Fall Navalny: Das russische Außenministerium führt den Sprecher des deutschen Justizministers vor

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharova, hat in ihrer Pressekonferenz am Freitag den Sprecher des deutschen Justizministeriums, Stefan Zimmermann, mit von ihm vorgetragenen Unwahrheiten konfrontiert.

Im Fall Navalny passt in der deutschen Version ohnehin wenig zusammen, schon deshalb, weil es ja nicht eine, sondern mehrere deutsche Versionen gibt. Mal wurde Navalny am Flughafen mit Tee vergiftet, dann schon in seinem Hotelzimmer mit Gift an Wasserflaschen und so weiter und so fort. Nun hat der Sprecher des deutschen Bundesjustizministeriums, Stefan Zimmermann, sich bei der deutschen Regierungspressekonferenz mit in der Sache unwahren Aussagen blamiert, worauf die Sprecherin des russischen Außenministeriums am Freitag reagiert hat.

Ich habe die offizielle russische Erklärung übersetzt und fordere jeden auf, das Europäische Übereinkommen über Rechtshilfe in Strafsachen zu lesen und zu überprüfen, ob nun der deutsche Regierungsvertreter die Wahrheit sagt, oder die russische Sprecherin.

Beginn der Übersetzung:

Wir sind gezwungen auf Kommentare des Sprechers des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, Zimmermann, zum sogenannten „Fall Navalny“ zu reagieren, die er während der wöchentlichen Pressekonferenz der Bundesregierung am 6. November 2020 in Berlin gemacht hat.

Auf die Frage, warum die deutsche Regierung noch immer auf kein einziges Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation an deutsche Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der laufenden Ermittlungen des russischen Innenministeriums zum Vorfall mit dem Blogger am 20. August 2020 in Omsk geantwortet hat, sagte der Sprecher des deutschen Justizministeriums, dass die deutsche Regierung nur bereit sei, „die Übermittlung“ von Daten über den Fall Navalny an die russische Seite zu „prüfen“, wenn in Russland ein Strafverfahren wegen dessen Vergiftung, die angeblich von deutschen Militärexperten festgestellt wurde, eröffnet wird. Diese Anforderung, so der deutsche Vertreter, stamme aus den Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe in Strafsachen von 1959.

Diese Aussage von Herrn Zimmermann entspricht nicht den Tatsachen. Das Übereinkommen von 1959 legt keine spezifische Phase fest, in der zwischenstaatliche Interaktionen stattfinden können. Schauen wir uns dieses Dokument etwas genauer an. Artikel 1 des Übereinkommens sieht die Zusammenarbeit im Rahmen aller „Verfahren“ zu Straftaten vor, die nach dem Recht des jeweiligen Land Straftaten darstellen. Die englische Version verwendet einen noch weiter gefassten Begriff, der wirklich jedes Stadium eines solchen Verfahrens abdeckt, den Begriff „proceeding“.

Darüber hinaus heißt es in den Erläuterungen zum Zweiten Zusatzprotokoll zum Übereinkommen von 1959 in einem Kommentar zu Artikel 1 des Übereinkommens: „Es gab immer das Verständnis, dass das Übereinkommen in allen Phasen der Verfahren gilt.“ Auf Englisch heißt es „at all stages of proceedings.“ Daraus folgt, dass die Haltung der deutschen Seite, die Übermittlung von Daten über den „Fall Navalny“ an eine formelle Eröffnung eines Strafverfahrens in Russland zu knüpfen, rechtlich nicht haltbar ist.

Worüber sprechen wir? Natürlich will Berlin kein Material übertragen und klammert sich an jede Möglichkeit, irgendwie Ausreden zu finden, aber selbst bei dieser Suche sind sie gescheitert. Wir schließen nicht aus, dass der Vertreter des bundesdeutschen Justizministeriums die Bestimmungen des Übereinkommens, auf das er sich bezieht, nicht kennt, das ist nicht ausgeschlossen. Vielleicht hat er die Realität aus politischen Gründen bewusst falsch dargestellt.

Am 3. November 2020 übermittelte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation dem Bundesamt für Justiz in Deutschland ausführliche Erläuterungen zum rechtlichen Stand der Ermittlungserfahren des russischen Innenministeriums zu den Umständen des Krankenhausaufenthalts von Navalny, die deutsche Seite hat den Eingang dieses Schreibens bestätigt. Nach russischem Strafprozessrecht ist diese Untersuchung, die den Begriff „Voruntersuchung“ trägt, eine der Untersuchungsphasen eines Strafverfahrens. Somit trifft die These des Bundesjustizministeriums, Russland habe kein förmliches Verfahren zur strafrechtlichen Untersuchung dessen, was mit Navalny geschehen ist, eröffnet, nicht zu.

Es verwundert, dass der offizielle Sprecher des bundesdeutschen Justizministeriums mitgeteilt hat, dass die von den Behörden bestätigte Tatsache, dass vier Rechtshilfeersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft im Fall Navalny offiziell an die zuständigen Justizbehörden in Berlin übermittelt wurden, nicht bedeutet, dass ihnen nachgekommen wird. Sie erinnern sich an die Dramaturgie, mit der unsere deutschen Kollegen mitgeteilt haben, was sie in den Analysen von Navalny gefunden haben.

Wie sich herausstellt, widerspricht sich die deutsche Regierung selbst, denn am 6. September 2020 hat Bundesaußenminister Maas in einem Interview mit den Medien öffentlich verkündet, dass dem ersten russischen Rechtshilfeersuchens vom 27. August 2020 nachgekommen wird, denn, Zitat:

«Der russische Botschafter sei bereits informiert worden, dass man einem Rechtshilfeersuchen Russlands zustimmen werde, sagte Maas in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Es gebe auch „überhaupt keinen Grund, dem nicht zuzustimmen“»

Diese Zusicherungen wurden dann über diplomatische Kanäle auch an den russischen Botschafter in Deutschland übermittelt, das ist kein Fehler der Medien, wir haben diese Information offiziell erhalten. Seitdem sind mehr als zwei Monate vergangen, aber es gab von den deutschen Behörden keine substanzielle Reaktion auf das Rechtshilfeersuchen vom 27. August 2020 oder die übrigen Rechtshilfeersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft. Und der Vertreter des deutschen Justizministeriums sagt nun, dass keinem russischen Rechtshilfeersuchen zugestimmt worden sei, was in direktem Widerspruch zu der oben genannten Erklärung des deutschen Außenministers steht.

Insgesamt demonstriert Berlin im Zusammenhang mit der Situation um Navalny gegenüber Moskau eine offene, provokante Nicht-Kooperation und lässt alle spezifischen Fragen, die russische Ermittler den Partnern der in Deutschland zuständigen Behörden stellen, absolut ohne Antwort. Berlin sabotiert durch rechtlich unhaltbare Argumente, wie eben dargelegt, offen seine internationalen rechtlichen Verpflichtungen im Bereich der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung, und weigert sich, die biologischen Proben eines russischen Staatsbürgers und die Ergebnisse ihrer Analysen sowie andere materielle Beweise – die auf nicht geklärte Art und Weise nach Deutschland gelangt sind – auszuhändigen, die angeblich die Vergiftung mit dem berüchtigten Gift „Nowitschok“ bestätigen. Dabei ist die Übergabe der Beweise notwendig, um die laufende Voruntersuchung des russischen Innenministeriums abzuschließen.

Gleichzeitig werden auf Drängen der deutschen Seite in dem Bericht der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) aus irgendeinem Grund alle wesentlichen Informationen verschleiert. Vor diesem Hintergrund wird eine anti-russische Propagandakampagne in den deutschen Medien befeuert und die Bundesregierung hat über die EU grundlose Sanktionen gegen Russland eingeleitet. Darüber hinaus mobilisiert die deutsche Diplomatie im Rahmen der OPCW ihre NATO-Verbündeten, um unserem Land vorzuwerfen, gegen das Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen verstoßen zu haben, um einen zusätzlichen Vorwand zu schaffen, um den militärischen und politischen Druck aus dem kollektiven Westen auf uns zu erhöhen.

Wie sieht es mit den rechtlichen Nuancen und Feinheiten der Zusammenarbeit Deutschlands mit der OPCW aus? Ist da alles sauber? Die deutsche Taktik ist ziemlich durchsichtig und die russische Seite hat ihre Schlussfolgerungen aus der gegenwärtigen Situation gezogen. Wir teilen sie Ihnen regelmäßig mit.

Wir fordern Berlin auf, den perspektivlosen Konfrontationskurs nicht nur in Worten,sondern auch in Taten aufzugeben und endlich zu einem normalen konstruktiven inhaltlichen Miteinander zu kommen, um die wahren Umstände dessen zu klären, was dem russischen Bürger widerfahren ist.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

6 Antworten

  1. Tja, liebe Maria, da haben wir doch wieder etwas gelernt.
    Ursprünglich – nämlich hier:

    https://www.anti-spiegel.ru/2020/politisch-motivierte-diagnosen-was-in-deutschland-ueber-die-charite-nicht-berichtet-wurde/#comment-11092

    nahmen wir noch an, daß an dem Geschwätz des dort erwähnten hochakademischen Juristen zumindest formal rechtlich etwas drann sein könnte.
    Nun erfahren wir von Ihnen, sprich dem russichen AM, das schon dessen Kernthese juristische Hünerscheiße war.
    Wir hätten das vielleicht selbst prüfen sollen, aber wir waren einfach zu faul und vielleicht auch wieder einmal zu vertrauensselig.
    Letztendlich beruhen unsere wachsenden Aversionen gegen unseren eigenen Berufstand, jedenfalls soweit es dessen neugroßdeutsche, sich jedoch paneuropäisch inszenierende, Population anbelangt, offenbar nicht auf einem gestörten Verhältnis zur Realität. Das beruhigt.

  2. Das ist so ulttra-peinlich, es müsste ein Gesetz geben das jedem Bürger das Recht gibt sich offiziell von diesem Unfug zu distanzieren und ihn NICHT zu unterstützen.

    Ich bin mir außerdem sicher man würde diverse Beispiele finden in denen ein Rechtshilfeersuchen auch ohne ein Strafverfahren gemacht wurde, das ist mit Sicherheit kein juristisches Neuland.

    Wenn ich mir vorstelle das wir diese inkompetenten Clowns auch noch von unseren Steuern fürstlich vergüten dann kommt mir das Essen hoch.

  3. Zu der Auslegung „des Europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe in Strafsachen von 1959“ – Auf Englisch heißt es „at all stages of proceedings.“

    Gab es nicht im Fall Skripal ein ähnliches Dilemma? Und haben die Briten sich damals nicht auf die englische sondern stattdessen auf die französische Version berufen? Ich habe es jetzt nicht nachgelesen, aber mir deucht, irgend so etwas war da…

  4. Das ist alles so indiskutabel – man traut sich gar nicht mal mehr, seine Staatsangehörigkeit anzugeben, damit keiner auf die Idee kommt, Blödheit wäre eine nationale Krankheit. Nicht genug damit, dass eine Vergiftung erfunden wird, die rein technisch unmöglich ist (hätten die Trottel nur was von Vergiftung gefaselt, hätte man noch den Kopf hin und her wiegen können), wird nun ein Mistkübel nach dem anderen ausgekippt, und die bundesdeutsche Politik suhlt sich darin, allen voran die Dame im eleganten Hosenanzug – es ist eine Schande. Und wenn ich nun noch Aufnahmen von einer Überwachungskamera in Salisbury sehe, auf denen die Skripals am 4.3. nach 16.00 in Begleitung einer unbekannten Dame eilig die Straße langhetzen – nee, Leute. Da fällt mir nüscht mehr zu ein. Was hier getrieben wird, ist absoluter Unfug.

  5. Mich interessiert an dieser widerlichen Schmierenkomödie ganz brennend, wer das ganze überhaupt eingerührt hat.
    Die ganze Nummer ist doch derart dilettantisch zusammengeschustert worden, das glaubt kein Mensch, der zwei und zwei zusammenrechnen kann. Es läuft ja auch fast nach dem gleichen Schema ab, wie der Fall Skripal. Angeblicher Giftgaseinsatz, Anschuldigungen und Behauptungen aber dazu die strikte Weigerung, die entsprechenden Belege für diese Behauptungen an die russische Seite zu übergeben. Dann werden Sanktionen verhängt und die Sache verschwindet ungeklärt in der Versenkung und wird bei passender Gelegenheit als Beispiel hervorgekramt.

    1. Erstens: Stimmung machen
      Zweites: Formal rechtliche Legitimationen schaffen.

      Es ging bei der Übung ja nicht einfach darum, dem russischen Staat die gewaltsame Liquidation seiner Oppositionellen vorwerfen zu können. Dafür hätte man die „Kampfstoffkeule“ nicht hervorholen müssen.
      Es ging von Anfang an darum, dem russischen Staat die Verletzung internationaler Verträge, aber nicht irgenwelcher, sondern eminent wichtiger Abrüstungsverträge, wie eben die Chemiewaffenkonvention, unterstellen zu können.

      Warum – müssen wir hier wohl nicht erklären, man hörte es auch heraus, aus einigen, dem folgenden, Verlautbarungen bundesdeutscher Politprominenz, von diesen Heerscharen subalterner Laiengeostrategen ganz zu schweigen.

      Und im übrigen: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Will heißen, wir sollten mit ähnlichem auch zukünftig rechnen.

      Nebenbei empfehlen wir wärmstens das Interview von Lawrow vom 12.11.2020:
      https://www.mid.ru/de/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/4429844
      Auch wenn das in einem lausigen Deutsch, manchmal schon hart an der Grenze zur Mißverstänlichkeit, veröffentlicht wurde – da muß das russische AM dringend etwas machen, das geht so nicht – die 33 Seiten lohnen sich trotztdem. Da ist von einigen Details zu verschiedenen thematisierten Brennpunkten die Rede, die jedenfalls uns nicht geläufig waren.

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