Jahrespressekonferenz: Putin über Spiegel-„Enthüllungen“ zur angeblichen Vergiftung Navalnys

Der Spiegel ist stolz auf seine angeblichen Enthüllungen zum Fall Navalny, dabei sind sie ausgesprochen plumpe Meinungsmache, wie wir gleich sehen werden.

Putin wurde mit Fragen zu den angeblichen Enthüllungen des Spiegel konfrontiert und wir werden uns daher zunächst die Geschichte selbst noch einmal anschauen, dann sehen wir uns die Journalistenfragen und Putins Antworten an und schließlich schauen wir uns noch an, wie der Spiegel darüber berichtet hat. Das wird also ein sehr langer Artikel.

Die „Enthüllungen“ von Spiegel und Bellingcat

Der Spiegel hat „Recherchen“ zum Fall Navalny veröffentlicht. Es ist müssig, darauf im Detail einzugehen, aber der Spiegel behauptet, die Männer identifiziert zu haben, die Navalny angeblich jahrelang beschattet und dann vergiftet haben. Natürlich sind es russische Geheimdienstler. Überprüfen kann man an der Geschichte nichts, man muss sie einfach glauben.

Müssig, ja geradezu langweilig ist die Sache deshalb, weil sie einem bekannten Muster folgt, das jedes Mal das gleiche ist. Der Spiegel arbeitet dabei immer mit Bellingcat und The Insider zusammen. Und offensichtlich mit westlichen Geheimdiensten, wie wir gleich sehen werden. Nur die Geheimdienstkontakte erwähnt der Spiegel nie, er bezeichnet das als eigene Recherchen. Wie wahrscheinlich das ist, werden wir noch sehen.

Die selbsternannte Enthüllungsplattform Bellingcat kommt immer dann zum Einsatz, wenn der Westen böse Meldungen über Giftgasangriffe in Syrien, über die über dem Donbass abgeschossene malaysische Boeing MH-17 oder allgemein über russische Untaten wie die angebliche Vergiftung der Skripals, den Tiergartenmord oder ähnliches braucht. Dafür ist Bellingcat im westlichen Propaganda-Apparat zuständig und liefert die gewünschten Meldungen, die niemand überprüfen kann, die aber von der gesamten westlichen Presse als Sensation aufgenommen und verbreitet werden.

Der Gründer von Bellingcat, Elliot Higgins, wird von US-Think Tanks finanziert und liefert immer genau das, was die USA hören wollen. Dabei wird er offensichtlich von westlichen Geheimdiensten mit Informationen versorgt, wobei in einem solchen Fall niemand weiß, ob es wahre Informationen oder Desinformationen sind. Überprüfen kann das niemand. Ein Beispiel: Es war Bellingcat, das seinerzeit die Identitäten der angeblichen russischen Agenten veröffentlicht hat, die angeblich die Skripals vergiftet haben. Dabei hat sich Bellingcat auf Daten über deren Visaanträge und Einreisen nach Großbritannien gestützt.

Diese Daten sind nicht öffentlich und Bellingcat kann sie nur von (wahrscheinlich britischen) staatlichen Stellen bekommen haben. Und dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder jemand hat sie Bellingcat illegal weitergegeben, dann müsste aber der Staatsanwalt deswegen gegen die undichte Stelle und Bellingcat selbst ermitteln, oder die britische Regierung (sprich der Geheimdienst) hat sie an Bellingcat weitergegeben. Da es keine Ermittlungen wegen der illegalen Weitergabe der Daten gegeben hat, bleibt nur die zweite Variante und damit handelt es sich nicht um Ergebnisse von Recherchen, sondern es sind Informationen, von denen Geheimdienste wollen, dass sie öffentlich werden. Und sie können frei erfunden sein.

Dieses Muster sehen wir immer wieder. Beim Tiergartenmord konnten der Spiegel und Bellingcat ebenfalls Daten zu Visa und zur Einreise des vermeintlichen Mörders präsentieren, für deren Erhalt das gleiche gilt: Entweder müsste der Staatsanwalt die undichte Stelle suchen, oder die Informationen wurden von staatlichen Stellen durchgestochen. Und da auch hier kein Staatsanwalt ermittelt, bleibt nur die zweite Erklärung.

So läuft das jedes Mal, wenn der Spiegel und Bellingcat etwas „enthüllen“.

The Insider

Ein weiteres Mitglied dieses „Rechercheteams“ ist The Insider. Das ist ein russischer Blogger aus Moskau, der selbst öffentlich ganz stolz mitgeteilt hat, aus dem Westen mit 10.000 Dollar pro Monat finanziert zu werden. Er ist es, der zu den „Recherchen“ angeblich die Daten aus russischen Datenbanken beisteuert.

Und auch hier gilt: Das ist illegal und würde er das tatsächlich tun, wäre er in Russland schon längst verhaftet worden. Ist er aber nicht, er rennt weiterhin frei rum und „recherchiert“, obwohl er ganz offensichtlich an medialen Denunziationskampagnen gegen die russische Regierung beteiligt ist. Da scheint der angebliche russische Unterdrückungsstaat irgendwie nicht zu funktionieren, wenn Menschen in Moskau ungestört an so etwas mitarbeiten dürfen und nicht einmal verhaftet werden.

Übrigens stimmt es, dass man in Russland auf dem Schwarzmarkt zumindest früher solche Pass-Datenbanken kaufen konnte und der Spiegel behauptet, The Insider beziehe seine Informationen daher. Meines Wissens kann man diese Datenbanken schon seit Jahren nicht mehr auf dem Schwarzmarkt bekommen, aber wenn es so wäre, würde trotzdem gelten: Das ist illegal und The Insider wäre nicht mehr auf freiem Fuß. Ich bin sicher, dass The Insider nichts dergleichen beisteuert, sondern dass seine Aufgabe einzig und allein darin besteht, die Legende zu bestätigen, der Spiegel und Bellingcat hätten eine Quelle in Russland, die diese Informationen liefert. Würde er die Rolle spielen, die er angeblich spielt, säße er schon im Gefängnis.

Die „Enthüllungen“ im Fall Navalny

Wenn wir nun wissen, dass diese Enthüllungen immer nach dem gleichen Muster ablaufen, ist es müssig, sich sie näher anzuschauen. Überprüfen lässt sich davon nichts und die Daten dürften in Wahrheit von westlichen Geheimdiensten kommen.

Der Spiegel hat daraus aber wieder eine große Story gemacht und viele westliche Medien haben sie aufgegriffen. Navalny selbst hat darüber ein Video auf YouTube veröffentlicht, dass in Russland Millionen Mal angeklickt wurde. Das Ziel, ein weiteres Mal eine Medienkampagne gegen Russland loszutreten, ist also gelungen.

Bleibt die Frage, ob Navalny tatsächlich vom russischen Geheimdienst überwacht wurde und ob die genannten Leute daran beteiligt waren. Dass er überwacht wurde, da bin ich sicher. Er ruft immer wieder zum verfassungswidrigen Sturz der russischen Regierung auf und in welchem Land würde so einer nicht vom Geheimdienst überwacht werden? In Deutschland reicht es ja im Fall von Querdenken schon aus, gegen die Corona-Maßnahmen zu sein, um als „Verdachtsfall“ vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden. Daher könnte die Identität der Bewacher von Navalny sogar stimmen, die Frage ist nur, ob deren Identitäten von The Insider gekommen sind, oder von westlichen Geheimdiensten.

Da The Insider noch auf freiem Fuß ist, scheidet er aus. Die Veröffentlichung der Identitäten von Geheimdienstmitarbeitern ist allen Ländern der Welt strafbar, die russische Staatsanwaltschaft hätte The Insider also zumindest zum Verhör vorgeladen, wenn er tatsächlich die Quelle gewesen wäre.

„Enthüllungen“ über Putins Familie

In Russland ist vor kurzem ein langer Bericht veröffentlicht worden, dessen Inhalt kurz zusammengefasst so lautet: Putins Schwiegersohn wurde steinreich, weil er Putins Schwiegersohn ist. Der Spiegel hat darüber auch berichtet.

Nun ist es nicht verwunderlich, dass Putins Töchter einflussreiche oder reiche Männer geheiratet haben. Dank der Karriere ihres Vaters verkehren sie in den höchsten Kreisen des Landes und es ist überall auf der Welt normal, wenn die Kinder so einflussreicher Leute ihresgleichen heiraten. Die Töchter von Clinton oder Bush haben ja auch reich geheiratet, es liegt eben in der Natur der Sache, dass die Menschen meistens innerhalb ihres sozialen Umfeldes heiraten. Im Falle Putins wird das von den westlichen Medien jedoch in den Bereich der Vetternwirtschaft gerückt.

Die russischen „Enthüllungen“ beziehen sich pikanterweise auf angeblich gehackte Emails, die aber in dem Bericht nicht gezeigt, sondern nur zitiert werden. Und hier ist wieder das Verhalten der westlichen Medien interessant: Als 2016 Emails der demokratischen Partei in die Öffentlichkeit gekommen sind, haben die Medien davon abgelenkt und seitdem bespaßen sie uns mit der angeblichen russischen Wahleinmischung. Und als in der heißen Phase des aktuellen US-Wahlkampfes Mails von Hunter Biden öffentlich wurden, aus denen weitere Details über die Korruption von Joe Biden und sogar Details einer Affäre von Hunter Biden mit einer 14-jährigen hervorgingen, da haben die Medien das wahlweise verschwiegen oder die Quelle angezweifelt.

Wenn aber irgendein Internetportal in Russland aus angeblich gehackten Mails einen Skandal um Putin bastelt, dann ist das den westlichen Medien eine Story wert und niemand kommt in den Redaktionen auf die Idee, die Echtheit der gehackten Mails zu hinterfragen.

Putins Pressekonferenz

Auf der Pressekonferenz wurde Putin von einem Journalisten auf diese Themen angesprochen und er hat sich dazu ausführlich geäußert. Daher schauen wir uns nun die Frage und Putins Antwort an und danach schauen wir, wie der Spiegel darüber berichtet hat. Diese Frage kam unmittelbar nach der Frage über Trump und russische Hacker, über die ich hier berichtet habe.

Beginn der Übersetzung:

Frage: Guten Tag, Wladimir Wladimirowitsch!

Ich nehme den Rat des Jung-Journalisten auf. Vor einiger Zeit gab es einige interessante Untersuchungen, zum Beispiel über Ihre Tochter, Ihren ehemaligen Schwiegersohn Schamalov und andere Leute, die Ihnen angeblich nahe stehen. Diese Woche gab es eine Untersuchung über Alexej Navalny. Warum bitte schön wurde kein Strafverfahren wegen seiner Vergiftung und zur Frage, wer ihn vergiftet hat, eröffnet?

Wladimir Putin: Alles klar.

Dass es solche Veröffentlichungen gibt, ist in der Tat nicht überraschend, die gab es immer und die wird es immer geben. Diese Konfrontation im Informationsbereich findet nun mal statt. Die gab es auch früher. Erinnern Sie sich an die schwierigen Ereignisse im Kaukasus, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und daran, wie über diese bescheidenen Diener in der internationalen Presse und leider auch in unserem Land berichtet wurde. Mit welchen Reißzähnen wurde ich da nicht dargestellt! Ich erinnere mich gut daran, aber ich gehe immer davon aus, dass ich das tun muss, was ich für unser Land für notwendig halte, ich tue es nicht, um für jemanden da draußen gut auszusehen. Das ist der erste Teil.

Der zweite Teil betrifft, sagen wir, meine Lieben. Dieses Material zu lesen, ist unmöglich. Ich habe es natürlich durchgeblättert, weil es mich ja irgendwie betrifft, aber es ist so eine Zusammenstellung, da ist alles so aufgetürmt, dass ich es nicht vollständig gelesen habe. Aber worauf möchte ich sofort hinweisen? Es heißt da immer „der Schwiegersohn des Präsidenten“, „der Schwiegersohn des Präsidenten“. Erst am Ende schreiben sie immerhin mal, dass er mein ehemaliger Schwiegersohn ist. Aber in dem Text wird dem Leser die ganze Zeit eingebläut, dass er mein Schwiegersohn ist.

Zweitens: „Präsident Putin hat Eliten verboten, Vermögenswerte im Ausland zu besitzen.“ Es ist den Eliten nicht verboten, Vermögenswerte im Ausland zu besitzen. Beamten ist es verboten, finanzielle Vermögenswerte im Ausland zu besitzen. Und das ist richtig so. Staatsbedienstete sollten keine Konten, keine anderen finanziellen Vermögenswerte im Ausland haben. Das betreffende Unternehmen ist ein zu hundert Prozent privates Unternehmen, es gibt keinen Staatsanteil.

Weiter: Wer hat wie Aktien an diesem Unternehmen erhalten? Es stellt sich heraus, dass das Unternehmen seine Daten zu diesem Thema veröffentlicht hat, seine Haltung zu diesem Fall. Es stellt sich heraus, dass es Programme zur Förderung der Geschäftsleitung gab. Und für Herrn Schamalov, wie auch für andere leitende Angestellte, galten die gleichen Regeln. Es gibt andere Programme für andere Hierarchiestufen der Firma, auch daran ist nichts Besonderes.

Aber kommen wir zum meiner Meinung nach Wichtigsten. Gerade hat der Jung-Journalist Schnurov nach unseren Hackern gefragt. Was steht am Anfang des Artikels? Achtung: Ein Unbekannter, ein Anonymer verfolgt irgendwelche unbekannten Ziele, schreiben sie. Was meine ich? Da steht ungefähr das gleiche wie im Jahr 2016, zu einer Zeit, als kriminelle, mit dem russischen Militärgeheimdienst verbundene, russische Hacker die E-Mails von Mitgliedern der Demokratischen Partei der USA gehackt haben. Da ist er wieder, der Anonyme. Ich denke, es ist klar, wer er ist. Wer nannte diese Hacker kriminelle Elemente, die mit dem russischen Militärgeheimdienst in Verbindung stehen? Es war das US-Außenministerium und die US-Geheimdienste, und sie waren damals tatsächlich die Autoren. Das das heute zumindest auf ihre Anweisung hin getan wurde, ist ganz offensichtlich.

Zweitens: Der Hinweis darauf, dass unsere Hacker, wie sie im Westen meinen, 2016 in das innenpolitische Leben in den Vereinigten Staaten eingegriffen haben, legt nahe, dass der Zweck dieser Veröffentlichung verständlich ist. Das Ziel ist Rache und der Versuch, die öffentliche Meinung in unserem Land zu beeinflussen, mit dem Ziel, sich natürlich in unser innenpolitisches Leben einzumischen. Das ist offensichtlich. Zumindest für mich und mir scheint, auch für die meisten Leser wird das klar, wenn sie die Dinge im Hinterkopf haben, die ich gerade gesagt habe.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgendes betonen.

Die müssen geführt werden… Ich möchte mich an die Auftraggeber solcher Veröffentlichungen wenden. Nicht an diejenigen, die es veröffentlicht haben; diese Jungs haben, das weiß ich, den Auftrag von Geheimdiensten bekommen und sie haben geschrieben, was bestellt war. Es geht um die Auftraggeber solcher Materialien, sie sollten sich nicht von Rache leiten lassen, nicht von ihrer imaginären Exklusivität, sondern ihre Beziehungen zu anderen Partnern auf der internationalen Bühne auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts und grundlegender Normen des Völkerrechts aufbauen. Und dann werden wir gemeinsame Fortschritte in die für uns alle richtige Richtung machen.

Jetzt zu dem Patienten in der Berliner Klinik. Ich habe es wiederholt gesagt, ich kann nur einige Dinge wiederholen. Ich weiß worum es geht, Peskow (Anm. d. Übers.: Peskow ist Putins Pressesprecher) hat mir erst gestern über die neuesten Fälschungen zu diesem Thema und über angebliche Daten unserer Geheimdienste und so weiter berichtet. Schauen Sie, wir wissen genau, was das ist. Im ersten und in diesem zweiten Fall geht es um Legalisierung. Das ist keine Untersuchung, es ist die Legalisierung von Materialien der amerikanischen Geheimdienste.

Wissen wir etwa nicht, dass sie die GPS-Daten verfolgen, oder was? Unsere Geheimdienste sind sich dessen bewusst und wissen es. Und die Mitarbeiter des FSB und anderer Geheimdienste benutzen ihre Telefone, wo sie es für notwendig erachten, ihren Aufenthaltsort nicht zu verbergen, und so weiter. Und wenn das so ist – und ich versichere Ihnen, dass es so ist – bedeutet das, dass dieser Patient der Berliner Klinik die Unterstützung von Geheimdiensten, in diesem Fall der USA, hat. Und wenn das so ist, dann ist er interessant und dann müssen die Geheimdienste ihn natürlich beobachten. Aber das bedeutet ganz und gar nicht, dass man ihn vergiften muss. Für wen ist der wichtig? Wenn sie es gewollt hätten, dann hätten sie es doch wohl zu Ende gebracht. Aber so hat sich seine Frau an mich gewandt und ich gab sofort die Anweisung, ihn zur Behandlung in Deutschland zu entlassen.

Es gibt eine Sache, die die breite Öffentlichkeit nicht beachtet, aber sie spielt eine Rolle, und zwar: Der Trick besteht darin, die erste Person eines Staates anzugreifen. Die, das tun, versuchen selbst die Aufmerksamkeit einer bestimmten Ebene zu bekommen und zu sagen: Schaut mal, mein Partner ist der und der, ich bin ein Mensch vom gleichen Kaliber. Nehmt mich als eine Person von nationaler Dimension wahr. Es ist bekannt, dass dieser Trick des politischen Kampfes auf der ganzen Welt eingesetzt wird.

Aber meiner Meinung nach sollte man diese Tricks nicht benutzen, um Respekt und Anerkennung von Menschen zu suchen. Man sollte seine Wichtigkeit entweder durch konkrete Taten oder durch ein spezifisches Programm zeigen, das realistisch ist, damit es in einem bestimmten Land, in diesem Fall in unserem Land, angewendet werden kann.

Ich fordere alle unsere Gegner der gegenwärtigen Regierung und alle politischen Kräften des Landes auf, sich nicht von ihren persönlichen Ambitionen, sondern von den Interessen der Bürger der Russischen Föderation leiten zu lassen, um ein positives Programm vorzuschlagen, um die Probleme des Landes zu lösen. Und wir haben eine Menge davon.

Ende der Übersetzung

Bei der Fragestunde, die sich immer an die Jahrespressekonferenz anschließt und bei der die Journalisten des „Kreml-Pools“ noch ein paar Fragen an Putin stellen dürfen, kam in dem Zusammenhang dann noch folgende Frage.

Beginn der Übersetzung:

Frage: In diesem Fall wurden auch persönliche Daten gestohlen und Namen und Fotos veröffentlicht. Und dementsprechend hat CNN an der Wohnung angeklopft.

Wladimir Putin: Sehen Sie, das passiert immer und überall und wird immer und überall passieren. Aber wir wissen das, und sie verbergen es nicht einmal. Einige ehemalige NSA-Mitarbeiter erzählen das nicht nur uns, sie erzählen es auch anderen Ländern, sie erzählen es ihren Mitbürgern, das gleiche passiert immer wieder. So arbeitet der Geheimdienst dort.

Ich kann hier (bei der Spiegel-„Recherche“, Anm. d. Übers.) um ehrlich zu sein nichts sehen. Das ist eine solche Zusammenstellung, eine Müllhalde, den Müll werfen sie in der Hoffnung raus, dass es einen Eindruck auf die Menschen macht, dass es Misstrauen gegenüber der politischen Führung schafft. Das ist eine der Formen des Informationskrieges.

Ende der Übersetzung

Wie der Spiegel über Putins Äußerungen berichtet

Der Spiegel hat in zwei Artikeln über Putins Äußerungen berichtet. Die Überschrift des ersten lautete „Putin zum Fall Nawalny – »Wenn wir das gewollt hätten, hätten wir’s ja wohl auch zu Ende gebracht«“ und ist am Donnerstag um 15.23 Uhr erschienen. Der Artikel war kurz, aber in der Sache korrekt. Zwar wurde nicht Putins ganze Argumentation wiedergegeben, aber immerhin waren die wenigen Zitate in dem Artikel korrekt. Aber natürlich war alles so formuliert, dass Putins Aussagen unglaubwürdig gemacht wurden. Über seine angebliche Recherche schrieb der Spiegel:

„Den Enthüllungen des SPIEGEL, der Rechercheplattformen Bellingcat und The Insider sowie CNN zufolge observierten Agenten des russischen Geheimdienstes FSB Nawalny über einen großen Zeitraum. Unmittelbar vor Nawalnys Vergiftung befand sich ein FSB-Agent in direkter Nähe eines Hotels, in dem Nawalny mit dem Nervengift Nowitschok in Verbindung gekommen sein könnte.“

Wenn man nun Putins Aussagen kennt, dann regt das zum Nachdenken an. Woher können Bellingcat, The Insider, der Spiegel oder CNN wohl die GPS-Bewegungsdaten der Agenten haben, die Navalny überwachen? Wohl kaum von russischen Mobilfunkanbietern, wohl aber von der NSA, die über die Betriebssysteme von Apple oder Google Zugriff auf die GPS-Bewegungsdaten von jedem Smartphonebesitzer der Welt hat.

Wer also auch nur kurz nachdenkt und die Spiegel-Geschichte hinterfragt, der findet die Antwort selbst, denn es gilt auch weiterhin: Wer diese Daten in Russland an sich nimmt, der macht sich strafbar und wenn The Insider damit etwas zu tun hätte – also am Diebstahl dieser Daten, oder auch nur an ihrer Weitergabe in den Westen an Bellingcat & Co, beteiligt wäre -, dann wäre er jetzt in russischer Untersuchungshaft.

Putin hat die Echtheit der Bewegungsdaten nicht bestritten, er hat sogar indirekt bestätigt, dass und warum Navalny vom russischen Geheimdienst überwacht wurde. Anscheinend ist dieser Teil der Spiegel-Geschichte wahr, was aber nicht bedeutet, dass diese Männer Navalny auch vergiftet haben. Warum ist das ausgerechnet Ende August geschehen? Das war kurz vor den Wahlen in Russland, wollte Putin unbedingt negative Schlagzeilen vor der Wahl haben? Er hätte mit der Vergiftung ja auch noch ein paar Wochen warten und es nach der Wahl tun können. Da passt nichts zusammen.

Aber wenn wir annehmen, dass die Spiegel-Geschichte in dem Punkt wahr ist, dann stellt sich die Frage, woher die „Rechercheure“ solche Daten bekommen haben. Immerhin hatten sie angeblich Zugriff auf die GPS-Daten der Agenten, auf ihre Ticketbuchungen, auf ihre Passdaten inklusive Wohnort. Um all das zu bekommen, muss man eine Menge schwer gesicherter Datenbanken hacken. Kann Bellingcat das geleistet haben?

Und woher wussten die „Rechercheure“ überhaupt, nach welchen Männern sie suchen sollten?

All das weist ziemlich eindeutig auf die Arbeit von Geheimdiensten hin und wahrscheinlich wären die meisten Geheimdienste der Welt mit einer solchen Aufgabe sogar überfordert. Aber der Spiegel will das mit ein paar Hackern geschafft haben?

Aber ein Artikel zu Putins Äußerungen reichte dem Spiegel nicht. Daher durfte sich der Leiter des Moskauer Spiegel-Büros, Christian Esch, auch noch austoben. Sein Artikel erschien gerade mal eine Stunde nach dem ersten Artikel und wieder einmal zeigt die Überschrift des Artikels, dass es hier um Propaganda geht, denn sie wurde entsprechend verändert. Zuerst lautete sie noch sachlich „Wladimir Putin dementiert Giftanschlag auf Alexej Navalny.“ Das war dem Spiegel zu wenig reißerisch, also lautet sie nun „Putins Jahresrückblick – »Warum gleich vergiften?«

Auch in diesem Artikel kommt wieder das, was jeden aufmerksamen Leser aufhorchen lassen sollte, nämlich die GPS-Daten der Agenten:

„Am Montag hat der SPIEGEL, zusammen mit den Rechercheplattformen Bellingcat und The Insider sowie CNN, genaue Bewegungsprofile eines FSB-Kommandos vorgelegt, das Nawalny über Jahre begleitete und mutmaßlich in seine Vergiftung involviert war.“

Putins Äußerungen stellt Esch dann so dar, als habe Putin sich bei seiner Antwort „winden müssen„, wie er es an einer Stelle formuliert. Das klingt dann zum Beispiel so:

„Mehrfach sich räuspernd und zögernd, sprach Putin auf Nachfrage das Schicksal »des, ähm, Patienten in der Berliner Klinik« an. Er habe »gestern erst« von den »neuen Spekulationen anlässlich der Daten unserer Geheimdienstler« erfahren.“

Danach geht Esch sehr geschickt vor, denn er stellt Putins Argumente zwar dar, aber macht sie als „Putins Zirkelschluss“ lächerlich, anstatt sie zu widerlegen. Das klingt so:

„Nawalny beziehungsweise »der Patient in der Berliner Klinik« sei zu unwichtig, um vergiftet zu werden. »Warum denn gleich vergiften? Wen interessiert der schon?«, fragte Putin mit gekünsteltem Lachen.“

Gekünstelt fand ich das Lächeln nicht, eher ironisch, aber das ist Ansichtssache. Für den Leser klingt „gekünstelt“ natürlich viel böser. Aber die Frage, was Navalny so wichtig machen könnte, dass Putin ihn angeblich dringend nur drei Wochen vor einer Wahl vergiften wollte, das erklärt Esch nicht.

Dann folgt:

„Das Scheitern des Anschlags spreche gegen eine Urheberschaft des FSB. »Wenn wir gewollt hätten, dann hätten wir’s ja wohl zu Ende gebracht.«“

Auch hier gilt: Was ist daran falsch? Ist der FSB wirklich zu doof, jemanden zu vergiften, auch noch, während der in einem staatlichen russischen Krankenhaus liegt? Doch wohl kaum. Und vor allem: Warum sollte Putin erst jemanden vergiften wollen, es dann nicht zu Ende bringen, obwohl er dafür mehr als genug Zeit hatte, nur um ihn dann nach Deutschland ausfliegen zu lassen, wo man das feststellen kann? Wo sind die plausiblen Antworten auf so einfache, aber ins Auge springende Fragen?

Als dritten Punkt von „Putins Zirkelschluss“ nennt Esch:

„Der Geheimdienst habe Nawalny selbstverständlich begleitet – aber nicht, um ihn zu vergiften. Mehr noch: Die tölpelhafte Verwendung von Mobilfunknummern, mit der die FSB-Agenten aufgeflogen waren, ist in Putins Darstellung eine bewusste Nachlässigkeit. Selbstverständlich wisse man, dass die US-Geheimdienste »die Geolokalisierung verfolgen. Unsere Geheimdienste verstehen das. Die Mitarbeiter von FSB und anderen Organen wissen das und nutzen ihre Telefone dort, wo sie es für unnötig halten, ihren Aufenthaltsort zu verbergen.«“

Der Spiegel-Leser bekommt von Russland folgendes Bild vermittelt: Russische Hacker und Geheimdienste sind super gut und saugefährlich, sie können alles hacken, Wahlen im Westen fälschen und wir müssen ganz viel Angst vor denen haben. Aber dann wieder: Bei den russischen Geheimdiensten arbeiten nur Tölpel, die nicht einmal wissen, dass Mobiltelefone verfolgt werden können. Ist das überzeugend?

Oder ist es möglich, was bei Geheimdiensten durchaus üblich ist, dass die Russen die NSA haben als Warnung wissen lassen, dass und wie sie Navalny überwachen, indem sie sich haben orten lassen? Ich bin sicher, dass Mitarbeiter des deutschen Verfassungsschutzes, die nun die Organisatoren von Querdenken überwachen, sich keine Gedanken um ihre Handys machen. Wozu auch? Und im Zweifelsfall wissen ausländische Geheimdienste genau, wer in Deutschland wen wann und wo überwacht.

Das ist normalerweise auch kein Problem. Aber man stelle sich einmal vor, ein Organisator von Querdenken kommt mit einer Vergiftung ins Krankenhaus und eine russische Version des Portals Bellingcat würde dann die Namen und Bewegungsdaten seiner Bewacher veröffentlichen und behaupten, die hätten ihn vergiftet. Würde dann irgendwer beim Spiegel glauben, dass das russische Portal ohne Hilfe der russischen Geheimdienste an die Daten herangekommen ist?

Wohl kaum, aber wenn der Spiegel das von sich behauptet, soll es die ganze Welt glauben. Schon daran sieht man, wie stümperhaft die Spiegel-„Enthüllungen“ gemacht sind und wie dick die Spur zu westlichen Geheimdiensten ist.

Der Spiegel über Schamalov

In einem Absatz geht Herr Esch auch auf die Geschichte um Putins ehemaligen Schwiegersohn ein. Allerdings verschweigt er Putins Antworten hier komplett:

„Interessanterweise ließ sich Putin von life.ru auch nach den Vorwürfen gegen sein Familienumfeld fragen – genauer gesagt, gegen den Bankier Kirill Schamalow, der 2013 Putins Tochter Katerina Tichonowa geheiratet hatte und kurz darauf Hunderte Millionen Dollar teure Anteile des Unternehmens Sibur quasi geschenkt bekommen hatte, wie berichtet wurde. Schamalow sei sein Ex-Schwiegersohn, betonte Putin. Die Ehe ist getrennt.“

Ist es Journalismus oder Berichterstattung, wenn man die Aussagen, über die man berichtet, verschweigt? Für den Spiegel schon.

Aber es gibt immer noch Menschen, die Geld dafür bezahlen, sich vom Spiegel „informieren“ zu lassen…

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

12 Antworten

  1. Sie werfen seit Jahren mit Dreck auf Russland, speziell auf Putin. Was da nicht schon alles als skurile Behauptungen aufgestellt wurde. Da war z.B. Putins „echte“ Mutter.

    Aber derzeit schießen sie scheinbar aus vollen Rohren. Mit Putins ehemaligem Schwiegersohn begnügt man sich nicht. Man gräbt seine ehemalige Haushälterin aus, die angeblich eine uneheliche Tochter von Putin haben soll, und plötzlich steinreich geworden sei. Angeblich Schweigegeld. Das läuft auch immer nach dem selben Muster. Ich kann mich erinnern, dass vor ein paar Jahren schon mal ein angeblich uneheliches Kind Putins durch die Medien geisterte, damals mit
    Alina Maratowna Kabajewa, einer russischen Sportgymnastin.
    https://www.merkur.de/politik/wladimir-putin-tochter-russland-praesident-geruechte-journalisten-haushaelterin-kreml-zr-90127744.html

    Aber das ist noch nicht genug. Jetzt soll der FSB auch versucht haben, Nawalnys Frau Julia im Sommer in der Nähe von Kaliningrad zu ermorden. Immer noch was drauf. Mit jedem Mal unglaubwürdiger und skurriler.
    https://youtu.be/smhi6jts97I

  2. Der Krieg den die Klasse von Warren Buffet, gegen die Menschheit und besonders gegen Russland führt und den sie , wie Buffet tönt, gerade gewinnen würden, der wird wie immer TOTAL geführt. Dieses Mal haben SIE uns , noch nicht mal mehr gefragt.

  3. Was mich beschäftigt, ist: WANN wandelte sich der Spiegel zu einer so absolut US-hörigen Stimme? Das würde mich wirklich interessieren. Gab es einen Wendepunkt… Ereignis(se)?

    Für mich galt der Spiegel als eher linke Presse – und linke Presse war tendenziell US-kritisch bis anti-amerikanisch.

    1. Ich hatte als Jugendlicher 1962, zusammen mit meinem Vater, ein Abo des Spiegel abgeschlossen, der zu dem Zeitpunkt fast ohne Reklame war, als immer mehr Reklame ins Blatt kam, merkte man auch in den Inhalten, die ordnende Hand, der Werbenden, so das wir damals schon das Abo kündigen mussten.

  4. >>> … von der NSA, die über die Betriebssysteme von Apple oder Google Zugriff auf die GPS-Bewegungsdaten von jedem Smartphonebesitzer der Welt hat.

    Wie machen DIE das, wenn ich den Standort (GPS) beim Android-Smartphone ausgeschaltet habe ?

    1. Wenn man den Standort (GPS) abgeschaltet hat, so bekommt nur das Anwenderprogramm, keine GPS Daten mehr geliefert. Wenn sie es wirklich verhindern wollen, dann müssen sie die GPS Elektronik im Handy ZERSTÖREN.
      So wie es nur eine Möglichkeit gibt, eine Festplatte zu löschen : VORHAMMER

        1. Vor Jahren hatte ich einen Freund, der für die Sicherheit in den Botschaften seiner Regierung in Übersee verantwortlich war. Er erzählte mir einmal, dass jede Botschaft unter seiner Aufsicht mit einem offiziellen Hammer der Regierung ausgestattet war. Warum? Für den Fall, dass die Anlage jemals von Unfreundlichen überrannt werden könnte, sollte der Hammer verwendet werden, um alle Festplatten zu zerstören.

          Was ist das? Warum nicht einfach die Daten löschen? Du machst Scherze, oder? Jeder weiß, dass das Löschen von Dateien mit vertraulichen Daten von Speichergeräten die Daten nicht wirklich entfernt. Bei genügend Zeit und Motivation kann fast alles von praktisch allen digitalen Medien abgerufen werden, mit Ausnahme derjenigen, die gut und richtig gehämmert wurden.

          Sie können es jedoch verwenden dd, um es den Bösen viel schwerer zu machen, an Ihre alten Daten zu gelangen. Dieser Befehl wird einige Zeit damit verbringen, Millionen und Abermillionen von Nullen über jeden Winkel der /dev/sda1Partition zu schreiben

      1. Auch ohne GPS – Funktion kann ein Handy mittels Triangulation lokalisiert werden. Da hilft nur den Akku rauszunehmen und ein neues, unregistriertes Handy zu benutzen.
        Zum löschen einer Festplatte braucht man keinen Hammer, Wasser genügt – schmeiss mal Dein Smartphon ins WC, das Ding ist definitiv hinüber.
        Der Nachteil der Hammermethode ist, dass man zuerst den Hammer suchen muss, was sehr lange dauern kann ;-).
        Technikfreaks bauen bei der Wohnungstüre ein starkes Elektromagnet ein, beim Abtransport des Kompiuters aus der Wohnung wird alles auf der Festplatte gelöscht.

  5. Es wäre für einige Menschen in Deutschland schon sehr hilfreich, wenn der FSB Bewegungsdaten von Geheimdienstlern in der Sache Breitscheidplatz oder dem NSU-Komplex veröffentlichen könnte.

    Jetzt wo die Beziehung sowieso im Eimer ist, kann das ja keinen Schaden mehr anrichten.

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