Russland und Weißrussland

Putin und Lukaschenko im O-Ton über die Integration ihrer Staaten und die westliche Politik

Die Präsidenten Russlands und Weißrusslands haben sich am Donnerstag getroffen und einen Durchbruch beim Bau des Unionsstaates zwischen beiden Ländern verkündet. Da sie auf der Pressekonferenz einige sehr interessante Dinge gesagt haben, habe ich sie übersetzt.

Vor über 20 Jahren, noch zur Zeit von Präsident Jelzin, haben Russland und Weißrussland einen Vertrag über eine Union ihrer beiden Staaten geschlossen, der auf lange Sicht eine Vereinigung der Staaten vorsieht. Der Prozess ist in den 20 Jahren jedoch nicht wirklich vorangeschritten, erst in den letzten Jahren und unter dem Druck des Westens auf beide Staaten, machen die Verhandlungen Fortschritte. Am Donnerstag haben die beiden Präsidenten verkündet, einen Durchbruch erzielt und mehrere Dutzend Programme zum Abschluss gebracht zu haben.

Dabei geht es in erster Linie um wirtschaftliche Fragen, bei denen die beiden Länder ihre Gesetze und Regulierungen vereinheitlichen und so die Basis für die weiteren Schritte schaffen wollen. Über Details haben sie auf der Pressekonferenz nach dem Treffen nicht gesprochen, sondern erklärt, dass die Regierungen beider Staaten in einer gemeinsamen Sitzung am heutigen Freitag die letzten Details beschließen werden.

Bei der Pressekonferenz haben sich die Journalisten jedoch auch für andere Themen interessiert und da waren einige Fragen und vor allem Antworten der Präsidenten, die ich für so interessant halte, dass ich sie übersetzt habe. Dabei ging es um Afghanistan, um den Streit um Migranten zwischen der EU und Weißrussland, aber auch um diverse Fehler der EU, auf die die beiden Präsidenten ausführlich eingegangen sind. Als es um die Frage einer gemeinsamen Währung für den Unionsstaat ging, kamen auch die Fehler bei der Euro-Einführung zur Sprache, über die in der EU immer noch nicht gesprochen wird.

Außerdem ging es um die Frage der Energiepreise, die in der EU gerade explodieren und Putin hat erklärt, wie diese Preisexplosion zu Stande gekommen ist. Gas kostet in der EU derzeit bereits etwa 700 Dollar, während Gazprom es für gerade mal etwas über 200 Dollar in die EU liefert. Diese Preisexplosion ist eine direkte der Folge der Entscheidungen der EU-Kommission, die Putin mit ziemlich deutlicher Ironie erläutert hat.

Der weißrussische Präsident Lukaschenko ist bekannt für seine teilweise sehr deutliche Ausdrucksweise (um es diplomatisch auszudrücken), was zu einigen Lachern bei der Pressekonferenz geführt hat, denn Lukaschenko hat ebenfalls einige Entscheidungen der EU in seiner direkten Art kommentiert.

Beginn der Übersetzung:

Frage: Guten Tag!

Eine Frage an beide Präsidenten. Sie haben das Thema der wirtschaftlichen Integration angesprochen, aber wie sieht es mit der politischen Integration aus, gibt es die überhaupt?

Um noch einmal auf die Programme des Unionsstaates zurückzukommen: Wird es besondere Energiepreise für Weißrussland geben, und gibt es Pläne, eine einheitliche Regulierungsbehörde für den Energiemarkt des Unionsstaates einzurichten? Ich möchte auch wissen, ob es eine Entscheidung über eine einheitliche Währung des Unionsstaates gibt und ob über zusätzliche Kredite für Minsk gesprochen wurde?

Putin: Was die politische Integration betrifft, so sind diese Ziele von Anfang an im Unionsvertrag festgelegt worden, als der Unionsvertrag 1997 verhandelt wurde und als er, ich glaube 1999, unterzeichnet wurde.

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht über einzelne Warengruppen entscheiden sollten, die für die eine oder andere Seite vorteilhaft oder nicht vorteilhaft sind, sondern dass wir darüber im Paket entscheiden sollten und damit eine solide wirtschaftliche Grundlage für Fortschritte in sensiblen Fragen schaffen.

So ist es auch hier. Wir gehen davon aus, dass es bei aller Noblesse des Ziels der politischen Integration zunächst notwendig ist, eine wirtschaftliche Basis, ein wirtschaftliches Fundament zu schaffen, um voranzukommen, auch auf dem politischen Weg. Wir haben über diese Fragen noch nicht gesprochen. Ich wiederhole: Wir sind der Meinung, dass wir uns zuerst um die Wirtschaft kümmern müssen, und dann wird sich alles auf ganz natürliche Weise regeln, vielleicht auch auf der Ebene eines Unionsparlaments – ich schließe nicht aus, dass eines geschaffen werden kann. Aber dahin müssen wir, wie man so schön sagt, wachsen. Wir haben darüber nicht gesprochen und diese Fragen stehen nicht auf der Tagesordnung.

Der zweite Teil der Frage. Ich habe bereits gesagt, dass wir bestimmte Warengruppen als Ganzes ansprechen werden, obwohl wir wissen, dass das Thema Energie sehr sensibel ist. Deshalb habe ich bereits gesagt, dass wir den Preis für Weißrussland für das nächste Jahr, für 2022, unverändert bei 128,5 Dollar pro tausend Kubikmeter lassen. Falls Sie es noch nicht wissen, möchte ich Sie darüber informieren, dass der Preis auf dem europäischen Markt 650 Dollar pro tausend Kubikmeter beträgt. Ich denke also, der Unterschied ist klar. (Anm. d. Übers.: An dem Tag hat der Gaspreis in Europa sogar erstmals 700 Dollar überstiegen)

Wir indexieren den Preis für Weißrussland nicht einmal in Bezug auf die Dollar-Inflation, die dort sehr hoch ist: Sie haben zwei Prozent geplant, aber in Wirklichkeit haben sie mehr als fünf. Jetzt heißt es, es sei etwas weniger, aber sie ist zwei- bis dreimal höher als geplant. Aber wir haben die Preise nicht einmal an die russische Inflation oder den Dollar gekoppelt, wir belassen sie auf der Höhe des laufenden Jahres. Später werden wir dann, wie ich schon sagte, trotzdem gemeinsame Konzepte für den Gasmarkt und den Markt für Öl und Ölprodukte entwickeln.

Was war die dritte Frage?

Frage: Sind zusätzliche Kredite für Minsk geplant?

Putin: Ja, die Regierungen verhandeln darüber. Präsident Lukaschenko und ich haben auch darüber gesprochen. Das Gesamtvolumen der Darlehen per September dieses Jahres bis Ende 2022 wird zwischen 630 und 640 Millionen Dollar liegen.

Lukaschenko: Was die politische Integration angeht, so unterstütze ich, was Präsident Putin gesagt hat, voll und ganz, aber er war bescheiden und hat nichts über seine Rolle in dieser Frage gesagt.

Es gab eine Zeit, in der wir bei einigen Problemen, auch politischen, in unserer Union die Stirn in Falten gelegt haben. Damals sagte Präsident Putin während unserer Verhandlungen in eben diesem Raum, in dem wir heute zu zweit gesprochen haben und in dem wir damals mit einer großen Gruppe von Experten gesessen haben, einen geflügelten Satz: Wenn wir dieses Problem frontal angehen und sehen, dass wir es heute nicht lösen können, lassen Sie es uns aufschieben, bis wir es lösen können, wenn die Zeit dafür reif ist. Seitdem haben wir unsere Verhandlungen in nicht politisiert.

Aber ich habe gerade offen und ehrlich gesagt: Wenn es sein muss, werden wir auf jedes Thema zurückkommen, auch auf das politische, und wir werden unsere Beziehungen darauf aufbauen. Wir werden nicht rosten, wie man in Russland und Weißrussland sagt. Die Hauptsache ist, dass die Menschen es wollen. Deshalb unterstütze ich die These des Präsidenten, dass, wenn die Zeit dafür reif ist, es nicht an uns scheitern wird.

Was die Preise anbelangt, so sollten Sie wissen, dass die Besonderheiten unserer Preise für alle Waren darin bestehen, dass wir im Unionsstaat und auch in der Eurasischen Wirtschaftsunion zollfreien Handel haben. Wir haben zollfreien Handel, keine Zölle – mit momentan bestimmten Ausnahmen für Energieträger. Wladimir Putin hat über Gas gesprochen. Da es bestimmte Ausnahmen gibt, passen wir den Preis, einschließlich des Gaspreises, praktisch jedes Jahr an. Beim Handel mit Erdöl haben wir die Weltmarktpreise erreicht, wobei die Aufhebung der Zölle beim Verkauf von Erdölprodukten außerhalb von Weißrussland berücksichtigt wird.

Was die Unterstützung mit Krediten betrifft, so hat Wladimir Putin es auch nicht gesagt, aber ich muss gestehen, dass ich ihm gesagt habe, dass wir keine neuen Darlehen brauchen. Wenn wir bei dem Kernkraftwerk, für das wir einen Kredit erhalten haben, etwas einsparen – das ist die Praxis der Russischen Föderation in der ganzen Welt -, habe ich ihn gebeten, mir diese Ersparnis als Kredit zu geben. Die Antwort lautete: Wir denken darüber nach, ob es für Weißrussland und Russland gute, rentable Projekte gibt. Damit sind wir einverstanden. Und dann noch das Darlehen, das mein Kollege gerade erwähnt hat. (Anm. d. Übers.: Das Kraftwerk ist ein neues Atomkraftwerk, das Russland in Weißrussland gebaut hat und dessen Finanzierung über einen Kredit gelaufen ist)

Was eine einheitliche Währung betrifft, so möchte ich, dass Sie als Journalisten verstehen, dass es nicht darum geht, dass Putin oder Lukaschenko diese Prozesse verzögern. Wir haben uns mit dieser Frage befasst und wurden damals von der russischen Zentralbank und unserer Nationalbank einhellig aufgefordert, diese Frage noch nicht anzugehen. Sie sagten, dass weder sie noch unsere Länder dafür bereit sind. Der Präsident und ich haben sie angehört und dieses Thema beiseite gelegt. Das heißt aber nicht, dass wir nicht darauf zurückkommen werden. Es geht nicht um Währungen – ob der Dollar, der Euro oder der Rubel steigen werden -, sondern um ein einziges Emissionszentrum. Hier gibt es ein gewisses Problem. Ich denke, dass der Präsident und ich dieses Problem noch in unserer Zeit lösen werden.

Das wollte ich zu der Geschichte des Themas hinzufügen.

Putin: Was eine einheitliche Währung betrifft, so sind wir damit einverstanden, und Herr Lukaschenko hat zugestimmt, dass es sehr wichtig ist, eine einheitliche makroökonomische Politik zu haben. Die ersten Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen. Ich habe bereits gesagt, dass die russische Zentralbank und die weißrussische Zentralbank ihre Geldpolitik harmonisieren und eine Integration der Zahlungssysteme und die Informationssicherheit im Finanzsektor erreichen müssen. Das alles ist eine Annäherung an eine kompliziertere und schwerere „Hülle“.

Lukaschenko: Richtig.

Putin: Das muss schrittweise geschehen. Das alles ist jetzt in diesen Programmen vorgesehen. Dann werden wir sehen. Sehen Sie, wie die Länder mit schwächeren Volkswirtschaften in der Europäischen Union leiden. Sie hätten dort in bestimmten Situationen etwas abwerten können, aber das können sie nicht, sie haben keine nationale Währung. Aber der Euro ist stark – und das war’s. Was sollen sie tun? Da gibt es nur einen Weg: die Preise für alles erhöhen. Und das ist mit schwerwiegenden sozialen Folgen verbunden. Deshalb müssen wir sehr sorgfältig vorgehen, wir müssen die Vor- und Nachteile, die positiven und negativen Seiten bei unseren Nachbarn analysieren. Wir versuchen, das zu tun.

Sie sprachen von Preisen für Energieträger. Ich habe gesagt, dass der Preis auf dem freien Markt in Europa derzeit 650 Dollar pro tausend Kubikmeter beträgt. Aber es waren die Schlaumeier der letzten Europäischen Kommission, die eine marktorientierte Gaspreisgestaltung vorgeschlagen haben, und hier haben Sie das Ergebnis.

Unser Ansatz ist anders. Wir haben auch Marktpreise, die aber an den Ölpreis gekoppelt sind. Niemand reguliert sie, das macht der Markt. Aber die Schwankungen sind viel milder, und jetzt haben sie nicht das notwendige Volumen von bis zu 27 Milliarden gepumpt, es gibt eine Lücke und noch irgendwelche Probleme, einen Boom der Geschäftstätigkeit – und da haben sie es, der Preis von Gas begann den Ölpreis zu übersteigen. Sie sehen ja, wie der Gaspreis explodiert ist.

Aber bei langfristigen Verträgen und gemäß unserem Preisbildungsprinzip verkauft Gazprom nicht zu diesem Preis. Und diejenigen, die mit uns in Europa langfristige Verträge abgeschlossen haben, können sich jetzt nur die Hände reiben und sich freuen, denn sonst müssten sie 650 Euro zahlen. Aber Gazprom verkauft an Deutschland zu 220, zumindest war das vor kurzem der Fall.

Mit den steigenden Ölpreisen wird auch dieser Preis steigen, aber es wird sanft geschehen. Und Gazprom ist daran wirklich interessiert, weil das auch für Gazprom ein gewisses Sicherheitspolster schafft. Es wird keinen Absturz und keinen schnellen Preisverfall geben. Das ist es, worum es geht. Das ist für alle von Vorteil. Aber die Europäische Kommission hat sich rechtzeitig diese Idee einfallen lassen und jetzt rasieren sie sich den Kopf und haben das gewünschte Ergebnis bekommen.

Frage: Herr Präsident Putin, Herr Präsident Lukaschenko!

Ich habe eine Frage zu Migranten. Das ist eine Folge dessen, was wir jetzt in Afghanistan erleben, und Weißrussland ist darin verwickelt. Die humanitäre Krise im europäischen Grenzgebiet eskaliert und gewinnt an Dynamik, aber die EU verschleißt die Augen, wenn beispielsweise die polnischen Behörden gegen Flüchtlinge aus Afghanistan und anderen Ländern vorgehen. Anstatt ihnen zu helfen, vertreiben sie sie, werfen sie aus ihrem Land, und zwar ohne Umschweife, rücksichtslos, ziemlich brutal und mit Gewalt. Das hat natürlich wenig mit Menschenrechten zu tun, mit den demokratischen Grundsätzen, von denen der Westen gerne spricht.

Die Frage ist, ob wir in naher Zukunft gemeinsame Aktionen von Minsk und Moskau zur Lösung dieses Problems erwarten können.

Putin: Meine westlichen Kollegen und die europäischen Staats- und Regierungschefs einiger Länder fordern mich auf, gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere im Hinblick auf die Krise an der weißrussisch-litauischen und weißrussisch-polnischen Grenze. Ich werde gebeten, irgendwie darauf Einfluss zu nehmen. Meine Antwort ist ganz einfach: Das betrifft uns nicht, das ist nicht unsere Grenze. Das ist die Grenze der Republik Weißrussland und die Staatsgrenze mit Litauen und Polen.

Das wirft die erste Frage auf. Im Prinzip wollen alle direkt mit den Taliban sprechen, obwohl die auf der Liste der Terrororganisationen der Vereinten Nationen stehen. Dennoch sagen sie: Ja, die Taliban kontrollieren das Land, wir müssen mit ihnen reden. Doch Alexander Lukaschenko, der Präsident von Weißrussland, kam nicht durch bewaffneten Kampf, sondern durch Wahlen an die Macht. Ob jemandem das Ergebnis gefällt oder nicht, ist eine andere Sache. Meine Antwort lautet: Gehen Sie hin und sprechen Sie mit der weißrussischen Regierung, was reden Sie mit uns? Russland hat nichts damit zu tun. Das ist der erste Punkt.

Zweitens werden wir von vielen gebeten, bei der Ausreise von Drittstaatsangehörigen, sogar von Afghanen, zu helfen. Wir tun das. Wir verhandeln auch mit den Taliban-Führern über bestimmte Kategorien von Bürgern, und zwar nicht im Geheimen. Aber auch die europäischen Länder sprechen von der Katastrophe, die sich dort abspielt, geben sich selbst die Schuld, geißeln sich und streuen Asche auf ihre Häupter, weil sie ihre Menschen dort im Stich gelassen haben. Aber wenn das so ist und einige Afghanen an die weißrussisch-litauische oder weißrussisch-polnische Grenze kommen, auch wenn das nicht nur Afghanen sind, werden sie alle aus den europäischen Ländern vertrieben, auch die Afghanen – ich verstehe diese Logik nicht. Man kann Weißrussland ja für alles verantwortlich machen, aber nehmt doch zumindest die Afghanen, sortiert sie aus, anstatt alle zurückzuweisen. Wohin wollen sie sie zurückschicken, nach Afghanistan? Und dann werden sie uns bitten, sie da rauszuholen? Da ist keinerlei Logik.

Ich werde keine politischen Einschätzungen abgeben, aber eines möchte ich noch einmal betonen: Russland hat damit nichts zu tun, das ist eine souveräne Angelegenheit von Weißrussland und seinen Nachbarn.

Frage: Darf ich einen Zusatz machen? Und Ihre persönliche Einschätzung der Situation? Glauben Sie, dass Weißrussland, wie man im Westen sagt, einen hybriden Krieg gegen die Europäische Union führt?

Putin: Wissen Sie, es gibt viele solcher deutlichen Aussagen. Mein weißrussischer Kollege ist ein großer Experte für deutliche Aussagen, wenn Sie ihn fragen, wird er Ihnen viele erzählen.

Lukaschenko: Ich kann das doch nicht in Ihrer Gegenwart tun…

Putin: Nein, besser nicht. (Lacht)

Ist das also ein Krieg? Ich weiß es nicht. Die Antwort ist ganz einfach: Wenn Sie die Frage klären wollen, das Problem lösen wollen, wenn Sie es wirklich lösen wollen, dann wenden Sie sich auf irgendeiner Ebene, ich weiß nicht auf welcher, an die weißrussische Regierung und lösen Sie das Problem mit dem Nachbarstaat. Was haben wir damit zu tun?

Lukaschenko: Sie wissen, dass Wladimir Putin wieder taktvoll war, das wissen wir sehr gut, und ich habe ihn informiert, wir haben über das Problem gesprochen. Die Europäische Union und andere versuchen, dieses Problem zu lösen, auch indem sie Forderungen an die russische Führung stellen, darunter auch an meinen Kollegen: Er sollte intervenieren, Druck auf Lukaschenko ausüben und so weiter und so fort. Ich bin ihm dankbar für seinen Standpunkt, den er überall vertritt: Es gibt eine weißrussische Regierung, bitte, wie der Präsident sagte, geht dieses Problem an, löst es dort. Sehen Sie, die können nicht mit uns reden, denn entweder ist der Präsident nicht legitim oder die Regierung gefällt ihnen nicht. Aber mit den Taliban ist das was anderes, wie man hier sagt, das ist was anderes, mit denen können die reden und einen Dialog führen. Aus diesem Grund bin ich dem Präsidenten und der Regierung für diese Position dankbar. Dieser Standpunkt wird sowohl von mir persönlich als auch von der Führung unseres Landes verstanden. (Anm. d. Übers.: „Das ist etwas anderes“ (#этодругое) ist ein populärer Hashtag in Russland, über den ich gerade erst in einem anderen Zusammenhang berichtet habe. Er wird immer dann genutzt, wenn der Westen wieder mal mit zweierlei Maß misst, also sehr häufig)

Zweitens haben wir wahrscheinlich einen Punkt übersehen – eigentlich haben wir ihn nicht übersehen, die Journalisten in Russland und Weißrussland kennen ihn sehr gut. Als die akute Phase der US-Präsenz in Afghanistan vorbei war, was haben die sofort gesagt? Sie haben an alle appelliert, auch an Russland und die zentralasiatischen Republiken, und sie haben, ich betone das, der Europäischen Union den Befehl gegeben: Jeder, der aus Afghanistan flieht – ich sage das vereinfacht -, soll kommen. Wir haben dieses Problem vor kurzem auf einer Online-Konferenz, einer Videokonferenz, erörtert und waren uns praktisch einig, wie wir vorgehen sollten. Die Europäer haben diese Afghanen eingeladen. Graben Sie in den Meldungen, das war erst vor kurzem.

Aber wenn Ihr sie eingeladen habt, dann nehmt sie auch, egal wie sie kommen, sie haben für Euch gearbeitet. Es gibt Hunderttausende von Afghanen, die seit 20 Jahren für die gearbeitet haben, die sie jetzt im Stich gelassen haben und in ihre Löcher geflohen sind. Was kann man hier von mir oder den Weißrussen und erst recht von Russland fordern?

Man muss verstehen, dass einige Afghanen, Iraker – auch den Irak haben sie zerstört, das waren nicht wir oder Russland – aus dem Libanon, aus Syrien, aus anderen Ländern, in die sie einmarschiert sind, über Russland und Weißrussland fliehen. Das betrifft Russland und Weißrussland unmittelbar. Wir haben sie nicht gerufen und sie kommen auch nicht zu uns, sie gehen durch unsere Länder und gehen dorthin, wohin sie gerufen wurden. Nehmt sie, das ist Euer Problem. So ist unser Standpunkt.

Und was verlangt Ihr dann von uns? Ihr verhängt jeden Tag mehr und mehr Sanktionen gegen uns. Wir sind der Russischen Föderation in Bezug auf Sanktionen bereits eine Stufe voraus. In nur sechs Monaten habt Ihr so viele Sanktionen verhängt, und ich oder das weißrussische Volk sollen jetzt Eure Grenze verteidigen? Nein. Die haben alle Programme im Rahmen des Rückübernahmeabkommens abgebrochen, wie Sie wissen. Dann nehmt jetzt die Früchte Eurer Politik.

Und sehen Sie sich deren Gesicht an. Ich werde es nicht deutlich sagen, aber ich könnte es genauso gut tun. Schauen Sie sich deren demokratisches Gesicht an, sie schießen, sie jagen sie mit Hunden, sie fangen sie ein, zum Beispiel in Polen, sie fangen sie in Litauen, sie sammeln diese Migranten in Gruppen und treiben sie über die Grenze zu uns, schießen über ihre Köpfe, Gott sei Dank, bisher nur über die Köpfe, obwohl es Tote gab. Es gab Tote, sie fahren sie über die Grenze zu uns. Das ist deren demokratisches Gesicht.

Deshalb sehe ich keinen Grund, Forderungen an uns zu stellen. Wir haben unsere Aufgabe ehrlich erfüllt, bis sie angefangen haben, die Situation in unserem Land mit Gewalt anzuheizen und die Regierung zu stürzen. Ob sie legitim oder nicht legitim ist, das muss das weißrussische Volk entscheiden. Wir haben uns nicht in die amerikanischen Wahlen eingemischt, als sie während und nach den Wahlen Menschen aus nächster Nähe erschossen haben. Die sollen bei sich klar kommen. Wir werden immer tun, was wir als zuverlässiger Partner tun müssen. Wenn Europa solche normalen Beziehungen will, bitte, wir sind bereit, morgen zu verhandeln, und wir werden Russland um Unterstützung bitten, wenn es nötig ist, und wir werden hier gemeinsam handeln. Aber das ist Gott sei Dank nicht nötig, noch nicht. Wenn nötig, werden wir uns schnell zusammenschließen und im Interesse der Russen und Weißrussen allen negativen Tendenzen entgegenwirken.

Frage: Guten Abend, eine Frage an beide Staatschefs.

Sie haben heute viel Neues über wichtige Programme des Unionsstaates gesagt, aber der Vertrag über die Gründung des Unionsstaates, auch das wurde heute erwähnt, ist über 20 Jahre alt, und wie wir wissen, sind die meisten der Beschlüsse noch nicht umgesetzt worden. Wenn Sie auf die heutigen Entscheidungen zurückblicken, wo stehen Russland und Weißrussland Ihrer Meinung nach heute, in welchem Stadium des Integrationsprozesses, und wie nah sind sie Ihrer Meinung nach an der Erfüllung der Vereinbarungen, die vor 20 Jahren getroffen wurden?

Danke.

Putin: Ich denke, im Großen und Ganzen hätten wir hier schon längst ansetzen sollen, bei dem, worauf wir uns jetzt geeinigt haben. Wir müssen eine wirtschaftliche Basis schaffen, wie ich schon sagte, die Grundlage unserer Beziehungen, und alles andere ist ein politischer Überbau, wie man früher zu sagen pflegte.

Deshalb werden wir das tun, worauf wir uns geeinigt haben, und dann können wir sagen, dass wir für die nächsten Schritte bereit sind. Aber das ist eine Frage der Zukunft, die wir abwarten müssen. Die Situation ändert sich, und zwar sehr schnell. Wir müssen uns die Situation ansehen, die sich nach der Umsetzung des von mir erwähnten Programms ergeben wird. Ich bin sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Lukaschenko: Ich unterstütze, was der russische Präsident gesagt hat, voll und ganz, da gibt es praktisch nichts hinzuzufügen. Eine kurze und klare Antwort auf diese Frage.

Wenn Sie sich mit den damaligen Vereinbarungen befassen wollen – allerdings habe ich nicht gehört, welche Vereinbarungen Sie meinen -, wenn Sie sich damit befassen wollen, können wir in einem anderen Format darauf zurückkommen und sehen, um welche Vereinbarungen es sich handelte und was wir nicht umgesetzt haben.

Und wie der Präsident sehr richtig sagte, haben wir die Grundlage für weitere Fortschritte geschaffen, wir dürfen keine Fehler machen. Ich könnte Ihnen lange erzählen, und der russische Präsident auch, wir beide können zwei Stunden lang darüber reden, welche Fehler die Europäische Union gemacht hat, und wir haben sie immer als Beispiel genommen. Und wenn man sich die Europäische Union heute anschaut, dann gibt es bereits viele Tendenzen, die zu ihrem Zusammenbruch führen. Sie kritisieren sich bereits offen gegenseitig. Wir wollen diese Fehler nicht wiederholen, wir wollen nicht die Fehler wiederholen, die wir in der Sowjetunion, gemacht haben. Wir ziehen bestimmte Schlussfolgerungen. Zeit ist vergangen, wir haben irgendetwas verpasst, ich sage ja, wir können uns streiten, wir können darüber reden, aber wir sind dabei, eine Grundlage zu schaffen. Ohne das Fundament, von dem der Präsident gesprochen hat, ist es unmöglich, ein Integrationshaus zu bauen. Wir haben schon vor langer Zeit aufgehört, das Haus vom Dach aus zu bauen.

Putin: Vielen Dank.

Lukaschenko: Ich danke Ihnen.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

11 Antworten

  1. Nun der Lukaschenko ist in einer beschissenen Lage, nach dem Er festellen musste, das sein anwanzen, an die Herrscher Dynastien, von ihnen zwar gerne gesehen wurde. Sie aber lieber Belarus alleine Übernehmen wollten und ihn dabei beseitigen wollten. Nun muss Er sich zum Unionsvertrag flüchten, den Er selber seit 20 Jahren HINTERTRIEBEN hat. Die Russische Union könnte schon lange bestehen.

    1. Erinnert einen an die kurzzeitigen Romanzen zwischen Assad und dem Westen oder Gaddafi und dem Westen.

      Abe anscheinend haben Assad und Lukaschenko letztendlich begriffen, dass man dem Westen kein Stück trauen kann.

  2. Scheint mir, dass bzgl. Unionsstaat noch viel zu tun ist.

    Leider verstehe ich von der Wirtschaft nicht viel. Mir ist überhaupt nicht klar, dass wenn Gasprom an uns Gas für Eur 220 verkauft, es dann (notwendigerweise?) für 650 gehandelt wird.???

    1. Eine winzige Firma, aus dem Chasarisch Siedlerkolonialem Gebilde Israel, ist bei dem Verkauf, des Russischen Erdgas, dazwischen Installiert, und sackt den richtigen Reibach ein, ohne jede Leistung, nur zur Finanzierung, ihres Genozids, an den Semitischen Ureinwohner.

  3. Hmmm… scheint ja nicht die grosse Vision zu sein.
    Man will halt weiter zusammenarbeiten, wenns passt, und fertig. Von ‚Unionsstaat‘ keine Spur. Schon bei der gemeinsamen Währung vertraut man sich nicht. Gaspreise werden in Dollar angegeben. Handeln die untereinander
    in Dollar?

    Diese Union scheint mir mehr wie ein Papiertiger. Schade. Dachte, da würde sich was regen. Ein mächtiges Russisches Reich wäre eine echte Alternative zur kommenden Diktatur hierzulande. Aber da ist nix.

    1. Ein mächtiges russisches Reich, an das sich die BRD andockt? Hatten wir die Variante nicht schon mal mit der DDR, nur daß im RGW der Rubel das Tauschobjekt war. Damals war die Welt tatsächlich zweigeteilt. Die UdSSR hat dann Anfang der 80er Filialen seiner Banken ins westliche Ausland verlegt und sie auf Dollar umgestellt. Bekanntlich brauchte sie dann ihre „Bruderländer“ nicht mehr.

    2. Im Kalten Krieg gings den Bevölkerungen in beiden Blöcken besser. Es gab Systemkonkurrenz.
      Die Kommis konnten konnten ihre Leute nicht zu schlecht behandeln und bei uns im Westen liefs mit der Sozialen Marktwirtschaft doch super.

      Seitdem die Kommiköppe verloren haben, gehts trotz rasanter technischer Entwicklung stetig bergab. Kein Vergleich mit der Zeit davor. Ok, das Internet war ein gewaltiger humanistischer Fortschritt. Aber wir sehen ja jetzt, wie überall zensiert wird, nicht anders als im Dritten Reich oder der DDR. In 5 Jahren wird das nur noch eine Idiot- Box sein.

      Und was dann kommt… Klausi hats ja schon angekündigt. Ich will meinen Kalten Krieg zurück!

  4. Komisches Gefühl, wenn zwei Autokraten so unter sich sind. Engere, wohlstandsfördernde Beziehungen entstehen eher von unten, durch Abbau von Handelsschranken und gegenseitige Restriktionen / Preisvorschriften und anderen sozialistischen Scheiß. Statt dessen freie Märkte und Wettbewerb. Was halten eigentlich die Betroffenen davon?

  5. Was gibt’s da nicht zu verstehen ? Beide Wirtschaften müssen sich weitestgehend auf etwa gleichem Niveau befinden, bevor man die Währungen angleicht. Ist das gegeben, kann auch der gesellschaftliche Überbau angeglichen werden. Das hat die EU aber vorsätzlich anders herum gemacht, damit die „Starken“ innerhalb der eigenen Grenzen die „Schwachen“ aussaugen und auf lange Zeit klein halten können. Das haben sowohl die Altbundesländer mit der ehemaligen DDR gemacht und der Westen mit den ehemaligen Ostblockstaaten. Aktuell geht man in dieser Form auch mit der Ukraine um, die sich trotz dieses offensichtlichen Raubrittertums immer noch beim Westen anbiedert. Putin und Lukaschenko haben in all den Jahren den Westen durchschaut und gehen in guter östlicher Tradition auf Augenhöhe miteinander um.

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