Das russsiche Fernsehen über den Krieg um Bergkarabach

Der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien um die abtrünnige Provinz Bergkarabach findet in den westlichen Medien kaum statt, obwohl es tausende Tote gibt und eine Eskalation immer wahrscheinlicher wird. Daher habe ich Berichte des russischen Fernsehens über den Krieg übersetzt

In Russland ist der Krieg ein wichtiges Thema, schließlich kämpfen hier zwei ehemalige Sowjetrepubliken gegeneinander, mit denen Russland gute Beziehungen hat. Außerdem leben Millionen von Aserbaidschanern und Armeniern in Russland. Der Krieg betrifft Russland also direkt.

Ich habe schon berichtet, dass der Krieg in einem Pulverfass stattfindet und jederzeit massiv eskalieren kann. Die Türkei spielt ziemlich offen eine Rolle in dem Krieg, indem sie Aserbaidschan bei dem Versuch der Rückeroberung von Bergkarabach unterstützt. Der Iran hat Truppen an seine Nordgrenze verlegt, nachdem Raketen auf iranischem Gebiet eingeschlagen sind. Und Russland ist mit Armenien in einem Verteidigungsbündnis und müsste Armenien zur Hilfe kommen, wenn der Krieg sich zu einem offenen Krieg zwischen beiden Ländern entwickelt. Derzeit ist es formell „nur“ ein Krieg um Bergkarabach, noch gibt es keine Kampfhandlungen an der Grenzen der beiden Länder.

Aserbaidschan führt aktuell eine Offensive durch und behauptet, die strategisch wichtige Stadt Shusha eingenommen zu haben, die nicht nur auf einer strategisch wichtigen Anhöhe liegt, sondern auch ein Verkehrsknotenpunkt in Bergkarabach ist.

Das russische Fernsehen hat den Konflikt am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ thematisiert und Korrespondenten haben aus beiden Ländern über die jeweilige Sicht der Dinge berichtet. Ich habe die Einleitung des Moderators und beide Korrespondentenberichte übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Einleitung des Moderators und Bericht aus Aserbeidschan

In Bergkarabach ist ein Ende des Krieges nicht in Sicht. Die ganze Welt ist der Meinung, man müsse den bewaffneten Konflikt auf die diplomatische Ebene zurückzuführen. Daran wird hart gearbeitet. Aber alle Bemühungen werden umsonst sein, wenn sich dritte Kräfte in den Konflikt einmischen, für die Krieg der Sinn ihres Lebens ist. Und das ist unvermeidlich. Je länger der bewaffnete Konflikt andauert, desto mehr zieht er auf beiden Seiten Leute an, die daran teilnehmen wollen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bewertete das Problem in einem Interview mit der Zeitung „Kommersant“ am 3. November so: „Wir sind natürlich besorgt über die Internationalisierung des Bergkarabach-Konflikts und die Beteiligung von Militanten aus dem Nahen Osten. Wir haben die externen Akteure wiederholt aufgefordert, ihre Möglichkeiten zu nutzen, um die Verlegung von Söldnern zu stoppen, deren Zahl sich im Konfliktgebiet angeblich der Zahl Zweitausend nähert. Putin hat insbesondere dieses Thema in einem Telefonat mit Erdogan am 27. Oktober und in regelmäßigen Kontakten mit den Führern Aserbaidschans und Armeniens angesprochen.“

Währenddessen wollen auch Ehefrauen der Führer Aserbaidschans und Armeniens bei dem Krieg nicht außen vor bleiben. So hat Mehriban Alijeva – sie ist auch erste Vizepräsidentin der Republik – auf ihrem Instagram, wo sie mehr als eine halbe Million Follower hat, den Bericht des Oberbefehlshabers Ilham Alijew über eingenommene Siedlungen in Bergkarabach veröffentlicht. Gleichzeitig hat die Frau des armenischen Ministerpräsidenten, Anna Hakobyan, ein Foto aus einem militärischen Ausbildungslager veröffentlicht, in dem hundert Frauen, darunter sie selbst, eine Kampfausbildung erhalten: „Unser Trupp ist nach zehn Tagen Übungen bereit, eine Kampfmission durchzuführen. Der Trupp wurde nach der armenischen Königin Erato benannt“, schreibt Anna.

Zunächst berichtet unser Korrespondent aus Aserbeidschan, danach folgt der Bericht unseres Korrespondenten aus Armenien.

Die Nachricht über die Einnahme der Stadt Shusha durch das aserbaidschanische Militär wurde in Baku mit nationalem Jubel aufgenommen. Die Bakuer sind mit Nationalflaggen in der Hand auf die Straßen der Hauptstadt gegangen, denn – wie sie hier sagen – heute ist ohne Übertreibung ein historischer Tag für ganz Aserbaidschan.

Präsident Ilham Alijew gab persönlich bekannt, dass die Schlüsselstadt eingenommen wurde. Seine Rede an die Menschen hielt er an einem für jeden Aserbaidschaner besonderen Ort, der Gasse der Shahiden in Baku.

„Ich erkläre mit grenzenlosem Stolz, dass die Stadt Shusha von der Besatzung befreit ist! Dem aserbaidschanischen Volk das an einem so historischen Tag zu melden, ist wahrscheinlich einer der glücklichsten Tage meines Lebens“, sagte Alijew.

Während der ganzen Woche blieb die Situation entlang der Kontaktlinie in Karabach angespannt. Nach Angaben des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums schießt der Feind auf Siedlungen in den Bezirken Terter, Agjebedinsky und Agdam. Auf aktuellen Aufnahmen sieht man einen zerstörten Kindergarten, von dem nur die bunten Wände geblieben sind. Spuren von Schrapnells sind an den nahe stehenden Häusern zu sehen. Die Infrastruktur wurde beschädigt, Stromleitungen sind kaputt. Aserbaidschan reagiert mit gezielten Angriffen auf Positionen des armenischen Militärs.

Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium meldet, die feindlichen Truppen in Bergkarabach zurückzudrängen und veröffentlicht Aufnahmen von zurückgelassener armenischer Ausrüstung: D-30 Haubitzen, selbstfahrende Artillerie, Flugabwehrsysteme und Lastwagen. Unterdessen hat die Generalstaatsanwaltschaft Aserbaidschans Strafverfahren gegen ausländische Söldner eingeleitet, die auf Seiten der armenischen Streitkräfte kämpfen.

„Fünf Strafverfahren wurden wegen der Beteiligung von Söldnern, Bürgern aus acht Ländern, eröffnet, die das Ziel haben, terroristische Handlungen und andere Verbrechen gegen Zivilisten zu begehen“, sagte Gunay Salimzadeh, Leiter des Pressedienstes der Generalstaatsanwaltschaft Aserbaidschans.

In dieser Woche forderte das russische Außenministerium Aserbaidschan und Armenien erneut auf, das Feuer einzustellen und sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Der letzte Versuch, den Krieg in Bergkarabach zu beenden, haben die Konfliktparteien vor zwei Wochen unternommen. Doch damals hielt der dritte humanitäre Waffenstillstand nicht einmal fünf Minuten. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium warf dem armenischen Militär vor, mit neuem Beschuss gegen den Waffenstillstand zu verstoßen. Baku wird nicht müde zu wiederholen: Sie sind bereit, die Kämpfe zu einzustellen, aber erst, nachdem Armenien seine Truppen aus Bergkarabach abgezogen hat.

Nun folgt der Bericht des Korrespondenten aus Armenien.

Aserbaidschans Meldung, die Stadt Shusha sei eingenommen worden, wird in Eriwan nicht bestätigt. Nach Angaben des armenischen Verteidigungsministeriums gehen die Kämpfe um eine der wichtigsten Städte von Bergkarabach weiter.

Ein Video der Kämpfe am Stadtrand von Shusha. Die armenische Spezialgruppe schießt auf die vorrückende aserbaidschanische Armee. Eine Lenkrakete trifft einen T-72-Panzer.

Am Stadtrand von Shusha gibt es hartnäckige und heftige Kämpfe. Nach Angaben der Führung der nicht anerkannten Republik durchkämmen die Streitkräfte Teile der Autobahn Shusha-Berdzor auf der Suche nach feindlichen subversiven Gruppen. Die Straße ist vorübergehend für die Zivilbevölkerung gesperrt. Ziel ist es, diese strategischen Höhen zu halten. Es wurde auch die Zerstörung mehrerer feindlicher Panzer gemeldet.

Die Bilder der angeblichen Massenevakuierung von Shusha werden von der Regierung der Republik als Fälschung bezeichnet und sie fügt hinzu, dass Dutzende feindlicher Soldaten getötet wurden und es keine aserbaidschanischen Soldaten in der Stadt gibt.

„Wenn der 8. Mai 1992 als Tag der Befreiung von Schusha in die Geschichte eingegangen ist, wird diese Woche als die Tage von Schushas Verteidigung in die Geschichte Armeniens eingehen“, sagte Arzrun Hovannisian, ein Sprecher des armenischen Verteidigungsministeriums.

Nach Angaben des offiziellen Eriwan gab es seit Ende September mehr als 1.200 Tote. Ministerpräsident Paschinjan warf der Türkei erneut eine Eskalation vor: „Aserbaidschan hat erkannt, dass es die Bergkarabach-Frage nicht militärisch lösen kann. Daher wandte es sich an die Türkei, um Hilfe zu erhalten. Die Türkei wiederum rekrutierte Söldner und brachte sie nach Aserbaidschan, da sie ihre eigenen politischen Interessen und Ziele verfolgt.“

Als Bestätigung zeigt Eriwan Aufnahmen eines gefangenen Söldners und Bilder von Drohnen, die am Himmel über Bergkarabach abgeschossen wurden.

Das sind Teile des Rumpfes einer türkischen Drohne: Der Flügel, das Heck und die Elektronik. Sie verfügt über vier Aufhängepunkte für Laser gelenkte Bomben.

Türkische Kampfdrohnen, so das armenische Verteidigungsministerium, werden massenhaft abgeschossen. Möglich wurde dies durch die Einführung neuer Systeme im Land. Welche genau das sind, verschweigt Eriwan.

Zu Kämpfen an den Landesgrenzen der Staaten ist es nur noch kleiner ein Schritt, wenn es keinen dauerhaften Waffenstillstand gibt. Experten schließen nicht aus, dass Baku und Eriwan direkte militärische Aktionen gegeneinander beginnen könnten. Die Lage ist nach wie vor prekär. Ein Schritt in Richtung Frieden könnte ein Treffen zwischen Paschinjan und Alijew sein. Aber in Eriwan, wie auch in Baku, sagen sie, dass es bisher nichts gibt, worüber man sprechen könnte.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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