Krise in der US-Frackingindustrie: Pleitewelle und die Banken verweigern dringend nötige Kredite

Es ist erstaunlich ruhig geworden um die Ölpreise. Die steigen nämlich wieder und liegen jetzt bei über 40 Dollar. Aber das ist immer noch zu wenig für die US-Fracking-Industrie, die mit dem Rücken zur Wand steht und der erstens die Banken dringend nötige Kredite verweigern und die zweitens von einer Pleitewelle überrollt wird.

Von den finanziellen Problemen des Fracking-Marktführers Chesapeake Energy habe ich schon Ende April im Zusammenhang mit der überraschenden Kursänderung der Saudis in „Ölpreiskrieg“ berichtet. Inzwischen hat der Konzern Konkurs angemeldet und versucht, seine Kredite umzuschulden.

Am Mittwoch erschien beim russischen Fernsehen ein interessanter Artikel über die Situation der US-Fracking-Industrie (oder wie sie in Russland genannt wird, die „Schieferölindustrie), den ich übersetzt habe und zu dem ich nach der Übersetzung noch ein paar Gedanken äußern werde.

Beginn der Übersetzung:

Banken erwarten schlimmeres und verweigern der US-Ölindustrie Kredite

Die Ölpreise eilen heute zu – nach der Krise – neuen Rekorden. Der Preis der europäischen Sorte Brent stieg am 15. Juli auf die längst vergessene Marke von 44 Dollar, die russisches Sorte Ural auf 45 Dollar und das amerikanische WTI auf 41 Dollar pro Barrel. Der Ölmarkt reagierte auf Nachrichten über die gute Stimmung der Teilnehmer der historischen Vereinbarung der OPEC über die Verringerung der Ölproduktion – die Verknappung von überschüssigem Öl auf dem Markt erhöht seinen Preis. Der Deal läuft besser ab als erwartet. Und die sich verschlechternde Situation der US-Ölindustrie hat den Markt weiter inspiriert, die Ölschwemme auf der Welt wird noch schneller schrumpfen.

Der globale Ölmarkt erhielt unerwartete Unterstützung von Seiten der amerikanischen Banker. Die US-Öl- und Gasunternehmen, die seit langem die Schieferöl- und Gasförderung durch Kredite steigern, können keine zum Überleben wichtige, neuen Kredite erhalten. US-Banker vermeiden Gespräche mit der Schieferölindustrie, die seit langem eine Wachstumsquelle der US-Wirtschaft ist. Die Zahl der Bohrlöcher im Land ist innerhalb eines Jahres auf ein Drittel gefallen.

Die weltgrößten Investmentbanken Citibank, Goldman Sachs, JP Morgan Chase, Morgan Stanley und Wells Fargo kündigten für das zweite Quartal Verluste an und stellten die Bereitstellung von Geld für US-Öl- und Gasunternehmen ein, berichtete das Wall Street Journal. Die US-Banken brauchen selbst Hilfe, die US-Banker haben die Rekordsumme von 28 Milliarden Dollar für Kreditverluste beiseite gelegt, berichtete die Financial Times.

Die größten US-Banken haben deutlich gemacht, dass das Schlimmste noch kommen wird, nachdem sie beschlossen haben, Dutzende Milliarden Dollar zu horten, um sich auf die erwartete Welle von Kreditverlusten vorzubereiten, die von der Bevölkerung und den Unternehmen nicht zurückbezahlt werden können, schreibt das Wall Street Journal.

Die Ölpreise haben sich halbiert, die Produktion ist unrentabel geworden, die Schulden sind gestiegen und die US-Banken haben sich aufgrund der globalen Krise mit einem Portfolio nicht rückzahlbarer Kredite wiedergefunden.

Lange Zeit erlaubte der hohe Ölpreis von über 50 Dollar pro Barrel den US-Öl- und Gasunternehmen, von Krediten zu leben – die hohen Preise für Öl und Gas reichten mehr als aus, um die Zinsen für die Kredite zu bezahlen, neue Löcher zu bohren und neue Ölspeicher und Pipelines zu bauen.

Aber jetzt hat sich die Situation geändert. Die US-Schieferölunternehmen brauchen neue Kredite, um zu überleben. Und selbst wenn sie sie erhalten, wird der Schuldenanteil in diesem Sektor von 40 auf 54 Prozent steigen. Das ist eine unerträgliche Schuldenlast und die meisten Schieferölunternehmen werden Konkurs anmelden müssen.

Nicht alle werden schließen, große Unternehmen können schwache kaufen. Infolgedessen kann der Öl- und Gassektor die größte Konsolidierung in der Geschichte der Branche erleben, wenn die Starken die Schwachen absorbieren, prognostiziert Deloitte.

Aber die Probleme in der US-Öl- und Gasindustrie haben bereits zu einem Rückgang der Produktion im Land und zu Pleiten geführt. Mehr als 12 US-Öl- und Gasunternehmen haben Konkurs angemeldet und mit der Umstrukturierung von Schulden begonnen, berichtete die New York Times.

Laut Baker Hughes, das die Situation auf dem Markt verfolgt, ging die Zahl der aktiven Öl- und Gasquellen in den Vereinigten Staaten in der letzten Woche bis zum 10. Juli um weitere 5 zurück und belief sich auf 258 Bohrlöcher. Ein Jahr zuvor gab es 700 Bohrlöcher im Land. Die Zahl der Quellen in den USA geht die zehnte Woche in Folge zurück.

Dabei ist die Zahl der aktiven Ölquellen im Laufe der Woche um 4 auf 181 zurückgegangen. Das ist der niedrigste Wert seit dem Juni des Krisenjahres 2009.

Nach Angaben des US-Energieministeriums ging die Produktion um 15 Prozent zurück. Das Land produziert heute 11 Millionen Barrel Öl pro Tag, im Januar 2020 waren es noch 12,8 Millionen Barrel pro Tag und in 2019 waren es durchschnittlich 12,2 Millionen Barrel pro Tag.

Die allgemeine Rezession im Land verschlechtert die Situation – das Defizit des US-Staatshaushalts erreichte im Juni den Rekordwert von 864 Milliarden Dollar und wuchs in einem Jahr um das Hundertfache von 8,5 Milliarden im Juni letzten Jahres, meldete das Finanzministerium. Texas, ein ölproduzierender Staat und der zweitgrößte Staat nach der Bevölkerung, erlebt eine zweite Welle von Coronavirus-Erkrankungen. Viele Staaten haben erneut Quarantänebeschränkungen eingeführt.

Kalifornien, der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA, schließt Bars, Restaurants, Sport-, Freizeit- und Unterhaltungsindustrie.

Ende der Übersetzung

Die Ölpreise sind Anfang März abgestürzt, als sich die OPEC-Plus nicht auf Förderquoten einigen konnte und Saudi-Arabien daraufhin den Markt mit Öl geflutet hat. Die Medien sprachen von einem Ölpreiskrieg zwischen den Saudis und den Russen, aber Anfang April habe ich dahinter einen Angriff der Saudis (möglicherweise sogar in Absprache mit den Russen?) auf die US-Fracking-Industrie gesehen. Egal, ob ich damit Recht hatte oder nicht, aber was wir heute sehen, also die Existenzkrise der US-Fracking-Industrie, ist genau das Szenario, dass ich und auch andere Analysten erwartet haben, als wir von einem Angriff auf die US-Fracking-Industrie berichtet haben.

Der vom russischen Fernsehen am Ende erwähnte Lockdown in Kalifornien wird die Situation weiter verschärfen, denn die US-Fracking-Industrie produziert vor allem für den inländischen Markt. Ausländische Märkte versuchen sie ja erst zu erobern, ich erinnere nur an den Streit um Nord Stream 2.

Wenn also aufgrund eines neuen Lockdowns in den USA der Ölverbrauch zurückgeht, wird das der ohnehin angeschlagenen US-Fracking-Industrie weiter zusetzen.

Interessanterweise handelt das russische Fernsehen in seinem Artikel eine weitere Zahl regelrecht in einem Nebensatz ab: Die Neuverschuldung der USA, die um das Hundertfache gestiegen ist. Die USA waren de facto schon bankrott, wo das nun hinführen soll, kann man nur raten…

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

8 Antworten

  1. Durch die Pleitewelle wird auch die Energiesicherheit in Europa gefährdet. Wenn Nordstream 2 nicht gebaut wird brauchen wir das Fracking Gas aus den USA. Wenn dass dann auch nicht geliefert werden kann sieht es schlecht aus.
    Durch den Wegfall der Kohle und Atomkraftwerke werden zum Ausgleich Gaskraftwerke benötig, die im Fall einer Dunkelflaute die Stromproduktion schnell aufnehmen können. Wir werden zukünftig also viel mehr Gas benötigen. Nur die Lieferung des Gases aus den USA wird dann nicht mehr gewehrleistet sein. Ein Zusammenbruch des Stromnetzes wird viel teurer sein als die Mehrkosten für das Fracking Gas aus den USA über Jahrzehnte ausmacht.
    Die USA brauchen für die Stützung der Fracking Industrie also dringend den Europäischen Markt. Aber die alten Kraftwerke werden noch fast 20 Jahre laufen. Bis dahin sind bei einem niedrigen Ölpreis alle Fracking Unternehmen pleite.
    Wir können also nur hoffen, dass die Pleitewelle schnell voranschreitet. Wenn die USA dann kein Gas mehr liefern können, werden diese auch die Sanktionen gegen Nordstream 2 aufheben.

    1. Das passiert ja bereits. Es wurde irgendwann mitte märz anfang April eine Meldung durch die Presse getrieben das Trump weitere Unternehmen auf die Blackliste setzen wolle. Soweit ich das jetzt sehen kann, blieb es bei dem Versuch. Davon ab sollte North Stream 2 ohnehin bereits betriebsbereit sein.

  2. Weil das etwas unscharf ist:
    Ich vermute mal mit den Bohrlöchern sind die Rig Counts gemeint oder?
    Das sind keine aktiven Quellen, sondern Bohrungen nach neuen Quellen.

    Dann kriegt man auch den Satz „Dabei ist die Zahl der aktiven Ölquellen im Laufe der Woche um 4 auf 181 zurückgegangen. “ besser eingeordnet.

  3. Das sind im großen Zusammenhang nur Nebenkriegsschauplätze, wenngleich für Russland als Ölproduzent von großer Wichtigkeit. Das Problem wird wohl im Oktober augenscheinlich werden. Nach meiner langjährigen Beobachtung ist das der Monat, wenn die Börsen crashen. Da werden die Unternehmen feststellen, dass die Aufträge für das Weihnachtsgeschäft ausbleiben. Viele werden ihre Reserven und die Altersversorgung auflösen um flüssig zu bleiben oder auch nur um ihre Kredite bedienen zu können. Diesmal geht es auch noch darum, die letzten Wahlchancen für Trump zu nichte zu machen.

    Danach werden dann Immobilien en masse auf den Markt geworfen werden, zumal auch von denen die im Börsencrash ihr anderes Vermögen verloren haben, von denen die keine zahlungsfähigen Mieter – sei es für Wohnungen, Büros oder Geschäfte – mehr finden.

    Die ganze Finanzwirtschaft wird in ihrem Schuldengebäude einbrechen. China kann da noch mit der weiteren Entwicklung des Binnenmarkts dagegenhalten. Im Westen aber geht dem Kapitalismus das Kapital aus. Dann hat man auch kein Kapital mehr zum Gegensteuern.

    Zeitenwende?

  4. Der Referenzpreis für US-Rohöl, bekannt als West Texas Intermediate (WTI), fiel letzte Woche zum ersten Mal für Lieferungen im Mai unter Null, und der Preis für Juni fiel um ein Drittel auf etwas mehr als 15 USD. Der Rest der Preiskurve für 2020 zeigt Preise unter 30 USD pro Barrel – weit unter den 55 USD, die die meisten US-Produzenten benötigen, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Das größte US-Lager in Cushing in Oklahoma ist bereits zu zwei Dritteln ausgelastet, und die verbleibende Kapazität soll von Ölhändlern und -maklern aufgebraucht worden sein. Vor der US-Küste wurden inzwischen riesige Öltanker bezahlt, die jeweils mit rund 2 Millionen Barrel Rohöl gefüllt sind, um als provisorisches Lager still zu stehen. Ölproduzenten ohne Lagerraum haben nur begrenzte Möglichkeiten: Rohöl mit Verlust an diejenigen zu verkaufen, die noch bereit sind, es zu nehmen, oder Ölquellen zu schließen und finanziellen Ruin zu riskieren.

    https://www.theguardian.com/business/2020/apr/25/fracking-america-boom-founders-prices-demand-collapse-covid-19

  5. „Interessanterweise handelt das russische Fernsehen in seinem Artikel eine weitere Zahl regelrecht in einem Nebensatz ab: Die Neuverschuldung der USA, die um das Hundertfache gestiegen ist. Die USA waren de facto schon bankrott, wo das nun hinführen soll, kann man nur raten…“
    Das wird dahin führen, dass die USA wieder Kriege führen werden unter fadenscheinigen Begründungen, zu allererst wohl gegen den Iran, aber Venezuela wird wohl auch noch dran glauben müssen, vielleicht nicht so offensichtlich,sondern eher Richtung Regime Change, aber immerhin…

    1. „Neuverschuldung der USA, die um das Hundertfache gestiegen ist.“

      Es ist irrelevant ob in einem Monat die Neuverschuldung besonders angestiegen ist, insbesondere im Kontext der ggw. besonderen Umstände.

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