Ost-West-Konflikt

Teil 4 des zweistündigen Interviews mit Lukaschenko: Flüchtlinge und Oppositionelle

Der weißrussische Präsident Lukaschenko hat dem russischen Fernsehen ein zweistündiges Interview gegeben, dass so interessant ist, dass ich es komplett übersetzen und jeden Tag einen Teil veröffentlichen werde. Hier ist der vierte Teil.

Das zweistündige Interview dass der russische Journalist und Chefs einer der staatlichen Medienholdings Russlands, Dmitri Kisselev, mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko geführt hat, ist so interessant, dass ich beschlossen habe, es komplett zu übersetzen. Lukaschenko erzählt dabei viel, was er bisher noch nie öffentlich gesagt hat und egal, ob man das alles für Propaganda hält oder nicht, es ist vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen der US-geführten Nato und der Ukraine einerseits, und Russland und Weißrussland andererseits, sehr interessant, die Positionen der „anderen Seite“ aus erster Hand zu erfahren.

Zum Verständnis nur zwei Vorbemerkungen: Auf Russisch spricht man sich nicht mit zum Beispiel „Herr Lukaschenko“ an, sondern mit dem Vor- und dem Vatersnamen. Lukaschenko wird also oft Alexander Grigorjewitsch genannt, und Lukaschenko spricht Kisselev oft mit Dmitri Konstantinowitsch an. Allerdings hat Lukaschenko die Angewohnheit, seine Gesprächspartner immer mal wieder einfach zu duzen, denn auf Russisch gibt es den Unterschied zwischen „Sie“ und „Du“ genauso, wie auf Deutsch. Damit nimmt Lukaschenko es allerdings oft nicht allzu genau.

Nun kommen wir zum vierten Teil des Interviews, in dem es um die angebliche Flüchtlingskrise an der weißrussischen Grenze zur EU ging. Den dritten Teil des Interviews finden Sie hier.

Beginn der Übersetzung:

Alexander Grigorjewitsch, kommen wir noch einmal auf das Gespräch mit Merkel zurück. Sie hat Sie mit „Herr Präsident“ angesprochen, nicht wahr? Das ganze Gerede über Anerkennung und Nicht-Anerkennung ist also leeres Gerede? Das ist der Moment der Wahrheit.

Ich habe niemandem die Abschrift gezeigt, es ist ja diplomatische Korrespondenz… Ich nannte sie „Kanzlerin“, sie nannte mich „Präsident“. Das sind alles absolut leere Worte. Da ist der Präsident, er wird anerkannt oder nicht anerkannt. Hören Sie, es ist mir egal, für wen die mich halten. Ich bin der Präsident von Weißrussland. Hören Sie, ich wurde in Russland, China, Indien, der Türkei, im postsowjetischen Raum als Präsident anerkannt und man hat mir gratuliert. Das reicht mir, um mein Land mit allem zu versorgen, was es braucht.

All diese endlosen Sanktionen gegen Weißrussland. Gibt es eine Möglichkeit, den Schaden zu bewerten, den Weißrussland durch die Sanktionen erleidet? In irgendwelchen messbaren Werten.

Weißt Du, Dmitri, ich kann keine Zahlen nennen. Wir versuchen, das zu minimieren. Aber natürlich tauchen neue Kanäle auf, an die wir uns erst gewöhnen müssen – neue Vermittler und so weiter. Natürlich verlieren wir etwas. Aber im Vergleich zu der Art und Weise, wie wir in diesem Jahr gearbeitet haben, sind das Peanuts. Peanuts, und ich beauftrage niemanden, das zu zählen, weil das Zählen teurer wäre… Wir hatten in gewissem Maße einfach Glück, denn wir haben die Wirtschaft während der Pandemie nicht lahm gelegt, wir haben die Wirtschaft nicht gestoppt. Die Wirtschaft ist nicht zum Erliegen gekommen, wir haben Glück gehabt, denn das Wachstum in der Landwirtschaft ist gut, auch wenn das Jahr schwierig war, eine schlechte Ernte, werden wir in der Lage sein, in der Landwirtschaft 100 Prozent zu erreichen. Der Industriesektor wächst um 20 bis 30 Prozent.

20 Prozent nach dem Rückgang?

Nein, letztes Jahr hatten wir stabile Zahlen…

In etwa, richtig? Es gab tatsächlich keinen wirtschaftlichen Rückgang?

Nein, nein, nein, vielleicht ein halbes Prozent. Warum? In dieser Hinsicht hatten wir Glück, obwohl man nicht von „Glück“ sprechen kann. Ihr hattet doch Lockdown und so weiter, während wir Konsumgüter – sagen wir Elektronik, Kühlschränke, Fernseher und so weiter – in großen Mengen produziert haben. Als Russland zum Stehen kam, als die Rezession einsetzte, reagierte Weißrussland und wir haben dem Markt Waren angeboten, was Ihr im Grunde nicht einmal bemerkt habt. Mit anderen Worten: Wir hatten einen riesigen Markt und eine große Chance, unsere Waren zu verkaufen. Diese Entwicklung setzte sich auch in diesem Jahr fort. Die Ausfuhren sind also gut gelaufen. Wir hatten also ein gutes Jahr. Obwohl wir dachten, dass die Wirtschaft schrumpfen würde, alle westlichen Rating-Agenturen haben uns fast den Untergang vorausgesagt, aber wir haben es auf 2 bis 2,5 Prozent geschafft, wir haben keinen Rückgang gehabt. Deshalb hatten wir in dieser Hinsicht Glück, das half uns, die Verluste durch die Sanktionen zu minimieren. Wenn man es ausdrückt, wie es normale Menschen tun, hören Sie mir zu, wir haben eine so gigantische Wirtschaft, dass wir viel exportieren müssen, natürlich etwa 45 bis 50 Prozent von dem, was wir produzieren, und 50 Prozent konsumieren wir, es ist eine offene Wirtschaft, und 50 Prozent verkaufen wir.

Das ist ein gutes Verhältnis.

Das Verhältnis ist gut, aber es handelt sich in der Tat um kleine Mengen. Märkte müssen sich bewegen, man muss verkaufen. Sie brauchen LKW von MAZs und BelAZs, und auch Traktoren. Ein Traktor bedeutet Nahrung und wenn es keinen Traktor gibt, gibt es auch keine Nahrung. Und das ist das Wichtigste. Leichtindustrie, Flachs und so weiter. Man muss die Menschen einkleiden und ernähren. Das ist ein großer Sektor unserer Wirtschaft. Die Russen haben während der Sanktionen in den Bereichen Ölraffination und Petrochemie gute Arbeit geleistet. Das ist auch für uns, es ist ein großer Sektor. Wir haben vor allem Stickstoff-, Phosphat- und Kalidünger, die verkauft werden. Warum? Es gibt jetzt ein verrücktes Wachstum, die Preise haben sich verdreifacht. Vor allem, wenn sie sagen, dass Belkali geschlossen wird, und das sind 20 Prozent. Die Preise sind gestiegen. Die Menschen haben angefangen zu hungern und die Lebensmittelpreise steigen. Lebensmittel sind teurer geworden, weil die Preise für Düngemittel gestiegen sind. (Anm. d. Übers.: Mit den hungernden Menschen meint Lukaschenko die Erhöhung der Zahl der Hungernden weltweit)

Sie sind wegen der Energiepreise in Europa teurer geworden.

Absolut richtig.

Aber Sie bekommen Energie zu russischen Preisen. Ein Zehntel der europäischen Preise.

Nun, wir sind nicht bei russischen Preisen, aber…

Ein Zehntel, fast.

Jedenfalls niedriger als auf den Spotmärkten.

Um ein Vielfaches.

Als auf den Spotmärkten. Das ist wahr. Deshalb spüren wir die Unterstützung von dieser Seite, und so hat es sich durch diese Pandemie entwickelt. Ja, das nächste Jahr wird wahrscheinlich härter, aber ich habe irgendwie… Sie verhängen Sanktionen gegen Russland, gegen uns, und ich sagte zu Präsident Putin, der natürlich auch besorgt ist, hören Sie, warum sind wir besorgt? Ein riesiger Raum – 150 Millionen Menschen, wir müssen sie ernähren, kleiden und so weiter. Ja, wenn wir ein System aufbauen, werden wir nicht genug weißrussisch-russische Produktion haben, wir können alles selbst verbrauchen. Ja, wir brauchen Devisen, Exporte und so weiter, es gibt hier und da gewisse Reserven, aber Russland handelt auch mit China, also… Russland handelt auch mit Europa, erhält Devisen, vor durch Gas. Die sind wegen der Windturbinen genug gehüpft.

Putin ruft an und sagt: Die haben Windräder gebaut, aber jetzt sollten sie sich besser hinknien und in diese Windräder pusten. Es gibt keinen Wind. Sollen sie doch gegen diese Windmühlen pusten.

Das sind eigentlich wirklich lustige Leute. Deshalb, wenn wir ein System aufbauen, schauen Sie, die haben Sanktionen gegen Russland verhängt, die Landwirtschaft ist sofort gewachsen. Weil sie auf den inneren Markt geachtet haben. So ist es auch hier. Kann man in Russland Karriere machen? Man kann. Unsere BelAZ-LKWs werden also gebraucht werden. So Gott will, müssen wir das Land pflügen, das große Russland, die ungepflügten Flächen. Sie brauchen Traktoren? Ja. Wir haben sie reichlich. Es gibt etwas zu säen, es gibt Saatgut und Verbrauch, wir müssen es nur aufbauen. Putin und ich haben dieses Problem eingehend erörtert, als wir diese 28 Unionsprogramme ausgearbeitet haben. Wir werden also überleben. Und China kauft eine ganze Menge Waren bei uns, ebenso wie das riesige Indien, das auch Düngemittel benötigt.

Ich habe Putin sogar gebeten – wir haben viele Milliarden Dollar bei dem Atomkraftwerk gespart -, Weißrussland diese Kredite nicht zu nehmen. Er fragt: Und was willst Du bauen? Ich sage: Ich werde etwas bauen, wir werden Rohstoffe aus Russland bekommen, Erdgas. Wir werden die Kosten des Kernkraftwerkes um fast fünf Milliarden reduzieren, wir werden den Verbrauch von Erdgas durch das Kernkraftwerk reduzieren. Wir haben beschlossen, eine neue Stickstoffanlage zu bauen. Die wird eine Milliarde oder etwas mehr kosten, wir werden mehr beim Kernkraftwerk sparen. Ich sage, ich werde diese Anlage bauen und wir werden Erdgas verarbeiten. Stickstoffdünger aus Erdgas. Es läuft also bei uns…

Stickstoff ist gut für das Wirtschaftswachstum.

Das ist richtig. Es geht um effizientes Wachstum. Kalium ist Qualität und das ist Wachstum. Es ist sehr begehrt. Die Preise für alle Düngemittel sind gestiegen.

Weiter: Wichtig für Russland sind jetzt der Weltraum, die Luftfahrt und andere Bereiche. Die haben Sanktionen gegen die Versorgung dieser High-Tech-Industrien, Mikroelektronik und so weiter verhängt. Aber zum Glück haben wir in unserem Land seit den Zeiten der Sowjetunion diese Fabriken erhalten, ich habe sie oft besucht. In den 1990er Jahren wurde praktisch alles vernichtet, aber es gibt noch einige wenige Betriebe, ich glaube drei oder vier.

Wir haben eine Vereinbarung mit Putin getroffen, er saß da mal und sprach mit dem indischen Premierminister, es war schon nachts und er sagt: Es gibt ein Problem, ich fürchte, es wird ein Problem mit der Elektronik geben. Ich sagte: Hör mal, warte, lass uns das regeln.

Es wurde eine Kommission eingerichtet, mit unserem Botschafter Semaschko, der früher als Ingenieur in dieser Fabrik gearbeitet hat und sich mit der Materie gut auskennt, und jetzt bündeln wir alles, was wir noch haben, um die Raumfahrtindustrie mit Mikroelektronik, mit den Produkten dieser Unternehmen zu versorgen. Übrigens haben wir auch Raumfahrtunternehmen, die Komponenten für Satelliten herstellen, es sind Eure Plattformen, alles andere ist weißrussisch. Aus diesem Grund ist die Elektronik recht fortschrittlich, sie wurde hier entwickelt. Elektronik, dann Optik, Mathematik, all das haben wir bewahrt, und es ist jetzt gefragt. Es geht also um die Zusammenarbeit im Zusammenhang mit diesen 28 Programmen. Wir können große Fortschritte machen. Aber wenn man einfach im Kreml oder in Minsk sitzt und über Sanktionen gegen uns jammert, darüber, dass wir morgen sterben werden, dann werden wir sterben. Man muss einfach in Bewegung bleiben, das ist eine Chance.

Alexander Grigorjewitsch, Sie jammern nicht nur, Sie haben gesagt, dass Sie als Reaktion auf die Sanktionen, ich weiß nicht, vielleicht haben Sie es übereilt gesagt, darüber nachdenken könnten, sozusagen den Transit von Waren nach Europa zu stoppen, zum Beispiel von Gas. Ist das Ihr Ernst?

Das hat der groß Bruder gesagt, hast du das nicht gehört?

Habe ich. Er sagte aber gleichzeitig, dass das eine Verletzung des Transitvertrags mit Russland wäre…

Hören Sie, wenn die Polen mich erdrosselt, schaue ich mir dann irgendwelche Verträge an? Vergessen Sie’s, wovon reden Sie eigentlich?

Also meinen Sie das ernst?

Natürlich meine ich das ernst. Die Polen haben beschlossen, die Grenze zu Weißrussland zu schließen. Gut, schließt sie. Wir reisen nicht sehr oft in die Europäische Union. Unser Interesse gilt eher Russland, China und dem Osten. Aber wenn ich sie schließe? Was würde dann mit diesem Warenstrom geschehen, der über uns hauptsächlich nach Russland und China fließt? Denn Russlands Südgrenze zur Ukraine ist geschlossen. Das bedeutet, durch die Ukraine können sie nicht. Wollen sie das auf den Schultern durch die baltischen Staaten tragen? Dort gibt es keine Straßen.

Bevor die also Erklärungen abgeben, müssen sie ihre kleinen Hühnerhirne in die Hand nehmen und überlegen, was Sie da quatschen. Er wird die Grenze schließen (lacht). Mach sie zu. Zu wessen Schaden schließt Ihr sie? Zum eigenen? Dann denkt darüber nach, wie Ihr Energie aus Russland beziehen wollt. Deshalb dürfen wir nicht nach diesen Extremen, diesen Waffen, greifen. Und dann sind es die Polen, die reden, die wissen, dass es zu ihrem Schaden sein wird. Und wer schreibt ihnen die Thesen, um solche Erklärungen abzugeben? Wir wissen das.

Deshalb wirst Du in einem Monat zu mir kommen und mir sagen: Du hattest recht, als Du sagtest, dass die Briten und die Polen, nachdem sie die Europäische Union von beiden Seiten in die Zange genommen haben, mit den Händen der Amerikaner die Europäische Union – wenn nicht zerstören – so doch niedermachen wollen. Ich glaube, sie wollen die EU zerstören. Alles begann mit der Einführung des Euro, eines Konkurrenten des Dollars.

Wie soll man nach all dem mit Polen und Litauen zusammenleben? Wie Beziehungen aufbauen? Denken Sie darüber nach?

Das ist möglich. Wissen Sie, warum? Denn es sind nicht ja die Polen, die dahinter stecken, sondern deren Regierung, die von einem bestimmten Teil der Gesellschaft unterstützt wird. Die Gesellschaft ist da ja nicht erst heute gespalten, sie wurde bei den Wahlen gespalten. Wissen Sie, wie Duda gewonnen hat? Er hat nicht 50 Prozent der Stimmen bekommen, sie wurden ihm zugeschlagen.

Die Wahl war gefälscht?

Absolut. Die Opposition, und es gibt eine starke Opposition, und jetzt ist Donald Tusk dazu gekommen, in die Bürgerplattform. Da ist die PiS, Recht und Gerechtigkeit, sie sind an der Macht, dieser verrückte Kaczynski. Und Morawiecki, Duda, dieses Trio. Als sich die Opposition nach den Wahlen erhob, wurden ihm offiziell ein paar tausend Stimmen, weniger als ein Prozent, gegeben, um ihn zum Sieger zu erklären. Als sich Widerstand erhob, stampften die Amerikaner auf: Stopp, lasst sie in Ruhe, Ihr seid beim nächsten Mal dran.

Polen ist unter ausländischer Kontrolle, noch schlimmer als die Ukraine, nur dass sie keinen Staub aufwirbeln, sondern es ruhig und gelassen tun. Deshalb will der größte Teil der dortigen Gesellschaft keinen Streit mit Weißrussland. Sie haben nichts Schlechtes von uns gesehen. Sie sind heute zur Vernunft gekommen und sehen, was vor sich geht und wer die Schuld trägt. Ich bin mir sicher, dass die Opposition dort an Gewicht gewinnt, wenn sie Wahlen fordert, und mit Tusk, der ein starker Politiker ist, brechen sie dort zusammen. Es gibt jemanden, mit dem man reden kann, es wird jemanden geben, mit dem man reden kann, die Polen sind kein einfaches Volk, sie werden jeden Politiker dazu bringen, das zu tun, was gut für sie ist. Sie sind Menschen, die im Gegensatz zu Russen und Weißrussen Kopeken zählen können.

Zurück zu Polen, Litauen, ich habe eine letzte Frage zu den Flüchtlingen. An der Grenze gibt es bereits Begräbnisse, es werden dort Gräber gefunden. Wie wird es weitergehen, welche Lösungen sehen Sie?

Einer der dortigen Politiker – ich weiß nicht mehr, wer -, der in den Medien auch bei Ihnen zitiert wurde, gab zu, dass etwa 200 Flüchtlinge auf polnischem Gebiet ums Leben gekommen sind, etwa 200. Aber Sie haben es sehr richtig formuliert, sie finden auch Gräber, sie finden Tote in den Wäldern, die Kurden können diese Temperatur nicht ertragen. Hören Sie, die haben drei auf einem Hof gehalten, ich frage jeden Morgen, wie es ihnen geht. Wahrscheinlich müssen zwei von ihnen die Beine amputiert werden. Ich sage: Wie? Wir hatten leichten Frost. Wir laufen bei diesem frostigen Wetter barfuß, aber sie haben sich bei diesem Frost die Füße abgefroren. Einer von ihnen wurde verprügelt, herausgezerrt und von den Litauern auf unser Gebiet geworfen, wo er starb. Sie steckten ihn in einen Schlafsack und ließen ihn im Wald zurück. Die Grenzbeamten entdeckten ihn und dann die drei. Sie kommen aus Sri Lanka.

Europäischer Humanismus.

Ach so, noch einer letzte Nacht, ein Toter, die Leichen werden über die Grenze gekippt. Und es gibt viele unmarkierte Gräber in den Wäldern. Und wer begräbt diese Menschen? Nicht die Behörden.

Sie verstecken eine Reihe dieser Personen.

Sie haben den Ausnahmezustand verhängt, niemand darf dort hinein, Journalisten und internationale Beobachter dürfen von unserer Seite kommen, aber niemand von der anderen Seite. Und die Menschen sterben in polnischen Wäldern, entschuldigen Sie, sie liegen dort – die Leichen – und Menschen, Polen, die sich kümmern, nicht gleichgültige Polen, suchen diese Menschen in den Wäldern und begraben sie. Es gibt also wirklich namenlose Gräber. Selbst Kinder, man sieht oft kleine Kindergräber auf muslimischen Friedhöfen. Weißt Du, was das Schlimmste ist? Das haben unsere und russische Sender gezeigt. Auch Ihr Sender hat es gezeigt. Der Kurde zückte sein Telefon und fragte: „Warum tun Ihr uns das an?“ Und er zeigt Fotos und sagt „Sehen Sie, hier ist ein Foto von 1942, als die Deutschen in Polen einmarschierten, gab es einen riesigen Exodus von Flüchtlingen, und die Polen landeten größtenteils, so hat es sich ergeben, im Irak, in Kurdistan.“ (Anm. d. Übers.: Den Beitrag habe ich im Fernsehen gesehen, finde ihn aber leider nicht mehr, um ihn hier zu verlinken)

Also sind Polen in den Irak, nach Kurdistan geflohen?

Als Flüchtlinge, ja. Und er sagte „Schaut, wir haben Euch aufgenommen, als währt Ihr unsere Brüder, als Ihr vor dem Krieg geflohen seid, im Jahr 42.“ Es zeigte Bilder und sagte: „Wir sind zu Euch gekommen, nicht einmal zu Euch, aber Ihr empfangt uns mit Wasserwerfern, Chemikalien, Betäubungsgranaten und anderen Dingen, und mit Hubschraubern.“

Sie haben also zu Recht eine Art Antwort auf ihre Gastfreundschaft erwartet…

Wir mussten es tun, wir mussten sie aufnehmen. Menschen aus Weißrussland und Polen sind nach Usbekistan, Tadschikistan, Kasachstan, Iran, in den Süden geflogen, aber vor allem waren es Polen. Und das erzählt er, es sind kluge Leute, diese Flüchtlinge.

Und er hat diese Bilder.

Und er zeigt das Foto auf seinem Handy: „Warum behandelt ihr uns so? Wir haben Euch als Brüder aufgenommen. Warum schlagt, vergiftet und tötet Ihr uns?“ Das ist das Schreckliche daran. Wir sind verpflichtet, ihnen zu helfen, so wie die Amerikaner verpflichtet sind, den Irakern, Afghanen und Syrern zu helfen.

Nicht Sie, nicht Weißrussland, hat den Irak und Afghanistan zerstört.

Ganz genau. Nein, wir haben sie nicht zerstört, aber die Amerikaner müssten helfen, und die haben der EU den Befehl gegeben, zu helfen.

Ich weiß nicht, das bedeutet, dass das Signal nicht empfangen wurde, sie haben den Befehl gegeben. Und in der Zwischenzeit tragen Polen und Litauen Tichanowskaja buchstäblich auf den Händen, wenn man so will. Wie kann man das alles verstehen? Warum tun sie das?

Wissen Sie, ganz sicher nicht, um Lukaschenko zu stürzen und die Macht zu übernehmen. So war es auch am Anfang, als sie dorthin geflohen sind. Sie haben da diese Zentren gebildet und dort Regierung gebildet. Jetzt räumen wir Lukaschenko ab und stecken ihn ins Gefängnis. Das war in der Zeit nach den Wahlen. Sie hatten gehofft. Jetzt haben sie keine Hoffnung mehr. Jetzt müssen sie ihr Gesicht wahren. Deshalb behalten sie sie auch. Aber dort – ich habe gerade die letzten Nachrichten gelesen, bevor ich zu diesem Gespräch kam – ist ein heftiger Kampf ausgebrochen. Dort gibt es drei Zentren. Sveta, Latuschko – „Lohushka“, wie ich ihn nenne -, der ehemalige Kulturminister, und mein Assistent Tsepkalo. Drei Zentren, drei Verwaltungen. Und der Kampf hat begonnen. (Anm. d. Übers.: „Sveta“ ist Swetlana Tichanowskaja und „Lohushka“ ist ein Wortspiel, das den Mann grob übersetzt als „Null“ bezeichnet)

Die Schlange Gorynich. (Anm. d. Übers.: Dabei handelt es sich um ein altes Märchen über eine dreiköpfige Schlange)

Ja, die dreiköpfige. Und dazwischen gibt es alle möglichen Nebenlinien und so weiter, dazwischen gibt es weitere Unterstrukturen. Die wollen alle leben und essen. Aber der Westen wird ihnen nicht einfach so Geld geben. Ihnen geht das Geld aus. Und sie fingen an, miteinander zu streiten. Der Westen sagt: Jetzt müssen wir auch noch eine neue Verfassung ertragen. Wenn Ihr in Weißrussland keinen Umsturz schafft, werden wir Euch nicht finanzieren. Und nun kämpfen sie um die Finanzierung, um zu überleben.

Vor kurzem gab es in Litauen einen Korruptionsskandal im Zusammenhang mit der Finanzierung von Swetlana. Mehr als 400.000 Euro kostet Tichanowskaja, ihr Budget und ihr Unterhalt. Und dann? Wir wissen im Detail, was Tichanowskaja treibt. Ein Oppositioneller hat es mir über andere zugeleitet: Warum hält Alexander Grigorjewitsch ihren Mann im Gefängnis? Der muss freigelassen und dorthin geschickt werden. Und Sie werden sehen, er wird dort alle wegen des Verhaltens seiner Frau erschießen. Ich sage Ihnen: Ich halte ihn nicht. Zweitens: Das kann ich nicht tun. Frauen darf man nicht beleidigen.

Aleksander Grigorjewitsch, wenn Frauen nicht beleidigt werden dürfen, kann sie dann beispielsweise nach Weißrussland zurückkehren?

Gott bewahre, sie will nicht zurückkehren. Und das wollte sie nie. Und nun läuft ein Verfahren wegen Extremismus gegen sie.

Hier?

Ja, hier in Weißrussland.

Hier erwartet sie nichts Gutes, wenn sie zurückkommt?

Nun, Dmitri, ich habe nicht darüber nachgedacht, denn es gab keine derartige Bitte. Sie will nicht nach Weißrussland gehen. Sie ist jetzt an einem guten Ort. Warum sollte sie denn nach Weißrussland gehen wollen? Ihr Mann wird hier aus dem Gefängnis entlassen. Und was dann? Und es gibt bereits andere Ehemänner da.

Bei ihr?

Jetzt bohr nicht so nach. Bei ihr, nicht bei mir. Darum ist das alles durcheinander gegangen. Es geht um Persönliches, um nichts ernstes. Sie hat die CIA um sich herum. Ich kannte ja ihre Eltern. Sie sind schon in den 90er Jahren weggelaufen. Ich kannte ihren Vater. Und jetzt ist ihr Sohn in Amerika, ich glaube, er hat dort keine Ausbildung bekommen, er wurde einer Gehirnwäsche unterzogen. Er ist bereits in ihrer Nähe und in der Nähe dieser Leute. Swetlana ist keine Politikerin. Aber Sie wissen ja, was für eine Art von Politikerin Sveta ist.

Sie selbst sagt, dass sie lieber Frikadellen brät. (Anm. d. Übers.: Zu Anfang, als ihr ihre Reden noch nicht von den Amerikanern geschrieben wurden, hat sie immer wieder gesagt, dass sie keine Politik machen, sondern lieber Frikadellen für ihre Kinder braten möchte)

Sie hat es ehrlich gesagt, dass… Das kann man nicht sagen, denn dann ist man nicht der Führer von Weißrussland. Sie wurde früher als Präsidentin angesehen. Jetzt nicht mehr. Jetzt ist sie der Führer der weißrussischen Opposition. Solche Führungskräfte gibt es dort wie Sand am Meer.

Dennoch ist sie Gegenstand Ihrer ziemlich harten Auseinandersetzung mit Putin. Als man Ihnen anbot, Tichanowskaja zu treffen, sagten Sie, Putin solle zuerst Nawalny treffen. (Anm. d. Übers.: Hier wird auf eine Aussage Lukaschenkos aus einem BBC-Interview angespielt, über das nun gesprochen wird.)

Nein, das hat er mir alles hinterher erzählt…

Wie war das?

Er sagte, er habe dem Außenministerium gesagt, ja, wir müssen auch mit der Opposition einen Dialog führen und so weiter. Sein typischer Spruch. Mit der Opposition? Richtig! Das hat er richtig gesagt. Ich habe eine Opposition in meinem Land und ich führe einen Dialog mit ihr, und ich werde alles tun, damit diese Opposition nicht stirbt. Warum? Weil das eine patriotische Opposition sind. Wie die Kommunisten in Russland auch immer sein mögen, sie sind keine Verräter, sie sind keine Nawalnys, sie sind patriotische Menschen. Und der Präsident führt einen Dialog mit ihnen, ob er will oder nicht.

Und ich habe hier eine Opposition, ich führe einen Dialog mit ihr, sie beteiligt sich am Verfassungsprozess, sie macht Vorschläge zur Verfassung, diese Opposition. Und dann gibt es noch solche wie Navalny oder Sveta, ich lasse sie in Ruhe, sie ist eine Frau.

Diese ehemaligen Minister, der so genannte ‚Lohushka‘, wie ich ihn nenne, Latushko. In welchem – entschuldigen Sie bitte, ich sage es so deutlich – Suff sollte ich irgendeinen Dialog mit ihm führen? Was für ein Oppositioneller ist er? Er ist ein Verräter. Er wurde vor langer Zeit von ausländischen Geheimdiensten rekrutiert, als er dort Botschafter war, oder vielleicht sogar schon früher. Übrigens glaube ich, dass er früher in Polen gedient hat, zunächst im diplomatischen Korps. Dann kam er hierher zurück, lief also um mich herum, und dann zeigte er sein wahres Ich. Er ist ein Verräter, Dmitri Konstantinowitsch, er ist kein Oppositioneller und das habe ich auch gesagt, als ich von der BBC gefragt wurde.

Rosenberg?

Ja, Steve Rosenberg. „Aber Putin wird einen Dialog mit Nawalny führen, was glauben Sie?“ Ich weiß nicht mehr, wie es genau war. Ich sagte zu Rosenberg: „Wenn Putin einen Dialog mit dem Oppositionellen führt, werde ich sofort mit Sveta sprechen.“ Er stellt mir die Frage: „Macht Putin das?“ Ich sage: „Nein, denn Nawalny ist ein Verräter, er ist kein Oppositioneller. So ist es auch bei mir.“ Das war das Gespräch.

Ende der Übersetzung

Teil 5 des Interviews finden Sie hier.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.