Putin im O-Ton zu der Frage, ob er nach 2024 weiterhin Präsident bleiben will

Will Putin ewig ab der Macht bleiben? Die Frage, die die Medien auf der ganzen Welt interessiert, wurde ihm auch bei dem großen TASS-Interview zum 20. Jahrestag seiner ersten Amtszeit gestellt.

Ich habe schon einige Teile des sehr langen Interviews übersetzt. Putins Aussagen zu den Wirtschaftssanktionen finden Sie hier, seine Aussagen über Chodorkowski und Oligarchen generell finden Sie hier, seine Einschätzung des Verhältnisses zur Ukraine finden Sie hier und seine Aussagen über Staatskapitalismus finden Sie hier.

Heute geht es nun um die Frage, ob Putin nach 2014 weiter Präsident bleiben will. Auch diesen Teil des Interviews habe ich übersetzt. Meine Einschätzung zu der Frage finden Sie hier und ich habe das Gefühl, dass meine dieses Interview meine Interpretation bestätigt: Putin will sich nicht in die Karten schauen lassen und er will vor allem vier Jahre andauernde Machtkämpfe um die Nachfolge unterbinden, die das Land lähmen würden.

Beginn der Übersetzung:

Vandenko: Kommen wir dazu, was uns 2024 erwartet. Bleiben Sie uns für immer erhalten?

Wladimir Putin: Wenn Sie wollen. Wollen Sie das?

Vandenko: Ich persönlich?

Wladimir Putin: Die Frage ist, in welcher Eigenschaft?

Vandenko: Das meine ich. Und in welcher Eigenschaft sehen Sie sich selbst?

Wladimir Putin: Ich weiß es nicht, wir werden sehen.

Vandenko: Lassen Sie uns darüber nachdenken.

Wladimir Putin: Bis dahin ist noch viel Zeit.

Vandenko: Von hier aus ist es schlecht zu sehen. Von dort oben, wo Sie sind, ist es wahrscheinlich besser zu sehen. Was ist da oben? Welche Horizonte eröffnen sich dort?

Wladimir Putin: Nein, überhaupt nicht. Wissen Sie, von wo es zu sehen ist? Man sieht es an der Stimmung der Menschen, an ihren Wünschen.

Vandenko: Aber die, die man Eliten nennt, sind nervös, der Wechsel macht sie nervös. Die brauchen Planungssicherheit.

Wladimir Putin: Ich verstehe. Das verstehe ich. Die Eliten, ja, die können nervös sein.

Vandenko: Gefällt Ihnen das?

Wladimir Putin: Nein. Das ist schlecht. Das ist wirklich schlecht, es bedeutet Ungleichgewicht. Das ist mir bewusst. Ich bin mir dessen bewusst. Aber trotzdem geht die Macht immer noch vom Volk aus. Das ist mir sehr wichtig. Es ist sehr wichtig für mich, zu fühlen, zu verstehen, was die Menschen wollen. Das ist die grundsätzliche Frage.

Vandenko: Und was ist, wenn die Leute sagen, bleiben Sie…?

Wladimir Putin: Ich muss darüber nachdenken. In welcher Eigenschaft ist die andere Frage.

Vandenko: Und in welcher Eigenschaft?

Wladimir Putin: Ich habe im Moment keine Antwort.

Vandenko: Sie wollen nur nicht darüber sprechen.

Wladimir Putin: Ja. Nun, es sind noch vier Jahre, ich habe im Moment keine Antwort. Aber das Wichtigste, ich wiederhole das noch einmal, und ich meine es aufrichtig, die wichtigste, die prinzipiell wichtigste Frage ist die Stimmung der überwiegenden Mehrheit der Menschen im Land. Das ist natürlich eine Frage des Vertrauens.

Vandenko: Sie haben diese Frage schon mal beantwortet: Sie dachten nicht, dass sie so lange bleiben würden?

Wladimir Putin: Nein. Das ist mir nie in den Sinn gekommen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich überhaupt hier sein würde. Das ist mir nie in den Sinn gekommen, wie auch? (Anm. d. Übers.: Kaum jemand weiß das in Deutschland, aber Putin musste seinerzeit mehrmals überredet werden, als Präsident anzutreten, er hatte das abgelehnt. Darüber habe ich detailliert in meinem Buch über Putin geschrieben)

Vandenko: Wollten Sie mal aufhören?

Wladimir Putin: Nun, wissen Sie, es gibt so etwas wie Verantwortungsgefühl für das, was vor sich geht und was passieren wird. Es ist sehr…

Vandenko: Wussten Sie 2008, dass Sie 2012 wieder Präsident werden?

Wladimir Putin: Nein. Also es war eine Option, aber dass ich es wusste, nein, natürlich nicht. Aber als Option war die Möglichkeit vorhanden.

Vandenko: Maxim Galkin scherzt, dass Putin kein Nachname ist, sondern ein Staatsamt. (Anm. d. Übers.: Galkin ist ein bekannter Komiker in Russland)

Wladimir Putin: Ein Mann, der kein Staatsamt inne hat, kann Witze machen. Und seine Witze werden gebraucht.

Vandenko: Und wie empfinden Sie es, als Zar bezeichnet zu werden?

Wladimir Putin: Nun, das stimmt nicht. Da könnte man jeden anderen Zar nennen. Ich arbeite jeden Tag, ich zare nicht. (Anm. d. Übers.: „Zaren“ ist ein russisches Verb, das nicht ins Deutsche zu übersetzen ist. Es bedeutet sinngemäß, dass ein Zar auf seinem Thron sitzt und ein faules Leben führt, in dem alle arbeiten lässt und es sich selbst nur gut gehen lässt) Ein Zar ist einer, der da sitzt, von oben schaut und sagt: „Ich befehle!“ Und dann wird das gemacht. Und selbst probiert er neue Hüte an und schaut sich im Spiegel an. Ich arbeite jeden Tag.

Vandenko: Was sind Ihre Informationsquellen?

Wladimir Putin: Die Informationsquellen von Menschen wie mir, egal in welchem Land sie leben, sind ungefähr gleich und es sind ziemlich viele. Es ist die Soziologie und die Umfragen, es sind die Geheimdienste und natürlich die Medien. Und besonders wichtig ist der direkte Kontakt mit den Menschen.

Vandenko: Nun, das ist die Frage… Wissen Sie, erinnern Sie sich daran, was Müller sagte: „Ihr könnt niemandem vertrauen, aber mir könnt Ihr vertrauen.“ Wem vertrauen Sie? (Anm. d. Übers.: Müller ist eine Figur aus einem sehr bekannten, alten russischen Film)

Wladimir Putin: Wissen Sie, um ehrlich zu sein…

Vandenko: Ich hätte gerne eine ehrliche Antwort.

Wladimir Putin: Vor allem glaube ich der Stimmung der einfachen Menschen. Wenn ich mit den Menschen spreche, im direkten Kontakt, auch wenn es nur kurz ist, denke ich, dass ich die Stimmung der Menschen fühle. Das Gefühl ist bei mir nicht abgestumpft, ich habe es nicht verloren, und für mich ist das in der Tat sehr wichtig. Und ich glaube, die Menschen sind sehr aufrichtig. Wir haben sehr aufrichtige Menschen. Sehr aufrichtige, verständnisvolle und offene Menschen.

Vandenko: Nun, wissen Sie, wenn sich eine Person mit einer hoch gestellten Person trifft, auch noch mit dem Präsidenten…

Wladimir Putin: Ja.

Vandenko: Also, lädt man bei dem gleich alle Probleme ab? Sie haben mich heute gefragt, wie es mir geht. Es ist durchwachsen. Und bei den Menschen auch, verstehen Sie?

Wladimir Putin: So sind nicht alle. Manche Leute kommen mit ihren Problemen, manche diskutieren mit mir. Die Leute sprechen über ihre Probleme. Und aus den Problemen eines Menschen kann man auf die Probleme von Millionen schließen.

Vandenko: Ich meine einfach, dass, die Menschen, denke ich, sich genau überlegen, was sie sagen. Nehmen wir mich, sorry, ich sitze hier mit Ihnen und wir reden, trotzdem überlege ich mir genau, was ich sage, weil… aus vielen Gründen. Man will Kollegen nicht in die Pfanne hauen und nach diesem Interview möchte ich nicht im sonnigen Magadan landen. (Anm. d. Über.: Das ist ein bekannter russischer Scherz: Magadan ist eine sehr kalte Stadt im tiefsten Sibirien, wo unter Stalin die Gulags waren. Die Gegend ist so unwirtlich und abgelegen, dass dort oft nicht einmal Stacheldraht war, da man nirgendwohin fliehen konnte.)

Wladimir Putin: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Ihnen und dem einfachen Bürger der Russischen Föderation, ja.

Vandenko: Welchen?

Wladimir Putin: Was Lenin gesagt hat, trifft wohl sehr auf Sie zu…

Vandenko: Okay, jetzt werde ich etwas Interessantes über mich erfahren.

Wladimir Putin: Die Revolutionäre sind eine sehr kleine Gruppe und sie sind furchtbar weit weg vom Volk.

Vandenko: Das war’s, also…

Wladimir Putin: Das gilt für Leute wie Sie. Ich meine das gar nicht böse. Der einfache Mensch ist nicht mit großer Verantwortung gegenüber anderen belastet. Der einfache Bürger, der sagt, was er denkt und was er denkt, dass sagt er auch. Der muss im Gespräch mit mir nicht abwägen, was seine Vorgesetzten sagen könnten. Das, was er denkt, das sagt er auch. Und sie erzählen mir kritische Dinge und es kommt von Herzen, wenn sie etwas mögen oder nicht mögen. Ich schätze das sehr, in der Tat ist das sehr wichtig für mich.

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Ob Wladimir Putin 2024 wieder antritt ist zum Schluss Angelegenheit der Russen selbst, auch, ob er nochmals als Präsident gewählt wird. Auch wenn man sich hier im Westen aufregt, das hat den Westen doch nun absolut nichts anzugehen, wer in Russland wie regiert, insbesondere, wenn immer von Demokratie fabuliert wird. Wenn er antritt und gewählt wird, so ist das doch nichts anderes als der „Wählerwille“, wie man es uns immer erklärt!
    Ich höre es jetzt schon, wie man sich wieder die Mäuler zerreißen wird, aber es geht sie doch absolut nichts an!

    1. Sehe ich auch so. Es ist mir sowieso ein Rätsel, warum jemand gehen muss, wenn er seine Sache gut macht. Eine Demokratie braucht die Möglichkeit der Abwahl dringender noch als die Wahl an sich.

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