert wurde, in etwa so, wie die Ukraine heute.

Die Nato hat 1999 Jugoslawien bombardiert. Der Krieg war illegal, es gab kein Mandat des UNO-Sicherheitsrates, und er war auf Lügen aufgebaut, wie man schon 2001 in einem sehr sehenswerten Dokumentarfilm der ARD sehen konnte. Aber das wurde von der Presse nicht aufgegriffen und der Film wurde nicht oft gezeigt. Und obwohl der damalige Kanzler Schröder längst offen zugegeben hat, dass der Krieg ein Verstoß gegen das Völkerrecht war, haben Medien und Politik diesen ersten Krieg, an dem Deutschland nach 1945 teilgenommen hat, nie kritisch aufgearbeitet und die Grünen, die den Krieg mit verantwortet haben, sind immer noch stolz darauf.

Jugoslawien hat am 10 Juni 1999 kapituliert und der Kosovo wurde von Serbien abgetrennt. Am 12. Juni sollten Nato-Truppen den Kosovo besetzen, aber das klappte nicht wie geplant, weil nur Stunden vorher wie aus dem Nichts russische Truppen den Flughafen in Pristina besetzt hatten, sodass die Nato-Truppen keine Landeplatz mehr hatten.

1999 war das Jahr, als Russland sich auf der Weltbühne zurückmeldete, nachdem es in den 1990er Jahren schon abgeschrieben war. Die Medien im Westen haben damals die Aktion der Russen als eine Art Trotzreaktion des betrunkenen Jelzin belächelt und sich – trotz der Blamage für die Nato – noch darüber lustig gemacht. Was niemand im Westen wusste: Jelzin hatte damit gar nichts zu tun. Er hatte nur grobe Informationen und wurde davon genauso überrascht, wie die Nato. Allerdings fand er – im Gegensatz zur Nato – die Sache gut.

Wie kam es dazu?

Die Vorgeschichte

Russland und Serbien sind traditionell sehr enge Freunde. Schon der Erste Weltkrieg begann, weil die Russen Serbien gegen eine Strafaktion Österreichs nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers zur Hilfe kamen.

Als die Nato Serbien 1999 bombardiert hat, war die Empörung in Russland groß, aber man hatte Russland in der Nato damals schon abgeschrieben und meinte, auf Russland keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen.

Wie erbost die Russen waren, wurde jedoch sofort klar. Als die Nato begann, Serbien zu bombardieren, war der damalige russische Premierminister Primakow gerade auf dem Weg nach Washington. Als er vom Beginn der Bombenangriffe auf Belgrad erfuhr, ließ er sein Flugzeug über dem Atlantik umdrehen und flog zurück nach Hause. Mit den Amerikanern gab es zu diesem Zeitpunkt für ihn nichts mehr zu besprechen.

Als es dann, nach über 70 Tagen Dauerbombardements, um die Besetzung des Kosovo ging, das in Zonen (eine deutsche, eine französische und eine amerikanische) aufgeteilt werden sollte, wollte Russland – zum Schutz der serbischen Bevölkerung dort – auch eine Zone haben, was die USA aber ablehnten. Über das Gespräch berichtete der damalige Chef des russischem Generalstabes dem russischen Fernsehen. In dem Bericht heißt es:

„General Kvaschnin kontaktierte sofort den NATO-Generalstabschef Wesley Clark: „Nach meinem Gespräch mit ihm wurde der gesamte Luftraum des Baltikums, Polens und Ungarns geschlossen. Und sogar über dem Schwarzen Meer wurde er geschlossen“, erinnert sich Kvaschnin.
„Sie haben ihm gesagt: „Wenn Ihr uns nicht hereinlasst, kommen wir eben selbst?““
„Ja, absolut richtig. Ich habe gesagt, dass gleichzeitig mit ihren Kräften auch unsere kommen werden.“

Es waren nur zwei Tage Zeit zwischen dem Ende der Angriffe auf Jugoslawien und der geplanten Besetzung des Kosovo und es bestand das Risiko, dass amerikanische und russische Soldaten dabei gegeneinander kämpfen würden. Das ist lange nicht bekannt gewesen. Die USA hatten die osteuropäischen Länder angewiesen, ihre Lufträume für russische Maschinen zu sperren, so wollten die USA die Russen aus dem Kosovo heraushalten.

Über die nun folgenden Vorgänge in Moskau berichtete das russische Fernsehen:

„General Kvaschnin hat nicht riskiert, mit irgendjemandem aus der obersten Führung des Landes über die Details der Operation zu sprechen, außer mit dem Vorsitzenden des Sicherheitsrates. Diesen Posten hat zu dem Zeitpunkt Wladimir Putin innegehabt.
„General Kvaschnin kam zu mir und sagte, dass es die Idee gäbe, diesen Flughafen zu übernehmen. Auf die Frage, warum, sagte er, dass wir ihn wieder räumen müssen, aber so hätten wir etwas bei den Verhandlungen in der Hand. Ich weiß, dass er mit niemandem darüber gesprochen hat. Es wurde dann getan“, erinnert sich Wladimir Putin.
„Warum der Verteidigungsminister und der Außenminister nichts davon wussten? Ich hatte Angst vor undichten Stellen. Es gab da zu viele Leute um sie herum, die ich Einflussagenten nannte.“, erklärte Kvaschin.

Wie die USA die Operation verhindern wollten

Natürlich wussten die USA nach dem Gespräch zwischen den Generälen Kvaschnin und Clark, dass die Russen etwas im Schilde führten. Den Luftraum zwischen Russland und dem Kosovo hatten sie zwar gesperrt, aber zu dem Zeitpunkt gab es auch russische Friedenstruppen in Bosnien. Also haben die USA sich etwas ausgedacht, um die russische Führung zu lähmen, damit diese in der entscheidenden Nacht ihre Truppen nicht kommandieren konnte.

Was die USA zu dem Zeitpunkt nicht wussten: Russische Fallschirmjäger von den Friedenstruppen in Bosnien hatten sich auf den Weg nach Pristina gemacht. Das wussten sie vielleicht, aber sie ahnten nicht, wie schnell die Russen waren. Dank serbischer Unterstützung hatten sie völlig freie Fahrt und bewegten sich mit ihren schweren gepanzerten Fahrzeugen mit einer – für solche Kolonnen – unglaublichen Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 km/h durch das zerbombte Jugoslawien.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1999, Stunden vor der geplanten Besetzung des Kosovo durch Nato-Truppen, besuchte der stellvertretende US-Außenminister Moskau. Das russische Fernsehen berichtet nun über diesen Besuch:

„Der stellvertretende US-Außenminister Strobe Talbott flog in die Hauptstadt. Er bat um ein Treffen mit dem Außenminister, dem Vorsitzenden des Sicherheitsrates, dem Verteidigungsminister und dem Chef des Generalstabs. Während der ermüdenden Verhandlungen erhielt Armeegeneral Kvaschnin operative Informationen von General Korabelnikov über den Vormarsch der russischen Fallschirmjäger. Der schrieb Kvaschnin Notizen, dass alles nach Plan lief. Auf den Straßen Serbiens wurde die ungehinderte Durchfahrt des Konvois vom Militärattaché, General Jewgeni Barmyantsev, sicher gestellt. Gleichzeitig tauchen Informationen über Nato-Aktivitäten in der Nähe der Grenzen des Kosovo auf.
„Es war 0:20 Uhr, das weiß ich noch ganz genau. Ich bekomme eine Notiz: „Pionieraufklärer sind angekommen.“ An der Grenze. Die NATO. Aus Mazedonien und Albanien. Nun konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich sagte zu Talbott: „Was quatschen Sie uns die Ohren voll ? Sie haben die Grenze bereits überschritten.“ Er sagte: „Das kann nicht sein, das ist eine Provokation““, erzählt Kvaschin.
Die russischen Fallschirmjäger im Kosovo wurden bereits von den weltweiten Medien gezeigt, aber die amerikanische Delegation im russischen Generalstab wusste das nicht und setzte das Spiel fort, das, wie sie meinten, die militärische Führung Russlands blockierte. Eine halbe Stunde vor dem Einrücken der NATO-Truppen meinte Strobe Talbott, er hätte seine Aufgabe erfolgreich abgeschlossen.
„Sie sind gerade aus den Türen des Generalstabs gegangen, da liefen Mitarbeiter der Botschaft zu Talbott: „Was sitzen Sie hier rum, die Russen sind schon in Pristina!“ Unser Verteidigungsminister wusste nichts davon, er stand ziemlich unter Schock“, lacht Anatoly Kvaschnin.“

Die Folgen der Operation

Die Nato war ziemlich blamiert, denn ihre Pläne, Soldaten einzufliegen, waren gescheitert, nachdem die Russen den einzig dafür geeigneten Flughafen besetzt hatten.

General Clark schäumte vor Wut und gab den Befehl, die Russen anzugreifen. Die Welt stand am Rande des 3. Weltkrieges, aber die Öffentlichkeit hat damals nichts davon mitbekommen. Eine interessante Episode am Rande ist, dass der Sänger James Blunt einen wichtigen Anteil daran hatte, dass es nicht zu Kämpfen zwischen der Nato und Russland gekommen ist. 2010 konnte man darüber im Spiegel lesen:

„Blunt hat vor seiner Gesangskarriere bei der britischen Armee gedient und gehörte zu den 30.000 Nato-Soldaten, die im Kosovo-Konflikt eingesetzt waren.
Als führender Offizier habe er damals den Befehl erhalten, den Flughafen in der Nähe der Stadt Pristina zu erobern. Der sei jedoch bereits von etwa 200 russischen Soldaten besetzt gewesen. Nato-Oberbefehlshaber US-General Wesley Clark habe über Funk das Kommando ausgegeben, „das Flugfeld zu erreichen und zu halten“, sagte Blunt in dem Radio-Interview.
Er habe Clark darauf hingewiesen, „dass uns bereits 200 schwerbewaffnete russische Soldaten gegenüberstehen“. Nichtsdestotrotz habe Clark darauf beharrt, die Russen anzugreifen. Dabei seien Worte gefallen wie „zerstören“ und „überwältigen“.
„Es war eine verrückte Situation“, sagte Blunt der BBC. Er habe sich jedoch geweigert, dem Befehl nachzukommen und sei sich bewusst gewesen, dass er dafür womöglich vor ein Kriegsgericht gestellt werden könne, hob der Sänger in der BBC hervor.
Doch so weit kam es nicht. Blunt erhielt Rückendeckung vom britischen General Mike Jackson. Der habe Clark schließlich mit den Worten zur Vernunft gebracht: „Ich will nicht, dass meine Soldaten für den Ausbruch des Dritten Weltkriegs verantwortlich sind.“
Der Vorfall beim Flughafen von Pristina ist historisch dokumentiert. Lediglich Blunts-Rolle dabei wurde erst jetzt von ihm selbst öffentlich gemacht.“

Danach gab es zähe Verhandlungen zwischen den USA und den Russen. Am Ende bekamen die Russen einen Sektor im Kosovo zugeteilt, für den sie bis 2003 zuständig waren. Zu Pogromen gegen die serbische Bevölkerung im Kosovo kam es erst ab 2004, nachdem die Russen abgezogen waren.

Über das Verhältnis zur Nato vor und nach der Operation sagte General Kvaschin im Interview:

„Es hat sich nicht nur einfach geändert. Wissen Sie, das ist wie mit Knetgummi, kennen Sie das noch aus Ihrer Kindheit? Wenn man es aus der Verpackung nimmt, ist es hart, aber wenn Du es knetest, wird es weich. Sie wurden uns gegenüber sofort weicher, gingen sofort zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe über. Sie wollten uns aus der Weltpolitik verdrängen, aber das hat nicht geklappt“

Im russischen Fernsehen wurde schon in der Einleitung zu dem Beitrag zusammenfassend gesagt:

„Tatsächlich haben Russland und Serbien viel gemeinsam. Kürzlich haben wir in dieser Sendung an den berühmten Vorstoß russischer Fallschirmjäger auf Pristina und die Eroberung des Flugplatzes Slatin im Jahr 1999 erinnert. Damit machte Russland den NATO-Ländern klar, dass sie auf dem Kontinent nicht mehr tun können, was sie wollen. Seitdem wurde kein anderes Land in Europa mehr bombardiert.“

Ist das Selbstüberschätzung der Russen? Fakt ist, es wurde tatsächlich danach kein Land in Europa mehr bombardiert und Fakt ist auch, dass die Russen den USA mit der Operation deutlich gezeigt haben, dass man mit ihnen noch rechnen muss. Das hatte man im Westen in den fast zehn Jahren seit dem Ende der Sowjetunion schon praktisch vergessen.

Putin und die USA

Die Rolle von Putin bei der Operation war der Öffentlichkeit bisher unbekannt. Aber den USA sicher nicht, denn Putin saß ja mit am Tisch, als Talbott in Moskau mit sinnlosen Verhandlungen bis tief in die Nacht versucht hat, die russische Militärführung zu blockieren. Und als Talbott an der Tür des russischen Generalstabes erfahren hat, dass die Russen schon in Pristina waren, wird er gesehen haben, dass der russische Verteidigungsminister unter einem leichten Schock stand, während andere – Kavschin, Putin und der Chef des russischen Militärgeheimdienstes, General Korabelnikov – sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen konnten. Davon gibt es keine Bilder, aber ich vermute mal, dass es so war.

Talbott wird in dem Augenblick erkannt haben, dass nicht er die Russen veräppelt hat, sondern umgekehrt. Und spätestens in dem Moment wird man in Washington gewusst haben, dass sie mit Putin kein leichtes Spiel haben würden.

Putin selbst hat immer wieder in Interviews erzählt, dass er lange geglaubt hat, dass mit dem Ende der Sowjetunion die Gegensätze verschwunden wären und dass man mit den USA partnerschaftlich arbeiten könne. Das werden die USA gewusst haben, sie werden Putin zunächst für „ungefährlich“ gehalten haben.

Putin selbst erzählt in Interviews immer wieder, dass er erst, als er Chef des Geheimdienstes und Chef des Sicherheitsrates war, aus den ihm da zugänglichen geheimen Informationen erkannt hat, dass die USA nicht an Partnerschaft interessiert waren, sondern an Dominanz. Sie wollten Russland klein halten, seine Schwäche ausnutzen.

Diese Veränderung von Putins Verständnis für das russisch-amerikanische Verhältnis entwickelte er also genau in jener Zeit, in die der Vorstoß auf Pristina fiel. Und es ist gut möglich, dass die USA diese Veränderung in Putin in jener Nacht registriert haben.

Jedenfalls erklärt das, warum Putin vom ersten Tag als Präsident keine gute Presse im Westen hatte. Die USA wussten, dass es mit Putin anstelle von Jelzin schwerer wird, Russland zu kontrollieren. Dazu habe ich auch Aussagen von Putin in meinem Buch über Putin übersetzt, in denen er von dem Prozess erzählt, als er begann zu verstehen, wie wichtig geopolitische Interessen sind und dass die USA nicht in Freundschaft, sondern zur Durchsetzung ihrer Interessen handelten.


Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Dort gibt es auch ein Kapitel über die Migrationskrise in Europa, wo sie erfahren können, was Putin dazu sagt. Das Thema Terrorismus zieht sich natürlichm wie ein roter Faden durch das Buch und Putins Lösungsvorschläge unterscheiden sich in überraschender Weise von denen der westlichen Politiker.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

13 Antworten

  1. Wenn ich daran denke, daß ich von dem ganzen Theater damals kaum etwas mitbekommen habe, geschweige denn, daß es mich sonderlich berührt hätte, wird mir heute noch ganz seltsam.
    Wir waren in den 90igern wohl dermaßen mit uns selbst beschäftigt, daß wir überhaupt keine Rille frei hatten für die Schweinereien, die da so nebenbei angezettelt wurden.
    Hinzu kam noch diese „Deutschtümmelei“, die mir mächtig auf die Nerven ging, weshalb ich wohl damals diese „Europäische Idee“ als, sagen wir einmal, „identitätsstiftende Alternative“ hinreichend akzeptabel fand.
    Damit ist es nun auch längst vorbei.
    Eine Deutsche an der Spitze der Europäisch Kommission faselt da etwas von der „Sprache der Macht“, die man wieder lernen müsse – das nennt man wohl freiheitlich-demokratische Vergangenheitsbewältigung in den Farben Schwarz-Rot-Gold mit Pleitegeier.

  2. Man muss die Musik von James Blunt nicht mögen, mir persönlich geht es so, ich komme eher aus der Blues-Ecke, aber dafür gebührt ihm Respekt.
    Es war bekannt, dass er einer der am hochdekoriertesten Soldaten Englands ist, ebenso bekannt, dass er im Kosovo im Einsatz war, einer Eliteeinheit angehörte und auch Sargträger von Queen Mum war, eine Ehre die sicherlich nur auserlesenen Soldaten zu Teil wurde (davon kann man halten was man will). Nach seiner Militärischen „Karriere“ zog er damals die Musikalische vor, was vielleicht auch an den Verdienstmöglichkeiten lag. So stand es damals in einem Interview des Rolling Stone zu lesen…
    Möglicherweise gab es ja auch andere Gründe für eine Um/Neuorientierung?

  3. Ich erinnere mich ziemlich genau daran. Und auch an das Versagen von NATO und Bundeswehr bei der Entwaffnung der UCK-Terroristen, die pro forma ein paar alte Flinten abgaben, die übrigen Waffen aber behielten. Ebenso an das Versagen von NATO und Bundeswehr, als es um den Schutz der Serben ging! Die waren zu feige, sich mit den UCK-Terroristen anzulegen oder es wurde gleich die Parole ausgegeben, nichts gegen die UCK zu unternehmen, weil das Kosovo ja als künftiger NATO-Stützpunkt vorgesehen war! Ca. 270.000 flohen oder wurden von den Albanern vertrieben! Ein „multiethnisches Kosovo“ sollte es unter dem Schutz der NATO werden! Wurde es aber nicht! Auch hier bewahrheitete sich, dass man den USA und damit der NATO kein Wort glauben darf!

  4. Der Kosovo-Krieg war der Offenbarungseid der NATO. Spätestens seitdem muß jeder aufgeklärte Mensch wissen, was es mit diesem „Verteidigungsbündnis“ auf sich hat. Auch deshalb ist es so wichtig, sich die Rolle Deutschlands in diesem Krieg bewußt zu machen. Sie wird auch in der verlinkten ARD-Doku „Es begann mit einer Lüge“ offen angesprochen: Die deutsche Regierung hat damals entscheidend die öffentliche Meinung in Deutschland und der EU im Sinne dieses völkerrechtswidrigen Krieges geformt.

    Ich erinnere mich auch noch gut an ein damals merkwürdig anmutendes Ereignis. Unmittelbar nach der Bundestagswahl 1998 flogen der noch nicht als Kanzler gewählte und vereidigte Gerhard Schröder und sein designierter Außenminister Josef Fischer in die USA. Ein „Antrittsbesuch“ einer noch gar nicht bestehenden Regierung völlig gegen die üblichen Traditionen, wonach ein frisch gewählter Bundeskanzler normalerweise seinen ersten Staatsbesuch in Frankreich absolviert.

    Was wurde damals in Washington besprochen? Wurden Schröder und Fischer für den unmittelbar bevorstehenden Krieg gebrieft? Sie spielten ja dann eine wichtige Rolle! Und was wäre gewesen, wenn sie sich diesem Krieg verweigert hätten? Hätten sie dann überhaupt regieren dürfen? Oder hätte man Mittel und Wege gefunden, die abgewählte Regierung Kohl in eine Ehrenrunde zu schicken?
    Die spätere Weigerung Schröders und Fischers, auch den Irakkrieg 2003 zu unterstützen hat vermutlich auch hier eine ihrer Ursachen.

    Und nochwas Interessantes: Diese Doku „Es begann mit einer Lüge“ wurde später nicht nur von der ARD auffällig kleingehalten. Nein, das ZDF brachte sicher nicht zufällig Jahre später eine eigene „Doku“ mit exakt demselben Titel heraus, die sich mit der „Curveball“-Nummer und der Massenvernichtungswaffenlüge im Irakkrieg beschäftigte.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Rafid_Ahmed_Alwan

    In dieser konnte sich das ehemalige Regierungsduo Schröder/Fischer, das so wesentlich zum Kosovokrieg beigetragen hatte, nicht nur selbstbeweihräuchern, der identische Titel verdrängte auch für längere Zeit die ARD-Doku über diesen Krieg aus den Ergebnislisten von Google & Co. Sicher kein Zufall.

    1. Natürlich wurden Schröder und Fischer darüber instruiert, dass die USA dort einen Krieg planen, wenn Jugoslawien nicht kapituliert und die US/NATO-ins Land lässt. Irgendwo habe ich so etwas mal gelesen, dass denen klargemacht wurde, was die USA dort vorhaben und dass sie dort mitzumachen haben. Das dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb Oskar Lafontaine in einer Nacht und Nebelaktion zurückgetreten ist, weil der das nicht mitmachen wollte. Die USA hätten sicherlich Mittel und Wege gefunden, Schröder und Fischer abzuservieren. Schröder und Fischer haben sich zwar offiziell geweigert, den Irak-Krieg zu unterstützen, die Bundeswehr hat aber dennoch an AWACS-Aufklärungsflügen mitmachen sollen, es wurde in Kuweit ein Zug chemische Abwehreinheiten z.b.V. stationiert, es wurden Wachmannschaften für US-Stützpunkte gestellt und zwei Offiziere, die in Bagdad tätig waren, erhielten von den USA anschließend Auszeichnungen. Was deren Aufgabe war, wurde verschwiegen, weshalb angenommen wird, dass sie Ziele markiert haben. Das waren jetzt die offiziell bekannten Dinge. Was im Hintergrund noch ablief, kann man nur ahnen.

    2. Ole_Bienkopp: „Ich erinnere mich auch noch gut an ein damals merkwürdig anmutendes Ereignis. Unmittelbar nach der Bundestagswahl 1998 flogen der noch nicht als Kanzler gewählte und vereidigte Gerhard Schröder und sein designierter Außenminister Josef Fischer in die USA. … Was wurde damals in Washington besprochen?“

      Daran erinnere ich mich auch noch sehr gut, weil es damals in irgendeiner Zeitung vorher/nachher Fotos von Fischer gab, der nach dem Besuch offensichtlich um 10 Jahre gealtert war. Hab versucht, die Fotos zu finden, leider ohne Erfolg. Jedenfalls habe ich damals gedacht, dass ihm nun endgültig klar ist, wie der Hase läuft und ganz artig hat er ja dann auch seine berühmte Auschwitz-Rede gehalten. Erschreckend.

  5. ?Top Info….
    Ich wusste zwar das der Jugoslawienkrieg so ein Startpunkt für Putins Präsidentschaft war aber mehr auch nicht …hilft auf jedenfall dem allgemeinen Verständniss !

    Eventuell war es auch so, das Putin genau da, in dieser Situation ,sich nicht mit irgendetwas hat kaufen lassen, also das dort bei dieser Zusammenkunft keine Übereinkunft erziehlt wurde und Putin durch seine vorherige Position als Geheimdienstchef (also oberster Gatekeeper der Informationen)schlecht angreifbar war und er diese Operation einfach als richtiges handeln (im sinne Russlands) ansah die wie im Artikel geschrieben ,mit den anderen Mitgliedern der Regierung nicht durchführbar gewesen wäre (weil schon gekauft oder angreifbar)..!

  6. Liebe Brüder und Schwestern, ich möchte Euch einmal auf ein, hier nur im mittelbaren Zusammenhang stehendens, Filmchen aufmerksam machen:
    Killing Gaddafi – Jagd auf den Diktator ZDF 2017
    https://www.youtube.com/watch?v=mgVv685XmNE

    Das gute Stück ist im Grunde genauso gestrickt, wie „Es begann mit einer Lüge“ aus dem Jahre 2001 – das einzig erstaunliche ist, daß so etwas im Jahre 2017 durch die inzwischen auf „Rußlandfeldzug“ und „Opiumkrieg“ gebürsteten „Medien“ noch veröffentlicht wird.

    Man muß sich dieses Werk einmal sehr „analytisch“ zu Gemüte führen:
    Wer wußte da wann was?
    Auf welcher Grundlage wurden Entscheidung gefällt?
    Wer hatte da welche Motive?
    Worauf beruhte der Einfluß auf die Entscheidungen?
    etc.etc.

    Zunächst einmal scheint das immer wieder das gleiche Spiel zu sein, und solche Dokumentationen dienen deshalb auch immer wieder der „Entschuldigung“.

    Aber die zentrale Frage, die sich mit zunehmender Vehemenz stellt – und deshalb habe ich auch so ein gestörtes Verhältnis zu dem Begriff „Tiefer Staat“ und in diesem Zusammenhang z.B. auch erhebliche Probleme mit dem, was sich da derzeitig zu „Corona“ in ALLEN Medien so abspielt – denn die wirklich entscheidende Frage in dieser sog. WWG ist doch:

    Wer REGIERT hier überhaupt noch? Ist da überhaupt noch jemand verantwortlich?

    1. Wer hier regiert? Na jedenfalls nicht die, dafür zuständig sind, also Regierung und Bundestag. Die sind doch nur Erfüllungsgehilfen. Denen wird von z.B. von den Organisatoren der Bilderberger, von Konzernen wie Allianz oder BlackRock erklärt, was sie zu beachten haben, dann kommen diverse Dienste, die die Regierung „aufklären“ über die Interessenlagen und so geht das weiter. Da ist der Entscheidungsspielraum dann äußerst überschaubar. Wir haben da ja auch noch die EU und die NATO, deren Statuten und Vertreter auch ein Wörtchen mitzureden haben. Da wird die Regierung eben zum Verwalter!

      1. Ich hätte die Frage besser formuliere müssen:
        REGIERT hier überhaupt jemand?
        Denn das, was Sie beschreiben, hat mit „Regieren“ im eigentlichen Sinne des Wortes doch recht wenig zu tun.

  7. Ein seltsamer Zufall, oder auch nicht, dass es jetzt eine sehr ähnliche Situation gibt, wie vor dem II Weltkrieg. Damals sah sich Russland gegenüber faschistischen Staaten mit Deutschaland an der Spitze entgegen. Heute steht Russland gegenüber faschistischen Staaten mit USA an der Spitze entgegen. Wie damals repräsentieren die faschistischen Staaten den tiefsten Fall der Menschheit, mit ihren unzähligen Verbrechen mit ihrer imperialistischen Politik und auch im Innern mörderisch. Die Gemengelage führt zwangläufig in den Krieg seitens der faschistischen Staaten, in denen die Bevölkerung keine Kraft hat zu widerstehen, weil sie ständig belogen kein Überblick hat, dass von ihren Herrschern bestimmt wurde, sie wird in dem Krieg geopfert. Und wieder die Befreiung von dem Faschismus kann nur aus Russland kommen.

  8. Rein zufällig habe ich mich heute kurz and diese Begebenheit in Pristina erinnert und mich gewundert wie und warum das damals so ausgegangen war.

    Auch ich war damals von den Medien ziemlich gegen die Serben aufgepeitscht (wofür ich mich heute noch etwas innerlich Schäme). Schon damals ist mir allerdings bei der Berichterstattung aufgefallen, dass trotz der angeblich hunderttausenden fliehenden immer nur so einzelne versprengte Wandersleute auf der Mattscheibe zu sehen waren und auch keine Auffanglager oder so etwas für die armen Massen gezeigt wurden. Auch habe ich mich gefragt, warum die veröffentlichte Meinung so furchtbar einseitig gegen einen gemeinsamen albanischen Staat war.

    Wie dem auch sei, ich bedanke mich bei Gastgeber und Autor Thomas Röper sehr herzlich für diesen aufklärenden Bericht.

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