Das russische Fernsehen über die Verhaftung von Maxwell: „Der Fall Epstein riecht nach Politik“

Der Fall Epstein und die Verhaftung von dessen Assistentin Ghislaine Maxwell macht in Russland Schlagzeilen und war am Sonntag Thema im Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens.

Die westlichen Medien machen einen großen Bogen um den Fall Epstein. Wenn sie gezwungen sind, über Entwicklungen in dem Fall zu berichten, sind sie sehr zurückhaltend und sparen sorgsam alle offenen Fragen und brisanten Themen aus.

Der angebliche Selbstmord von Epstein im Hochsicherheitsgefängnis wird als Tatsache hingestellt, die Ungereimtheiten werden verschwiegen oder bestenfalls pauschal als Verschwörungstheorien bezeichnet. Über Epsteins Verbrechen wird nur berichtet, er habe Minderjährige missbraucht. Dass es um Zuhälterei mit Minderjährigen geht, die Epstein offenbar sehr prominenten und mächtigen Männern zugeführt haben soll, wird verschwiegen. Der Spiegel stellte sogar mal die Frage, wie es sein könne, dass all diese prominenten und mächtigen Freunde Epsteins von seinen Vorlieben nichts mitbekommen haben. Dass sie Mittäter sein sollen, wird sorgsam verschwiegen. Auch finden sich in den „Qualitätsmedien“ keinerlei Berichte darüber, dass Epstein die Orgien gefilmt haben soll, um die Mächtigen der Welt erpressbar zu machen.

In Russland sind die Berichte über den Fall direkter. Zwar ist das russische Fernsehen auch sehr vorsichtig in seiner Berichterstattung über den Fall Epstein, aber es ist doch wesentlich offener, als die ach so kritischen deutschen Medien. Daher habe ich zum Vergleich zur deutschen Berichterstattung den Beitrag, den das russische Fernsehen am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ über die neuesten Entwicklungen im Fall Epstein gebracht hat, übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Der Fall Epstein riecht nach Politik

Am 14. Juli beginnt in den USA der Prozess gegen Ghislaine Maxwell, die Lieblingstochter des verstorbenen britischen Medienmoguls und einstigen Freundes der UdSSR, Robert Maxwell. Der 58-jährigen wurden sechs Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter „Verschwörung, Minderjährige für illegalen Sex auf illegale Reisen mitzunehmen“ und „der Transport von Minderjährigen zu illegalen Sex“.

Der Fall selbst hätte in der Welt nicht so viel Aufsehen erregt, wenn Ghislaine Maxwell nicht die Geliebte des pädophilen Millionärs Jeffrey Epstein gewesen wäre. Übrigens hat ihr Vater seine berühmte Yacht nach ihr „Lady Ghislane“ genannt.

Es war Ghislaine, die Jeffrey Epstein und seine Freunde mit jungen Mädchen für sexuelle Freuden versorgt hat. Und die Freunde von Epstein waren die Eliten der Welt, darunter der Lieblingssohn der englischen Königin, Prinz Andrew. Übrigens war es Ghislaine Maxwell, die sie einander vorgestellt hat.

US-Staatsanwälte haben auch viele Fragen an Prinz Andrew. Aber der Prinz hat es nicht eilig, ihnen von seinen Orgien mit Epstein und den Minderjährigen zu erzählen. Aber Ghislane Maxwell, der lebenslange Haft droht, könnte vor Gericht wie eine Nachtigall singen, nur um die Haftstrafe zu reduzieren. Der High-Society-Zuhälterin der britischen Königsfamilie droht nämlich eine solche Strafe.

Aus London berichtet unser Korrespondent.

Das Haus Nummer 44 in der Kinnerton Street ist vermutlich genau der Ort, an dem Prinz Andrew 2001 Arm in Arm mit der minderjährigen Virginia Roberts fotografiert wurde.

Zum Zeitpunkt des Fotos ist das Mädchen 17 Jahre alt. Im Hintergrund des Fotos ist die Besitzerin dieses Hauses, Ghislane Maxwell, zu sehen, die enge Freundin und Assistentin des amerikanischen Multimillionärs Jeffrey Epstein.

Epstein wurde wegen Pädophilie verurteilt. Vor einem Jahr beging er nach offiziellen Angaben Selbstmord in einem amerikanischen Gefängnis. Virginia Roberts versuchte mehrere Jahre lang zu beweisen, dass Maxwell und Epstein sie als Sexsklavin benutzt und dreimal gezwungen haben, mit dem Prinzen intim zu werden.

„Es dauerte nicht lange. Ich meine den Prozess selbst. Aber es war widerlich. Er war nicht unhöflich. Als er ging, sagte er: „Danke.“ Ich saß auf dem Bett und fühlte mich gedemütigt und schmutzig, wollte duschen gehen und alles abwaschen. Am nächsten Tag sagte Ghislaine mir, dass ich alles perfekt gemacht habe, dass er glücklich war“, erinnert sich Virginia.

Prinz Andrew bestreitet alles. Er behauptet, er erinnere sich überhaupt nicht an das Mädchen. Doch die Dinge änderten sich dramatisch, nachdem Frau Maxwell in den USA verhaftet und wegen Zuhälterei und sexueller Ausbeutung Minderjähriger Angeklagter angeklagt wurde. Ihr drohen bis zu 35 Jahre Haft.

Die Opfer von Gewalt durch Epstein behaupten, Ghislaine Maxwell sei für sie die Puffmutter gewesen und zwang sie, alle Wünsche des Millionärs und seiner Freunde zu erfüllen.

„Sie vergewaltigte mich mehr als zwanzig oder dreißig Mal. Sie ist genauso ein Teufel wie Epstein“, sagte eines der Opfer.

Zur gleichen Zeit galt Ghislaine Maxwell in der High-Society auf beiden Seiten des Atlantiks als Star. Sie war die geliebte Tochter des verstorbenen Robert Maxwell, eines der Asse der britischen Medienindustrie des 20. Jahrhunderts und Besitzer der Zeitung Daily Mirror.

Maxwells Biographie ist außergewöhnlich. Sein richtige Name ist Chaim Hoch. Er ist ein Junge aus einer orthodoxen jüdischen Familie, während des Zweiten Weltkriegs in einem Dorf in den Karpaten geboren, er entkam er auf wundersame Weise dem Holocaust, kämpfte für Frankreich, meldete sich freiwillig für die britische Armee, stieg in den Rang eines Captain auf und erhielt eine Tapferkeitsmedaille.

In Großbritannien eingebürgert, änderte er seinen Namen, gründete einen Verlag, machte ein Millionenvermögen und gelangte ins britische Establishment. Eine Zeit lang war er sogar Abgeordneter für die Labour-Partei. In London wurde er als Agent des israelischen Mossad und des sowjetischen KGB bezeichnet – er unterhielt enge Kontakte zu beiden Ländern.

Außerhalb Großbritanniens glaubte man hingegen, dass Maxwell aktiv für den MI6, den Geheimdienst Großbritanniens, arbeitete. Wie es wirklich war, bleibt im Dunkeln, aber Maxwells Ende war so geheimnisvoll, wie sein Leben. Er ertrank unter ungeklärten Umständen im Atlantik.

Im November 1991 fiel Maxwell vor den Kanarischen Inseln von seiner Yacht. Es war Nacht. Es gab Versionen über einen Selbstmord und sogar über Mord. Schließlich kam man zu dem Schluss, dass er einen Herzinfarkt hatte. Die Yacht hieß übrigens zu Ehren seiner geliebten Tochter „Lady Ghislaine“.

Maxwell wurde, wie als Bestätigung der Version seiner Zusammenarbeit mit dem Mossad, mit großen Ehren in Israel begraben. In England dagegen wurde sein Name sofort mit Füßen getreten. Es stellte sich heraus, dass der Medienmogul vor seinem Tod kurz vor dem Bankrott stand und in die Pensionskassen seiner Unternehmen gegriffen hatte. Ghislaine blieb in New York, wohin er sie geschickte hatte, um Verbindungen zu knüpfen. Dort lernte sie den erfolgreichen Finanzier Jeffrey Epstein kennen.

„Ghislaine Maxwell versuchte, Menschen zu benutzen. Sie schnüffelte diejenigen aus, die Geld hatten und suchte bei ihnen ihren eigenen Vorteil“, sagte der ehemalige Pressesprecher von Königin Elizabeth II, Dickie Arbiter.

Es wird angenommen, dass es Maxwell war, die Epstein durch ihre umfangreichen Kontakte in höchste Kreise brachte. Unter anderem kannte er Bill Clinton und Donald Trump.

Der Freundeskreis des pädophilen Epstein war umfangreich. Die Mächtigen dieser Welt konnten natürlich nichts von seinen Vorlieben wissen. (Anm. d. Übers.: Bei diesem Satz hat die Stimme des Korrespondenten einen sehr ironischen Unterton) Aber als er in einer Untersuchungshaftzelle Selbstmord beging, fragten sich viele Menschen, ob es tatsächlich Selbstmord war. Wusste Epstein etwas über einige seiner Bekannten, was niemand wissen sollte?

Die Londoner Boulevardzeitung Sun veröffentlichte ein Interview mit einem Mann, der behauptet, Epstein und seine Freundin Maxwell gut gekannt zu haben. Er behauptet, dass das Paar seinen Freunden die Minderjährigen nicht nur zugeführt, sondern sie auch heimlich gefilmt hat.

Nach Epsteins mysteriösem Tod tauchte Ghislaine Maxwell unter. Sie wurde auf einem abgelegenen Anwesen in New Hampshire verhaftet und nach New York gebracht. Sie befindet sich jetzt in einem Gefängnis in Brooklyn. Ghislaine Maxwell heuerte mächtige Anwälte an. Sie wird durch den prominenten Anwalt Chris Everdell vertreten. Früher war er Staatsanwalt und wurde berühmt für seine Verurteilung des Chefs des mexikanischen Drogenkartells, Sinaloa Joaquin Guzman, Spitzname El Chapo.

Maxwell soll bald vor Gericht stehen. Per Videoverbindung. Ihre Anwälte fordern ihre Freilassung gegen eine Kaution von 5 Millionen Dollar und erklären, dass sie wegen der Coronavirus-Epidemie im Gefängnis in Gefahr wäre.

Das weitere Schicksal dieser Frau wäre der königlichen Familie in England gleichgültig, wenn da nicht eine Kleinigkeit wäre. US-Staatsanwälte wollen Prinz Andrew befragen. Bisher als Zeuge. Aber es gibt keine Gewissheit, dass sich sein Status in diesem Fall nicht noch ändern wird.

„Ich werde den Status von niemandem im Rahmen dieser Untersuchung kommentieren, aber ich kann sagen, dass wir uns freuen würden, Prinz Andrew anzuhören. Seine Erklärungen wären für uns wichtig“, sagte Audrey Strauss, amtierende US-Staatsanwältin für den südlichen Bezirk von New York.

In London erschauderte man bei diesen Worten. Stellen Sie sich vor, dass einer der Thronfolger – Andrew ist die Nummer acht auf der Liste – vor FBI-Agenten aussagen wird! Die königliche Familie hat viele Skandale durchgemacht, aber die Geschichte über Pädophilie geht über die Grenzen des Erträglichen hinaus.

Es ist nicht bekannt, was Ghislaine Maxwell den amerikanischen Ermittlern sagen wird. Aber heute zweifeln nur wenige daran, dass sie mit den Ermittlern zusammenarbeiten wird.

„Ich glaube, dass sie höchstwahrscheinlich einen Deal mit dem Justizministerium schließen wird, um ihren Hals zu retten. Denn wenn sie es nicht tut, wird sie für mehr als dreißig Jahre ins Gefängnis müssen, und dort wird sie sterben, ohne das Sonnenlicht wiederzusehen. Die Amerikaner nutzen solche Deals gerne. Jeffrey Epstein hat seinerzeit einen solchen Deal gemacht, um seine Strafe zu reduzieren. Ghislaine Maxwell hat allen Grund, dasselbe zu tun“, sagte Dickie Arbiter.

Mit dem Fall vertraute Anwälte erklären, dass die Anwälte des Prinzen im Gegenzug für Zeugenaussagen Garantien dessen persönliche Immunität erreichen wollten. Aber das wurde ihnen angeblich verwehrt. Sollte er verhört werden, wird es in jedem Fall im Vereinigten Königreich geschehen. Bisher waren alle Erklärungen des Prinzen, gelinde gesagt, unhaltbar. Im vergangenen Herbst hat er sich für ein großes BBC-Interview entschieden.

Während dieses Interviews konnte Andrew nicht wirklich erklären, warum er es 2010 eilig hatte, Epstein in New York zu treffen, als der zum ersten Mal aus dem Gefängnis kam, und was er getan hat, als er bei der Gelegenheit in der New Yorker Villa von Epstein übernachtet hat, die mit versteckten Videokameras vollgestopft sein soll. Und völlig unbeholfen versuchte Prinz Andrew, die Frau zu widerlegen, die sagte, dass er beim Sex mit ihr stark geschwitzt habe.

„Es war, als würde es auf mich regnen. Es war sehr unangenehm. Aber ich wusste, dass ich ihm Freude bereiten musste, weil Jeffrey und Ghislaine es wollten“, sagte Virginia Roberts.

Nach dem misslungene Interview wurde Prinz Andrew dann von seinen königlichen Aufgaben suspendiert. Er gibt er keine Kommentare mehr ab. Er versteckt sich in einem Cottage, das ihm von seiner Mutter auf dem Gelände von Windsor Castle zur Verfügung gestellt wurde. Kürzlich wurde er dort von Paparazzi erwischt.

„Es gab noch nie ein Mitglied der königlichen Familie, das vom FBI oder anderen ausländischen Ermittlern verhört wurde. Vor allem Prinz Andrew ist in einer unangenehmen Position, denn solange er nicht mit den Ermittlern zusammenarbeitet, wird er nicht in der Lage sein, seinen Namen rein zu waschen. Im Vereinigten Königreich beträgt das Zustimmungsalter für Sex 16 Jahre, in Amerika sind es 21 Jahre. Wenn er also in England sexuellen Kontakt mit ihr hatte, galt sie bereits als Erwachsene. Aber auf jeden Fall hätte sie gut und gerne seine Tochter sein können. Es ist eine sehr unschöne Situation“, sagte Dickie Arbiter.

Bedeutet das, dass der Sohn der Königin selbst im schlimmsten Fall vor Strafe geschützt ist? Wie werden sich die New Yorker Staatsanwälte verhalten, wenn Ghislaine Maxwell ihnen Fakten liefert, die andere mächtige und wohlhabende Menschen gefährden?

Epsteins Fall läuft seit fünfzehn Jahren. Und jetzt riecht er ernsthaft nach Politik, weil in ihm schon der Namen von Präsident Trump aufblitzte. Interessanterweise erfuhr Epstein 2008 Nachsicht und schloss eine Vereinbarung mit dem Bundesanwalt von Miami, Alexander Acosta, ab, der später als Arbeitsminister in der Trump-Administration arbeitete. Acosta sicherte Epstein gegen eine weitere Strafverfolgung ab. Das schloss auch seine Assistenten ein, darunter die inzwischen verhaftete Ghislaine Maxwell. Auf diese Verpflichtung der Behörden verweisen nun die Anwälte, die sie verteidigen. Doch vor einem Jahr beschloss das US-Justizministerium, Epsteins Deal mit den Ermittlern zu überprüfen. Der Hauptskandal ist also immer noch da. Und der britische Prinz ist darin so etwas wie die besondere Würze.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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