Propaganda

Der Spiegel und „Russlands Muskelspiele im Eismeer“

Beim Spiegel wurde ein Videobeitrag veröffentlicht, der einmal mehr zeigt, wie der Spiegel als Propaganda-Instrument der US-Interessen arbeitet. Vor allem, wenn man weiß, wo und wie die Bilder entstanden sind.

Am Sonntag hat das russische Fernsehen in der Sendung „Nachrichten der Woche“ über einen „Tag der offenen Tür“ in Russlands nördlichster Militärbasis Nagurskaja berichtet. Dort, auf einer russischen Insel mitten im arktischen Nordmeer, hat Russland einen hochmodernen Militärstützpunkt gebaut, zu dem eine Landebahn gehört, auf der sogar schwere Atombomber landen können. Ich hatte sogar schon angefangen, den Beitrag des russischen Fernsehens zu übersetzen, aber es gibt Fernsehbeiträge, die man nicht als Artikel übersetzen kann, weil sie nur zusammen mit den Bildern „funktionieren“ und als reiner Text nichtssagend sind.

Das gleiche galt auch für andere Beiträge aus der Sendung zu dem Thema, in denen zum Beispiel es um das Treffen des Arktischen Rates auf Island ging, in dessen Rahmen auch das Treffen der Außenminister Russlands und der USA stattgefunden hat, bei dem sie sich auf das Gipfeltreffen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin geeinigt haben.

Der große Themenkomplex in der Sendung war dabei die Arktis und der dort stattfindende geopolitische Konflikt in und um die Region. Es geht um Bodenschätze, die dort vermutet werden und Russland als Land mit der längsten Küstenlinie der Region besteht natürlich auch auf einen entsprechenden Anteil daran, was den USA wiederum nicht gefällt.

Nun hat der Spiegel einen Videobeitrag mit der Überschrift „Machtkampf um die Arktis – Russlands Muskelspiele im Eismeer“ veröffentlicht, in dem er auf Material zurückgegriffen hat, das offenbar einer der Journalisten gemacht hat, der zu dem Tag der offenen Tür auf Nagurskaja eingeladen war. In diesem Beitrag betätigt sich der Spiegel mal wieder als Pressestelle der US-Interessen, wobei er natürlich mal wieder einiges weglassen muss, damit die Narrative beim Leser (oder in diesem Fall Zuschauer) verfangen können.

Die Nordpassage

Durch den Klimawandel (ja, den gibt es, die Frage ist nur, ob er menschengemacht ist) taut das Eis im Nordmeer und inzwischen ist es möglich, dass Handelsschiffe zwischen Asien und Europa über die Nordpassage fahren können, was wesentlich schneller geht, als der Weg durch den Indischen Ozean und das Mittelmeer. In dem Spiegel-Beitrag wird dazu folgendes gesagt:

„Gleichzeitig gewinnt die Route über eine eisfreie Nordostpassage an Bedeutung als alternative Wasserstraße für den Welthandel. China möchte sie für seine Vision der „neuen Seidenstraße“ nutzen und investiert in Infrastruktur an der russischen Nordküste. Russland wiederum kontrolliert mit seiner Militärpräsenz die Durchfahrt und lässt sich diese von ausländischen Reedereien bezahlen. US-Außenminister Anthony Blinken sprach deshalb vergangene Woche bei der Sitzung des Arktischen Rats eine deutliche Warnung aus.
Anthony Blinken, US-Außenminister: „Wir haben beobachtet, dass Russland mit unrechtmäßigen maritimen Ansprüchen voranschreitet, besonders bei seiner Regulierung der Durchfahrt von ausländischen Schiffen auf der nördlichen Seeroute. Das widerspricht internationalem Recht. Und das ist etwas, worauf wir antworten müssen. Sollte Russland rücksichtlose oder aggressive Maßnahmen gegen unsere Interessen oder die unserer Verbündeten ergreifen, werden wir reagieren.”“

Das klingt böse: Russland kontrolliert die Passage militärisch und lässt sich die Durchfahrt bezahlen. „So eine Unverschämtheit!“, muss sich der Spiegel-Leser denken. Das klingt nach regelrechtem Straßenraub! Und nachdem der Spiegel-Leser mit dieser Formulierung eingeschworen wurde, klingen die Worte des US-Außenministers, der ganz selbstlos die freie Schifffahrt verteidigen will, sogar verständlich.

Das funktioniert nur, weil der Spiegel die entscheidenden Informationen weglässt. Natürlich kann da jedes Schiff vollkommen frei durch die internationalen Gewässer fahren, Russland hat nichts dagegen und behindert das auch nicht. Das Problem ist das Eis. Die Nordpassage funktioniert nur, weil Russland eine ganze Flotte hochmoderner Atomeisbrecher gebaut hat, die die Fahrrinne freihalten. Wer sich den Eisbrechern anschließen und entlang der Küste durch russische Gewässer fahren möchte, der muss für die Dienstleistung der freigemachten Fahrrinne bezahlen.

Das ist das gleiche, wie zum Beispiel beim Suez-Kanal. Wer den passieren will, muss für diese Dienstleistung bezahlen. Wer das nicht will, der darf gerne um Afrika herum fahren. Und wer die Dienste der russischen Eisbrecher nicht bezahlen will, der darf gerne ein wenig weiter nördlich in internationalen Gewässern selbst sehen, wie er durch das Eis kommt.

Der Spiegel lässt aber die von US-Außenminister Blinken in den Raum gestellten Vorwürfe von „unrechtmäßigen maritimen Ansprüchen“ Russlands oder gar dem Verstoß gegen internationales Recht unkommentiert stehen. Nach dieser Logik sind es „rücksichtlose oder aggressive Maßnahmen“ Russlands, wenn es seine eigenen Hoheitsgewässer nicht für alle öffnet und die Dienste der Milliarden teuren Eisbrecher nicht gratis zur Verfügung stellt.

Diese Logik funktioniert nur, weil der Spiegel-Leser diese entscheidenden Informationen nicht kennt.

Der Spiegel verkürzt die Aussagen von Lawrow

Nachdem der Zuschauer aufgrund dieser russischen Unverschämtheiten in Stimmung gebracht wurde, heißt es in dem Videobeitrag des Spiegel:

„Sein russischer Kollege Sergei Lawrow bekräftigte Russlands Besitzansprüche auf das Territorium und betonte, sein Land sei für die Sicherheit der Küste verantwortlich.
Sergei Lawrow, russischer Außenminister: „Es ist wichtig, dass wir die positiven Beziehungen innerhalb des Arktischen Rats ausbauen, um auch den militärischen Bereich einzuschließen. Darüber haben wir bereits gesprochen. Vor allem, indem wir den Dialog des Generalstabs über militärische Themen wiederbeleben.“
Von einem Dialog kann bislang nicht die Rede sein: Russland baut seine Drohkulisse in der Arktis stetig aus.“

Erst lernt der Spiegel-Leser etwas über die „unrechtmäßigen maritimen Ansprüche“ und über „rücksichtlose oder aggressive Maßnahmen“ Russlands und dann redet Lawrow von einem Dialog, den – so klingt es beim Spiegel – Russland selbst verhindert, indem es „seine Drohkulisse“ ständig ausbaut. Diese logische Kette funktioniert auch nur, weil der Spiegel die entscheidenden Informationen weggelassen hat.

Einer der Beiträge der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ zu dem Thema hat sich am Sonntag mit dem Treffen von Lawrow und Blinken beschäftigt und ausführlich zitiert. Zum Thema des Dialoges, der – so klingt es im Spiegel – von Russland verhindert wird, lautete die vollständige Erklärung Lawrows:

„Wenn jemand mehr Vorhersehbarkeit wünscht und die militärischen Risiken reduzieren will, schlage ich vor, zu unserem alten Vorschlag zurückzukehren, den Mechanismus der regelmäßigen Treffen der Stabschefs der Streitkräfte der Mitgliedsländer des Arktischen Rates zu reaktivieren. Vor etwa sieben Jahren beschlossen unsere westlichen Kollegen, sie einzufrieren. Wenn sie beschlossen haben, die Treffen einzufrieren, dann sollen sie nicht böse sein, dass es keinen Dialog gibt. Wir haben sie nicht eingefroren. Wir haben den Vorschlag zur Wiedereinführung dieses Mechanismus immer wieder erneuert. Als erster Schritt ist es möglich, nicht auf der Ebene der Generalstabschefs zu beginnen, sondern ein Treffen von Militärexperten der acht Mitgliedsländer des Arktischen Rates abzuhalten. Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch“

Das klingt ein wenig anders, als im Spiegel. So macht es das Propaganda-Blatt aber immer: Es verkürzt Aussagen so sehr, dass sie verfälscht werden und dass der Spiegel-Leser nicht erfährt, worum es tatsächlich geht und was wirklich gesagt wurde. Die Interessen der USA, als deren Vorkämpfer sich der Spiegel versteht, sind so unverschämt und dreist, dass man sie den Lesern nur als gerechtfertigt vermitteln kann, wenn man sehr viele wichtige Informationen weglässt.

Vor sieben Jahren war der Maidan und die Krim-Krise, damals hat der Westen alle möglichen Gesprächsrunden mit Russland eingefroren und lehnt seit dem alle Vorschläge Russlands ab, die ausgesetzten Gespräche und regelmäßigen Treffen wieder aufzunehmen. So auch dieses Mal wieder auf Island: Die USA haben den russischen Vorschlag, den Dialog wieder aufzunehmen, keines Wortes gewürdigt.

Aber „Qualitätsmedien“ wie der Spiegel behaupten, Russland lehne den Dialog ab. Das funktioniert nur, weil der Spiegel-Leser diese Dinge nicht erfährt und so bestätigt sich einmal mehr:

Spiegel-Leser wissen weniger!

Der Spiegel trommelt zum Krieg

Weil der Spiegel-Leser all das nicht weiß, klingen die letzten Sätze des Spiegel-Beitrags nachvollziehbar, schließlich muss man sich vor den bösen Handlungen der Russen, die den Dialog ablehnen, ja irgendwie schützen:

„Die Vereinigten Staaten wiederum drängen Dänemark, die Verteidigungsmöglichkeiten Grönlands auszubauen. Der Konflikt könnte sich weiter hochschaukeln: Im Juli 2020 hat die Eisbedeckung in der Arktis einen historischen Tiefstand erreicht.“

Nachdem der Spiegel-Leser durch Weglassen der entscheidenden Informationen an Russlands Aggression glaubt (es ist aber auch eine Unverschämtheit von Russland, in seinem eigenen Land Militärbasen zu bauen!), entwickelt der Spiegel-Leser sogar Verständnis für dieses Kriegstrommeln der USA, das der Spiegel kritiklos zitiert. Anstatt eines Dialoges, dessen Wiederaufnahme Russland seit sieben Jahren fordert, findet der Spiegel-Leser nun einen Militarisierung Grönlands nachvollziehbar.

Ob Spiegel-Redakteure wohl glauben, im Falle eines militärischen Konflikts mit Russland, den sie mit ihrer kritiklosen Verbreitung der US-Propaganda herbeireden, immun gegen die Bomben zu sein, die dann auf Europa fallen?


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Tut mir leid, aber ich möchte nicht mehr Beispiele für freche Verfälschungen der Wahrheit – da reg ich mich bloß immer auf – verdammt, ich werd zu alt für solchen Scheiß.
    (Aber trotzdem jedesmal erhellend.)

  2. Die Propaganda wird immer dreister. Aber auch immer mehr Menschen wachen auf. Dem Spiegel laufen die Leser Weg. Daher muss das Blatt seine Einnahmen über Propaganda sichern. Nur wenn dann die Auflage noch kleiner wird, dann lohnt es sich auch nicht den Spiegel zu unterstützen. Was nutzt einem die beste Propaganda, wenn es keiner liest.
    Und wie immer super Aufklärungsarbeit.

  3. Zuallererst folgendes: Heute morgen sah der Aufbau des Antispiegel ganz anders aus wie normalerweise. Schon komisch. Ich wollte einen Kommentar posten, was nicht ging. Es gäbe einen Fehler auf der Website und ich wurde auf einen Seite von WordPress verwiesen, auf der ich Lösungen des Fehlers finden konnte. Auf eine Mail über die Kontaktaufnahme wurde ich darauf hingewiesen, diese Nachricht schon mal im März 2021 gesendet zu haben, was natürlich nicht der Fall war. Ich kenne mich mit der Technik nicht wirklich aus, vielleicht wissen andere damit etwas anzufangen.
    Nun der Kommentar:

    „Ob Spiegel-Redakteure wohl glauben, im Falle eines militärischen Konflikts mit Russland, den sie mit ihrer kritiklosen Verbreitung der US-Propaganda herbeireden, immun gegen die Bomben zu sein, die dann auf Europa fallen?“

    Nun ja, die Spiegel-Redakteure sind ja nur bezahlte Lohnschreiberlinge, somit fällt das wohl in die Rubrik wes Brot ich es, des Lied ich sing.
    Schlimmer finde ich die Menschen die so einen Mist unreflektiert übernehmen, weil sie zu blöd sind, über den Tellerrand zu schauen.
    Am schlimmsten sind aber unsere Kriegsgeilen Volksvertreter, die wohl der Meinung sind, wenn es eskaliert, werden sie vorher vom Ami evakuiert.
    Ich mag die US-Amerikanische Politik nicht, welche vor Menschenverachtung nur so strotzt, aber so dämlich sich ein Maasmännchen, eine Waffengret, oder eine Bärbock in den Pelz zu setzen, kann nicht mal der dämlichste, oder Senilste Ami sein…

  4. „Durch den Klimawandel (ja, den gibt es, die Frage ist nur, ob er menschengemacht ist) …“

    Mit der Aussage in der Klammer müssen sich natürlich all jene braven Menschen vor den Kopf gestoßen fühlen, die sich sicher in ihrer Auffassung sind, dass der Klimawandel eine Erfindung von Greta Thunberg oder von Greenpeace ist, die damit nur Spendengelder abgreifen und gesellschaftlich engagierte Menschen von den wahren und wichtigeren Problemen der Menschheit ablenken wollen. Zumal die Existenz des Klimawandels hier nicht als These vorgetragen, sondern als Faktum dargestellt wird. Das ist schon wirklich dreist.

    Da nützt es auch nichts, sich die Hintertür offen zu halten, dass er durch andere als menschliche Ursachen zustande gekommen sein könnte, etwa durch schwankende Sonnenaktivitäten oder Vulkanismus, infolge der Milanković-Zyklen oder der Ozeanzyklen.

    Interessant in diesem Zusammenhang wäre natürlich, wie wohl eine überzeugende Antwort auf diese Frage (ob (überwiegend) menschengemacht) aussehen müsste. Müsste das Klima bei den Fragestellern persönlich vorbeikommen, anklopfen, „Hallo“ und „Danke für die Einladung/Verursachung“ sagen?

    1. Ich denke, der Hund ist an einer anderen Stelle begraben. Der Klimawandel ist viel weniger schlimm, als er gemacht wird, einmal weil die Welt durch höhere Temperaturen (und damit im Mittel höhere Niederschläge) eher gewinnt als verliert – man vergleiche die Flächen, die nicht genutzt werden können, weil sie zu kalt oder zu trocken sind, mit denen, die zu heiß oder zu feucht für eine Nutzung sind. Dann werden die primitivsten möglichen Reaktion völlig ignoriert – obwohl massenhaft Zeit für sie wäre. Dämme bauen, Kulturen anpassen, Migration in die eigenen Städte statt nach Europa – das kommt alles nicht vor.
      Nur CO2 Reduktion. Das ist aber auch das Einzige, was weltweite Koordination erfordert, am besten durch einen Weltstaat. Und den will man haben.

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