Durchsuchung von Navalnys Hotelzimmer: Video der „Spurensicherung“ zeigt unterschiedliche Uhrzeiten

Auf dem Video von der Durchsuchung von Navalnys Hotelzimmer, das sein Team veröffentlicht hat, sind auf den Uhren der Männer und auf dem Wecker im Hotelzimmer unterschiedliche Uhrzeiten zu sehen, was für einige Spekulationen sorgt. Was ist der Hintergrund?

Im Netz kursieren Fotos, die aus dem Video des Navalny-Teams stammen, auf denen man sehen kann, dass die Armbanduhren der Navalny-Leute 9.45 anzeigen, während der Wecker in Navalnys Zimmer 11.45 Uhr anzeigt. Das wird als Hinweis darauf gewertet, dass die Navalny-Leute das Zimmer schon durchsucht haben, bevor sie wissen konnten, dass Navalny im Flugzeug zusammengebrochen ist. Schon als mich vor einigen Tagen ein Leser darauf aufmerksam gemacht hat, habe ich ihm geantwortet, dass ich darin keinen Beleg sehe, denn wenn man die Uhrzeit auf dem Wecker vorgestellt hätte, um eine spätere Uhrzeit vorzugaukeln, hätte man sie kaum exakt um zwei Stunden vorgestellt, sondern einfach nur um ca. eine oder zwei Stunden verändert. Daher hatte ich die Vermutung, dass es sich um Mitarbeiter von Navalny gehandelt hat, die aus einer anderen Zeitzone, also wohl aus dem Ural (zum Beispiel Ekaterinburg oder Perm) kommen.

Da nun sogar schon bei Telepolis über die unterschiedlichen Uhrzeiten in dem Video berichtet wurde, will ich aufzeigen, was in der Sache bekannt ist.

Manipulierte Uhrzeiten?

Zur Erinnerung noch einmal die Chronologie des Morgens: Um 7.17 Uhr Tomsker Zeit hat Navalny am Flughafen den berühmten Tee getrunken. Um 8.06 ist das Flugzeug gestartet und erst danach wurde ihm schlecht. Um 8.30 versuchte man, die Tür zur Toilette zu öffnen, auf die er gegangen war. Um 9.01 Uhr Omsker Zeit (das ist wegen der Zeitverschiebung 10.01 Tomsker Zeit) landete das Flugzeug in Omsk und Navalny wurde ins Krankenhaus gebracht, wo er 36 Minuten später eingetroffen ist.

Navalnys Mitarbeiter in Tomsk können also erst gegen 10 Uhr Tomsker Zeit von dem Vorfall erfahren haben und müssen sich dann auf den Weg zum Hotel gemacht haben. Demnach wäre eine „Spurensicherung“ um 9.45 Uhr tatsächlich ein Hinweis auf zu frühe Durchsuchung des Hotels.

Inzwischen kann man meine erste These aber als bestätigt betrachten. Der Grund ist sogar auf dem Video zu hören. Die Hotelmitarbeiterin teilt dem Navalny-Team deutlich hörbar mit, dass sie nichts mitnehmen dürften, da ihr Chef die Anweisung gegeben habe, man solle auf die Polizei warten. Einer der Navalny-Männer antwortet darauf, dass man dieser Anweisung leider nicht Folge leisten könne.

Das Hotel hatte die Polizei gerufen, während Navalnys Leute in dem Hotelzimmer waren, aber sie hatten ihre „Spurensicherung“ so schnell beendet, dass sie das Hotel verlassen konnten, bevor die Polizei dort ankam. Hätte diese „Spurensicherung“ also zu früh stattgefunden, wäre das in Russland eine große Meldung gewesen, weil sich die Uhrzeit leicht anhand des Anrufes bei der Polizei und anhand des Berichtes der Polizeistreife nachvollziehen lässt. Auch kann man davon ausgehen, dass in diesem Fall das russische Fernsehen die Hotelangestellten interviewt und die Bänder der Überwachungskameras des Hotels veröffentlicht hätte, auf denen die Zeitstempel deutlich zu sehen wären.

BBC-Interview mit Maria Pewtschich

Inzwischen hat die mysteriöse Navalny-Begleiterin Maria Pewtschich (die wirklich interessanten Hintergründe zu der Dame finden Sie hier) der BBC ein Interview gegeben. Darin erzählt sie ihre Version des Morgens. Demnach war Navalny mit seinen Leuten in Tomsk, um zu recherchieren und Teile eines Films zu drehen. Er sei einen Tag vor dem Rest des Teams abgereist, das noch einige weitere Einstellungen drehen wollte. Einer der Mitarbeiter sei ein Flugzeug-Liebhaber und verfolge aus Hobby die Flugzeuge, in denen Freunde von ihm fliegen, auf Flightradar. Dabei hätten sie bemerkt, dass Navalnys Flugzeug zur Landung in Omsk ansetzte und hätten eine scherzhafte SMS geschrieben, warum Navalny in Omsk anstatt Moskau landete. Erst deutlich nach 10 Uhr hätten sie eine Antwort bekommen und erfahren, was im Flugzeug passiert ist. Danach hätten sie sich umgehend entschieden, in das Hotel zu fahren.

Man muss Pewtschich ihre Version natürlich nicht glauben, aber sie fügt sich nahtlos in die bekannten Fakten ein. Und sie erklärt auch die unterschiedlichen Uhrzeiten, denn sie sagt, es handelte sich bei den Männern auf dem Video nicht örtliche Leute aus Navalnys Team, sondern zum angereiste Mitglieder. Und nicht jeder stellt seine Uhr um, wenn er für einige Tage in eine andere Stadt reist (ich gehöre auch zu solchen Leuten, die ihre Uhr dabei nicht umstellen).

Die Uhrzeiten waren in dem Interview kein eigenes Thema, danach wurde nicht explizit gefragt. Daher geht aus dem Interview auch nicht hervor, woher diese Männer angereist sind. Aber die Uhrzeit der Armbanduhren deutet auf eine Zeitzone im Ural hin, also auf Städte wie Ekaterinburg oder Perm.

Wenn wir das zusammenfassen, gibt es keine Hinweise auf eine Manipulation der Uhrzeiten. Weder die Polizei, noch das Hotel haben gemeldet, dass Navalnys Leute zu früh in dem Hotel gewesen sind, auch Pewtschichs Version ist in diesem Punkt stimmig und dass man bei einer Manipulation der Uhrzeit unter Zeitdruck die Uhrzeit auf dem Wecker um exakt zwei Stunden vorstellt, ist ebenfalls unwahrscheinlich.

Ich bleibe also dabei, hier keine Manipulation durch das Navalny-Team zu sehen.

Weitere Falschmeldungen im Netz

Noch ein Wort zu dem Inteview, das Pewtschich der BBC gegeben hat. Dazu gibt es interessante Tweets, die aber ebenfalls Fake sind.

In der Tat behauptet der zitierte russische Blogger das, was in der deutschen Übersetzung zu lesen ist, die Übersetzung des russischen Tweets ist korrekt. Das Problem dabei: Es steht nichts davon in dem Interview, was jeder auch ohne Russischkenntnisse schnell überprüfen kann: MI-6 ist auf Russisch Ми-6, suchen Sie das Wort in dem Interview, Sie werden es nicht finden. Und auch die von dem russischen Blogger markierte Zeile im Interview sagt dazu nichts. Der Reporter befragte Pewtschich ausführlich über ihre konkrete Arbeit für Navalny, zu diesem Themenkomplex gehörte auch diese Frage. Ich übersetze die Frage des Reporters, den in dem Tweet markierten und den folgenden Satz der Antwort:

BBC: Ihr wart auf einer dreitägigen Dienstreise. Egal, ob in Russland oder nicht. Was war Deine konkrete Arbeit in diesen drei Tagen?
M.P.: Ich habe ein Skript für ein zukünftiges Video, geschrieben und dann bearbeitet von Alexej, in verschiedene Szenen aufgeteilt. Meine Aufgabe war es, einen hübschen Ort zu finden, um sie zu filmen.

Dort steht also das Gegenteil von dem, was der russische Blogger über das Interview schreibt, dort steht erstens nichts vom Teleprompter und vor allem steht da, dass Navalny das Skript selbst geschrieben hat. Fake-News zum Thema Navalny gibt es eben nicht nur im Westen.

Und die Bundesregierung trägt nichts zur Aufklärung bei, denn auf entsprechende Fragen verweigert sie die Antworten.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Deshalb mag ich deine Seite so!

    Du nimmst nicht einfach etwas, das „paßt“ weil es gegen Person X geht, und verbreitest es ungeprüft. Du liest was, recherchierst, denkst nach, und urteilst fair. Und wenn selbsterklärte „Putinfreunde“ Fakes verbreiten, dann benennst du auch das.

    Danke!

  2. Es wäre traurig wenn einige meinen hier noch zusätzlich Beweise erfinden oder herbeiinterpretieren zu müssen.
    Das nützt nur der Gegenseite, die so um so mehr Munition hat um abweichende Meinungen in die Spinner-Ecke zu stellen.
    Darum würde es mich auch nicht wundern wenn diese „Beweise“ von der Gegenseite kommen.
    Die Sache ist auch mit den gesicherten Fakten glasklar, damit meine ich das die offizielle Story auf gar keinen Fall stimmt, dazu brauchen wir keine weiteren (erfundenen) Beweise.

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