Neue US-Sanktionen gegen Nord Stream 2: Vergleich der Reaktionen des deutschen und des russischen Außenministeriums

Die USA weiten die Sanktionen gegen Nord Stream 2 weiter aus. Die deutsche Politik hält sich mit Protesten zurück, gleiches gilt für die Medien. Dabei sind die neuen US-Sanktionen ein direkter Angriff auf ihre angeblichen Verbündeten. Aber die deutsche Bundesregierung scheint es nicht für nötig zu halten, deutsche Interessen und Unternehmen zu schützen.

Russland und vorher die Sowjetunion liefern uns seit fast 50 Jahren Gas. Und egal, ob auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges oder in den heute schweren Zeiten der deutsch-russischen Beziehungen, Russland war immer ein zuverlässiger Lieferant für alle, die pünktlich ihre Rechnungen bezahlen. Ich füge diesen Satz extra hinzu, damit niemand die Ukraine erwähnen kann, der Russland manchmal das Gas abgestellt hat, nachdem sie über sechs Monate mit den Zahlungen im Rückstand war (Die Details zu den früheren „Gaskonflikten“ finden Sie hier)

Der Spiegel hat in seinem Artikel über die neuen US-Sanktionen ein Meisterwerk der Desinformation abgeliefert. Dass sich die Sanktionen ausdrücklich gegen deutsche Firmen wenden, verschweigt er praktisch komplett, man muss das schon sehr genau suchen. Im Spiegel steht zum Beispiel:

„So sollen künftig auch Unternehmen, die Schiffe für andere Aktivitäten im Zusammenhang mit den Verlegearbeiten stellen, mit Strafmaßnahmen belegt werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um das Ausheben von Gräben für die Pipeline handeln. Auch sollen Firmen, die solche Schiffe versichern, mit Sanktionen belegt werden. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die Zertifizierungen für die Pipeline vornehmen, damit diese in Betrieb gehen kann.“

Der Spiegel vermeidet es konsequent, seinen Lesern mitzuteilen, dass die USA hier ganz offen deutschen Unternehmen mit Sanktionen drohen. Das muss der Leser aus dem Zusammenhang selbst verstehen. Man stelle sich einmal vor, China würde deutschen Unternehmen Sanktionen androhen, das Geschrei im Spiegel wäre zu Recht groß und man würde hysterisch mit dem Finger auf China zeigen.

Was der Spiegel auch mit keinem Wort erwähnt ist, dass die USA mit den Sanktionen rein wirtschaftliche Ziele verfolgen, denn sie wollen ihr durch Fracking gewonnenes Flüssiggas verkaufen. Das Problem dabei: Freiwillig kauft das in Europa kaum jemand, weil es 30 Prozent teurer ist, als das russische Gas. Davon steht im Spiegel aber kein Wort.

Dass der Spiegel ein Propaganda-Organ der US-Politik ist, sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein, dieser Artikel bestätigt das auf´s Neue. Dem Spiegel ist es völlig egal, ob deutsche Verbraucher noch mehr für Strom und Heizung bezahlen müssen, weil diese 30 Prozent Aufpreis natürlich an die Verbraucher weitergegeben werden. Dem Spiegel ist es auch völlig egal, dass das Arbeitsplätze kosten wird, denn höhere Energiepreise sind ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Wirtschaft.

Spiegel-Leser sollen all das besser nicht erfahren, die USA sind ja die Guten.

Aber OK, der Spiegel muss ja auch keine deutschen Interessen vertreten, das sollte die Regierung aber wenigstens tun. Und? Außer Worthülsen kommt von dort aber nichts. Kein deutlicher Protest, keine Drohung mit Gegenmaßnahmen, nur leere Worte.

Da war das russische Außenministerium deutlicher. In ihrer Pressekonferenz hat die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharova, sehr deutliche Worte gefunden. Auch für die Reaktion aus Berlin. Daher habe ich die offizielle Erklärung des russischen Außenministeriums zu dem Thema übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Wir stellen fest, dass die Vereinigten Staaten der Welt weiterhin mit überraschender Beharrlichkeit beweisen, was zu einem Axiom geworden ist: die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten in der internationalen Politik außer Sanktionen keine anderen Argumente haben. Dass alle Versuche, auf alle Druck auszuüben, die mit Russland in Verbindung stehen, ist keine Neuigkeit. Dabei bekommen auch die Verbündeten der Vereinigten Staaten in Europa ihr Fett weg. Diesmal kündigte der US-Außenminister Anpassungen in den veröffentlichten Klarstellungen zur Anwendung von Artikel 232 des Gesetzes „Countering America’s Adversaries through Sanctions“ – CAATSA-Gesetz – von 2017 an. Wie das US-Außenministerium erläuterte, gilt das Gesetz nun auch für Gaspipeline-Projekte, insbesondere Für Nord Stream-2 und den zweiten Strang von Turkish Stream. Es wurden Drohungen ausgesprochen, das gesamte Arsenal repressiver Maßnahmen zu nutzen, falls die so genannten „Verletzer“ an den Projekten teilnehmen.

Je mehr Interviews über solche Themen mit US-Außenminister Pompeo ich mir anschaue, desto mehr denke ich, dass ich einen Spielfilm aus dem Kalten Krieg anschaue.

Es ist allgemein bekannt, dass es sich hierbei um rein kommerzielle Projekte handelt. Das haben wir und die europäischen Partner den Amerikanern wiederholt gesagt, inklusive aller Zahlen, Fakten und Berechnungen.

Da stellt sich natürlich die Frage, ob das Außenministerium das Gesetz – und vor allem Artikel 232 – auch gelesen hat. Wir haben es gelesen. Wir erleben es immer wieder, dass wir unsere amerikanischen Partnern von diesem Rednerpult aus über die Einzelheiten internationaler Abkommen und ihrer internen Rechtsvorschriften, auf die sie sich beziehen, informieren müssen. Lassen Sie uns das noch einmal tun.

Artikel 232, der von US-Außenminister Pompeo erwähnt wurde, besagt, dass der Präsident der Vereinigten Staaten Sanktionen nur „in Abstimmung mit den Verbündeten“ verhängen kann. Interessante Frage: Wurde diese Entscheidung mit jemandem abgestimmt? Vielleicht mit Berlin, wo wohl nur die Faulsten nicht ihre negative Haltung gegenüber möglichen amerikanischen Sanktionen gegen deutsche Unternehmen zum Ausdruck gebracht haben? Wir werden heute noch auf die Reaktion aus Berlin zurückkommen.

Ich möchte die Frage noch einmal stellen: Haben die das Gesetz, auf das sich das US-Außenministerium bezieht, wirklich komplett gelesen?

Eines ist klar: Die Vereinigten Staaten verfolgen hier ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen, um als Öl- und Gaslieferant in Europa Fuß zu fassen. Dazu sind ihnen alle Mittel recht. Es gibt nichts, was Washington nicht nutzt, um dieses Ziel zu erreichen. Gleichzeitig mussten sie verstehen, dass ihr teures Gas anscheinend nur „unter Androhung von Prügel“ gekauft werden würde. In dem Versuch, alle von ihrer „Rechtschaffenheit“ zu überzeugen, kommt ihnen anscheinend alles in den Sinn, einschließlich der abgedroschenen Formulierung über die Notwendigkeit, ihre europäischen Freunde vor dem „aggressiven Russland“ zu schützen. Das ist unser Lieblingszitat. Wir möchten noch einmal betonen, dass solche harschen Äußerungen des Außenministers inakzeptabel sind. Bitte lesen Sie den Artikel 232 noch einmal.

Nun zur Reaktion Berlins: „Die Vereinigten Staaten missachten das Recht und die Souveränität Europas, indem sie mit Sanktionen gegen das Projekt Nord Stream 2 drohen. Deutschland hält es für notwendig, ein gemeinsames Konzept für die Sanktionspolitik gegenüber Russland zu entwickeln, was durch das Vorgehen Washingtons erschwert wird“, sagte der deutsche Außenminister Maas. „Durch die Verhängung von Maßnahmen, die auch europäischen Unternehmen mit Sanktionen drohen, missachtet die US-Regierung das Recht und die Souveränität Europas, selbst zu entscheiden, wie und von wo wir Energie bekommen. Die europäische Energiepolitik wird in Europa und nicht in Washington entwickelt. Wir lehnen extraterritoriale Sanktionen ab“, hieß es in einer Erklärung von Außenminister Maas, die vom Auswärtigen Amt veröffentlicht wurde.

Wir können diesem Satz nur zuzustimmen. Es gibt nur ein „Aber“: Vielleicht liegt das Problem darin, dass man das erst jetzt ausgesprochen hat, vielleicht wäre es nötig gewesen, solche Thesen ein wenig früher einzufordern?

Ende der Übersetzung

Bleibt mir nur noch eines hinzuzufügen: Wenn Deutschland solche „Freunde und Verbündete“ hat, wie die USA, dann braucht es keine Feinde mehr…


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. In Deutschland sitzen die Feinde in der Regierung und in den Parteien und heißen merkel, maas, steinmeier et al. Diesen Gestalten sind die Sanktionen (insgeheim) nur recht. Das zeigt der laue „Widerstand“ dagegen. Da müssen sie sich nicht selbst die Finger schmutzig machen, um das Land an die Wand zu fahren.

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