Reversgas

Hauptsache gegen Russland, auch zum eigenen Schaden: Die Ukraine kauft Gas 20 bis 30 % teurer ein als nötig

Die Ukraine hat nach der Wiedervereinigung der Krim mit Russland den direkten Kauf von Gas aus Russland eingestellt und kauft seitdem sogenanntes Reversgas. Das führt dazu, dass die Ukraine Gas teurer einkauft als nötig und auch eine neue Gelegenheit, das zu ändern, wurde nicht genutzt.

Stammleser des Anti-Spiegel kennen die Geschichte, denn im Zuge der Bidenleaks habe ich 2020 ein Interview mit Alexander Onischenko geführt, der nach dem Maidan einige Zeit die rechte Hand des ukrainischen Präsidenten Poroschenko gewesen ist. Da das Interview für Nicht-Kenner der Ukraine schwer verständlich war, habe ich in einer mehrteiligen Serie die Hintergründe erklärt, den ersten Teil der Serie finden Sie hier.

„Europäisches“ Gas, das nie in Europa war

Die Ukraine hat 2014 verkündet, kein russisches Gas mehr zu kaufen, sondern stattdessen Gas aus Europa zu beziehen. Dabei handelt es sich in Wahrheit aber ebenfalls um russisches Gas, das die Ukraine seitdem teurer einkauft. Das funktioniert folgendermaßen: Ein europäischer Gasimporteur kauft das russische Gas und der ukrainische Gasversorger Naftogas kauft es dem europäischen Importeur ab, wodurch das Gas natürlich zwangsläufig teurer wird, als wenn die Ukraine es direkt bei Gazprom kaufen würde.

Das Gas selbst erreicht Europa nicht, es wird bereits in der Ukraine aus der Transitpipeline in das ukrainische Gasnetz abgezweigt und auf dem Papier zu „europäischem“ Gas umdeklariert, da es von einer in Europa ansässigen Firma gekauft wird. Diesen Prozess der virtuellen Umleitung des Gases aus Europa (wo es nie gewesen ist) in die Ukraine nennt man Reversgas.

In der – selbst im Westen unbestritten – hochgradig korrupten Ukraine ist dieser Gasrevers eine wichtige Verdienstquelle. Laut Onischenko (und die Gaspreise in der Ukraine bestätigen seine Aussagen) berechnen die in Europa ansässigen Firmen für die Umdeklarierung des Gases von russischem in „europäisches“ Gas bis zu 100 Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas. Es ist also ein Milliardengeschäft, an dem – das kann jeder nachrechnen, indem man den jährlichen Gasverbrauch der Ukraine mit 100 Dollar pro 1.000 Kubikmeter multipliziert – jedes Jahr Milliarden verdient werden.

Ungarn hat Ende September gemeldet, dass es einen neuen Vertrag mit Gazprom abgeschlossen hat, demzufolge Ungarn kein Gas mehr über die Ukraine bezieht, sondern ab 1. Oktober sein Gas über die neue türkische Pipeline bezieht, die Russland und die Türkei gerade fertiggestellt haben. Damit bezieht Ungarn seit dem 1. Oktober kein russisches Gas mehr aus dem ukrainischen Transit.

Da die Ukraine aber aus eben diesem Gas den Großteil dessen abgezapft hat, was die Ukraine selbst benötigt, muss die Ukraine nun neue Verträge abschließen und Gas aus dem Mengen entnehmen, die durch den ukrainischen Transit nach Polen, Rumänien und in die Slowakei gehen, was natürlich auch teurer ist als das Gas direkt bei Gazprom zu bestellen. Darüber habe ich bereits im Detail berichtet, den Artikel finden Sie hier.

In Russland schüttelt man schon lange nur noch den Kopf über die Politik in Kiew, denn die chronisch bankrotte Ukraine gibt damit bis zu 30 Prozent mehr für Gas aus, als sie müsste. Um aufzuzeigen, wie in Russland darüber berichtet wird, habe ich einen Beitrag des russischen Fernsehens über das Thema übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Der Wunsch der Ukraine, russisches Gas weiterhin nicht direkt, sondern im Wege des Reverse-Flow zu beziehen, ist überraschend. Deshalb ist das Gas für die Ukrainer 20 bis 30 Prozent teurer, sagte der stellvertretende russische Ministerpräsident Aleksandr Novak in der Sendung „Nachrichten am Samstag“ mit Sergej Brilev auf dem Fernsehsender Rossiya 1.

„Es stellt sich die Frage, warum Sie das Gas nicht direkt aus der Russischen Föderation beziehen, das gleiche Gas, das Sie aus dem Transit entnehmen, und dementsprechend 20 bis 30 Prozent mehr dafür bezahlen. Nun, das ist überraschend“, bemerkte Novak.

Nachdem sich die Ukraine geweigert hat, russisches Gas direkt von Gazprom zu kaufen, erhält sie seit 2014 Gas aus dem russischen Transitfluss in die EU, und zwar in umgekehrter Weise: Kiew bezahlt europäische Unternehmen für russisches Gas, das es aus seiner Pipeline entnimmt.

Ungarn erhält seit dem 1. Oktober Gas aus Russland über Turkish Stream, vorbei an der Ukraine. Dies sei die rentabelste Option, sagte die oberste Managerin des Betreibers des ukrainischen Gastransportsystems, Olga Belkova. Daher wird Kiew seine Käufe von russischem Transitgas, das über die Ukraine an Polen, die Slowakei und Rumänien geliefert wird, erhöhen müssen. Russisches Gas, das durch die Ukraine geleitet wird, wird von diesen Ländern im Rahmen langfristiger Verträge gekauft, aber Kiew wird es zurückkaufen und aus seiner eigenen Transitpipeline entnehmen.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

17 Antworten

  1. Der Spiegel dreht mal wieder frei:

    Energieexperte über Russland und die Gaspreise
    »Hier wird faktisch ein Krieg erklärt«
    Treibt Russland die Gaspreise in Europa in die Höhe? Ja, sagt Energieexperte Michail Krutichin. Wladimir Putin wolle die Europäer zwingen, den Übergang zu erneuerbaren Energien zu verschieben. Ein Interview von Christian Esch, Moskau

    Zum Glück für Spiegel hinter der Bezahlschranke. Was wohl bedeutet, daß der Artikel im aktuellen gedruckten Spiegel stehen wird. Hetze auf plattestem Niveau.

      1. Oje.. was für ein Trottel, dieser Krutichin! Ich hatte sowas schon befürchtet, als ich beim Googlen nach dessen Namen auf altbekannte Formulierungen wie „unabhängiger Energieexperte“ gestoßen bin. Kein Wunder, daß Esch sich solch einen „Kronzeugen“ sucht. Und tatsächlich besteht die beim Focus (dem „Endlager des Journalismus“) veröffentlichte Zusammenfassung des „Interviews“ aus dem Spiegel auf einer Aneinanderreihung von blanken Lügen und argumentativer Scharfmacherei gegen Russland.

        Alle Importeure sagen übereinstimmen, daß Russland liefert, was aus der EU bestellt wird. Nicht weniger, eher sogar mehr. Und wenn es inzwischen Nachbestellungen gäbe, die Gazprom einfach nicht beantwortet, wäre das binnen Minuten eine Schlagzeile in sämtlichen „Qualitätsmedien“. Dann hätte man nämlich etwas Handfestes! Stattdessen schwafelt er von „Insiderinformationen“ die „Dienst nach Vorschrift“ belegen sollen, Ja, was denn sonst? Egal, wieviel bestellt und geliefert wird, das geht alles nach Vorschrift und Verträgen.

        Aus welchem Nest ist der Krutichin eigentlich gefallen? Und wer ist die offenbar von ihm selbst gegründete Firma „RusEnergy“, die so schön „offiziell“ klingt, aber offenkundig seine Privatsache ist?

        1. Und tatsächlich besteht die beim Focus (dem „Endlager des Journalismus“)

          Der ist mehr als nur GUT (!( hhha..)

          Endlager des Journalismus, oder der Journalisten, die sonst überhaupt nix mehr auf die Reihe bringen…

          Werd ich bei Gelegenheit mal klauen, weil ein besonderer „Kollege“ in Polen, sehr oft gerade auch Focus zitiert …

          1. Ps: man sollte auch im Hinterkopf behalten, daß ein gewisser Boris Reitschuster, den heute einige für einen guten alternativen Journalisten halten, weil er, aus welchem Grund auch immer, die Corona-Maßnahmen kritisiert, von 1999 bis 2015 Leiter des Moskau-Büros des Focus war, ehe man ihn dort herauskomplimentierte, und die Abteilung schloß. Da gehört auch was dazu, beim Focus gefeuert zu werden! An seiner Einstellung lag es jedenfalls nicht, denn 2015 und auch in den Folgejahren war Reitschuster ein 100%iger „Russenfresser“ und gern vom Fernsehen eingeladener „Moskau-Experte“.

        2. Die Nachdenkseiten haben sich mit dem „Interview“ befaßt, und wissen Interessantes zu Michail Krutichin zu berichten:

          https://www.nachdenkseiten.de/?p=77094

          „Ein Blick in seine professionellen Tätigkeiten könnte die Einschätzungen Krutichins verständlicher machen. Aktuell arbeiten Krutichin und sein jetziger Chef Yuri Kogtev, wie aus der Selbstbeschreibung der Agentur „Rusenergy“ hervorgeht, für US-amerikanische Auftraggeber und sollen etwa aufklären, wo die „weakness“ (Schwäche) des russischen Gegners liegt – eine Art wirtschaftliche Aufklärung. Gleichzeitig geben die beiden Herren gegenüber „bürgerlichen“ Medien die „​​unabhängigen“ und „kremlkritischen“ Wissenschaftler.“

          Warum bin ich nicht überrascht?

  2. Russisches Erdgas ist doch ohnehin europäisches Erdgas, weil Russland ein europäisches Land ist, selbst, wenn das betreffende Erdgas im asiatischen Teil Russlands gefördert worden ist!

    Die EU ist demgegenüber kein europäisches Bündnis, sondern ein von den USA dominiertes Bündnis ihrer europäischen Klientelstaaten, zu welchem Großbritannien seit dem Brexit nicht mehr gehört und sich mit seinem Projekt Global Britain vollständig von den USA zu emanzipieren trachtet.

  3. Habeck heute übrigens:

    „Wir sind abhängig von Russland, Russland drosselt die Gaszufuhr. Die Speicher sind nicht voll und die Nachfrage ist hoch. Noch die amtierende Bundesregierung sollte schnell mit Russland reden, dass sich das ändert“.

    1. Sollte Habeck dies heute tatsächlich so gesagt haben, dass die noch amtierende Regierung noch schnell mit Russland reden solle, damit sich das ändert, würde er ja gleichzeitig gesagt haben, dass die Kanzlerin lügt. Die Kanzlerin bestätigte ja nun mal, die 15 %tige Erhöhung der Lieferungen aus Russland…

      Insoweit sollte sich die „Alte “ Regierung (MIT SCHOLZ) ja entsprechend artikulieren. Zumindest die Kanzlerin hat ja nicht mehr viel zu verlieren…

      . Wo hat Habeck denn das gesagt ?

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