Reisen in Russland

Lust auf ein extremes Reiseziel? Wie wäre es mit Taymyr?

Von Taymyr hat in Deutschland kaum jemand je gehört, es gibt nicht einmal einen Wikipedia-Artikel darüber. Dabei ist der polare Landstrich ein ideales Reiseziel für alle, die etwas ungewöhnliches, urtümliches und einmaliges erleben wollen.

Im Nachrichtenrückblick „Nachrichten der Woche“ des russischen Fernsehens werden manchmal russische Regionen vorgestellt, die auch für Russen exotisch sind. Und wenn meine Zeit es zulässt, übersetze ich diese Berichte gerne, denn sie geben einen interessanten Einblick in Russland als Reiseland. So habe ich letztes Jahr einen Bericht über Karelien übersetzt, das von St. Petersburg leicht zu erreichen ist und eine atemberaubende Natur bietet.

Auch Taymyr ist atemberaubend, aber nicht so leicht zu erreichen, denn es liegt im äußersten Norden Russlands und ist noch immer weitgehend urtümlich. Hier ziehen immer noch gastfreundliche Nomaden mit ihren Rentierherden durch die Tundra und auch sie haben den Tourismus als Einnahmequelle entdeckt. Reisen nach Taymyr kann man aus Deutschland wohl noch nicht buchen, aber wer einen längeren Russlandurlaub plant, sollte sich überlegen, ob er in Russland eine solche Reise bucht, um etwas zu erleben, was sicher nur die wenigsten Menschen der Welt je erlebt haben.

Russland ist als Reiseland weit unterschätzt, jedes Jahr belegen russische Städte zum Beispiel bei Booking.com Spitzenplätze in den weltweiten Bewertungen der Seite.

Ich habe den Bericht des russischen Fernsehens vom Sonntag übersetzt und der Bericht sollte zusammen mit meiner Übersetzung auch ohne Russischkenntnisse verständlich sein.

Beginn der Übersetzung:

Das Autonome Gebiet Taimyr Dolgano-Nenets feiert sein 90-jähriges Bestehen. Das Jubiläum war im Dezember, aber aufgrund des Coronavirus wurde die Feier auf April verschoben.

Die Region befindet sich auf der Taimyr-Halbinsel, der größten nördlichen Halbinsel der Welt. Es ist ein einzigartiger Ort auf der Landkarte Russlands, wo die Industrialisierung aus der Sowjet-Ära und die moderne Industrie mit traditionellem Handwerk koexistieren, und wo das Internet sogar in den Zelten der Rentierzüchter benutzt wird. Wie sieht das Leben in Taymyr heute aus und welche Reichtümer gibt es dort?

Eine Reportage von Aljona Rogozina.

Taimyr ist ein Gebiet mit seinem eigenem Charakter. Jetzt ist Ende April und es liegt eine Menge Schnee. DieTransportmittel hier sind Hubschraubern, Geländewagen und Schneemobile.

Wir fahren zum Außenposten Taimyr. Wir fahren entlang des Eises des Jenissei. Unsere Führer finden den Weg durch Wegmarken, die nur für sie sichtbar sind. Oben ist Schnee, unten liegt auch Schnee, selbst der Horizont ist nicht zu sehen.

Satellitenkoordinaten helfen hier nicht. Die Rentierhirten sind abgewandert. Die Herde brauchte frisches Rentiermoos.

Dieses eingefangene Rentier ist ein Geschenk an die Nachbarn. Dieser Austausch von Tieren ist um Wohle der Herden. Außerdem ist Feiertag. Taimyr wird 90 Jahre alt und in der ganzen Tundra besucht man sich gegenseitig.

Die Hausherrin des Zeltes, Agrophena, begrüßt uns mit einem Lächeln und bittet uns, ihr beim Schneeschaufeln zu helfen. Sie verwenden ihn, um Wasser zum Kochen zu gewinnen.

Aber dafür gibt es hier Internet. Und die Kinder sitzen an ihren Handys.

Agrophenas Mann erzählt: „Vor 15 Jahren war es hart, heute ist es leichter. Wir haben mehr technisches Gerät, der Staat hilft finanziell.“

Die Familien leben auf Balken. Man braucht 10 Rentiere, um das fahrbare Zelt an einen neuen Ort zu ziehen.

Anders als in anderen Regionen sind die Rentiere hier absolut zutraulich. Sie fressen aus der Hand.

Im Sommer besuchten 500 Touristen diese Taymyr-Herden. Auf Taymyr hat der Aufbau des Tourismus begonnen.

Sergej Sisonenko, Vorsitzender der Vereinigung der Kleinstvölker der Ureinwohner Region, erzählt: „Taymyr ist das Herz der Arktis. Taymyr ist ein einmaliges arktisches Gebiet und wenn die Menschen hierher kommen, dann verstehen sie, dass sie in einer anderen Welt gelandet sind.“

In dem schwierigen Jahr der Pandemie haben es die Einheimischen mit nordischem Fleiß geschafft, der Region nicht nur ein Wachstum des Tourismus zu bescheren, auch der Frachtverkehr nimmt zu.

Es dauert schon mehr als eine Stunde: Der Eisbrecher versucht, den Pier zu räumen, aber das Eis ist mehr als 70 Zentimeter dick und es weht ein eisiger Wind. Alles friert augenblicklich wieder zu. Man kann den Fortschritt kaum erkennen, es ist eine titanische und sehr harte Arbeit.

Der einzige Flusseisbrecher auf dem Jenissei hilft den Schiffen im Hafen von Dudinka, den Elementen zu trotzen. Im Gespann mit einem Schlepper macht der Eisbrecher einen Anfahrkanal für die arktischen Trockenfrachtschiffe frei. Der Hafen ist einmalig. Es gibt keinen anderen solchen Hafen auf der Welt. Beim Frühjahrshochwasser und bei Eisgang wird er komplett überflutet.

Der Vorarbeiter erklärt uns: „Das sind einmalige Kräne. Wenn das Wasser steigt, fahren sie selbst die Straße entlang auf die Anhöhe 20 Meter höher.“

Die Abfertigung der Schiffe läuft das ganze und der Hafen versorgt Taymyr mit allem, was man zum Leben braucht.

Besiedelt war Taymyr früher von Jägern und erschien in den Zeiten von Peter dem Großen auf den Landkarten. Der Name bedeutet nach einer der vielen Versionen „Der Reiche.“ Gold, Kupfer, Nickel, Platin… Die ersten metallurgischen Fabriken wurden hier 1935 von den Gefangenen von Norilag auf dem Permafrostboden errichtet.

Stummer Zeuge dieser Ereignisse ist diese Brücke, ein damals namenloser Übergang inmitten der endlosen gefrorenen Tundra. Die Häftlinge bauten sie und mehr als 300 000 Menschen überquerten sie. Die „Brücke der Erinnerung und der Trauer“ befindet sich im Herzen von Dudinka.

Niemand weiß genau, wie viele Häftlinge an Überarbeitung, Kälte, Hunger und Krankheiten starben, wie viele gefoltert wurden. Sie blieben in den Herzen, in der Erinnerung, der Menschen hier und haben die Identität der heutigen Metallarbeiter von Taimyr geprägt. Die riesigen Bottiche mit geschmolzenem Metall sind unter den rauen Bedingungen der Polarregion wahre Symbole des Erfolges.

Hier könnte man über Zahlen der Schmelztemperatur sprechen, aber der Induktionsofen wird nur einmal extra für uns gedreht, um das heiße Herz von Taimyr zu zeigen. Deshalb reden wir nicht über Zahlen, sondern zeigen nur die Kraft und Energie des Augenblicks.

Erstaunlicherweise hatte Taymyr vor nicht allzu langer Zeit noch keine eigene Lebensmittelproduktion und Lagerhaltung. Heute liefern kleine Fleischereien Fleisch zur Verarbeitung. Und es scheint, dass es hier noch mehr Fisch als Gold gibt. Sie lagern all diesen Reichtum nach alter Tradition im Permafrostboden. Die Wände dieser Höhle, in der in den Kammern alle möglichen Lebensmittel gelagert werden, sind aus Eis. Sie wurden einfach mit Wasser abgespritzt und sind gefroren.

Nach Taymyr sollte man nicht nur wegen der Köstlichkeiten und der ursprünglichen Kultur kommen, sondern auch zum Skifahren auf der nördlichsten Skipiste der Welt. Sie wird von den einheimischen Jungs empfohlen. Und man auch kein Profi ist, sollte man trotzdem einmal Curling versuchen.

Taimyr ist 90 Jahre alt. Verwaltungstechnisch gehört es natürlich zur Region Krasnojarsk. Aber es gibt keine einzige Stadt in ganz Taymyr. Hier auf der größten nördlichsten Halbinsel der Welt leben überwiegend Ureinwohner. Und es wird hier kälter als am Nordpol, bis zu minus 62 Grad, manchmal schneit es im Juli. Aber die wichtigste Weisheit von Taymyr klingt etwa so: „Wenn man an einem Ort lebt, wo die Mammuts erfroren sind, reicht gutes Wetter absolut aus, um glücklich zu sein, und wenn das Wetter schlecht ist, kann man Tee trinken.“

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. Der Zeitpunkt ist vielleicht etwas ungünstig, jetzt wo hier alles blüht und man endlich wieder im T-Shirt raus kann zieht es mich überhaupt nicht in die Kälte. 🙂
    Auf der anderen Seite gibt es in Taymyr keine Coronazis und Ausgangssperren…

  2. > Russland ist als Reiseland weit unterschätzt, jedes Jahr belegen russische Städte zum Beispiel bei Booking.com Spitzenplätze in den weltweiten Bewertungen der Seite.

    Na, zumindest diejenigen Leute, die auf booking.com buchen, unterschätzen es wohl nicht, denn sonst gäbe es diese Buchungen ja nicht.

    Aber ich glaube wohl, dass Russland als Reiseland unterschätzt wird. Das Problem dürfte die Sprache sein, und für viele, die sich in Deutschland über die MSM briefen lassen, ist es wohl auch unattraktiv. Allerdings scheint aktuell Tschernobyl gut ausgebucht zu sein; wer sich also ein bisschen gruseln will oder bereit ist, sich einen Schaden wegzuholen (z.B. durch russische Folterknechte ;-)), dem müsste die schlechte Presse hierzulande ja praktisch sogar ein Anreiz sein.

    Ich war 2008 in Russland, und ich habe das gewagt, weil ich kyrillisch lesen und ein bisschen Russisch verstehen/sprechen kann. Das gilt ja nicht für alle Deutschen. Und mir sind dort kaum Menschen begegnet, die Englisch konnten – in einem Hostel in St. Petersburg, in Internet-Cafes und einmal in Schachty bei Rostow, als ein Russe sich unbedingt mit mir unterhalten wollte und dafür sogar seinen Englisch sprechenden Sohn herankarrte. Ich fand das einen großen Gewinn und habe mich darüber geärgert, dass meine Russisch-Kenntnisse so mangelhaft sind, denn trotzdem habe ich nie in so kurzer Zeit so viel über die Russen erfahren wie in den vier Wochen damals.

    Gut möglich, dass die Englisch-Kenntnisse inzwischen verbreiteter sind.

    1. Absolut richtig. Und gewisse Russischkenntnisse sind auf jeden Fall nötig, gerade auch als „Eisbrecher“. Wobei ich überrascht war, dass im touristischen Sektor in Sankt Petersburg auch viele gut Deutsch können. Bin auch einmal einem netten Veteranen begegnet, der seinen Militärdienst in der DDR abgeleistet hat. Allesamt sind die Russen sehr nette und gastfreundliche Menschen.

    2. Mit meinem Russisch, das ich in der Volkshochschule (bis Corona) gelernt habe, bin ich immer gut durchgekommen. Ich habe alle Reisen mit ÖPNV gemacht und dank der liebenswürdigen Eigenschaft des russischen „Helfersyndroms“ alle Schwierigkeiten irgendwie bewältigt. Sogar den Verlust meiner Migrationskarte als ich in Irkutsk und am Baikalsee war. Momentan würde es mir langen, wenn ich (ungeimpft) endlich meine 3-wöchige Krimtour von 2020 dieses Jahr machen könnte.

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