Amnesty International, Navalny und ein Telefonstreich: Der Spiegel als Verteidiger eines Rassisten

Wenn das Moskauer Spiegel-Büro Artikel veröffentlicht, ist Desinformation garantiert. Ein besonders eindrückliches und ausgesprochen peinliches Beispiel dafür hat nun Christian Esch, der Chef des Moskauer Spiegel-Büros abgeliefert.

Ich habe vor einigen Tagen darüber berichtet, dass zwei russische Prankster sich als Mitarbeiter von Navalny ausgegeben und mit Amnesty International telefoniert haben. Das Gespräch war entlarvend, denn die Leitung von Amnesty hat sich als dezidiert anti-russisch erwiesen und es zum Beispiel abgelehnt, sich für wegen ihrer journalistischen Arbeit verhaftete und angeklagte Journalisten einzusetzen. Der Grund: Die Journalisten arbeiten für russische Medien. Es geht Amnesty International also nicht um Menschenrechte, sondern um den politischen Kampf gegen Russland. Meinen Artikel dazu mit allen Details und dem Link zu dem veröffentlichten Telefonat, das auf Englisch geführt wurde, finden Sie hier.

Überraschenderweise hat der Spiegel über den Vorfall berichtet. Aber der Spiegel die Aufgabe, für Navalny zu kämpfen und alle seinen unschönen Seiten möglichst zu verharmlosen oder zu verschweigen. Der aktuelle Spiegel-Artikel von Christian Esch mit der Überschrift „Status als »Gewissensgefangener« aberkannt – Amnesty, Nawalny und der Spott des Kreml“ ist der Versuch des Spiegel, von Navalnys rassistischen Einstellung abzulenken. Das geht aber nur durch Weglassen der entscheidenden Informationen. Und das schauen wir uns nun im Detail an.

Aufschlussreich ist dabei schon die Überschrift des Spiegel-Artikels. Die lautete zunächst sachlich „Amnesty International und Alexej Nawalny – Status als Gewissensgefangener aberkannt.“ Das war dem Spiegel aber zu sachlich und zu nahe an der Wahrheit, also musste die Überschrift verschärft werden und es wurde „der Spott des Kreml“ in die Überschrift eingebaut. Das klingt reißerischer und erinnert den Spiegel-Leser daran, wer hier böse ist: Der Kreml, der den armen Navalny verspottet. Dass Navalny ein rassistischer Nationalist ist, weiß der Spiegel-Leser ja nicht.

Status als „Gewissensgefangener“ aberkannt

Der Kern der Nachricht ist, dass Amnesty International Navalny kürzlich den Status als „Gewissensgefangener“ aberkannt hat. Der Terminus bezeichnet bei Amnesty „gewaltlose politische Gefangene.“ Darauf müsste sich der Artikel eigentlich beziehen und über die Gründe berichten. Der Spiegel lenkt davon aber ab, indem er den Artikel mit drei langen Absätzen beginnt, die es so darstellen, als sei Amnesty auf russische Propaganda hereingefallen und unterstütze den armen Navalny zu wenig.

Erst nachdem der Leser auf diese Linie eingestimmt worden ist, kann man in dem Artikel lesen:

„Aber »im Lichte neuer Informationen, die kürzlich aufgetaucht sind«, sehe die Organisation sich »nicht imstande, Alexej Nawalny weiter als Gewissensgefangenen zu betrachten, und zwar aufgrund der Tatsache, dass er Gewalt und Diskriminierung befürwortete und diese Aussagen nie zurückgezogen hat«. (…) Rechtsabteilung und politische Abteilung hätten ältere Äußerungen Nawalnys von Mitte der Nullerjahre geprüft und als »Hate Speech« eingestuft, sagte Alexander Artemjew. Deshalb werde man den Ausdruck »Gewissensgefangener« nicht mehr auf Nawalny anwenden.“

Navalnys Rassismus ist für den Spiegel kein Problem

Der Spiegel geriert sich immer als größter Vorkämpfer gegen „Hate Speech“ und wehe jemand in Deutschland sagt etwas gegen Ausländer, Moslems, LGBT und so weiter, dann setzen beim Spiegel sofort Schnappatmung und ein Shitstorm ein. Und wenn irgendein AfD-Hinterbänkler vor zehn Jahren mal auf einer Veranstaltung einer dubiosen rechten Gruppe gewesen ist, ist das für den Spiegel ein Grund, diesen Menschen medial zu schlachten. Egal, wie sehr der sich von dieser Gruppe distanziert, für den Spiegel gilt: Wer einmal, und sei es als Jugendlicher, bei Nationalisten gesessen hat, der hat in der Politik nichts verloren!

Das gilt beim Spiegel für AfD-Politiker, aber nicht für Navalny. Zur Erinnerung: Navalny hat seine Karriere als radikaler Nationalist begonnen, er hat Juden mit dem übelsten Schimpfwort (жид übersetzt etwa „Drecksjuden“) betitelt, das die russische Sprache kennt. Er hat in Videos als Mittel gegen Migranten Pistolen empfohlen und er hat noch 2015 geschrieben, das einzige Mittel der EU gegen den Ansturm der Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten wären Erschießungen an der EU-Grenze.

Navanly hat sich von all dem nicht nur nie distanziert, er hat 2017 in einem Interview sogar klar gesagt, er bereue keine dieser Aussagen. Ein Beispiel seiner Videos mit Übersetzung finden Sie hier.

In Deutschland würde man für solche Aussagen wegen Volksverhetzung im Gefängnis landen und wäre politisch für immer erledigt. Der Spiegel hat nun die Aufgabe, seine Leser über diese Dinge möglichst nicht zu informieren und wenn es sich nicht vermeiden lässt, das ganze auf Teufel komm raus herunterzuspielen. Genau das tut Herr Esch in seinem Artikel. Zunächst stellt er es so dar, als habe Amnesty falsch reagiert, schließlich ist all das ja lange her und längst bekannt:

„Was aber ist nach dem 17. Januar an neuen Informationen über Nawalny aufgetaucht, was nicht längst bekannt gewesen wäre? Das ist die Frage, auf die AI keine richtige Antwort gibt.“

Schon die gestellte Frage ist falsch. Man müsste Herrn Esch stattdessen fragen, warum der Spiegel seinen Lesern all das konsequent verheimlicht und seit Jahren einen Mann medial unterstützt, der in Deutschland als Nazi wegen Volksverhetzung im Gefängnis sitzen würde.

Der Spiegel verharmlost Rassismus

Dann folgt das, was die Spiegel-Leser über Navalnys Einstellungen erfahren dürfen:

„Bekannt ist: Nawalny hat seine politische Karriere als Nationalist begonnen, und er hat in dieser Zeit nicht nur an Märschen von Nationalisten und Rechtsradikalen teilgenommen, sondern auch zwei hässliche YouTube-Videos veröffentlicht, in denen er unter anderem Zuwanderer mit Kakerlaken verglich. Diese Verfehlungen werden ihm seither regelmäßig vorgehalten. Nawalny hat sich für diese Filme später nie entschuldigt und noch 2017 in einem Interview auf ausdrückliche Nachfrage versichert, er bereue sie nicht. Andererseits ist aber auch bekannt: Seit Jahren sind solche radikalnationalistischen Töne von Nawalny nicht mehr zu hören.“

Den Absatz müssen wir sezieren, denn er ist ein Meisterstück der Propaganda.

Zuerst gesteht Herr Esch zwar ein, dass Navalny als Nationalist begonnen hat, aber es wird suggeriert, das wäre ja lange her. Quasi eine Jugendsünde, nichts besonderes. Dann ist die Rede von „hässlichen Videos, in denen er unter anderem Zuwanderer mit Kakerlaken verglich.“ Das Navalny Zuwanderer nicht „nur“ mit Kakerlaken verglichen hat, sondern in einem der Videos die Erschießung einer solchen „Kakerlake“ vorgespielt und als Mittel gegen Zuwanderer den Einsatz von Pistolen empfohlen hat, verschweigt Herr Esch. Er spielt das so weit herunter, wie nur irgend möglich. Der Spiegel-Leser soll seine Sympathien für den armen Navalny nicht verlieren.

Da der Spiegel-Leser diese Details nicht kennt, kann er sich auch nicht allzu sehr darüber empören, dass Navalny sich davon nicht nur nie distanziert hat, sondern seine Aussagen auch nicht bereut. Und die Krönung kommt am Ende des Absatzes: „Seit Jahren sind solche radikalnationalistischen Töne von Nawalny nicht mehr zu hören.“

Alles nicht so schlimm, wird dem Spiegel-Leser suggeriert. Das Navalny noch Ende 2015 empfohlen hat, Flüchtlinge an den EU-Grenzen durch Erschießungen aufzuhalten, erwähnt Herr Esch gar nicht erst. Erinnern Sie sich noch an den Shitstorm gegen Frauke Petri, als die im gleichen Jahr vom Stern in den Mund gelegt bekommen hat, man müsse die Grenze notfalls durch Einsatz von Schusswaffen verteidigen? Das gab eine Riesenaufregung beim Spiegel und ich kann mich nicht erinnern, dass der Spiegel Frau Petri heute gut findet, weil „solche Töne“ von ihr inzwischen nicht mehr zu hören sind.

Der Spiegel misst hier so offensichtlich mit zweierlei Maß, dass man nicht mehr von einer bloßen Manipulation der Leser sprechen kann, denn das wäre zu harmlos ausgedrückt.

Russland ist an allem schuld!

Herr Esch wechselt danach schnell wieder das Thema und versucht der russischen Regierung die Schuld dafür zu geben, dass Amnesty Navalny nun den Status als „Gewissensgefangener“ aberkannt hat:

„Warum aber wurden die längst bekannten Videos nach Nawalnys Rückkehr und Verhaftung in neuem Licht betrachtet? Offenbar gab es innerhalb von AI zahlreiche Beschwerden – und »man hatte den Eindruck, die Bitten um eine Prüfung von Nawalnys Äußerungen waren Teil einer koordinierten Kampagne, um ihn im Ausland zu diskreditieren«, sagte AI-Sprecher Artemjew.“

Das ist der Gipfel der Frechheit! Navalny ist ein radikaler Rassist, niemand hat ihn gezwungen, das zu sagen, was er gesagt hat und er hat sich nie davon distanziert. Und wenn Menschen sich bei Amnesty darüber beschweren, dass die einen solchen Rassisten unterstützen, dann soll das eine „koordinierte Kampagne“ sein? Der Spiegel-Leser wird von Navalnys Einstellungen abgelenkt und es wird stattdessen suggeriert, dass das alles eine Kampagne der russischen Regierung sei. Das ist so dreist, da muss man erst einmal drauf kommen. Herr Esch zeigt einmal mehr, dass er seinen Job als Chef-Desinformator beim Spiegel-Büro in Moskau zu Recht hat:

„Das Verleihen und anschließende Entziehen des Status hat jedenfalls nicht nur AI beschädigt, sondern auch die Sache Nawalnys.“

Bedauerlich, dass die „Sache Nawalnys“ (also sein Einsatz für Rassismus) beschädigt wurde! So sieht es jedenfalls Herr Esch.

Der Telefonstreich

Erst zum Ende des Artikels geht Herr Esch auf den Telefonstreich der Prankster „Vovan und Lexus“ ein. Dabei stellt er die beiden als Kreml-Propagandisten dar:

„Wowan und Lexus, mit bürgerlichen Namen Wladimir Kusnezow und Alexej Stoljarow, setzen diese Masche seit Jahren gegen ausländische Politiker und Kremlgegner ein.“

Die Telefonstreiche der beiden sind einerseits immer wieder sehr lustig, andererseits sind sie aber auch investigativer Journalismus, denn es gelingt ihnen, Dinge zu erfahren, über die eigentlich in der westlichen Presse berichtet werden müsste. So haben sie zum Beispiel aufgezeigt, wie die USA seinerzeit mit Lügen versucht haben, die Sperrung von Konten der venezolanischen Regierung zu erreichen. Die Prankster haben sich als „Präsident der Schweiz“ ausgegeben und mit dem Beauftragten der US-Regierung für Venezuela gesprochen. Angeblich seien in der Schweiz Gelder der venezolanischen Regierung und man bräuchte einen Vorwand, um die Konten zu sperren. Daraufhin hat das US-Außenministerium einen frei erfundenen Artikel über die Herkunft der Gelder geschrieben, um dem „Präsidenten der Schweiz“ den nötigen Vorwand zu liefern, die Konten zu sperren. Den Artikel hat Bloomberg veröffentlicht und als eigenen Artikel dargestellt.

So funktioniert die „freie Presse“ im Westen. Als die Prankster dann die Aufnahmen der Telefonate und den Email-Verkehr veröffentlicht haben, den es dazu gegeben hat, hat Bloomberg den Artikel innerhalb weniger Stunden umgeschrieben und danach stand dort das Gegenteil von dem, was ursprünglich behauptet worden ist. Die Details dieser einerseits lustigen, aber andererseits schockierenden Geschichte finden Sie hier.

Aber von all dem weiß der Spiegel-Leser nichts und Herr Esch stellt die Prankster als Propagandisten dar.

Das ist eine Verdrehung der Tatsachen, denn die beiden haben ja keinen ihrer Gesprächspartner zu irgendeiner Aussage gezwungen. Aber deren Telefonate zeigen immer wieder deutlich die Verlogenheit und Doppelmoral ihrer Gesprächspartner auf. Aktuell eben bei Amnesty, die sich offen weigern, verhafteten Journalisten zu helfen, weil die für russische Medien geschrieben haben, aber andererseits einen Rassisten unterstützen, weil er gegen die russische Regierung ist. Amnesty International entlarvt sich in dem Telefonat als Propaganda-Organisation der westlichen Politik, der es keinesfalls um Menschenrechte geht, sondern um den Kampf gegen die Staaten, die die US-Regierung zu ihren Gegner erklärt hat.

Können Spiegel-Autoren morgens noch in den Spiegel schauen?

Um das Bild abzurunden endet der Spiegel-Artikel mit der Aussage:

„Es sollte keine Verwirrung dazu geben, dass Nawalny in der Vergangenheit nichts gesagt hat, was seine jetzige Gefangenschaft rechtfertigen würde. Diese ist rein politisch motiviert.“

Glückwunsch, Herr Esch! Sie haben Ihre Aufgabe erfüllt und das Kunststück fertig gebracht, einen Rassisten in ein positives Licht zu setzen. Sie haben das sehr geschickt getan, wesentlich geschickter als die Mitarbeiter des deutschen Ministers für Volksaufklärung, der von 1933 bis 1945 für die Rechtfertigung von Rassismus zuständig war.

Ich frage mich nach solchen Artikeln immer wieder, wie es Menschen wie Herr Esch schaffen, morgens in den Spiegel zu schauen…


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Bezeichnend ist ja auch, daß Esch die beiden Prankster in Grund uind Boden diffamiert, über den Inhalt von deren Gespräch mit AI aber kein einziges Wort verliert. Man erfährt noch nicht mal, unter welcher „Identität“ die beiden mit AI telefonierten.

  2. Wie soll man das noch parodieren? Wie soll man sich über sowas noch lustig machen?
    Diese Läden (AI und Spiegel), wer kauft oder unterstützt sowas noch?
    Und wie kann man heute IMMER NOCH so ahnungslos sein und die für anständig oder legitim halten? Wie viel seines Gehirns muss man dazu ignorieren? 99%? Reicht das überhaupt noch?

    Diese Saftläden müssten doch heute noch pleite gehen wegen 0 verkaufter Exemplare und wegen Einstelung sämtlicher Zahlungen.
    Es ist unglaublich wie lange und stanhaft sich solche Lügenhäuser durch gegenseitige Legitimierung halten können. Ich bin schon so weit das ich Leuten die da arbeiten direkt die Freundschaft verweigern würde. Ich mein, die haben vermutlich sogar noch Sex und reproduzieren sich! Wie niveaulos muss man sein um sich mit sowas noch einzulassen? Ich breche besser ab, sonst wirds noch justiziabel oder unseriös, aber das waren die Besten Worte die mir zu solchen Drecksläden noch einfallen.

    1. „Ich bin schon so weit das ich Leuten die da arbeiten direkt die Freundschaft verweigern würde.“

      Nicht nur die Freundschaft, ich würde sogar Bekannt- Nachbarschaft verweigern. Solche Lumpen würde ich solange drangsalieren, bis sie ausziehen. Schon die Vorstellung, mit solchen Kanallien Kontakt haben zu müssen, ist unerträglich.

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