Ukraine-Update

Kiew beginnt Manöver an der russischen Grenze und vor der Krim

Das letzte Update zur Lage in der Ukraine ist schon wieder eine Woche alt, weshalb es an der Zeit ist, mal wieder chronologisch zusammenzufassen, was seitdem geschehen ist.

Auch wenn die westlichen „Qualitätsmedien“ die Ukraine erst Ende März wieder als Thema entdeckt haben, hat die Eskalation dort bereits im Januar begonnen. Die Chronologie der Ereignisse seit Jahresbeginn bis Ende März finden Sie hier, die Chronologie der sich überschlagenden Ereignisse vom 2. bis zum 7. April finden Sie hier. Jetzt schauen wir uns an, was vom 8. April bis heute geschehen ist.

8. April

Der ukrainische Präsident Selensky hat medienwirksam die Kontaktlinie besucht. Der Besuch diente der Propaganda, das Präsidialamt meldete, der Präsident habe die vordersten Linien an den Stellen besucht, wo es die meisten Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben hat. Das russische Fernsehen hat die Bilder auch gezeigt und auch Selenskys Erklärungen an die Soldaten ausführlich zitiert:

„Diejenigen, die in der Ukraine an der Macht sind, sollten im Donbass sein, das ist sehr wichtig. Erstens für die Soldaten, damit sie verstehen, dass sich die Regierung nicht in Büros versteckt, sondern da ist, wo es wirklich schwierig ist, wo, offen gesagt, wirkliche Helden über das Schicksal der Ukraine entscheiden und ihre Grenzen schützen. Niemand kann in hohen Ämtern arbeiten, wenn es niemanden gibt, der die Grenzen schützt“

Dass es dabei um reine Propaganda ging, war daran zu erkennen, dass Selensky wohl eher nicht an vorderster Front war, denn während er selbst martialisch in Kampfanzug mit kugelsicherer Weste und Helm unterwegs war, trugen seine Begleiter keine Helme. Das war also wohl eher eine Show für die Kameras.

Am gleichen Tag bekamen die ukrainischen Soldaten auch Besuch von Militärs der Nato. Dabei war sich Brittany Stewart, US-Militärattaché in Kiew, nicht zu schade, eine Uniform mit ukrainischen Abzeichen zu tragen, die die Sympathie für der ukrainischen Armee für die Nazis sehr deutlich widerspiegelt.

9. April

Die Propaganda-Show von Selensky ging auch an dem Tag weiter. Das Präsidialamt meldete, der Präsident habe in einem Militärstützpunkt zusammen mit den Soldaten übernachtet. Der ehemalige Schauspieler und Komiker, der in seinem Wahlkampf um das Präsidentenamt noch den Frieden als wichtigstes Thema hatte, zeigt sich heute lieber im Kreis der Soldaten.

An diesem Tag haben die USA gemäß des Vertrages von Montreux die Durchfahrt von zwei Kriegsschiffen durch den Bosporus ins Schwarze Meer angemeldet. Der Vertrag regelt den Schiffsverkehr durch den Bosporus und jedes Schiff, das ihn passieren will, muss das rechtzeitig bei der Türkei anmelden.

Außerdem wurde am 9. April in der Ukraine eine Umfrage veröffentlicht. Die Umfrage zeigte, dass 70 Prozent der Ukrainer der Meinung sind, ihr Land bewege sich in die falsche Richtung. Außerdem wurde auch die in Deutschland sogenannte Sonntagsfrage gestellt, die folgendes Ergebnis brachte: Die Partei „Diener des Volkes“ des Präsidenten hat die Liste mit 22,9 Prozent angeführt, gefolgt von der Partei „Europäische Solidarität“ (Petr Poroschenko) mit 14,6 Prozent, darauf folgte die wichtigste Oppositionspartei, die „Oppositionsplattform – Für das Leben“ mit 14,2 Prozent und das Schlusslicht der „großen Parteien“ in der Ukraine bildete die „Vaterlandspartei“ von Julia Timoschenko mit 12,9 Prozent.

Wenn man bedenkt, dass Selensky bei den Präsidentschaftswahlen vor knapp zwei Jahren 73 Prozent bekommen und dass seine Partei bei den Parlamentswahlen im Spätsommer 2019 die absolute Mehrheit erreicht hat, dann zeigen die Zahlen, wie sehr er bei den Menschen in der Ukraine an Ansehen verloren hat.

Auch der Druck auf die größte Oppositionspartei geht weiter. Nachdem Selensky den Oppositionsführer im Parlament im März per Dekret hat enteignen lassen und der ukrainische Geheimdienst sein Büro durchsucht hat, wurde am 9. April die Sicherheitsfirma, die die Büros der „Oppositionsplattform – Für das Leben“ bewacht, vom Geheimdienst gestürmt.

12. April

Am 12. April forderte der ukrainischen Außenminister von der Nato, die Ukraine endlich konkret zu unterstützen:

„Wir alle müssen verstehen, dass eine Phase kommen kann, in der geäußerte Besorgnis nicht ausreichen wird. Wir müssen jetzt darüber sprechen, welche Unterstützung es für die Ukraine im Falle einer groß angelegten bewaffneten Eskalation in der Praxis geben kann.
Das Wichtigste ist jetzt: Erstens Russland maximale Signale geben, dass jede bewaffnete Eskalation, die gegen die Ukraine gerichtet ist, schwerwiegende Folgen für Russland haben wird, und auch die konkreten Konsequenzen aufzuzählen. Zweitens: die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine, unsere Streitkräfte stärken, auch durch Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Drittens: eine engst mögliche Zusammenarbeit zwischen unseren Geheimdiensten und denen unserer Partner, insbesondere aus NATO-Ländern und mit der Nato insgesamt, damit wir die Absichten Russlands vollständig verstehen“

Auch Selensky forderte an diesem Tag mehr. Er sagte, dass Bidens Worte für die Ukraine zu wenig seien, die Ukraine fordere Taten.

13. April

An diesem Tag erklärte der ukrainische Geheimdienst SBU, dass man an der Grenze zu Russland ein großes Manöver beginnen werde:

„Am 14. April wird der SBU in Charkiw mit mehrstufigen Anti-Terror-Manövern beginnen. Die Manöver finden bis Ende Mai in der gesamten Region Charkiw mit Schwerpunkt auf den Grenzgebieten statt.“

An den Manövern sollen auch Einheiten der Nationalgarde teilnehmen, zu denen die berüchtigten Freiwilligenbataillone gehören, die im Donbass schwere Kriegsverbrechen begangen haben. Um die Formulierung richtig einschätzen zu können, muss man wissen, dass die Ukraine den Krieg im Donbass als „Anti-Terror-Operation“ bezeichnet. Es handelt sich bei dem Manöver also um ein großangelegtes Militärmanöver.

Auch Russland verschärfte den Ton. Mit Blick auf die im Schwarzen Meer erwarteten zusätzlichen zwei US-Kriegsschiffe sagte der stellvertretende russische Außenminister Rjabkow:

„Die USA müssen verstehen, dass die Risiken bestimmter Vorfälle sehr hoch sind. Ähnliches haben wir dieses Jahr bereits in einem ganz anderen Seegebiet beobachtet. Wir warnen die Vereinigten Staaten, dass es für sie besser ist, sich von der Krim, von unserer Schwarzmeerküste fernzuhalten. Es wird zu ihrem eigenen Besten sein.“

Mit Blick auf eine mögliche Eskalation im Donbass fügte er an die Adresse von Nato und USA hinzu:

„Sollte es zu einer Verschärfung irgendeiner Art kommen, werden wir natürlich alles tun, um unsere eigene Sicherheit und die Sicherheit unserer Bürger zu garantieren, wo auch immer sie sich aufhalten. Aber die Verantwortung für die Folgen einer solchen Verschärfung wird gänzlich bei Kiew und seinen Betreuern im Westen liegen.“

14. April

Zusätzlich zu den Manövern, die die Ukraine in Charkiw an diesem Tag begann, meldete der SBU auch Manöver direkt in der Nähe der Krim:

„Der SBU führt in der Region Kherson großangelegte mehrstufige Anti-Terror-Manöver durch. Während der Manöver werden der Küste der Region sowie den Grenzen zur Krim besondere Aufmerksamkeit gewidmet. (…) Die Manöver finden unter Bedingungen statt, die der Realität möglichst nahe kommen. Während der Manöver werden strategisch wichtige kritische Infrastruktureinrichtungen in der Region Kherson verstärkt kontrolliert und geschützt. Dabei geht es vor allem um Seehäfen, Kraftwerke, Flughäfen, Brücken und Gasfördertürme.“


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. „Wir warnen die Vereinigten Staaten, dass es für sie besser ist, sich von der Krim, von unserer Schwarzmeerküste fernzuhalten. Es wird zu ihrem eigenen Besten sein.“ Das nenne ich Euphemismus! Die US-„Partner“ sollten es sich wirklich überlegen, was sie im Schwarzen Meer so anstellen…

    1. Die Russen haben mehrere Abwehrsysteme sowohl gegen Angriffe aus dem Wasser als auch aus der Luft auf der Krim errichtet. Die Krim ist so wie Kaliningrad aufgrund ihrer exponierten Lage in besonderem Maße militärisch ausgerüstet um sich vor NATO-Agressionen schützen zu können. Washingtons Truppenentsendung ins Schwarze Meer ist ein weiteres Himmelfahrtskommando. Die Türkei ist als einer der drei wichtigsten Anrainerstaaten Washingtons unzuverlässlichster NATO-Partner, und Erdogan wird trotz seiner russlandfeindlichen Drohgebärden wohl kaum in den Konflikt eingreifen. Die Türken haben in Syrien, Zypern und Azerbaidschan genügend eigene Konfliktzonen weshalb ein Eingriff in den Ukraine-Konflikt ihre Kapazitäten übersteigen würde.

  2. Im deutschen Mainstream ist man schon so verblendet, dass man es überhaupt nicht eigenartig findet, dass amerikanische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer vor sich hindümpeln. Der Nordatlantik endet meines Erachtens an der Normandyküste, für die Amerikaner macht er hingegen selbst am Bosporus nicht halt.
    Aber immerhin haben die Russen den Heimvorteil-Bonus. Die Yankees haben Vietnam nicht bezwungen, Korea nicht bezwungen, Afghanistan nicht bezwungen. Mütterchen Russland werden sie erst recht nicht bezwingen!

  3. Ich habe mal in einem Film, der Russischen Armee gesehen, wie ein Kilometer langer und tiefer Streifen, von TOS-1 Buratino Werfern mit Thermobarischer Munition, in ein Flammenmeer verwandelt wurde. Der Direkte Weg, der NATO NAZI Truppen, zu ihrem Herrn.

  4. Die erwähnte Sonntagsfrage mit dem Ergebnis der Stichwahl im Präsidentschaftsrennen zu vergleichen, ist eventuell ein Müh irreführend 😉 aber das der Präsident an Ansehen verloren hat wird niemand bestreiten.

    Insbesondere die Entwicklung der Umfragewerte bei der Frage ‚ob sich die Dinge in der Ukraine in die richtige oder falsche Richtung bewegen‘ zeigt das Selenskyj den Menschen nur ein sehr kurzes Gefühl der Hoffnung schenken konnte (S.4 http://ratinggroup.ua/files/ratinggroup/reg_files/rg_ua_2500_cati_042021_press.pdf).

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