Russlands offizielle Reaktion auf die Vorwürfe aus dem Westen wegen der Navalny-Proteste vom Wochenende

Nach den Protesten vom letzten Samstag in Russland haben sich viele westliche Politiker mit Kritik an Russlands Vorgehen zu Wort gemeldet. Darauf hat das russische Außenministerium geantwortet und ich habe die vollständige Antwort übersetzt.

Am Donnerstag hat die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharova, auf die Vorwürfe aus dem Westen reagiert, die nach den Demonstrationen vom Samstag laut geworden sind. Wie immer hat Sacharova mit spitzer Zunge und Argumenten geantwortet. Übrigens war die Reaktion des deutschen Außenministers so unfreundlich, dass Russland sie bewusst nicht einmal kommentieren will, wie Sacharova ausdrücklich sagte. Das sagt viel aus über das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland unter dem Bundesaußenkasper Heiko Maas.

Ich habe diese offizielle russische Erklärung übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Wir haben die orchestrierten, fast synchron, wie mit Copy/Paste veröffentlichten, Aussagen westlicher Politiker zur Situation im Zusammenhang mit den illegalen Demonstrationen in unserem Land und zu anderen innenpolitischen russischen Fragen bemerkt.

Viele, vor allem westliche Offizielle, haben die schönen Phrasen eingeübt, sie waren alle sehr ähnlich: „Eine gesunde und lebensfähige Opposition sollte in jedem Land in der Lage sein, die Regierung frei zu kritisieren“, sagte Schwedens Außenminister Linde; „Die Zivilgesellschaft und die politische Opposition sollten frei handeln können – das ist ein notwendiges Element demokratischer Gesellschaften“, sagte der Außenminister von Neuseeland; „Was geschehen ist, bestätigt nur das Gefühl der letzten Jahre, dass Russland sich von der Gemeinschaft demokratischer Staaten entfernt“, sagte der Premierminister der Tschechischen Republik und es gab noch viele andere. Ich wiederhole, das war alles orchestriert. Über die Aussagen des deutschen Außenministers Maas spreche ich nicht einmal, er hat sich selbst „übertroffen“.

In einer kürzlich von den Außenministern der G7 abgegebenen Erklärung wird von uns gefordert, wir müssen „diejenigen freilassen, die am 23. Januar 2017 willkürlich wegen der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Versammlung inhaftiert wurden“. Unsere Antwort wurde bereits auf der Website des russischen Außenministeriums veröffentlicht.

Es ist seltsam, solche Äußerungen aus Ländern zu hören, in denen die Polizei nicht davor zurückschreckt, Mittel wie Schlagstöcke, Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse gegen Zivilisten einzusetzen, die ihren „demokratischen“ Protest zum Ausdruck gebracht haben: Ob wir die Demonstrationen der „Gelbwesten“ oder den „Marsch auf das Kapitol“ nehmen, ganz zu schweigen von den zahlreichen Zusammenstößen der Polizei bei der Auflösung von Demonstrationen der Zivilgesellschaft gegen die Corona-Einschränkungen.

Was unsere westlichen Partner in Russland als „Unterdrückung friedlicher Proteste“ ansehen, bezeichnen sie in ihren eigenen Staaten als Einschränkung der Bürgerrechte und -freiheiten unter der Parole der „nationalen Sicherheitsinteressen.“

Schätzungen zufolge wurden bei den Demonstrationen der „Gelbwesten“ in Frankreich 2018 und 2019 etwa 14.000 Gummigeschosse auf Demonstranten abgefeuert, etwa 2.500 Menschen wurden verletzt. Mehr als 12.000 Menschen wurden festgenommen, die meisten von ihnen wurden für längere Zeit inhaftiert. Und das allein in Frankreich.

Man muss Berlin an die scharfe, fast aggressive Reaktion auf die Proteste in Deutschland zu erinnern, darunter den Durchbruch durch die Polizeiabsperrung in der Nähe des Bundestagsgebäudes durch sogenannte „Corona-Dissidenten“ im August 2020 in Berlin. Das Vorgehen der Demonstranten wurde damals vom politischen Establishment Deutschlands, einschließlich der obersten Führung des Landes, eindeutig, entschieden und scharf verurteilt. Vor allem Bundespräsident Steinmeier nannte es „ekelerregend“. Die Bundesregierung wies in Person ihres offiziellen Sprechers Seibert auf den „Missbrauch des Demonstrationsrechts“ hin. Ähnlich äußerte sich die Mehrheit der deutschen Politiker.

Die deutschen Strafverfolgungsbehörden griffen – wie in den nachfolgenden ähnlichen Fällen – hart durch und setzten Tränengas gegen die Demonstranten ein und etwa 300 wurden festgenommen. Alle diese Bilder sind öffentlich zugänglich, man kann sie sich anschauen.

Oder zum Beispiel die Niederlande. Keinem anderen Land außer Russland wird derzeit so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Ausschreitungen am Wochenende hätten „nichts mit legitimen Protesten zu tun“. Das sind die Worte des amtierenden Ministerpräsidenten Rutte. Was ist dort passiert? Tausende Menschen gingen auf die Straße und forderten, dass die harten Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie – de facto ein kompletter Lockdown – gelockert und die nächtlichen Ausgangssperren aufgehoben werden. Wie hat das geendet? Geplünderte Geschäfte, brennende Autos und Barrikaden aus Fahrrädern. Die Polizei war mit ihren Maßnahmen nicht zurückhaltend: Schlagstöcke, Tränengas und Wasserwerfer wurden eingesetzt, um die Demonstranten zu zerstreuen.

In der Folge wurden mehr als 250 Personen festgenommen und es wurde eine groß angelegte Fahndung eingeleitet, um die an den Kundgebungen beteiligten Personen zu identifizieren.

Warum verurteilen sich die Kollegen aus den westlichen Blöcken NATO und EU nicht gegenseitig? Warum gibt es keine einzige Erklärung der G7 mit einer Reaktion auf die Situation in den Niederlanden, in Deutschland, in Frankreich? Haben Sie etwas davon gehört? Ich bin nicht. Ich habe nichts davon gesehen oder gehört. Warum? Weil es einfach keine Reaktionen gibt. Sie verurteilen sich nicht nur nie selbst, sie kommentieren das nicht einmal. Dafür gibt es Kommentare ihrer Regierungen über ihre eigenen Länder. So zum Beispiel der niederländische Minister für Justiz und Sicherheit Grapperhaus: „Schockierende Aufnahmen von Ausschreitungen, Raubüberfällen und Brandstiftungen verbreiten sich. Das hat nichts mit Demonstrationen gegen Anti-COVID-Maßnahmen zu tun. Das ist einfach nur kriminelles Verhalten.“ Er war nicht der Einzige, der das Recht seiner eigenen Bürger auf Kundgebungen und Proteste so scharf verurteilt hat. Der Bürgermeister von Eindhoven, dessen Stadt während der Proteste am meisten gelitten hat, nannte die Demonstranten – Bürger seines Landes – „den Abschaum der Gesellschaft.“ „Meine Stadt weint, und ich weine mit ihr. Ich fürchte, wenn wir diesen Weg weitergehen, nähern wir uns einem Bürgerkrieg.“

Demonstrationen werden nur östlich der EU liegenden Ländern gewaltsam aufgelöst. Das ist eine verblüffende Heuchelei!

Ich schlage vor, dass sich unsere westlichen Partner, die so besorgt über die Demokratie in Russland sind, auf die Lösung ihrer eigenen Probleme konzentrieren. Das haben wir schon oft angesprochen, früher hinter verschlossenen Türen, aber jetzt öffentlich. Lösen Sie Ihre eigenen Probleme, die haben sich hoch aufgetürmt, kümmern Sie sich um Ihre eigenen Bürger und retten Sie die Demokratie bei sich zu Hause. Anstatt andere zu kritisieren, ist es besser, zusammenzuarbeiten. Es gibt viele Felder für eine Zusammenarbeit, und es gibt reichlich Probleme.

Wenn Sie sich so sehr darum Sorgen machen, dann wenden Sie gebührende Aufmerksamkeit und Respekt auf die Probleme der Rechte russischer Journalisten im Ausland auf.

Ein paar Beispiele dafür, was russische Journalisten allein im Jahr 2020 im Umgang mit westlichen Behörden erlebt haben.

Erstens: Im Januar 2020 wurde ein TASS-Mitarbeiter am Flughafen Mailand von Vertretern des örtlichen Grenzschutzes festgenommen. Er wurde von der italienischen Finanzpolizei verhört und der Inhalt seines Mobiltelefons wurde durchsucht.

Zweitens: Im Februar 2020 nahm die Staatsanwaltschaft in Ankara einen Mitarbeiter von Sputnik-Türkei fest.

Vertreter der türkischen Behörden beriefen sich auf die geltenden Rechtsvorschriften zur Regelung des Informationsraums zum Verbot der Verbreitung von Informationen, die die territoriale Integrität des Landes bedrohen, und verhörten Journalisten und durchsuchten Zweigstellen der Nachrichtenagentur, wobei Computer, Kommunikationsgeräte und USB-Sticks beschlagnahmt wurden. Stunden später wurden die Mitarbeiter freigelassen

Drittens: Im Oktober 2020 verhörten FBI-Agenten die Frau des ehemaligen Leiters des Büros „Russia Today“ in Washington.

Während des Gesprächs interessierten sich die Geheimdienstoffiziere für die Gründe für die Abreise und die Aktivitäten ihres Mannes während seiner Arbeit im Büro der Nachrichtenagentur. Am Ende des Gesprächs wurde ihr die Möglichkeit eines ständigen Wohnsitzes in den Vereinigten Staaten angeboten, was die Frau ablehnte.

Viertens: Im Oktober 2020 führte ein Journalist von „Russia Today“ in Washington ein Telefongespräch mit einem US-Geheimdienstmitarbeiter, der sich als Agent des FBI- in Baltimore vorstellte.

Der FBI-Beamte interessierte sich für die persönliche Bekanntschaft des Korrespondenten mit russischen Landsleuten in den Vereinigten Staaten, für Informationen über ihre Verbindungen zur russischen Regierung, für die russische Stiftung „Russki Mir“ und andere „unangemessene“ Themen.

Fünftens: Im Oktober 2020 wurde ein Korrespondent von RT zweimal bei der Ein- und Ausreise in die Vereinigten Staaten von Vertretern der amerikanischen Geheimdienste festgenommen, die sich über die Gründe für den Besuch des Journalisten im Land informieren wollten. Bei diesen Verhören wurden persönliche Gegenstände und elektronische Geräte zur weiteren Überprüfung beschlagnahmt.

Sechstens: Im Dezember 2020 haben die US-Geheimdienste provokative Aktionen gegen Mitarbeiter des TASS-Büros in New York durchgeführt. Zwei FBI-Agenten besuchten die Dienstwohnungen des Büroleiters und eines Fotojournalisten. Das Interesse der Amerikaner betraf Veranstaltungen, an denen der Vorsitzende des Koordinationsrates der Organisation russischer Landsleute in den Vereinigten Staaten teilgenommen hat. Diese Organisation ist jetzt von großem „Interesse“ für die amerikanischen Geheimdienste, allerdings in einer negativen Art und Weise. Dieses Interesse geht über die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft hinaus.

Siebtens: Im Dezember 2020 wurden freiberufliche Korrespondenten von Sputnik-Lettland, lettische Staatsbürger, vom Staatssicherheitsdienst des Landes im Rahmen eines Strafverfahrens gegen sie wegen Verstoßes gegen die Sanktionsregelung der Europäischen Union festgenommen. Wir haben dieses Thema ausführlich diskutiert und aufgezeigt, dass die Anschuldigungen aus der Luft gegriffen waren.

Vertreter der Behörde verhörten die Journalisten und durchsuchten ihre Wohnungen, wobei Computer, Kommunikationsgeräte und USB-Sticks beschlagnahmt wurden. Am Ende der Vernehmungen wurden die Korrespondenten nach der Verhängung von Ausreiseverboten und der Verpflichtung, über den Inhalt der Gespräche Stillschweigen zu bewahren, freigelassen. Das ist der Triumph der Demokratie in ihrer wahren Form.

Dies waren einige Beispiele dafür, womit es russische Medienvertreter bei der Durchführung ihrer legitimen journalistischen Aktivitäten im Ausland zu tun haben. Ich möchte unsere europäischen Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass sie in diesem Kampf konsequenter sein sollten, wenn sie sich aktiv für die „Meinungsfreiheit“ einsetzen. „Meinungsfreiheit“ ist ein unteilbares Konzept, bei dem man nicht mit zweierlei Maß messen kann. Hier geht es nicht einmal mehr um Doppelmoral, sondern um direkten Druck und die Verfolgung russischer Journalisten. Und niemand verhehlt, dass alle gemachten Vorwürfe nur im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen.

Ende der Übersetzung

Man stelle sich einmal vor, auch nur einer dieser Vorfälle wäre einem westlichen Journalisten in Russland widerfahren, wie laut der Aufschrei der westlichen Medien und Politiker gewesen wäre, weil Russland die Arbeit von ausländischen Journalisten behindert. Aber in Russland gibt es derartige Vorfälle nicht (sonst hätten uns die westlichen Medien darüber ausführlich informiert), dafür aber im angeblich so freien Westen.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

13 Antworten

    1. Das stimmt zwar, sollte aber keine Rolle spielen.
      Sie könnte eine Spinatwachtel in Kittelschürze und Gummistiefeln sein, hauptsache, sie argumentiert gut und inhaltlich korrekt. Und das tut sie!

    2. Humml: „Ach die Maria – sieht sie nicht wieder hinreißend aus!“

      Jaaaa! Bin auch immer ganz hingerissen bei ihrem Anblick, auch und gerade in Verbindung mit ihrem Intellekt.

      Ole_Bienkopp: „Sie könnte eine Spinatwachtel in Kittelschürze und Gummistiefeln sein, hauptsache, sie argumentiert gut und inhaltlich korrekt.“

      Das tun Spinatwachteln in der Regel aber nicht, wie man bei uns so schön sehen kann. Da wirkt das Gesetz: Außen hässlich, innen hässlich. 😉

      1. Mal ehrlich; Regine Hildebrandt war keine schöne Frau und hatte einen irren Meckerton am Leibe. Aber sie war grundehrlich, trug das Herz auf der Zunge, eckte so oft an, aber war so ziemlich die letzte ehrliche Politikerin in Deutschland.

        1. Ja, Herr Gott, da haben sie sicher auch recht.
          Aber lassen Sie uns doch unsere „gesunde Oberflächlichkeit“.

          (Und wenn mir jetzt noch einer mit „Seximus“ und ähnlichem Mist kommt, brennt die Luft.)

        2. Ach ja, ihr legendärer Tanz. Eine Frau, die mit solchen Schuhen nicht nur laufen, sondern auch noch tanzen kann ist doch anbetungswürdig. 😍

          Über die Hildebrandt weiß ich nix, hab die mal kurz gegooglet, zu ihrer Zeit war ich schon lange weit ab vom politischen Theater. Aber so oder so, ich gehe da mit Humml, lassen Sie uns doch unsere “gesunde Oberflächlichkeit”(die ja im Grunde eine bedeutende Tiefgründigkeit ist 😊 ).

  1. @Herr Röper

    “diejenigen freilassen, die am 23. Januar 2017 willkürlich wegen der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Versammlung inhaftiert wurden”

    Bitte ohne Jahreszahl oder mit 2021. Sonst wäre eine Freilassung wohl doch gerechtfertig, nach so langer Zeit! 🙂

  2. Nur liest die Lügen von Maria Sacharova Niemand. Alle Nachrichten im Westen sagen da ganz anderes. Und das werden sie auch weiter.
    Es gibt aber immer wieder Ausnahmen. ZB. war in der (TV) Phoenix Runde vom Di 26.1. 22Uhr15 beim Thema; Nawalny und Nordstream2 – wie umgehen mit Russland, eine Frau Sevim Dagdelen von der Linken, Stellvertretende Fraktionssprecherin für Internationale Beziehungen und für Abrüstungspolitik, gab ordendlich Zunder, sagte vieles was wir hier im Antispiegel oder jetzt von Frau Sacharova lesen. Aber Norm ist das nicht. Das sieht man auch in dieser Runde.

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