„Insel der Toten“: Das russische Fernsehen über die Lage in New York und den USA

Wie jede Woche hat das russische Fernsehen auch an diesem Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche einen Blick über den großen Teich geworfen. In den USA steht der Präsidentschaftswahlkampf nicht mehr im Vordergrund, auch dort beherrscht Corona die Meiden.

Der Korrespondentenbericht des russischen Fernsehens ist interessant und mit meiner Übersetzung sicher auch ohne Russischkenntnisse verständlich. Daher habe ich ihn übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Die Vereinigten Staaten sind führend bei der Zahl der COVID-19-Infizierten. Die Epidemie hat dort eine halbe Million Menschen erfasst. Das ist Weltrekord. Gleichzeitig wird nicht jeder vom US-Gesundheitssystem auch behandelt. Deshalb ist die Sterberate sehr hoch. Die Vereinigten Staaten halten auch den Weltrekord bei den Todesfällen. Allein an einem Tag starben dort mehr als zweitausend Menschen. Das ist verständlich, weil die Kosten für die Behandlung für einen schweren Fall von Lungenentzündung aufgrund des Coronavirus bis zu 75.000 Dollar betragen können. Selbst wenn man eine Krankenversicherung hat, die längst nicht alle haben, kann die Rechnung Zehntausende von Dollar betragen. Daher rührt die soziale Struktur der Toten: Mehr als zwei Drittel sind schwarz, gering qualifiziert oder sogar arbeitslos. Das heißt, „Saving Private Ryan“ ist nicht aktuell. Es wird längst nicht um jeden gekämpft. (Anm. d. Übers.: Für alle, die den Film „Saving Private Ryan“ – deutscher Titel „Der Soldat James Ryan“ – nicht kennen: Das war ein Film mit Tom Hanks, bei dem die US-Behörden alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um einen einfachen Soldaten zu retten)

Das Epizentrum der Coronavirus-Infektionen liegt in New York, ausgerechnet im Stadtteil mit dem Namen „Corona“. Hier gibt es viele Patienten, auch nach den Maßstäben des Staates New York, der Italien und Spanien bei der Zahl der Infizierten bereits überholt hat. Auf wenigen Quadratkilometern gibt es hier mehr als 8.000 Fälle. Hier sollte man die Maske auch auf der Straße nicht abnehmen.

Die Bevölkerungsmehrheit hier ist hispanisch. Es gibt viele Illegale. Die Menschen verweigern ein Interview sogar dann, wenn sie wegen der Maske gar nicht zu erkennen sind, sie wollen keine Aufmerksamkeit auf sich lenken.

An der nächsten Ecke ist eine Warteschlange vor einem Büro für internationale Sofortüberweisungen. Wenn man Bauarbeiter oder Kurier ist und die Verwandten in der Heimat in Mexiko, Ecuador oder Guatemala wöchentlich auf die Überweisung warten, ist Selbstisolation nicht wünschenswert. Niemand hier hat Geld gespart, um eine Pause machen zu können und das Virus bei einer TV-Serie oder einem Buch auszusitzen, die Menschen hier haben nicht einmal eine Krankenversicherung.

„In diesem Land muss man für alles bezahlen. Niemand wird bei der Bezahlung der Miete helfen“, sagt Alex, ein Migrant.

Alex wäscht seine Wäsche in einem Waschsalon. Das sind besonders geeignete Orte für die Verbreitung des Coronavirus. Die Menschen stehen Schulter an Schulter, von sozialer Distanz keine Spur. Zumindest setzen sie Masken auf. Auch das Problem mit dem Mangel an Masken wird hier selbständig gelöst, Händler verkaufen Masken zu hohen Preisen auf der Straße.

In New York wird man nicht dafür bestraft, keine Maske zu tragen. Aber in Philadelphia darf man ohne Maske nicht einmal in den Bus. Dieser Mann wurde mit Gewalt aus einem Bus entfernt.

Besonders unter den Afroamerikanern in Amerika fordert das Coronavirus viele Opfer. Zum Beispiel in Chicago, wo sieben von zehn COVID-19-Todesfällen Schwarze sind. Gleiches gilt für Louisiana oder Wisconsin. Das liegt zum einen an ihrem traditionelles Misstrauen gegenüber den Behörden, aber auch an schlechter Ernährung und unbehandelten Krankheiten.

„Das Virus ist sehr pathogen, sehr aggressiv in Bezug auf die Gesundheit, sehr schnell. Leider entwickeln sich Atemnot und Versagen anderer Organe, zum Beispiel der Nieren. Als Endokrinologe stoße auf eine sehr viele Fälle von Hyperglykämie, also überhöhte Zuckerwerte bei den Patienten“, sagt Irakli Buziashvili, ein Endokrinologe.

Billiges Fast Food und süße Cola sind nur Beispiele für das größte Problem: die Armut.

„Viele Afroamerikaner haben keine normale Krankenversicherung. Darüber hinaus sind dies sehr arme Gebiete. Das ist die Wurzel aller Probleme“, sagen die Einheimischen.

27,5 Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung. Laut einer Studie der NGO „Fair Health“, beläuft sich die durchschnittliche Rechnung für eine stationäre Coronavirus-Behandlung auf 42.000 bis 74.000 US-Dollar. Für 45 Prozent der Amerikaner, die überhaupt keine Ersparnisse haben, bedeutet es eine Katastrophe, so eine Rechnung zu bekommen.

Noch schockierender ist die Geschichte, die Derick Smith, eine Krankenschwester in einem New Yorker Krankenhaus, auf ihrem Instagram-Account erzählte.

„“Wer bezahlt dafür?“ Das waren die letzten Worte eines Patienten, die ich nie vergessen werde. Das hat ein Patient vor mir und meinem Team gejammert, als wir erklärten, dass er an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden musste. Danach riefen wir seine Frau an, damit er mit ihr sprechen konnte, denn es konnte seine seine letzte Gelegenheit sein, mit ihr zu sprechen, da sich viele Patienten nicht erholen, wenn sie an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden müssen“, sagte Smith.

Der Unglückliche, der sich bis zu seinem letzten Atemzug Sorgen um die Kosten der Behandlung machte, hatte Verwandte, die seine Leiche in Empfang nehmen konnten. Diejenigen, die niemanden haben, werden hier begraben. Diese Ruinen stehen auf Hart Island, einer wirklichen Insel der Toten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts beerdigt New York hier Obdachlose und solche, die keine Verwandten haben. Es wird geschätzt, dass mehr als eine Million hier begraben wurden.

Wenn früher auf der Insel etwa 25 Menschen pro Woche begraben wurden, sind es jetzt an einem einzigen Tag so viele. Die Sperrholzkisten werden mit Sand zugedeckt. Im Inneren befinden sich Leichen. Einige Kisten tragen Namen. Die Bestatter tragen Schutzanzüge. Die Stadtverwaltung räumte ein, dass darunter auch solche sind, die an COVID-19 starben.

In der Nähe ist Rendalls Island. Dutzende Kühlanhänger für Leichen werden dort abgestellt. An normalen Tagen starben in New York etwa 150 Menschen. Die Epidemie hat diese Zahl verdoppelt. Auch das Verfahren des Abschieds von den Toten hat sich geändert. Um sich nicht anzustecken, werden die Menschen virtuell auf die letzte Reise geschickt. Die Übertragung erfolgt im Internet. Oder sogar wie im Drive-In, ohne das Auto zu verlassen.

Menschen sterben, Arbeitsplätze verschwinden. Fast sechzehn Millionen Amerikaner haben in den letzten drei Wochen Arbeitslosengeld beantragt. In verschiedenen Teilen des Landes stehen die Amerikaner an Lebensmittelverteilungsstellen Schlange. In Los Angeles gibt es auf einem riesigen Parkplatz in der Nähe der „Forum“-Arena Essen. Die Schlange der Autos erstreckte sich in Pittsburgh über viele Meilen. Und die Schlange für kostenlose Mittagessen in New York lässt buchstäblich die Zeit der Großen Depression zurückkehren. Es gibt immer mehr neue Gesichter in solchen Warteschlangen.

„Es kommen Menschen zu uns, die noch nie in ihrem Leben gekommen sind, um kostenlos zu essen. Das ist der große Unterschied. Und für viele ist es schwer, sich einzugestehen, dass es jetzt nicht anders geht“, sagte Richard Slizeski, Senior Vice President der Catholic Charitable Society of Brooklyn.

Es wird unmöglich sein, die US-Wirtschaft anzukurbeln, ohne das normale Leben im Lande wieder herzustellen. Das bedeutet, die Quarantäne muss enden, damit die Menschen in die Geschäfte und Büros zurückkehren können. Das zu übereilen bedeutet, wieder die Anzahl der Infizierten zu erhöhen, die gerade begonnen hat, langsamer zu steigen. Ein Teufelskreis. Das neue mögliche Datum für den Ausstieg aus der Coronakrise ist der 1. Mai. Aber die Entscheidung, mit welchen Verlusten das Land aus dem Teufelskreis ausbrechen wird, muss ein einzelner Mensch treffen.

„Ich möchte das Land so schnell wie möglich öffnen, wir müssen es öffnen. Ich muss die Entscheidung treffen und ich hoffe dabei nur auf den Herrgott, dass ich die richtige Entscheidung treffe. Zweifellos ist dies die wichtigste Entscheidung, die ich je treffen musste“, sagte US-Präsident Donald Trump.

Eine wichtige Entscheidung – natürlich auf anderer Ebene – musste der sozialistische Senator Bernie Sanders treffen. Er zog sich aus dem Rennen um die Nominierung zurück. Sanders ließ Joe Biden den Vortritt. Als Vizepräsidentschaftskandidat ist der Gouverneur des Staates New York im Gespräch. Er gewann im Kampf gegen die Epidemie an Popularität. Aber es ist eine Sache, ein Land zu übernehmen, in dem alles Ordnung ist, und eine andere, im Weißen Haus zu sein, wenn man vor so einem Haufen Probleme steht.

Witali Schljarow, der für Sanders gearbeitet hat, glaubt, auch wenn er es nicht laut sagt, dass die Demokraten über eine Niederlage nicht allzu traurig sein sollten.

„Es ist immer toll, Präsident eines erfolgreichen Landes zu sein. Wie es auch toll ist, sagen wir, Direktor eines großen und erfolgreichen Unternehmens zu sein. Aber die Führung eines insolventen Unternehmens zu übernehmen, ist völlig uninteressant. Es ist schwer und – was am wichtigsten ist – am Ende wirst Du immer an allem schuld sein. Also, ehrlich gesagt, soll Trump doch eine zweite Amtszeit bekommen und sich darum kümmern. Es wird eine schwere Aufgabe“, sagte Vitaly Schljarov, Politikwissenschaftler und Forscher am Center for Russian and Eurasian Studies der Harvard University.

Trumps Voraussetzungen für einen Erfolg bei den Wahlen im November sind solide. 49 Prozent der Amerikaner unterstützen seine Arbeit. Mehr als direkt nach der Amtseinführung. Und mehr als vor der Epidemie.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Vielen Dank Herr Röper, für die Übersetzung.
    Dieser Beitrag sagt genau dass aus, was ich nur kurz beschrieben hatte in einem anderen Kommentar.

    Und wenn es nach mir geht, können wir nun die „Atlantikbrücke“ gerne auch noch wegsprengen!
    Und diese Atlantikfanatiker gleich mit versenken…

  2. Ich bin erstaunt über Russland und auch über den Anti-Spiegel der in diesem Fall meiner Meinung nach jegliche kritische Distanz vermissen lässt.

    Bei Corona ergeben sich ganz erstaunliche „Querfronten“: weltweit ziehen alle Staatsführungen an einem Strang – und viele sonst kritischen Alternativmedien stoßen ins gleiche Horn.

    Und das bei einer nachweislich fraglichen, ja oft falsch dargestellten Datenlage!

    Jeder kann nachprüfen, dass man über das Covid-19-Virus praktisch nichts weiß, da

    – unklar ist, was die nicht ausreichend validierten Tests überhaupt messen
    – unklar ist, ob überhaupt bisher irgend eine Person am Covid-19-Virus – und nichts anderem – gestorben ist
    – 99% der als Covid-19-Opfer angegebenen Gestorbenen, altersschwache, sterbenskranke, zweifach oder mehrfacherkankte Personen waren
    – bisher noch keine alarmierende Erhöhung der allgemeinen Sterberate auch nur irgendwo gemeldet wurde
    – ob das Covid-19-Virus irgendwie anders „neu“ ist als zB die ständig verändernden Influenza-Viren, und ob das Covid-19-Virus tatsächlich von Tieren auf Menschen gesprungen ist
    – Medien uns mit einem Trommelfeuer von Meldungen und Bildern attackieren, die jedes Jahr, jeden Tag erzeugt und gebracht hätten werden können, nur bisher ein „Aufhänger“ dazu gefehlt hatte. Man findet jeden Tag irgendwelche schrecklichen Bilder auf der Erde wenn man danach sucht – und niemand kann ableugnen, dass Bilder und Videos auch gefaked werden können
    – …

    Ich könnte noch eine Menge weitere Punkte aufzählen, die geeignet sind, diese „Covid-19-Pandemie“ in ein ganz anderes Licht zu rücken – wenn man denn sein eigenes Gehirn einschaltet und die frühere Kritik an Medien und Politik nicht ganz plötzlich vergessen will.

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