USA und Afghanistan

Das russische Fernsehen über „das gigantische Ausmaß der Korruption in den USA“

Der Afghanistankrieg der US-geführten Nato ist vorbei. Wenn man irgendwann Bilanz ziehen will, muss man auch die Frage nach den versickerten Milliarden stellen. Das russische Fernsehen hat das Thema angesprochen.

Afghanistan war am Sonntag in der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ am Sonntag ein wichtiges Thema. Zunächst hat der Moderator in einem Kommentar Fragen gestellt, die im deutschen Fernsehen niemand stellt. Es geht um die unglaubliche Korruption im US-Militär.

Wo sind bis zu zwei Billionen Dollar versickert? Noch schockierender ist, dass es nicht einmal offizielle Zahlen zu den Kosten des Krieges gibt, denn die Schätzungen über die Kosten des Krieges kommen nicht von der US-Regierung, die eigentlich wissen müsste, was sie ausgegeben hat. Stattdessen beruft sich der US-Präsident, wenn er Zahlen nennt, auf Schätzungen von Universitäten, NGOs oder sogar ungenannten Experten.

Da diese Fragen in westlichen Medien nicht gestellt werden, habe ich den Kommentar des russischen Fernsehens übersetzt. Auf diesen Kommentar folgte noch ein Korrespondentenbericht aus Kabul, den ich ebenfalls übersetzt habe und den Sie hier finden.

Beginn der Übersetzung:

Die amerikanischen Truppen haben Afghanistan genau zum vorgesehenen Zeitpunkt, dem 1. September, verlassen. Die Taliban haben den USA geholfen, die Frist pünktlich einzuhalten, indem sie eine Verlängerung der US-Truppenpräsenz im Land kategorisch abgelehnt haben. Und als Präsident Biden laut darüber nachdachte, plötzlich die Entsendung von 5.000 zusätzlichen Soldaten nach Kabul zu genehmigen, um die Evakuierung zu verlängern, stieß er auf ein energisches „Nein“ der neuen afghanischen Führung.

Die Amerikaner zogen sich zurück, erlitten Verluste und feuerten wahllos und töteten sogar Kinder. Auf dem Flughafen von Kabul begannen sie plötzlich, in die Menschenmenge zu schießen und dann Luftangriffe zu fliegen, ohne genau nachzuschauen, wen sie da bombardieren. (Anm. d. Übers.: Bei einem Drohnenangriff der USA in Kabul wurden zehn Mitglieder einer Familie getötet, wie auch das Pentagon bestätigt hat. Der Spiegel titelte darüber mit den Worten „US-Angriff auf den IS-K traf wohl eine Familie“ und man fragt sich, wie die Überschrift wohl gelautet hätte, wenn russische oder syrische Truppen so wahllos Zivilisten niedermetzeln würden und ob der Spiegel sich auf einen kurzen Artikel beschränkt hätte, oder ob das Massaker eine Woche lang die Schlagzeilen im Spiegel beherrscht hätte)

Na und? Und wer zählt sie? Das Leben von Muslimen ist ja nicht so wichtig.

Diese Haltung gegenüber Muslimen haben die Amerikaner nicht nur in Afghanistan, sondern auch schon früher im Irak, in Syrien, in Libyen und während des gesamten Arabischen Frühlings gezeigt. Obwohl Schwarze in den USA eine offizielle Anerkennung des „systemischen Rassismus“ in Amerika erreicht haben, ist die Anerkennung des Wertes des Lebens von Arabern, Persern und Paschtunen immer noch nicht sichtbar.

Es ist schwer vorstellbar, dass irgendjemand in Amerika plötzlich reumütig vor einem Vertreter muslimischer Völker niederknien würde. Aber vielleicht haben die USA das noch vor sich? In jedem Fall ist jetzt klar, dass Amerika trotz irgendwelcher BLM ein zutiefst rassistisches Land bleibt. Jetzt ist das vollkommen offensichtlich geworden. Und wenn das so ist, von welcher Art moralischer Führung kann Amerika dann überhaupt sprechen?

Und wenn wir zum Rassismus noch das gigantische Ausmaß der Korruption in den USA hinzufügen, was bleibt dann überhaupt noch übrig? Präsident Biden zum Beispiel weiß nicht einmal, wie viel für den Krieg in Afghanistan ausgegeben wurde – ob es zwei Billionen oder eine Billion waren. Es war plus-minus eine Billion. Irgendwie so.

Man beachte, dass der US-Präsident nicht einmal versucht, mit den offiziellen Abrechnungen des Staates zu arbeiten, und dass Biden sich bei seiner Einschätzung der Militärausgaben auf irgendeine Universität oder nicht näher bezeichnete Quellen bezieht. Hören Sie selbst, was Biden sagte: „Mehr als zwei Billionen Dollar wurden in Afghanistan ausgegeben. Forscher der Brown University haben errechnet, dass es sich dabei um 300 Millionen Dollar pro Tag über 20 Jahre handelt. Ja, das amerikanische Volk muss das hören: 300 Millionen Dollar pro Tag für zwei Jahrzehnte. Wenn wir die Zahl von einer Billion Dollar nehmen, die von vielen genannt wird, sind das immer noch 150 Millionen Dollar pro Tag für zwei Jahrzehnte.“

Können Sie sich also das Ausmaß der Korruption vorstellen, wenn die Staatsausgaben mit einer Genauigkeit von plus-minus einer Billion Dollar angegeben werden? Und niemandem passiert etwas. Man möchte fragen: Wo sind die Verhaftungen?

Allerdings gibt es in Amerika auch kritische Stimmen. Rod Dreher, ein dort bekannter Publizist, gibt eine Einschätzung der amerikanischen Korruption und der Lebensverachtung der US-Regierung: „Die Menschen wurden jahrelang schamlos belogen, ihr Geld wurde vergeudet, viele Amerikaner haben ihr Leben verloren, und jetzt werden viele Afghanen, die dumm genug waren, auf die Kompetenz und den moralischen Anstand der US-Regierung zu vertrauen, ihr Leben verlieren. Wir dürfen uns mit diesem entsetzlichen Ausmaß an Dummheit, Inkompetenz und Korruption, das wir auf den höchsten Ebenen unserer Regierung und unserer Streitkräfte haben, nicht abfinden.“

Da Amerika sich stets nicht als einer unter vielen, sondern als Anführer des Westens positioniert hat, der Frieden und Wohlstand in der Welt sät, wird das derzeitige Versagen dieses Anführers als nichts Geringeres als ein Zusammenbruch des gesamten Konstrukts angesehen.

Dreher schreibt weiter: „Mit dem Westen geht es bergab. Es ist Selbstmord. Und es ist nichts Geringeres als die Hand Amerikas, die den Dolch in den weichen Bauch des Westens stößt.“

Es ist schwer, dem zu widersprechen. Amerika hat in Afghanistan militärisch krachend versagt. Auch der Aufbau einer Demokratie nach westlichem Vorbild ist dort krachend gescheitert. Auch die Schaffung einer 300.000 Mann starken afghanischen Armee ist gleich völlig gescheitert.

Tatsächlich war das ein riesiges Korruptionsprojekt. Sie haben Geld gewaschen, indem sie die amerikanische Korruption nach Afghanistan exportiert haben. Am Ende übergab die afghanische Armee die amerikanischen Waffen kampflos an die Taliban. Die gesamte Ausrüstung und Munition für die bescheidene Summe von knapp 90 Milliarden Dollar ging an den Feind.

Die von den Amerikanern ausgebildeten afghanischen Soldaten fanden nicht die Kraft, für die sexuellen Freiheiten von Minderheiten und andere in den USA vertretene Werte zu kämpfen. Das hat sie nicht überzeugt. Niemand will in Afghanistan das Geschlecht wechseln, es gibt keine Gay-Paraden und es sind auch keine Regenbogenflaggen zu sehen. Auch westliche Wahlen haben die Fantasie der Afghanen aus irgendeinem Grund auch nicht angeregt. Die Treue zum eigenen Wort und zum Freund sind in den USA Mangelware. Sie sind weggelaufen und haben sogar ihre eigenen Leute im Stich gelassen.

Was bleibt bei nüchterner Betrachtung? Ist noch irgendetwas geblieben, das Amerika der Welt durch sein eigenes Beispiel anbieten kann? Nichts. Zero. Gähnende Leere.

Da überrascht es nicht, dass der Wert des nordatlantischen Blocks – der NATO – heutzutage ebenfalls verblasst ist. Früher sagte man uns, es handele sich weniger um einen Militärblock als um ein Wertebündnis. Angesichts der heutigen Blamage erklärt der tschechische Präsident Milos Zeman, der normalerweise Dinge sagt, die andere sich nicht zu sagen trauen, dass die NATO eigentlich reine Geldverschwendung ist.

Als wolle er sich für sein Land entschuldigen, erklärt Biden, Amerika sei auf dem Weg der Besserung: „Bei der Entscheidung über Afghanistan geht es nicht nur um Afghanistan. Es geht um das Ende der Ära großer Militäroperationen zur Umgestaltung anderer Länder.“

Was ist das? Nach dem Motto „Es tut mir leid, kommt nicht wieder vor“? Ich werde nicht mehr versuchen, andere Länder umzubauen? Nein, das haben Sie falsch verstanden. Es handelt sich lediglich um eine Änderung der Methoden. Es wird keine größeren militärischen Operationen mehr geben. Aber dass Amerika die Idee aufgibt, andere Länder umzubauen, ist unwahrscheinlich. Subversion, Spionage, Putsche, Cyberangriffe, Abhörmaßnahmen, Spezialeinsätze, Sanktionen – das alles wird bleiben. Von all dem hat Biden sich nicht losgesagt.

Afghanistan hat eindeutig eine Debatte über die Art des Engagements der Großmächte in der Welt ausgelöst. Präsident Putin sagte zu dem Thema vor Schülern:

„Nur Tragödien, nur Verluste für die Täter, für die Vereinigten Staaten, und noch mehr für die Menschen, die in Afghanistan leben. Das Ergebnis war gleich null, um nicht zu sagen negativ. Und warum? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Wenn jemand etwas mit jemand anderem macht, muss er dessen Geschichte, Kultur, Philosophie und im weitesten Sinne das Leben dieser Menschen berücksichtigen, man muss ihre Traditionen respektieren. Man muss verstehen, dass nichts von außen aufgezwungen werden kann. Die Situation muss reifen. Und wenn jemand möchte, dass sie schneller und qualitativ besser reift, sollte er den Menschen helfen.“

Das heißt, ihnen geduldig zu helfen und sie nicht in die Knie zu zwingen. Es ist so einfach, dass sogar Kinder es verstehen konnten, als Putin mit ihnen gesprochen hat. Für die USA und den Westen ist das unerreichbar. Es ist eine andere Kultur.

Putin hat die russische Position zu Afghanistan und zur internationalen Zusammenarbeit bereits auf dem Ostwirtschaftsforum klargestellt:

„Russland ist nicht an einem Zerfall Afghanistans interessiert und wenn das passiert, gibt es niemanden mehr, mit dem man reden kann. Und wenn das so ist, sollte man meinen, je eher die Taliban in die Familie der zivilisierten Nationen aufgenommen werden, desto leichter wird es sein, mit ihnen in Kontakt zu treten, zu kommunizieren und sie irgendwie zu beeinflussen, einige Fragen zu stellen und, wenn nicht zu fordern, so doch zur Sprache zu bringen, dass bestimmte zivilisierte Regeln innerhalb dieser zivilisierten Beziehungen eingehalten werden müssen. Im Falle eines Zerfalls Afghanistans wird es niemanden geben, mit dem man reden kann. Es gibt die Islamische Bewegung Usbekistans und all die anderen, die es im heutigen Afghanistan gibt, und all das bedroht unsere Verbündeten und Nachbarn. Und wenn Sie bedenken, dass wir mit ihnen keine Visabeschränkungen und freien Personenverkehr über die Grenzen hinweg haben, ist das für uns, für Russland, sehr wichtig, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Es ist notwendig, jetzt alle Anstrengungen zu bündeln, um diese Probleme gemeinsam zu bekämpfen.“

Putin schlägt de facto vor, die alberne Konfrontation mit Russland aufzugeben und die Anstrengungen in bestimmten Problembereichen zu bündeln. Das heißt, Amerika wird nirgendwo gerufen. Der Westen auch nicht. Es gibt dort keine Ideen mehr, die Ideologie ist zusammengebrochen, die Loyalität zu den verkündeten Werten ist untergraben worden. Russland wirkt unter diesen Bedingungen viel konsequenter, edler, stärker und großzügiger.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Ach ja, immer wieder dieses Schnellball System.
    Erst einen Krieg anzetteln und dann andere bezahlen lassen. Dieses bezahlen lassen nennt man „Geber-Konferenz“. Die erste in meiner Suchmaschine gab es für Afghanistan 2002 mit offiziellen 4,5 Mrd. für Wiederaufbau.
    2016 gaben diverse Länder 15 Mrd.
    2020 waren es nur noch 1,5 Mrd.
    2021 nächste Runde
    Es geht um sehr viel Geld und nicht nur darum. Das interessante dabei ist eben auch wer da alles am Tisch sitzt. Nicht nur irgend welche Regierungen die nachsehen wo man in den Haushalten noch etwas umschichten kann, wo noch brauchbare Ausrüstungen rumstehen sondern da sitzen UNO und Weltbank mit diversen NGOs am Tisch sowie eben auch die Geldgeber aus den unzähligen Steuerparadiesen und ihre Banken.

    Es handelt sich um Geldwäsche und um nichts Anderes. Auf das die Pick up Mafia immer flüssig bleibt.

    1. Wie der Weltbanker Wilfried Thalwitz, der im wertewestlichen Auftrag maßgeblich die Sowjetunion und das junge Russland finanziell und wirtschaftlich zerstörte, sagte: „Ich muß Geld bewegen, schnell und viel – auch wenn man mich in fünf Jahren dafür hängt.“

  2. Der Wertewesten hat fertig, wie es neudeutsch heißt.
    Ein russisch-chinesisches Bündnis ist ein Segen für die Welt, welches dem Terrorstaat USA in die Schranken weisen kann. China und allgemein Ostasien ist der Motor der Weltwirtschaft und zunehmend auch der Quell des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, Russland militärisch und diplomatisch eine Supermacht.
    Der Westen richtet sich mit der wertewestlichen Ideologie selbst zugrunde. Die absurde wertewestliche Ideologie mit all ihrer systemimmanenten Korruption hat zwar die wertewestlichen Oligarchen superreich gemacht, aber ohne funktionierende westliche Staaten steht auch die Macht der wertewestlichen Oligarchen auf tönernen Füßen.
    Mit dem Westen wird es zunächst langsam bergab gehen, es gibt noch eine materielle Basis von der man eine Zeitlang zehren kann, aber mit einer disfunktionalen Ideologie wie der wertewestlichen kommt aber irgendwann und sicher der Absturz. Kurz und knapp muss die Politik eines funktionalen Staates in erster Linie der breiten Bevölkerung zugutekommen, wie das in Ostasien und Russland der Fall ist. Staaten, die nur der Oligarchie dienen enden irgendwann als Shithole Staaten.
    Ich glaube aber nicht daß der Westen vollkommen abstürzen wird, es gibt im Westen noch intellektuelles und vernunftorientiertes Potential in der Bevölkerung. Parallel zum Aufstieg China/Russland und dem Niedergang der USA wird die Bevölkerung zunehmend die Hinwendung zum vernunftorientierten Machtblock fordern, wie das bereits im Kleinen schon bei Nordstream 2 zu sehen ist. Nach einer Hinwendung zu China/Russland wird es auch in Deutschland und Europa wirtschaftlich und kulturell wieder bergaufgehen.
    Sollten die Wahnsinnigen in Washington nicht doch noch einen Atomkrieg vom Zaun brechen, sehe ich die Zukunft recht positiv.

    1. Russisch-chinesisches Bündnis wird es höchstwahrscheinlich nicht geben! Eine strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern auf verschiedenen Gebieten wird demgegenüber von dauerhaftem Bestand sein.

      Mir wäre als neuer Hegemon nach dem Niedergang der USA ein paneuropäisches Bündnis unter Führung der mächtigsten kontinentaleuropäischen Staaten Russland, Deutschland und Frankreich unter Ausschluss Großbritanniens und der muslimischen Länder Europas sowie nötigenfalls auch der Polens und baltischen Länder, am liebsten.

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