Rede an die Nation

Putin im O-Ton über soziale Gerechtigkeit und die Verantwortung der Wirtschaft

Am 21. April hat Putin seine jährliche Rede an die Nation, die in diesem Jahr mit besonderem Interesse erwartet wurde. Hier berichte ich über den Teil der Rede, in dem es um die soziale Verantwortung der Reichen für die Schwachen ging.

Putins Rede an die Nation ist jedes Jahr ein großes Thema und die Medien im Westen sind dabei stets bemüht, alles wegzulassen, was nicht ins gewollte Bild passt. So wird es auch dieses Mal sein, weshalb ich in mehreren Artikeln ausführlich auf die Rede eingehen und sie übersetzen werde. In diesem Artikel geht es darum, was Putin über die soziale Verantwortung der Reichen für die Schwachen gesagt hat.

Die Rede hat fast anderthalb Stunden gedauert und der Schwerpunkt lag auf innenpolitischen Themen, nur etwa zehn Minuten haben sich um die Außenpolitik gedreht, darüber habe ich hier berichtet. Da Anti-Spiegel-Leser immer wieder darum bitten, ich möge mehr über innenpolitische Themen berichten, komme ich dem hier nach und berichte über Teile von Putins Rede, in denen es um die Innenpolitik ging.

Die Einkommensteuererhöhung 2020

Putin nimmt die Wirtschaft und die Gutverdiener in die Verantwortung. Im letzten Jahr hat Putin den Spitzensteuersatz erhöht, wobei die Mehreinnahmen des Staates aber zweckgebunden waren. Allerdings muss man dabei anmerken, dass die Steuern in Russland geradezu lächerlich sind, denn in Russland gilt bei der Einkommensteuer eine Flatrate von 13 Prozent. Ja, Sie haben richtig gelesen: Die Einkommensteuer beträgt in Russland pauschal 13 Prozent für jeden, ohne jede Steuererklärung.

Für Jahreseinkommen von über fünf Millionen Rubel (ca. 55.000 Euro) wurde im letzten Jahr eine Steuererhöhung beschlossen und der darüber hinausgehende Teil des Jahreseinkommens wird nun mit 15 Prozent besteuert. Diese zwei Prozent mehr auf die höheren Einkommen fließen in einen Fond, der gezielt Familien mit schwerkranken Kindern unterstützt. Zwar wird die medizinische Versorgung in Russland immer besser und ist in den großen Städten nicht schlechter als im Westen, aber die russische Bürokratie sorgt leider gerade bei seltenen Krankheiten dafür, dass Eltern oft auf den Kosten für teure Medikamente (teilweise) sitzen bleiben. Um da unbürokratisch zu helfen, wurde diese Maßnahme getroffen und der Fond eingerichtet. Putin meldete nun, dass das Projekt angelaufen ist und erste Ergebnisse bringt:

„Ich danke allen Fraktionen im Parlament, die die Entscheidung über die Besteuerung hoher Einkommen, genauer gesagt, auf einen Teil dieser hohen Einkommen, unterstützt haben. Die Einnahmen gehen an den eigens eingerichteten Fonds „Kreis des Guten“ und hilft bereits Kindern, die an seltenen und schweren Krankheiten leiden dabei, für sie teure Medikamente, medizinische Geräte und Operationen zu bezahlen.“

Die Verantwortung der Wirtschaft

Auch die Wirtschaft will Putin stärker zur Übernahme von Verantwortung heranziehen. Dazu sagte er:

„Ich werde jetzt etwas Wichtiges, aber nicht Neues sagen, die Wirtschaft weiß das schon. Die Gewinne der Wirtschaft versprechen in diesem Jahr trotz aller Probleme einen neuen Rekord zu erreichen. Trotz aller Probleme sieht es danach aus. Wir werden sehen, wie diese Gewinne verwendet werden, und wir werden das berücksichtigen, wenn wir am Ende des Jahres über mögliche weitere Anpassungen der Steuergesetze entscheiden. Ich warte hier auf konkrete Vorschläge seitens der Regierung. Lassen Sie mich, wie man sagt, außerhalb des Protokolls sagen: Einige ziehen Dividenden ab, während andere in die Entwicklung ihrer Unternehmen und ganzer Branchen investieren. Natürlich werden wir diejenigen, die investieren, fördern.“

Das war eine recht deutliche Drohung an große Firmen, den Besitzern nicht allzu hohe Gewinne auszuzahlen, sondern die Gewinne besser zu investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen. Auch die Gewinnsteuern sind in Russland sensationell niedrig und daher ist die Versuchung der Aktionäre groß, sich Gewinne einfach auszahlen zu lassen. Putin hat hiermit durch die Blume angekündigt, dass er bei allzu gierigen Aktionäre höhere Steuern ins Auge fasst, damit Firmen ihre Gewinne investieren, um die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt nach Corona wieder in Gang zu bringen.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

14 Antworten

  1. Es freut mich außerordentlich sehr, dass Präsident Putin an der Sozialisierung der russischen Wirtschaft arbeitet. Viele gute Ideen aus alten Zeiten werden hier wieder aufgefriffen. Ich bin geneigt zu sagen, dass es sich hier um einen echten Sozialdemokraten handelt.
    Lieber Vladimir Vladimirowitsch, bleiben Sie so, wie Sie sind!

    1. Und wie Sie sich irren! Das habe ich nie gesagt.
      Erstens kann das Wort „noch“ nicht stimmen, denn in den 90ern wurde alles auf Teufel komm raus privatisiert.
      Zweitens gibt es doch bekanntermaßen russische Oligarchen, deren Konzerne sicher nicht in Staatsbesitz sind.
      Ich habe erzählt, dass in Russland viel große Firmen im Staatsbesitz sind, das betrifft Öl und Gas, Eisenbahn, Aeroflot und einiges mehr. Aber es gibt weit mehr große private Firmen-

      1. Danke Herr Röper und Iswinitje, dass ich bei Tacheles mal nicht ge-
        nau genug zugehört habe.
        Aber jetzt wo Sie’s sagen: Ja es stimmt, in den Artikeln über „Putins Palast“ und Nawalnys Fake-Video erwähnten Sie ja auch den großen Bauunternehmer, der mit seiner Firma schon vor Jahren dieses Hotel aus dem Boden gestampft hatte.
        Ihre Antwort ist für mich sehr interessant, denn offensichtlich kann man also in Russland durchaus von marktwirtschaftlichen Strukturen sprechen zumindest was Freiberufler, Handwerker, Klein-und Mittelstand betrifft, richtig? Und wohl nur wichtige (systemrelevante) Schlüsselbereiche sind wieder in Staatsbesitz, auch richtig? Wie würden Sie Russland volkswirtschaftlich einstufen:
        Sozialismus mit marktwirtschaftlichen Elementen oder Marktwirt-
        schaft mit sozialistischen Elementen?

  2. Flat-Taxes, wie z.B. auch Verbrauchssteuern sind in ihrer Verteilungswirkung extrem Regressiv, d.h. je geringer das Einkommen, desto höher die Belastung. Wie das? Ist doch super gerecht wenn alle den gleichen Steuersatz zahlen. Nein, eben nicht! Denn man muss die Kaufkraft dabei im Blick haben. Z.B. 20% von 2000,- (-400,- bleiben 1600,-) sind zwar verhältnismäßig das Gleiche wie wie 20%
    von 200.000,- (-40.000 bleiben 160.000), aber man sieht, in der Realität einer bestimmten Kaufkraft ist der reichere der Gewinner.
    Daher haben wir progressive Besteuerung bei Einkommen. Leider hat die Politik bei uns in DE das Steuersystem zunehmend auf
    Flat-Taxes wie die MwSt. und andere Verbrauchssteuern umgestellt. (Senkung des Spitzensteuersatzes, Erhöhung der MwSt. etc.
    Das bedeutet eine Umverteilung von unten nach oben und ist einer der Gründe für die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.

    1. Sie gehen der Propaganda auf den Leim!
      Die progressiven Steuern im Westen nehmen den Menschen bei jeder Lohnerhöhung mehr Geld weg. Schlimmer noch: Bei progressiven Steuersystemen gibt es ohne Ende Abschreibungsmöglichkeiten, was bedeutet, dass ein Mensch mit Millioneneinkommen seine Steuerlast auf Null drücken kann und am Ende weniger Steuern bezahlt als eine Kassiererin bei Aldi!
      Das gibt es in Russland nicht, die 13 Prozent gelten ohne Wenn und Aber für alle. Wer 100 Millionen verdient, zahlt 13 Millionen Steuern und Ende der Diskussion. Im Westen kann er über Steuersparmodelle seine Steuerlast auf Null bringen.
      Wo wird nun von unten nach oben umverteilt?

      1. Offensichtlich hat die Russische Regierung das Problem wie ich es beschrieben habe erkannt und handelt entsprechend, natürlich in behutsamen Schritten.
        Das Millionäre den Steuern wegen der Möglichkeiten die ihnen der Gesetzgeber aufgrund ihres politischen Einflusses gewährt teilweise ganz entkommen können, ist kein Argument gegen progressive Besteuerung. Selbstverständlich muss sowas unterbunden werden, was letztlich eine Frage des politischen Willens ist,
        genauso wie es in Russland der Fall ist wenn wirklich alle dann ihre 13 bzw. 15% abführen.
        Das Argument des Progressionsbauches ist oft wiederholtes Argument was dadurch nicht richtiger wird. Niemand hat bei steigendem Einkommen ein geringeres Netto; die Steigerung (Brutto/Netto) ist nur nicht linear.
        Völlig richtig ist, dass bei uns die hohen Steuersätze viel zu früh greifen.
        Vermögenssteuer: Ein angenehmer Effekt der Nichterhebung der Vermögenssteuer für Wohlhabende ist, dass Vermögen gar nicht mehr erfasst werden, sich somit Vermögen gut verschleiern lassen,
        denn viele Reiche haben eher moderate „Einkommen“ aus ihren Vermögenswerten aber eben
        ein hohes (unbekanntes) Vermögen. Adam Smith hat diese Art der Einkommen als leistungslos und parasitär bezeichnet (zu Recht).
        Ein weiteres Rechenbeispiel: Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen müssen nahezu ihr gesamtes Einkommen verkonsumieren, haben also eine geringe Sparquote. D.h. sie zahlen zu nahezu 100% den MwSt.-Satz.
        Wohlhabende Menschen haben hohe Sparquoten, verkonsumieren vielleicht nur 60% od. weniger ihres Einkommens und zahlen dementsprechend einen geringeren MwSt. Anteil.
        Das Argument man müsse die Steuern senken um den geringeren Einkommen Vermögensbildung zu ermöglichen geht die Sache von der falschen Seite an, da Steuersenkungen aufgrund der hier beschrieben Zusammenhänge die Wohlhabenden wieder bevorzugt.
        Hier helfen nur höhere Einkommen für die unteren Einkommensschichten und eben eine Reduzierung von Konsum- und anderen Flat-Taxes.
        Noch ein Beispiel: Krankenversicherung ist eine Flat-Tax, und zusätzlich (!) noch begrenzt bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze. Das bedeutet, höhere Einkommen die die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten haben mit zunehmenden Einkommen einen sinkenden Beitragssatz!
        An der Erkenntnis dass Flat-Taxes regressiv in ihrer Verteilungswirkung sind, ist kein Vorbeikommen.
        In den letzen 20-30 Jahren hat es vielfache Steuersenkungen, von denen überwiegend Besserverdiener und wohlhabende profitiert haben, gegeben; ein Kennzeichen des Neoliberalismus. So liegt der MwSt. Anteil am Gesamthaushalt des Bundes inzwischen auf gleicher Höhe wie der der Lohn- u. Einkommenssteuer, jeweils ca. 1/3. Verbessert hat sich die Situation für Normalos in dieser Zeit ja wohl nicht.
        Viele Unternehmer und Finanzmarktakteure glauben sie verstünden etwas von Wirtschaft, weil sie der einzelwirtschaftlichen Sichtweise anhängen dass ein Staat wie ein Unternehmen oder Haushalt funktioniert. Funktionsweisen im Gesamten funktionieren aber nicht nach Betriebswirtschaftlicher Logik. Diese Leute glauben auch dass man bei steigender Arbeitslosigkeit die Löhne senken muss, was das Problem nur verschärft.

  3. Na ja, wenn ich das Steuersystem hierzulande richtig verstanden habe (und mit meiner Verständnisfähigkeit is es vielleicht nicht weit her), so werden nicht Einnahmen, sondern der „Gewinn“ besteuert, dh. das was übrigbleibt, wenn man von den Einnahmen, das abzieht, was zu Zweck der Erziehlung dieser Einnahmen ausgegeben wurde.

    Das hat schon seinen Sinn, denn die Leistungen für diese Ausgaben muß ja wieder jemand erbringen, was dem Prinzip, nach dem wir allgemein wirtschaften, welches immer so schön mit „Arbeitsplätze schaffen“ euphemisiert wird, doch zu Gute kommt.

    Der Hacken sind hier natürlich die Ausgaben, deren Zweck.

    Wir habne hier die (progressive) Lohnsteuer (Einkommensteuer für abhängig Beschäftigte) – da nennt man das „Werbungskosten“.
    Bei der (progressiven) Einkommensteuer für natürliche Personen/ Selbständige sind das „Betriebsausgaben“.
    Bei der Köperschaftssteuer (Einkommenssteuer) für juristische Personen (GmbH, AG, e.V etc. – der Steuersatz liegt hier wohl fix bei 15%) wird es dann allerdings richtig schwierig mit den „Einnahmen“ und „Ausgaben“.
    Und dann haben wir noch einen Bonbon, die Kapitalertragsteuer, mit dem Derivad „gesonderter Steuertarif….“, das ist die Steuer auf Einkünfte aus „Nichts Tun“, wo man „das Geld arbeiten läßt“ – der Steuerstz liegt hier wohl seit Schröder pauschal bei 25%., und dann gibt es da noch einige andere Kleinigkeiten, die alle unter den Oberbegriff „Einkommenssteuer“ fallen bzw. sich mit dem Vorstehenden überschneiden.

    Und da das alles nicht so schön abgrenzbar ist, wie hier dargestellt, schafft das wieder Arbeitsplätze in der Steuerberatung, und die diverse Reformen in der Staatsverwaltung unter dem Motto „Schlanker Staat“, was heißt, die Verwaltung möglichts wenig mit den lächerlichen Problemen des Bürgers zu „beüberlasten“, hat da noch einiges drauf gelegt.
    Aber ich schweife ab.

    Kurz die „Ausgabenseite“ ist da wohl durchaus sinnvoll, aber auch das Problem.

    Eine natürliche Person kann naturgemäß seine Einkünfte prinzipiell nicht auf „0“ bringen, denn von irgenwas muß sie ja leben (Essen ist nur in Form eines „Geschäftsessens“ Betriebsausgabe), bei Körperschaften/ Juristischen Personen geht das schon, den die Löhne und Einkommen der für sie handelnden natürlichen Personen (Arbeiter oder Vorstandsvorsitzender) sind hier „Ausgaben“.

    Wie das in der RF gehandhabt wird, is mir da nicht geläufig – aber ich kann mir nicht vorstellen, daß die bei der Unternehmensbesteuerung die Ausgabenseite nicht berücksichtigen.

    1. Und um das mit den Abschreibungen mal zu klären:
      Wenn ich als Unternehmer „Einnahmen habe“, und ich kaufe mir davon – für das Unternehmen – ein Auto (wir lassen jetzt mal den Quatsch Leasing bzw. kŕeditfinanziert weg), dann ist das keine „Betriebsausgabe“, denn ich habe nur „Einnahmen“ von Geld in das Auto verwandelt.
      Die Verwendung des Autos dann für das Unternehmen führt naturgemäß zum „Verbrauch“, „Wertverlust“ oder wie man das nennen mag.
      Derselbe ist dann, weil zum Zwecke der Erziehlung von Einnahmen des Unternehmens entstanden, „Betriebsausgabe“, die ich in Form der sog. Abschreibung sukzessive einkommensteuermindernd geltend machen kann.

      1. Wenn man sich einmal überlegt, dass man mehrfach fürs Autofahren bestraft – pardon – besteuert wird: Kfz-Steuer, Steuer auf den Treibstoff und Co2-Steuer dann ist es wenigstens ein kleiner Trost, wenn jemand das als Betriebsausgabe abschreiben kann. Weiß der Teufel, was noch für Steuern kommen, wenn Baerbock unsere neue Reichskanzler*in wird…

        1. Soweit das alles für das „Betriebsfahrzeug“ im Rahmen dessen unternehmerischen Nutzung zu Erziehlung von Einnahme anfällt, sind das auch „Betriebsausgaben“, ebenso z.B. Versicherungs- und Reparaturkosten.
          Und die Kfz-steuer war ja dafür gedacht, die „individuelle“ Inanspruchnahme von „öffentlichem“, dem sog. – grundsätzlich kostenlosen – Gemeingebrauch, zugänglichen Verkehrsraum zu entgelten.
          Das stammt wohl noch aus Zeiten, in denen das Auto noch etwas „Besonderes“ war, und die Herstellung und Unterhaltung der für das Auto erforderlichen Infrastruktur noch als besondere! „öffentliche“ Leistung verstanden wurde.

    2. Der Gedanke, dass uns ein „schlanker Staat“ zu Wohlstand leitet, ist ein neoliberales Ammenmärchen. Nicht umsonst haben die USA oder UK deutlich geringere Lebensqualität als Skandinavien und Südeuropa. Was passiert, wenn der Staat mickrig und schwach ist sehen wir gerade: Große Pharmakonzerne haben mehr Macht als gewählte Regierungen. Das System der (sogenannten) progressiven Einkommenssteuer benachteiligt in erster Linie die unteren und mittleren Einkommensklassen und begünstigt die Großverdiener. Daneben gibt es noch, wie sie bereits erwähnten, ettliche Zusatzsteuern.

      1. Das halte ich für falsch, und nicht nur deshalb, weil die Progression meist von Politikern oder Liberalen aufgegriffen wird, bei denen die wirklich eine Rolle spielt.

        Vor einiger Zeit habe ich mal gelesen oder gehört, daß 40% (?) der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik über Einkommen verfügen, bei denen sie kaum oder praktisch keine Einkommenssteuer zahlen müssen. Wenn das stimmt, ist jede Einkommensteuerdebatte für die Katz oder eine große propagandistische Meisterleistung.

        Zudem wirken sich Steuersenkungen in x% bei niedrigeren Einkommen naturgemäß kaum aus, und wenn der Arbeiter am Jahresende da vielleicht 50 oder 100 EUR mehr in der Tasche hat, wird der sich ganz sicher wahnsinnig entlastet vorkommen, und sich dem Kaufrausch ergeben.

        Die Steuern sind nicht das Problem (oder nur derjenigen, die darüber entscheiden)
        Wir brauchen stabile mittlere Einkommensverhältnisse.

        Und da ist es halt Mist, wenn Arbeitsverhältnisse zunehmend befristet werden (vor allem in der öffentlichen Verwaltung bis hin zu den Hochschulen), weil es ja durchaus problematisch ist, von einem zu erwarten, daß er eine Familie gründet und einen Kredit für eine Haus aufnimmt, wenn er nicht halbwegs damit rechnen kann, daß er nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses, z.B. nach zwei Jahren, noch über Einkommen in ähnlicher Höhe verfügt, um das bezahlen zu können.

        Und den Niedriglohnsektor, der ja bei uns im Vergleich zu Europa der größte sein soll, worauf wir ganz stolz sind – den erreiche ich überhaupt nicht.

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