Gipfeltreffen in Genf

Das russische Fernsehen über die Unterschiede von Putin und Biden

In der russischen Sendung "Nachrichten der Woche" hat der Moderator in einem Kommentar auf die kulturellen Unterschiede zwischen Russland und den USA hingewiesen und das Gipfeltreffen der beiden Präsidenten aus dieser Perspektive beleuchtet.

Der Kommentar des Moderators der Sendung ist in meinen Augen interessant, weil zeigt, wie sehr sich die Mentalität der Russen von der des von den USA geführten Westens unterscheidet. Und das Gipfeltreffen der beiden Staatschefs aus dieser Perspektive zu betrachten, öffnet eine interessante Sichtweise. Daher habe ich den Kommentar übersetzt. /

Beginn der Übersetzung:

Der Verhaltensunterschied: Bidens Selbstbestätigung und Putins Kultur

Es war besonders interessant, die kulturellen Unterschiede im Verhalten der russischen und der US-amerikanischen Delegation in Genf zu beobachten, die Art und Weise, wie unterschiedliche Kulturen das Auftreten der beiden Staatsführer und die Botschaften, die sie an die Welt senden, färbten.

Die Amerikaner empfanden sich als der Mittelpunkt der Welt und versuchten, selbst in alltäglichen Kleinigkeiten ihre Bedingungen zu diktieren. Sie forderten zum Beispiel, dass bei einer für Genf rekordverdächtigen Hitze von über 30 Grad die Temperatur im Verhandlungssaal der Villa La Grange 18 Grad betragen sollte. Fast schon extrem und sicher nicht sehr gesund. Putin hatte nichts dagegen, zumal sich diese amerikanische Forderung als physikalisch unmöglich erwies: Die Villa ist alt, die Klimaanlagen auch.

Putin traf als erster in der Villa ein – für ein kurzes Höflichkeitsgespräch mit dem Schweizer Präsidenten als Gastgeber. Die russische Aurus-Limousine sah in der Autokolonne würdevoll aus, aber nicht aufdringlich. Und das Treffen mit Schweizer Präsidenten wirkte herzlich und ehrlich. (Anm. d. Übers.: Der russische Staat hat eine eigene Luxuslimousine entwickeln lassen, von der es sowohl die Limousinen gibt, als Autos der gehobenen Mittelklasse, die man auch privat kaufen kann.)

Es ist die amerikanische Kultur, sich über die Länge der Autokolonne zu definieren. Die Kavalkade des US-Führers wirkte exzessiv und die Botschaft, die Biden in seinem Neuntonnen-Cadillac mit 20 Zentimetern Panzerung, seinem Vorrat an Spenderblut und auch noch Tränengaskanonen transportiert, wirkt übertrieben. Als Biden am Eingang ankam, wo der Schweizer Präsident ihn erwartete, hielt er eine Minute und 10 Sekunden lang inne, bevor er aus dem Auto stieg. Kultur? Ja, die amerikanische.

Genauso ist Biden nicht aus dem Flugzeug gestiegen, als die Tür geöffnet wurde. 12 Minuten mussten diejenigen, die ihn empfingen, geduldig in der Hitze warten. Putin hat sie nicht warten lassen. Auch auf der Schwelle der Villa La Grange beeilte sich Putin nicht, Biden die Hand zu reichen, wobei er ihm höflich das Recht einräumte, die Form der Begrüßung zu wählen, denn die Pandemie hat viel an den Umgangsformen verändert. Als Biden sich entschied, erhob Putin keinen Einspruch.

Das sind Kleinigkeiten? Ja, aber bei solchen Dingen und auf diesem Niveau gibt es wenig Zufälle. Biden ist erfahren und weiß, was er tut. Stilistisch steht er Putin in nichts nach, obwohl er ganz andere Umgangsformen hat. Und natürlich fühlt Putin sich freier und selbstbewusster. Er gönnt sich zum Beispiel den Luxus, sowohl vor dem Treffen als auch danach, als er nach Hause kam, auf menschliche Art und Weise nette Dinge über Biden zu sagen. Biden hat diesen Luxus nicht. Das ist echte, und keine zur Schau gestellte Macht.

„Das Bild, das unsere Presse und sogar die US-Presse von Präsident Biden zeichnen, nichts mit der Realität zu tun hat. Er ist auf einer langen Reise, er ist aus Übersee eingeflogen, es gibt den sogenannten Jetlag, das sind viele Zeitzonen. Ich fliege auch viel und auch mich haut das manchmal um. Nein, er sieht trotzdem wach aus. Wir haben mit ihm zwei Stunden, oder sogar etwas länger, von Angesicht zu Angesicht gesprochen. Er ist vollkommen in die Materie vertieft, schaut ab und zu auf seine Notizen, aber das machen wir alle. Und das Bild, das gezeichnet wird, entspannt vielleicht sogar ein wenig, aber es keinen Grund zur Entspannung. Biden ist ein Profi, und man muss sehr sorgfältig mit ihm arbeiten, um nichts zu verpassen. Er verpasst nichts, das versichere ich Ihnen, aber für mich war das ganz offensichtlich. Ich wiederhole es nochmal: Er ist gesammelt, versteht, was er erreichen will und tut das sehr geschickt, das merkt man sofort.“, erklärte Wladimir Putin. (Anm. d. Übers.: Ich habe die Aussage von Putin zu dem Thema vollständig übersetzt, Sie finden sie hier.)

Aus diesen Worten wird deutlich, dass Putin sich auf ein menschliches und zwischenstaatliches Miteinander eingestellt hat und sich gegenüber seinem Partner und Rivalen mit sportlicher Noblesse verhält: respektvoll, aber nicht auf Kosten der Härte. Obwohl er die Kultur kennt, mit der er es zu tun hat.

„Die Tatsache, dass er manchmal Dinge durcheinander bringt… Seine Pressesprecherin ist eine junge, gebildete, schöne Frau, die ständig irgendwas verwechselt. (Anm. d. Übers.: Über Bidens Sprecherin Jen Psaki, die in Deutschland kaum bekannt ist, in Russland wegen ihrer Patzer hingegen sehr, habe ich hier berichtet) Das liegt nicht daran, dass sie ungebildet ist oder ein schlechtes Gedächtnis hat. Es ist nur so, dass die Leute denken, dass manche Dinge zweitrangig sind, und sich nicht wirklich auf sie konzentrieren. Die Amerikaner glauben, dass nichts wichtiger ist als sie selbst – das ist ihr Stil. Es gibt hier also nichts Ungewöhnliches“, sagt Putin.

Und hier ist der kulturelle Unterschied am Beispiel der zwei Pressekonferenzen von Putin und Biden. Hier ist Bidens charakteristische Modalität: „Ich wollte, dass Präsident Putin versteht“; „Ich habe es ihm auch gesagt“; „Also habe ich ihn beim Gipfel darauf hingewiesen“; „Ich habe Präsident Putin gesagt“; „Es war wichtig, ein privates Treffen zu haben, damit es keine Fehler oder Missverständnisse darüber gibt, was ich ihm vermitteln wollte.“ „Ich habe ihm das unerschütterliche Bekenntnis der Vereinigten Staaten vermittelt“; „Ich habe getan, wozu ich hierher gekommen bin“; „Ich habe ihm direkt mitgeteilt“; „Ich habe die Prioritäten und Werte unseres Landes klar dargelegt, damit er es direkt von mir hört.“

Ständig nur: „Ich habe ihm gesagt.“ Ist das die Kultur der Demokratie? Ist es kulturell akzeptabel, dass kein einziger russischer Journalist, der auf dem Gipfel akkreditiert war, an der Pressekonferenz des US-Präsidenten teilnehmen durfte? Sie haben sie schließlich nicht reingelassen.

Biden las die ersten 11 Minuten den Text vor, der offensichtlich schon in Washington geschrieben wurde, und dann holte er eine vorher vorbereitete Liste von sieben Journalisten mit vorher ausgewählten Frage heraus, und rief sie einen nach dem anderen auf. Es wurde nichts Gefährliches gefragt, die 20 Minuten, die für diesen Auftritt vorgesehen waren, gingen vorbei und Biden ging ab. Aber langsam, ja so langsam, dass Zeit für eine nicht ausgewählte Frage von CNN war: „Was macht Sie so sicher, dass Putin sein Verhalten ändern wird?“

„Ich bin überhaupt nicht sicher, dass er sein Verhalten ändern wird. Woher haben Sie das alles? Wann habe ich gesagt, dass ich mir sicher bin?“, ärgerte Biden sich. Dann kam es zu einer Auseinandersetzung, die in einer Unhöflichkeit gegenüber dem Journalisten gipfelte: „Wenn Sie das nicht verstehen, sollten Sie den Beruf wechseln.“ (Anm. d. Übers.: Ich habe die gesamte Pressekonferenz von Joe Biden in Genf nach dem Protokoll des Weißen Hauses übersetzt, Sie können sie hier nachlesen.)

Und das ist die Kultur von Putin. Spüren Sie den Unterschied, auch bei der Pressekonferenz, die er gleich nach dem Gipfel in dem einige Meter entfernt aufgestellten Zelt abhielt. Es waren russische und amerikanische Journalisten dort – alle, die akkreditiert waren, ohne jegliche Einschränkungen. Die Fragen kamen fast zu gleichen Teilen von Amerikanern und Russen. Es waren sogar etwas mehr Amerikaner – nach den Gesetzen der Gastfreundschaft in unserem Häuschen. Das Gleichgewicht der Geschlechter wurde von Putin selbst überwacht, indem er Frauen das Wort erteilte. 55 Minuten, mehr als 20 Fragen und informative, dynamische Antworten. Es hätte leicht doppelt so lange dauern können, aber er stand unter Zeitdruck – er hatte noch ein Treffen mit dem Präsidenten der Schweiz. Er wollte ihn nicht warten lassen. Und wie respektvoll er über unsere amerikanischen Partnern gesprochen hat! (Anm. d. Übers.: Auch Putins Pressekonferenz habe ich nach dem Video und dem Protokoll des Kreml übersetzt, Sie finden die Übersetzung hier. Putin hat dabei tatsächlich selbst den Journalisten das Wort erteilt und das nicht seinem anwesenden Pressesprecher überlassen)

„Ich hatte den Eindruck, dass beide Seiten, auch die amerikanische Seite, entschlossen sind, nach einer Lösung zu suchen. Wir haben vereinbart, Konsultationen auf Ministerien-übergreifender Ebene unter der Schirmherrschaft des US-Außenministeriums und des russischen Außenministeriums aufzunehmen. Natürlich ging es bei unserem Treffen ums Prinzip, es gibt viele Positionen, bei denen wir uns nicht einig sind. Wir haben vereinbart, dass wir Konsultationen in dieser Richtung beginnen werden. Das zeigt, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Ja, wir haben dieses Thema ausgiebig und sehr detailliert diskutiert. Wir haben darüber gesprochen. Wir haben keinen Druck verspürt, obwohl das Gespräch direkt, offen und ohne unnötige diplomatische Abweichungen von den vorgegebenen Themen verlief. Ich wiederhole: Es gab keinen Druck von unserer oder ihrer Seite, und das macht auch keinen Sinn, das ist nicht der Grund, warum man sich trifft“, sagte Wladimir Putin.

Das ist Putins Gesamtbewertung des Treffens mit der Absicht, die kulturellen Dissonanzen zu glätten und die Bereitschaft zur Fortsetzung des Dialogs zu zeigen: „Ich denke, dass es keine Feindseligkeit gab. Im Gegenteil, unser Treffen war natürlich prinzipieller Art. In vielen Positionen gehen unsere Einschätzungen auseinander, aber meiner Meinung nach haben beide Seiten den Wunsch gezeigt, einander zu verstehen und nach Wegen zu suchen, ihre Positionen miteinander in Einklang zu bringen. Die Gespräche waren sehr konstruktiv. Ich einmal mehr festgestellt, dass Präsident Biden ein sehr erfahrener Mann ist, das ist ganz offensichtlich. Wir haben fast zwei Stunden lang von Angesicht zu Angesicht gesprochen. Nicht nicht mit allen Staatsführern kann man so detailliert von Angesicht zu Angesicht sprechen.“

Dabei gab es aber auch eine grundsätzliche Anerkennung der partnerschaftlichen Gleichberechtigung. Und das schon ohne Kompromisse.

„Präsident Biden hat mich nicht zu einem Besuch eingeladen. Ich habe eine solche Einladung auch noch nicht ausgesprochen. Es scheint mir, dass die Bedingungen für solche Besuche, für solche Treffen reif sein müssen. Wir verteidigen die Interessen unserer Länder und Völker und diese Beziehungen sind in erster Linie immer pragmatisch“, sagte der russische Präsident.

Und um irgendwie zu bewerten, was genau in den Traditionen der nationalen Kultur passiert ist, die bei uns und in Amerika so unterschiedlich sind: Der amerikanische Individualismus hat in Genf schon immer eine große Rolle gespielt. Ebenso wie der amerikanischen Exzeptionalismus, den Biden einmal mehr proklamierte: „Ich habe ihm gesagt, dass wir im Gegensatz zu anderen Ländern, einschließlich Russland, ein einzigartiges Produkt einer Idee sind. Sie haben mich das schon einmal sagen hören, ich habe es mehr als einmal gesagt. Aber ich werde es immer wieder sagen. Was ist die Idee? Wir erhalten unsere Rechte nicht vom Staat, wir besitzen sie von Geburt an. Punkt.“

Haben Sie das gehört? Nur Amerikaner – und niemand sonst auf dem Planeten – werden mit Rechten geboren. Alle anderen werden ohne Rechte geboren. Punkt. Eine starke Aussage, obwohl Biden gerade in der Menschenrechtsdebatte eine schwache Position hat. Von manipulierten US-Wahlen und der Verfolgung Andersdenkender über Rassismus und die Einschränkung der Meinungsfreiheit bis hin zur Folter im US-Gefängnis Guantanamo und der totalen Überwachung der eigenen Bürger und der ganzen Welt, einschließlich verbündeter Staatschefs. Dennoch besteht der US-Führer darauf, dass sie die besten und sogar unvergleichlich sind.

Putin hat eine ganz andere kulturelle Basis. Dostojewski hat es in konzentrierter Form formuliert. Fjodor Dostojewski spricht von „europäischen Stämmen“, und das ist das, was der Westen heute ist, mit Amerika an seiner Spitze.

„Unser Schicksal ist weltlich und nicht durch das Schwert erworben, sondern durch die Kraft der Brüderlichkeit und unser brüderliches Streben, die Menschen zu vereinen. Wahrhaft russisch werden heißt eben auch: sich bemühen, die europäischen Widersprüche endlich endgültig zu versöhnen, der europäischen Sehnsucht in unserer russischen Seele einen Ausgang zu zeigen, der universell und vereinigend ist, sich darin mit brüderlicher Liebe aller unserer Brüder zu fügen und am Ende vielleicht das letzte Wort der großen, allgemeinen Harmonie, der brüderlichen endgültigen Zustimmung aller Stämme nach dem Gesetz Christi des Evangeliums auszusprechen!“, schrieb Dostojewski.

Und von diesen Positionen aus hat Putin in Genf tatsächlich gehandelt. Er wies auf die Quelle der amerikanischen Sehnsucht in seiner russischen Seele hin – der ganzen Menschheit und wiedervereinigend. Amerika wurde damit aufgefordert, sich in der Welt anständig zu verhalten – edel und ohne Arroganz gegenüber dem Rest der Menschheit. Und die Anregung wurde sanft, aber bestimmt gemacht. Mit einem Wort: kulturell.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Was anderes kann man auch nicht, von diesen Seelenlosen Bestien, gewissenlosen Lügnern und Betrügern, von den Empathie befreiten, Erpressern und Massenmörder ERWARTEN.
    Sie haben nur EINE „kultur“, die Kultur des Töten.

  2. Überrascht mich nicht, der arme Mann muss vo seinen Auftritten gebrieft, betreut, gewickelt etc. werden. Das dauert eben. Menschenunwürdig solche Vorstellungen, zeigt aber wie verblödet die Massen sind, wenn sie solch kranke Menschen zum Führer wählen.

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