Russische Fernsehberichte

Die Taliban übernehmen Afghanistan im Eiltempo

In Russland wird von jeher vollkommen anders über den Afghanistan-Krieg berichtet als in Deutschland. Das vollkommene Scheitern der Nato in dem Land war Thema in den russischen Fernsehnachrichten.

Während die deutsche Presse das totale Scheitern der Nato und den sinnlosen Tod herunterspielt, den nicht nur deutsche und Nato-Soldaten, sondern vor allem afghanische Zivilisten in den 20 Jahren des Krieges gestorben sind, sind die russischen Nachrichten gnadenlos deutlich. Wer aber glaubt, dass in Russland eine Art Schadenfreude vorherrscht, der liegt falsch. Vielmehr ist man in Russland ausgesprochen besorgt, denn Afghanistan grenzt an Staaten, mit denen Russland in einem Verteidigungsbündnis vereint ist und man befürchtet, die Kämpfe könnten über die Grenze schwappen.

Der Abzug der deutschen und auch der Nato-Truppen geht in einem solchen Eiltempo vor sich, dass man sich zwangsläufig an die Flucht der USA Vietnam erinnert. In deutschen Medien ist zwar von einem „Abzug“ der Truppen die Rede, aber Militärstützpunkte, die man 20 Jahre lang aufgebaut und unterhalten hat, in wenigen Wochen zu räumen und tausende Soldaten in so kurzer Zeit abzuziehen, kann man nur als „Flucht“ bezeichnen.

Die Nato hat keines ihrer Ziele erreicht. Die Älteren unter uns erinnern sich: Als der Krieg begann, wurde uns mitgeteilt, man wolle die Taliban vernichten, in Afghanistan Demokratie einführen, Mädchen endlich den Schulbesuch ermöglichen und vor allem wurde „unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt.“ Tatsächlich ist in den 20 Jahren des Nato-Krieges keines dieser Ziele erreicht worden, lediglich der Anbau von Drogen ist in den 20 Jahren explodiert. Und heute übernehmen die Taliban, die die Nato besiegen wollte, wieder das Land.

Aber niemand in den deutschen „Qualitätsmedien“ stellt die Frage, wofür hunderttausende Afghanen und 59 deutsche Soldaten gestorben sind. Niemand in den „Qualitätsmedien“ stellt den verantwortlichen Politikern kritische Fragen. Im Gegenteil spielen die westlichen Medien das Spiel der Lügen und Kriegspropaganda über Afghanistan bereitwillig mit.

Da klingen die Berichte russischer Medien ganz anders, weshalb ich einen aktuellen Bericht des russischen Fernsehens übersetzt habe. Ich empfehle, den Bericht auch anzuschauen, denn die Bilder sind eindrücklich und zusammen mit meiner Übersetzung ist der Bericht auch ohne Russischkenntnisse verständlich.

Beginn der Übersetzung:

Der 20-jährige Einsatz der NATO in Afghanistan ist zu einem militärischen Misserfolg geworden. Das sagte der ehemalige Präsident Hamid Karsai. Seiner Meinung nach hat sich die Situation des Terrorismus in der Region in den zwei Jahrzehnten zum Schlechteren verändert. Vor dem Hintergrund des Abzugs der ausländischen Truppen aus Afghanistan geht der Kampf zwischen den Regierungstruppen und Kämpfern der in Russland verbotenen Taliban-Bewegung weiter.

Die Taliban dringen mit einem erbeuteten T-55 in eine weitere Siedlung ein. Weitere sechs Bezirke in Afghanistan wurden innerhalb eines Tages von den Radikalen eingenommen. Diese Bilder sind vermutlich aus der Provinz Takhar. Die örtliche Miliz kapituliert.

Die Taliban haben offiziell erklärt, dass sie bereits 80 Prozent des afghanischen Territoriums kontrolliert.

Glaubt man den Daten des amerikanischen National Endowment for Democracy, so kontrolliert heute keine Seite eindeutig einen großen Teil des Landes. Die Taliban und die Regierungstruppen kämpfen mit wechselndem Erfolg gegeneinander.

Diese Aufnahmen zeigen die afghanische Armee bei der Befreiung einer der Siedlungen in der Provinz Paktia. Währenddessen nähern sich die Islamisten bereits der afghanischen Hauptstadt Kabul. Quellen der türkischen Presse zufolge haben die Militanten Ghazni angegriffen. Die Taliban haben angeblich einen Stützpunkt der nationalen Armee mit Dutzenden von gepanzerten Fahrzeugen und großen Waffen- und Munitionsbeständen in ihre Gewalt gebracht. Das afghanische Verteidigungsministerium teilte seinerseits mit, dass in den vergangenen 24 Stunden 235 Taliban getötet und mehr als 160 Terroristen verwundet worden seien.

„Die Taliban werden natürlich an Schwung gewinnen. Schließlich wird die Position der USA in der Region und vor allem in Afghanistan nun weniger gefestigt sein. Aber solange die USA und die NATO die Regierung in Kabul unterstützen, wird niemand Kabul brechen, denke ich. Da bin ich mir sicher“, sagt unser Militärkorrespondent Alexander Sladkov.

Präsident Ashraf Ghani besteht darauf, dass Afghanistan selbst mit den radikalen Gruppen fertig werden kann. Sein Vorgänger Hamid Karzai glaubt, dass die Mission der USA und ihrer Verbündeten vollkommen gescheitert ist.

„Wir sind im Chaos. Das Land befindet sich in einem Konflikt. Das afghanische Volk erleidet ungeheures Leid. Wie hat die Ausbildung der USA und der NATO in Afghanistan dazu geführt? Diejenigen, die vor 20 Jahren im Namen des Kampfes gegen Extremismus und Terrorismus hierher gekommen sind, haben nicht nur darin versagt, ihn zu beenden – während ihrer Anwesenheit ist der Extremismus in Afghanistan aufgeblüht. Das nenne ich einen Misserfolg“, sagte der ehemalige afghanische Präsident Hamid Karzai.

Jeden Tag verlassen NATO-Soldaten Afghanistan. Deutschland und Italien haben ihre Truppen bereits abgezogen. Das US-Militär wird, nach einer Reuters-Quelle, weit vor der von Präsident Joe Biden gesetzten Frist abziehen. Wahrscheinlich ist es bereits im Juli soweit.

„Das ist der Zeitpunkt, an dem die Taliban und alle anderen Parteien sich entscheiden werden, friedlich weiterzumachen, abzutreten und ihre Forderungen aufzugeben. Oder es wird leider zu einer Verschärfung der Feindseligkeiten kommen“, sagte Omar Nessar, Forscher am Institut für Orientalistik der Russischen Akademie der Wissenschaften und Direktor des Zentrums für das Studium des modernen Afghanistan.

Der Abzug der US- und NATO-Truppen könnte das Land in die Fänge der Taliban stürzen. Nach Meinung von Experten haben die Alliierten in den 20 Jahren, in denen sie ihre persönlichen Interessen verfolgten, nichts für die Menschen in Afghanistan getan. Fast 3 Millionen Menschen wurden durch die ständigen Konflikte zu Flüchtlingen. Dabei hat Amerika in den Jahren seiner Präsenz in dem Land zwei Billionen Dollar ausgegeben. Aber die Milliarden, die für verschiedene Programme vorgesehen waren, wurden einfach gestohlen. Nur die Rauschgiftproduktion ist stetig gewachsen, sie ist um das 40-fache gestiegen. Afghanistan ist heute der weltweit größte Lieferant von Opium und Heroin, das durch seine porösen Grenzen fließt.

Jetzt finden nach Angaben der Taliban Kämpfe in der Nähe von Hairatan statt. Das ist der größte Hafen am Fluss Amu Darya, an dem die Grenze zu Usbekistan verläuft. Dort befindet sich die Freundschaftsbrücke, über die die sowjetischen Truppen Afghanistan verlassen haben. Das bedeutet, dass die Situation zu einer Bedrohung für die zentralasiatischen Republiken wird.

„Ja, die Taliban stärken ihre Position im Norden und das nicht zufällig. Was bedeutet das? Diese Situation kann von externen Kräften, die unserem Land und der OVKS feindlich gegenüberstehen, für Provokationen an der afghanisch-tadschikischen Grenze ausgenutzt werden. Bisher können wir nur von vereinzelten Provokationen sprechen“, sagte der Politikwissenschaftler und afghanische Orientalist Vasily Kravtsov. (Anm. d. Übers.: Die OVKS ist die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, ein Verteidigungsbündnis, dem Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisische Republik und Russland angehören)

Usbekistan hat diese Woche bereits etwa 50 afghanische Grenzsoldaten und Soldaten abgeschoben, die auf der Flucht vor Aufständischen die Grenze überquert hatten. Und das ist schon der zweite Vorfall in dieser Woche. In Taschkent erinnerte man an seine Politik der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des Nachbarn und die Verpflichtung zur Neutralität. Das Ergebnis einer weiteren Eskalation der Feindseligkeiten im Norden Afghanistans ist unmöglich vorherzusagen. Umso mehr, als die Seiten gewohnt sind, ihre Gegner mit Gewalt zu überzeugen.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

17 Antworten

  1. Da muß man sich gleich fragen, welcher Drecksack den Taliban 20 Jahre lang die Waffen verkauft hat. Bestimmt die gleichen Leute die damals die Waffen verkauft haben als Russland in Afghanistan war.

  2. Die Afghanische Résistance, das Afghanische Volk, übernimmt nach seinem Sieg über das US Imperium, wieder die Herrschaft, über IHR Land, sie werden die Kriegsverbrecher und Kollaborateure, der Eroberungs- und Besatzer Macht, ihrer verdienten Strafe zuführen. Die Bürger in Frankreich, haben die Mädels, sie sich mit den Besatzern eingelassen haben, geschoren ,Geteert und gefedert und andere einfach Erschlagen oder Erschossen.

      1. Es gibt Viele, die auf die Bösen schimpfen und deren Rachegedanken ihre eigene Bösartigkeit offenbaren.

        „Immer bellt man auf euch! bleibt sitzen! es wünschen die Beller
          Jene Plätze, wo man ruhig das Bellen vernimmt.“
        (Goethe, Xenien)

  3. Ich bin kein Hellseher, aber ich vermute einmal, dass die USA und NATO die Taliban jetzt einen Stellvertreterkrieg gegen den Norden – das eigentliche Ziel – unterstützen werden. Der Plan ist perfide: Unter dem Vorwand, eine (westliche) „Demokratie“ einführen und die Stämme befrieden zu wollen, hat man in Wirklichkeit dafür gesorgt, dass das Land inkonstistent wird und die Gesellschaft zerbricht. Ein instabiles Land ist wie ein Lebewesen mit äusserst geschwächtem Immunsystem. Nun, da man Afghanistan „aus eigenem Erleben“ besser kennengelernt hat, weiß man auch, wie man dort die „Bazillen und Viren“ am besten platziert, um gegen die nördlichen Nachbarn vorgehen zu können. Russland ist schon einmal in die Falle getappt und äußerst vorsichtig geworden, sich (gemeinsam mit seinen südöstlichen Nachbarn) auf Plänkeleien einzulassen.

  4. Ich frage mich ja was die Angehörigen der gefallenen deutschen Soldaten sagen, wenn sie aktuell mitbekommen wie sinnlos der Einsatz ihrer Söhne oder Väter in diesem NATO-Krieg war.

    Irgendwie schafft es die deutsche Presse hervorragend diese Frage zu ignorieren.
    Aber die alternativen Medien könnten ja auch mal auf die Angehörigen zugehen um deren Meinung zu erfahren.

      1. Ich erinnere mich noch an 2001 als unsere damals über 80 jährige Vermieterin sagte, die „Wehrmacht“ sei in Afghanistan einmarschiert. Da dachte ich mir, besser spät als nie😂

  5. Wenn die NATO bzw. die USA so ein großes Interesse gehabt hätten die Taliban aus Afghanistan zu vertreiben, dann hätten sie es bereits 1998 machen können, indem sie die Iraner unterstützt hätten nach Afghanistan einzumarschieren.
    Siehe hier: https://en.wikipedia.org/wiki/1998_killing_of_Iranian_diplomats_in_Afghanistan

    Iran war 1998 kurz davor die Taliban aus Afghanistan zu verjagen und der Iran hat damals die Nordallianz gegen die Taliban unterstützt, während die NATO-EU sich bis zum 11. September weggeduckt haben.

  6. Weiss irgendjemand, wozu der Krieg gut war?
    Ich hab nämlich keine Idee. Es gibt offensichtlich Bodenschätze dort. Vllt wollte man die Chinesen/Russen daran hindern, diese auszubeuten?
    Ging es vllt darum, eine starke militärische Präsenz in der Nähe von China/Russland zu installieren?

    Oder war es nur wichtig, grosse Gelder in die Kriegs- und Rüstungsmafia umzuleiten?
    Vllt ging es auch nur darum, den Rest der Welt zu destabilisieren, teile und herrsche auf globalem Niveau? Überall Krieg machen und Entwicklung verhindern auf globalem Niveau.
    Als Oberbösewicht zur Bevölkerungskontrolle daheim taugten die bösen Taliban ja einige Jahre lang…

    Ich denke, die drei letzten Punkte sind die entscheidenden, aber das ist auch nur eine Vermutung. Wie gern würde ich eine brauchbare strategische Analyse lesen statt dem Propagandamist, der uns hier täglich in den Hals gestopft wird.

    1. Das Ziel der USA ist die Einführung einer Demokratie. Sie übernehmen in den entsprechenden Ländern die Geheimdienste und kontrollieren damit die Elite eines Staates. Kurz gesagt.

  7. Bei einer Diskussion erwiderte ich, dass dieser Krieg vor allem auch gemacht wurde, damit die kleinen Mädchen in die Schule können; In den Medien sagten sie das immer wieder so. So etwas wurde nie gesagt entgegnete meine Gesprächspartnerin verärgert.

  8. Das Ganze zeigt nur eines: Krieg ist als „Lösung“ für Probleme ungeeignet.
    Im Fall Afghanistan kommt allerdings dazu, dass das Wort „Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los!“ eine bedrückende Realität geworden ist. Es sind aber nicht Besen, die kehren, sondern Menschen, die ihren Fanatismus anderen aufzwängen wollen, um jeden Preis, welche diese „Geister“ sind. Und niemand kann behaupten, dass er nicht gewusst haben sollte, welche „Geister“ man damals, als es gegen die UdSSR ging, gerufen hatte. Es war damals bekannt, und es hatte damals niemanden interessiert. Jetzt die Folgen zu verschweigen, ist daher nur konsequent. Denn sollte jemand die Frage stellen, wer eigentlich die Taliban groß gemacht hat, nun, dann müsste er auch erkennen, dass der Einsatz völlig unsinnig war, und zwar von Anfang an.

  9. Das Imperium zieht dort ganz einfach wieder die islamistische Karte, so wie im Kosovo, im Irak, in Lybien, in Syrien – selbst in Frankreich…
    Werden die ISIS, DAECH zu frech (d.h. folgen sie nicht mehr den Befehlen), bekommen sie eins auf den Hut.
    Am Ende geht es darum, an der Grenze Russlands einen gefährlichen Spaltpilz zu installieren, so wie in Uigurien in China.
    Bleibt die Frage, warum dort so lange Militär installiert war – vielleicht hängen ja die Fronten zusammen? Sehen wir es einfach mal als das, was es ist: eine strategische Militäroperation. Ich glaube nicht, dass das Imperium seinen lange gehegten Plan, einen erfolgreichen Erstschlag durchführen zu können, jemals aufgegeben hat, noch jemals aufgeben wird. Viele trauen ihm manches, aber dies nicht zu. Ein Fehler.

  10. Vor gut zwanzig Jahren nahm ich an einer Buchvorstellung einer jungen Afghanin vom Stamm der Hazara teil. Sie lebte damals schon etliche Jahre hier und es handelte sich um eine gebildete, selbstbewusste junge Frau. Sie berichtete auch davon, wie die Taliban, hauptsächlich Paschtunen, mit den Hazara umgingen. Für sie mit ihren Ansichten und Lebensvorstellungen war unter den Taliban kein Platz. Deshalb bedaure ich es, dass für solche Leute jetzt in Afghanistan wieder sehr schwere Zeiten anbrechen. Aber zum Schluss kommen wir wieder dazu, dass die USA den Einmarsch der UdSSR 1978 provoziert und Islamisten und Extremisten vom Schlag eines Bin Laden finanziert und bewaffnet haben und damit die Entwicklung Afghanistans massiv beeinflusst haben. Im Ergebnis haben wir wieder die Taliban, die eine relativ aufgeklärte Entwicklung, wie sie in den 70er Jahren statffand, sicherlich verhindern werden.

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