Mit welchen Maßnahmen die russische Regierung Menschen und Wirtschaft gegen die Corona-Folgen hilft

Ich wurde in Mails immer wieder gefragt, welche Programme der russische Staat zur Unterstützung von Menschen und Wirtschaft in der Coronakrise aufgelegt hat. Daher will ich hier über die aktuellen Ereignisse berichten.

Um das nicht alles selbst zusammenzustellen, mache ich es mir etwas einfacher, denn das russische Fernsehen hat am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ in einem Beitrag die neuen Fördermaßnahmen, die letzte Woche beschlossen wurden, zusammengefasst. Daher habe ich den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.

Zuvor sei aber gesagt, dass Russland sich kaum von anderen Ländern unterscheidet. Auch in Russland ist die Bürokratie (manchmal) langsam, auch in Russland werden Fehler gemacht und auch in Russland sind die Banken, die einen Teil der Kosten tragen sollen, davon nicht begeistert und versuchen, Dinge hinauszuzögern. Daher kenne ich aus meinem Bekanntenkreis sowohl Fälle, in denen die Hilfsmaßnahmen funktionieren, als auch solche, in denen sie nicht funktionieren. Das ist auch Thema in dem Bericht des russischen Fernsehens, denn die russische Regierung macht Druck, damit die erlassenen Maßnahmen auch unverzüglich umgesetzt werden und bei den Menschen und Firmen ankommen.

Beginn der Übersetzung:

Eine weitere schwierige Woche im Kampf gegen das Coronavirus ist vorbei. Fassen wir zusammen. Die Zahl der Infektionen in der Welt hat 2 Millionen überstiegen. Mehr als 150.000 Menschen sind gestorben. In einigen Ländern hat die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht, in anderen ist sie bereits auf dem Rückzug. In Russland nimmt die Epidemie gerade erst Fahrt auf. Im Laufe der Woche hat sich die Zahl der Infizierten in Russland mehr als verdoppelt und die heimtückische Krankheit hat bereits mehr als 300 Opfer gefordert.

Präsident Putin bekräftigte noch einmal, dass um jedes Leben gekämpft wird: „Es ist uns wichtig, dass im ganzen Land, nicht nur in den großen Städten und Ballungsräumen, sondern in jeder Region und jedem Gebiet, 100-prozentige Bereitschaft besteht, um das Leben jedes einzelnen Menschen zu kämpfen und den Menschen zu helfen, die mit der Krankheit konfrontiert sind. Die Risiken der Epidemie sind nach wie vor sehr hoch. Der Höhepunkt ist noch nicht überschritten, die Zahl der Fälle steigt. Und das nicht nur in Moskau, sondern auch in vielen anderen Regionen der Föderation. Auch wenn nicht alle Reserven, die jetzt geschaffen werden, vollständig benötigt werden, brauchen wir sie, um jede Herausforderung zu bewältigen, auf jedes Szenario vorbereitet zu sein, das in jedem unserer Territorien passieren kann. Gott schützt die, die sich vorbereitet haben.“ (Anm. d. Übers.: „Gott schützt die, die sich vorbereitet haben“ ist ein altes russisches Sprichwort)

Und dieser Kampf „um das Leben jedes einzelnen Menschen“ wird nicht nur von Ärzten und Behörden geführt. Das macht tut jeder von uns, indem wir zu Hause bleiben, um uns und andere nicht zu infizieren.

Übrigens sah Putin in dieser schwierigen Situation einen positiven Aspekt, eine echte Chance, für das nationale Gesundheitssystem, in sehr kurzer Zeit besser zu werden.

„Wir wissen, dass wir sicher sein können, dass Russland diese Epidemie besiegen wird. Wir werden diese schwierige Phase überstehen und dieser Sieg wird umso bedeutsamer sein, wenn wir in dieser schwierigen Zeit das Gesundheitssystem im Land in allen Regionen stärker, moderner und effektiver machen, so dass die qualitativen, die Menschen die echten Veränderungen spüren werden“, sagte das Staatsoberhaupt.

Gleichzeitig ergreift der Staat beispiellose Maßnahmen zur sozialen Unterstützung sowohl für diejenigen, die erkrankt sind, als auch für diejenigen, die in eine schwierige Situation geraten sind, nachdem sie aufgrund der Coronavirus-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben, insbesondere geht es um Familien mit Kindern.

Ein Bericht unserer Journalisten.

Alles, was jetzt im Land und in der Welt geschieht, geschieht zum ersten Mal und es gibt keinen fertigen Algorithmus, um aus der Krise herauszukommen. Die Strategie des Staates hängt jetzt in erster Linie von der epidemiologischen Situation ab.

„Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass Russland im Vergleich zu anderen Ländern, die ebenfalls mit dem Coronavirus konfrontiert sind, zumindest bisher besser aussieht. Um weiterhin vorbeugend tätig zu sein, obwohl die Situation nicht besser wird, müssen wir auf Basis objektiver Prognosen handeln“, sagte Wladimir Putin.

Es ist notwendig, entschlossen zu handeln, aber alles muss immer mit Experten abgestimmt sein und es dürfen keine rücksichtslosen Schritte zugelassen werden, das betrifft sowohl den Kampf gegen das Virus, als auch die Maßnahmen, die Russland ergreift, um die Menschen zu unterstützen.

„Ich habe es in den Nachrichten gehört und natürlich hat es uns alle gefreut, denn jetzt durchleben alle eine schwierige Zeit und die Unterstützung von unserem Staat wird gebraucht“, sagte man uns in Wladiwostok.

5.000 Rubel (ca. 75 Euro) pro Monat für jedes Kind unter drei Jahren, dieses Geld wird bereits ausgezahlt, und zwar kontaktlos ohne Anträge, was im Einklang steht mit dem Kampf gegen das Virus.

In Samara nutzt ein Lebensmittelunternehmen die Kreditferien. (Anm. d. Übers.: „Kreditferien“ sind eine der Maßnahmen der russischen Regierung. Die russischen Banken sind angewiesen, für die Dauer der Isolierungsmaßnahmen Tilgung und Zinsen für Kredite zu stunden)

„Man hat uns einen sechsmonatigen Aufschub gewährt. Das ist eine sehr große Hilfe für uns, denn die Belastung durch die Kosten der Kredite ist ein ernsthaftes Problem“, sagte Ekaterina Kravchuk, Direktorin des Lebensmittelkonzerns. Es ist ihr gelungen, alle Mitarbeiter zu halten und die Produktion umzustellen.

Ein Reisebüro im Fernen Osten hat einen Kredit für die Gehälter der gesamten Belegschaft erhalten.

„Wir haben insgesamt 11 Leute, alle bleiben bei uns und jeder soll sein Gehalt bekommen. Das leisten wir dank der subventionierten, langfristigen Darlehen“, erklärte Dmitry Goldarev, Inhaber des Reisebüros.

Das funktioniert bereits, aber der Mechanismus muss noch angepasst werden. Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikov versuchte inkognito telefonisch, einen Kredit von einer Bank zu bekommen, aber er wurde ihm abgelehnt.

„In einem Fall hieß es, die Regierung habe noch keine Anweisung erlassen, wir haben sie aber schon am 2. April erlassen. Andere äußerten sich positiv über das Programm, haben das Wesentliche verstanden. Aber Möglichkeit, die Darlehen zu bekommen gäbe es nicht. Sie sagten, dass die Zahlungen erst im Mai durchgeführt werden“, sagte der Minister. Er berichtete darüber umgehend bei einem Treffen der Regierung.

„Wir haben die Banken bei diesem Programm aktiv angesprochen. Aber man muss festhalten, dass es für die Banken natürlich Verluste bedeutet“, merkte Reschetnikov bei dem Treffen an. (Anm. d. Übers.: Kabinettssitzungen, also „Treffen der Regierung“, werden in Russland zum Teil live im Fernsehen übertragen, natürlich nicht komplett. Dieser Teil wurde schon vor Tagen vom Fernsehen gezeigt, wobei die Reaktion des Ministerpräsidenten interessant war)

„Was heißt das, ob es Verluste bedeutet, oder nicht? Das ist eine Anordnung des Präsidenten, über die wir viele Male diskutiert haben und wir haben den Banken alle Bedingungen mitgeteilt. Bitte richten Sie ein tägliches Monitoring darüber ein, wie es umgesetzt wird und um welche faktischen Volumina es geht. Wir sagten, es geht um etwa 150 Milliarden Rubel (knapp zwei Milliarden Euro). Damit wir ein Bild davon haben, wann die Banken das entsprechende Niveau erreichen werden“, sagte Ministerpräsident Michail Mischustin.

Damit das Programm ordnungsgemäß funktioniert, muss der Premierminister persönlich intervenieren.

Die im Land verkündeten arbeitsfreien Tage sorgen für Uneinigkeit, aber Regierungen und Behörden müssen jetzt auf alle Ebenen an einem Strang ziehen. Die Regierung trifft sich täglich zu nur einem einzigen Thema: Wie können die wirtschaftlichen Verluste für Russland minimiert werden?

Der Präsident hat es eilig: Die Umsetzung der bereits ergriffenen Maßnahmen muss nicht nur überwacht werden, sondern es müssen auch neue vorgeschlagen werden.

„Die Situation ändert sich dynamisch, ich fordere die Regierung auf, zusammen mit Regionen und Wirtschaftsverbänden die Wirksamkeit und Angemessenheit der ergriffenen Maßnahmen ständig zu bewerten. Es liegt auf der Hand, dass neue Lösungen erforderlich sein werden, sowohl für die Wirtschaft als Ganzes, als auch für die einzelnen Industriezweige. Diese Entscheidungen müssen jetzt vorbereitet werden, um die notwendigen Ressourcen zu konsolidieren“, sagte Wladimir Putin.

Es wurde bekannt gegeben, womit der Staat der Wirtschaft noch helfen kann. Der Non-Food-Einzelhandel wurde in die Liste der hilfsberechtigten Branchen aufgenommen. Privaten Unternehmen, die kein Personal abgebaut haben, wird der Staat die Summe überweisen, die dem staatlichen Mindestlohn für jeden Arbeitnehmer entspricht.

„Das gesamte Programm wird mehr als eine halbe Million kleiner und mittlerer Unternehmen mit mehr als 3 Millionen Beschäftigten umfassen. Wir bereiten auch die Ausweitung des Programms der zinslosen Kredite vor, mit denen alle Unternehmen der am stärksten betroffenen Branchen die Gehälter bezahlen können. 75 Prozent dieser Darlehen werden durch Bürgschaften der staatlichen russischen Außenhandelsbank gedeckt“, erklärte Mischustin.

Die vom Präsidenten vorgeschlagene Bonuszahlungen für medizinisches Personal in Höhe von 80.000 Rubel (ca. 1.000 Euro), 50.000 Rubel (ca. 750 Euro) und 25.000 Rubel (ca. 375 Euro) pro Monat, je nach Arbeitsplatz und Qualifikation, sollen von der Steuer befreit werden. Ärzte erhalten 80.000 Rubel, Krankenschwestern und Sanitäter erhalten 50.000 Rubel zusätzlich pro Monat. Krankenhausärzte in Ausbildung erhalten 25.000 Rubel pro Monat.

„Die Zahlen wurden als absolute Zahlen bezeichnet und die Menschen müssen es netto bekommen. Dazu müssen Änderungen am entsprechenden Rechtsrahmen vorgenommen werden. Ich bitte Sie, das zu tun“, forderte Putin. „Und das wird auf keinen Fall als Vorwand für die Streichung der Zusatzzahlungen dienen, die die Regionen zur medizinischen Versorgung leisten.“

„Seit März haben wir einen Regionalzuschlag eingeführt. Es wurde beschlossen, eine föderale Bonuszahlung einzuführen, wir haben zusätzlich eine regionale Bonuszahlung erlassen“, sagte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjabin.

Moskau, die am stärksten vom Coronavirus betroffene Region, wird auf vielen Wegen versuchen, die Wirtschaft zu stützen. Für Kreditleistungen für kleine und mittlere Unternehmen übernimmt die Stadt die Subventionierung der Zinsen in Höhe von bis zu 6 Prozent pro Jahr für zuvor aufgenommene Kredite und bis zu 8 Prozent bei neuen. Ein sechsmonatiger Aufschub der Grund- und Immobiliensteuer wurde beschlossen. Eigentümer von Immobilien in der Hauptstadt können mit einer teilweisen Steuerbefreiung rechnen, wenn sie die Miete für Hotels halbieren. Und das – so verspricht man – ist nur der Anfang der Liste.

„Wir werden auf jeden Fall die Bauindustrie unterstützen. Mehr noch, die Bauindustrie soll in der Phase der wirtschaftlichen Erholung zu einem der Wachstumsmotoren werden, der andere Sektoren mitziehen wird“, ist sich Wladimir Putin sicher.

Jeder betroffene Zweig der russischen Wirtschaft wird staatliche Beihilfen erhalten. Der aktuelle Zustand, die Bedürfnisse und die Schäden werden auf Videokonferenzen unter Beteiligung des Präsidenten detailliert analysiert.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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