Ost-West-Konflikt

Teil 6 des zweistündigen Interviews mit Lukaschenko: Die Verfassungsreform in Weißrussland

Der weißrussische Präsident Lukaschenko hat dem russischen Fernsehen ein zweistündiges Interview gegeben, dass so interessant ist, dass ich es komplett übersetzen und jeden Tag einen Teil veröffentlichen werde. Hier ist der sechste Teil.

Das zweistündige Interview dass der russische Journalist und Chefs einer der staatlichen Medienholdings Russlands, Dmitri Kisselev, mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko geführt hat, ist so interessant, dass ich beschlossen habe, es komplett zu übersetzen. Lukaschenko erzählt dabei viel, was er bisher noch nie öffentlich gesagt hat und egal, ob man das alles für Propaganda hält oder nicht, es ist vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen der US-geführten Nato und der Ukraine einerseits, und Russland und Weißrussland andererseits, sehr interessant, die Positionen der „anderen Seite“ aus erster Hand zu erfahren.

Zum Verständnis nur zwei Vorbemerkungen: Auf Russisch spricht man sich nicht mit zum Beispiel „Herr Lukaschenko“ an, sondern mit dem Vor- und dem Vatersnamen. Lukaschenko wird also oft Alexander Grigorjewitsch genannt, und Lukaschenko spricht Kisselev oft mit Dmitri Konstantinowitsch an. Allerdings hat Lukaschenko die Angewohnheit, seine Gesprächspartner immer mal wieder einfach zu duzen, denn auf Russisch gibt es den Unterschied zwischen „Sie“ und „Du“ genauso, wie auf Deutsch. Damit nimmt Lukaschenko es allerdings oft nicht allzu genau.

Nun kommen wir zum vierten Teil des Interviews, in dem es um die angebliche Flüchtlingskrise an der weißrussischen Grenze zur EU ging. Den fünften Teil des Interviews finden Sie hier.

Beginn der Übersetzung:

Hat die wirtschaftliche Integration (zwischen Russland und Weißrussland, Anm. d. Übers.) ein Endziel? Wie Sie sagten, gleiche Wettbewerbsbedingungen – ist das das Endziel der Integration?

In der Wirtschaft ja. Es muss Wettbewerb geben, gleiche Wettbewerbsbedingungen und so weiter. Vielleicht werden unsere und Ihre Experten sich eines Tages einig und wir werden zu einer einheitlichen Währung kommen. Aber solange wir nicht den Handel zwischen uns klären können, der ein riesiges Volumen hat, etwa 50 Milliarden Dollar, werden wir nicht in der Lage sein, auf nationale Währungen umzusteigen. Ich schlage vor, hören Sie zu, dass wir für Erdgas, Erdöl und so weiter auf den russischen Rubel umsteigen.

Und?

Nein.

Warum nicht?

Nun, fragen Sie Mischustin, fragen Sie Ihre Experten, warum. Aber da müssen wir durch.

Mit einer einheitlichen Währung wäre es wahrscheinlich einfacher?

Nun, wir müssen Schritt für Schritt zu einer einheitlichen Währung kommen. Also los. Hier ist der russische Rubel – alle wollen eine einheitliche Währung, obwohl wir bei der Unterzeichnung des Abkommens mit Jelzin davon ausgingen, dass es sich nicht um den weißrussischen oder russischen Rubel handeln würde, sondern um eine andere Währung, eine dritte. Aber da wir Rubel haben, und Sie Rubel haben, warum sollten wir was erfinden und die Währung Taler oder so nennen? Ja, es wird ein Rubel sein. Die zweite Frage ist Emissionszentrum.

Und was ist mit dem Emissionszentrum?

Wir sollten es wie in der Europäischen Union machen. Es muss unabhängig sein. Es sollte nicht russisch sein, aber die russische Regierung wird das nicht zulassen.

Wem sollte es gehören?

Russland, denkt man in Russland.

Und Sie meinen?

Und ich denke, dass es nicht weißrussisch sein kann, nicht sein wird, weil die Volkswirtschaften der Länder unterschiedlich sind, also gut, machen wir es so, wie es in der Welt üblich ist. Beruht die Union auf dem Grundsatz der Gleichheit? Ja, ein anderes Prinzip gibt es nicht und kann es nicht geben, sie würde auseinanderfallen, sie würde nicht gebaut werden. Nach den Grundsätzen der Gleichheit bedeutet das, dass die ausgebende Stelle weder russisch noch weißrussisch sein darf. Und irgendwo in St. Petersburg oder in Smolensk, egal wo, muss es gleichberechtigt sein, weil die Politik gleichberechtigt sein muss. Das bedeutet nicht, dass wir Ihnen die Hälfte Ihres Reichtums wegnehmen und ihn Weißrussland geben sollen, das meine ich nicht mit Gleichberechtigung. Ich sage, wenn wir das tun, werden wir uns selbst verschlucken, so viel brauchen wir nicht. Das ist nicht der Sinn von Gleichberechtigung. Da muss die gleiche Anzahl von Menschen sein, eine einheitliche Politik für Weißrussland und Russland. Dann wird die Ukraine zu uns kommen, ebenso wie andere Länder, Kasachstan und andere, wenn sie diese Gleichheit, unsere Währungspolitik sehen. Ich spreche als Beispiel von der Währung, man kann auch andere Themen nehmen. Also haben Präsident Putin und ich beschlossen, dass wir es tun müssen, und das haben wir auch getan. Und schon jetzt arbeiten unsere Teams, unsere Regierungen, daran.

An einem einheitlichen Emissionszentrum?

Nein. Zuerst wurde gesagt, dass wir die Währung jetzt nicht anfassen sollten, eine einheitliche Währung einführen und so weiter, nur die Zentralbank von Russland…

Ist sie dagegen?

Ja, und wir sind auch dagegen. Die Experten sagten, das sei jetzt kein Thema, es störe die Wirtschaftspolitik nicht. Völlig richtig, es stört nicht. Dass wir Rubel haben, dass Sie Rubel haben. Das ist eine höhere Stufe der Integration, da sind wir noch nicht. Wenn wir dahin kommen, werden wir das Problem lösen.

Alexander Grigorjewitsch, kann man sich vorstellen, dass die Integration unserer Länder Grenzen hat, dass es etwas Unmögliches gibt, etwas, das nie geschehen wird…

Kein Prozess hat irgendwelche Grenzen. Das klingt philosophisch, aber es gibt sie. Es gibt keine Grenzen.

Aber Sie sind dafür bekannt, dass Sie einer möglichen Privatisierung von weißrussischen Schlüsselunternehmen eher skeptisch, sagen wir, besorgt gegenüberstehen. Sie sind der Meinung, dass sie keine Anhängsel von etwas sein dürfen, weil sie sonst verschwinden würden. Ist es das?

Wenn ich sehe, dass sie verschwinden werden, werde ich mich kategorisch gegen eine solche Privatisierung aussprechen.

Das ist die Grenze. Das ist also unmöglich.

Ja, wenn jemand, sagen wir, BelAZ will, nun, okay, BelAZ ist das einzige Unternehmen bei uns…

MAZ? (Anm. d. Übers.: MAZ ist ein weißrussischer Hersteller von LKW, KamAZ ist ein russischer LKW-Hersteller)

Nehmen Sie MAZ, KamAZ. Ich war nicht gegen den Zusammenschluss dieser Unternehmen. Aber ich war strikt dagegen, als unser MAZ, das gute und qualitativ hochwertige Autos herstellt, zu einem Produktionsstandort von KamAZ wurde. Genau das habe ich abgelehnt. Als ich also sagte, Leute, lasst uns die Eigentumsfrage vorerst nicht anfassen, lasst uns ein Joint Venture gründen – KAMAZ und MAZ, aber worum geht es? Es geht um die Modernisierung, die Verbesserung der Produktion und den Vertrieb. Lassen Sie uns ein Joint Venture gründen, die Absatzmärkte bearbeiten und uns mit der Modernisierung befassen. Russland ist reicher, es wird MAZ ein Darlehen gewähren, damit wir uns verbessern und in einigen Bereichen das Niveau von MAZ erreichen können, und dann drei bis fünf Jahre lang arbeiten.

Auf dem Niveau von KamAZ, richtig?

Nun, ich sage, irgendwo werdet Ihr in bestimmten Bereichen zu MAZ aufholen, und woanders werden wir zu KamAZ aufholen. Und modernisieren muss man. Und Sie haben mehr Kreditmöglichkeiten, was uns reizt. Um diesen Zusammenschluss zu unterstützen, wurde ein Joint Venture gegründet. Nach drei bis fünf Jahren werden wir sehen, wie wir dastehen werden. Das Wichtigste sind die Märkte, damit es für MAZ auf dem russischen Markt und für KamAZ auf dem weißrussischen Markt keine Hindernisse gibt. Und außerhalb unserere weißrussisch-russischen Vereinigung. In Vietnam, China und so weiter, werden wir eine gemeinsame Position einnehmen. Und wenn wir sehen, dass es etwas bewirkt hat, dann können wir über die Eigentumsfrage sprechen, es aufteilen und privatisieren. Was ist daran unvernünftig, es ist logisch. Und wissen Sie, sowohl Medwedew als auch Putin haben dem zugestimmt, aber Ihre Führungskräfte auf den unteren Ebenen nicht. Nein, privatisieren Sie 30 oder 20 Prozent, und los geht’s, so wie es bei uns geschieht.

Stopp: So wird das hier nicht gemacht.

Neues Thema. Im Weißrussland ist der Prozess der Verfassungsänderung ist im Gange. Wie stellen Sie sich den Zeitplan vor? Findet das Referendum über die Verfassung wie geplant im Februar statt? Was wird nach dem Referendum geschehen? Wird es Neuwahlen geben? Was ist mit der Verfassungsreform?

Sie haben es richtig gesagt. Dieser Prozess wurde vor langer Zeit eingeleitet. Er wurde zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen ins Leben gerufen. Als ich in einer Sitzung des Parlaments eine Ansprache an das weißrussische Volk und das Parlament hielt, so wie Putin seine jährliche Ansprache hält, sagte ich, dass der Präsident bereits zwei Verfassungsentwürfe auf dem Tisch habe.

Haben Sie sie?

Ich habe zwei Entwürfe auf meinem Schreibtisch. Das war in den Jahren 2017, 2018 und 2019.

Wer hat sie geschrieben?

Das war Juristen unter der Leitung des Verfassungsgerichts und Experten des Verfassungsgerichts anvertraut.

Sie haben das in Auftrag gegeben?

Ja, natürlich, ich war der Initiator. Vor den Wahlen, zwei Jahre vor den Wahlen. Zwei Entwürfe. Aber sie unterschieden sich praktisch nicht von der aktuellen Version. Warum? Ich habe die Verfasser gebeten, mir die Entwürfe auf den Schreibtisch zu legen und jeden einzelnen zu genehmigen. Und dann tragen sie gemeinsam mit mir die Verantwortung. Wenn ich sie im Referendum vorschlage, werden sie gemeinsam mit mir für die Situation verantwortlich sein, die sich aus der Annahme dieser Verfassung ergeben wird. Generell kann die Verfassung das Land auf den Kopf stellen.

Ja, natürlich.

Und als ich das gefordert habe, sind die Leute das Risiko nicht eingegangen. Sie haben sie hier und da geschliffen…

Aber Sie mussten doch Anweisungen geben, die Aufgabenstellung, wie sie geschrieben werden sollte.

Nein, ich sagte: Das ist die Verfassung der Zukunft, der nächsten Generation.

Ah, einfach so. Ziemlich abstrakt.

Schließlich geht es um Macht.

Sie wird gewährt von…

Wir haben eine autoritäre, harte Verfassung aus der Zeit, in der das Land zusammengeklebt, zusammengehalten und so weiter werden musste. Schreiben Sie eine neue. Und die war nicht viel anders. Warum? Weil ihr Name drunter steht, sie hätten sich verantworten müssen, wenn plötzlich etwas schief geht. Und zweitens – warum sollten wir zum Beispiel eine parlamentarische Republik niederschreiben? Warum? Der Präsident trägt die Verantwortung. Die Menschen sind daran gewöhnt, es gibt viele Gründe dafür. Nein, wir müssen eine präsidiale Republik haben.

Na gut, zur Umverteilung von Befugnissen, zum Beispiel, wie sie wahrscheinlich dachten. Aber wohin mit dem und diesem? Nein, wozu? Hier ist der Präsident, er stiehlt nicht, er kämpft gegen die Korruption und so weiter. Für eine rücksichtslose Privatisierung. Nein, nein. Lassen wir das so. Polieren wir das ein wenig auf. So haben sie die bestehende Verfassung aufpoliert.

Die erste Variante wurde mir vorgelegt, ich habe sie abgelehnt. Ich werde nicht mit einer solchen Variante zum Referendum gehen: Das ist lächerlich, da hat sich nichts geändert. Die zweite Variante war ähnlich wie diese, ich habe sie abgelehnt. Und dann ist dieser Prozess entstanden, an dem ich direkt beteiligt bin. Die Verfassungskommission hat einige Änderungen an der Verfassung ausgearbeitet. Wir ändern unsere Verfassung in gewisser Weise. Siebenundsiebzig Artikel sind unverändert, 11 neue Artikel, glaube ich, und ein neues Kapitel. Da ungefähr stehen wir heute. Dann habe ich eine Arbeitsgruppe aus erfahrenen und sachkundigen Personen und Juristen eingesetzt. Warum Juristen? Eine Arbeitsgruppe guter Juristen sollte Vorschläge für Änderungen in der Juristenprache erarbeiten. Ich selbst arbeite ständig mit dieser Gruppe zusammen. Und jetzt haben wir den Entwurf, der von der Arbeitsgruppe, von Fachleuten ausgearbeitet wurde, bereits der Verfassungskommission vorgelegt. Die Verfassungskommission hat ihn geprüft, aufpoliert und, ja, er ist fertig. Jetzt liegt er auf meinem Schreibtisch. Jetzt sitze ich da und schaue ihn mir an. Sozusagen jede Zeile, wie früher. Die jetzige Verfassung habe ich selbst geschrieben. Die Juristen haben sie mit dem Stift geschrieben und ich habe es diktiert, weil ich sah – ich, der Präsident – welche Vollmachten ich brauchte, um das Land zusammenzuhalten. Und jetzt schaue ich sie mir an, denn ich muss sie für das Referendum vorlegen. Nun werden wir sie in etwa einem Monat veröffentlichen.

Wann?

Ich denke, zwei Wochen. Vor dem neuen Jahr.

Vor dem neuen Jahr werden Sie den Verfassungsentwurf veröffentlichen?

Etwa in einem Monat. Wir werden sie zur Diskussion stellen.

Den Verfassungsentwurf?

Ja, Dmitri Kisselev, der irgendwo in seinem Büro sitzt, in der Zeitung Sovetskaya Belorussiya oder Kommersant oder Izvestiya, schaut: ah, das passt, das passt nicht – na gut, das geht mich nichts an. Aber Lukaschenko kommt und sagt: Schreib dazu was. Vorschläge, wir wollen noch einmal Vorschläge von den Menschen entgegennehmen und im Februar, um den 20. oder so, werden wir noch einmal darüber nachdenken, wie es für uns nach dem Gesetz, nach der aktuellen Verfassung, am besten ist, dann werden wir sie zum Referendum vorlegen. Das ist der Zeitrahmen.

Das bedeutet, dass das Referendum im Februar stattfinden wird?

Wenn kein Krieg ausbricht. Ja, ich habe kürzlich gesagt, dass wir diesen Zeitplan einhalten werden. Und wir werden auf jeden Fall ein Referendum durchführen. Wenn man uns nicht dazu zwingt, eine Art Notstand zu verhängen. Aber das ist Science-Fiction. Deshalb denke ich, dass wir es planmäßig im Februar durchführen können.

Was ist der Sinn dieses Verfassungsprozesses? Befugnisse zu verteilen? Eine neue Machtstruktur zu schaffen? Was ist der Hauptgedanke?

Nochmals, Dimitri. Das ist zu einfach. Das ist ganz einfach.

Vereinfache ich?

Nein, nein, das ist richtig. Aber das ist die Hauptsache, denke ich: Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Wir haben einige Herausforderungen erlebt. Sie zum Beispiel haben es auch erlebt. Der Ausgang des Großen Vaterländischen Krieges und seine Bedeutung. Sowohl Sie als auch wir, es gibt diejenigen, die die Ergebnisse des Krieges und andere Gründe nicht so sehen, wie wir sie in unserer Jugend gesehen haben.

Nicht so, wie sie wirklich sind.

Ja, das ist in der Tat so. Und sie fangen bereits an, diese Ergebnisse zu verändern. Die Veteranen sind weg, sie sind praktisch alle weg. In ein oder zwei Jahren wird es niemanden mehr geben, nicht einen einzigen Kriegsveteranen. Aber die Nachkriegszeit und wir wurden 10 oder 15 Jahre danach geboren. Wir erinnern uns an diesen Kummer. Aber auch wir werden nicht ewig leben. Und wir müssen den Wert des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg in die Verfassung schreiben. Außerdem stellt sich folgende Frage: Elternteil eins, Elternteil zwei, Elternteil drei. Aus Österreich hat man mir kürzlich eine Geschichte erzählt: Eine Frau, die als Mädchen Russland verlassen hat und nun eine Frau ist, muss einen Fragebogen ausfüllen. Und sie soll entscheiden, ob sie vier oder sechs Elternteile hat. Ein, zwei, drei, sechs Elternteile. Und sie lacht: Wie das, warum? Unsere Familie besteht nicht aus den Elternteilen eins und zwei, sondern aus einem Mann und einer Frau. Nun, meiner Meinung nach müssen wir das auch reinschreiben, wie Sie in Russland.

Ja, eine solche Änderung wurde verabschiedet.

Ja, absolut richtig. Souveränität der Unabhängigkeit, friedliche Atomenergie und so weiter. Ganz abgesehen von der Neuverteilung der Vollmachten. Ja, und die Neuverteilung der Vollmachten. Die Rolle der Regierung wird gestärkt, die Rolle des Parlaments wird gestärkt. Es gibt ein neues Staatsorgan, es ist nicht neu, es existiert schon. Aber es existiert durch die Entscheidung des Präsidenten. Die Gesamtweißrussische Volksversammlung. Die erste war 1996, glaube ich, ich weiß es nicht mehr, ich muss nachsehen. Sechs Gesamtweißrussische Volksversammlungen wurden abgehalten. Die Rolle dieser Gesamtweißrussischen Volksversammlung hat sich herauskristallisiert. Die Fragen, mit denen sie sich befasst, sind strategischer Natur. In der Tat ist es wie in der Sowjetunion, erinnern Sie sich, dort gab es früher Parteitage. Sie fanden alle fünf Jahre statt. Wir haben da einiges umgeschrieben.

Aber warum wurde die erste Gesamtweißrussische Volksversammlung abgehalten? Das war der Moment, in dem alles aus den Fugen geriet. Der neue Präsident – damals wurde ich gewählt. Und sie begannen, mich zu strangulieren, diese Nationalisten verloren die Macht. Aber ich konnte nichts tun. Also berief ich diese Gesamtweißrussische Volksversammlung ein. Sie hatte einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Landes. Sie hat also Wurzeln geschlagen. Sie befasst sich mit den akutesten und wichtigsten Problemen. Und wenn die Gesamtweißrussische Volksversammlung was beschlossen hat, wird sich das ganze Land in diese Richtung bewegen. Und das gilt auch für den Präsidenten. Aber es ist die Entscheidung des Präsidenten. Sie wird nun in der Verfassung verankert. Und die Umverteilung der Zuständigkeiten, sozusagen die Fragen, die nicht mit dem Staatsoberhaupt zu tun haben, werden der Regierung übertragen. Aber der Präsident wird wie heute die Regierung bilden, er wird das Staatsoberhaupt sein und eine starke Präsidialmacht bleibt bestehen.

Auch weiterhin.

Eine starke präsidiale Macht. Aber es sollte auf keinen Fall eine Doppelherrschaft geben.

Alexander Grigorjewitsch, Sie haben doch selbst gesagt, dass Sie zu lange auf dem Stuhl gesessen haben, dass Sie nach der neuen Verfassung nicht mehr Präsident sein werden. Aber wer werden Sie dann sein?

Dmitri Konstantinowitsch, wir beide werden uns ausruhen, wir werden uns treffen. Ich habe gesehen, Du hast irgendwo auf der Krim…

In Koktebel, willkommen!

Genau!

Das Jazz-Festival.

Wir werden uns dort treffen.

Sie meinen es also ernst, ja?

Vollkommen ernst.

Ich meine, nachdem die neue Verfassung verabschiedet ist…

Das Einzige, was ich Dir ernsthaft sagen kann, ist: Ich weiß es nicht. Nicht weil es von mir abhängt – ich fahre morgen oder übermorgen mit Dir nach Koktebel.

Zuerst mit Putin nach Sewastopol.

Ja, richtig! Zuerst nach Sewastopol und dann nach Koktebel.

Als Sie sagten, Sie schon zu lange hier sitzen oder dass Sie nicht als Präsident arbeiten werden, nach der neuen Verfassung gibt es hier keine Frist, also können wir nichts sagen. Sie planen noch nichts?

Ich plane es, aber ich spreche nicht darüber, wie auch Putin nicht darüber spricht. Wenn ich sage, dass ich morgen nicht mehr Präsident sein werde, können wir uns vorstellen, was passieren wird.

Wird es nach Verabschiedung der Verfassung Neuwahlen geben?

Für alle Machtorgane, das Parlament, Präsidentschaftswahlen und die Allweißrussische Volksversammlung.

Der Präsident auch? Im Sommer? Werden sie bereits im Sommer stattfinden?

Nein.

Und wann?

Nein, man wird es sehen. Bis zu den Präsidentschaftswahlen sind es noch etwa drei bis vier Jahre.

Werden sie also nach Plan abgehalten werden?

Nicht später als geplant, aber es könnte zu vorgezogenen Wahlen kommen.

Und aus welchen Gründen?

Auf der Grundlage dessen, was der Präsident entscheidet.

Also wenn Sie selbst so entscheiden.

Ja, ja, natürlich. Oder die Übergangsbestimmungen zur Verfassung werden einen anderen Wahltermin festlegen.

Werden Sie bei der nächsten Wahl antreten?

Ich weiß es nicht.

Halten Sie die Spannung aufrecht?

Nein, nein! Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.

Wovon hängt es ab?

Zunächst einmal von der Lage im Lande. Ich bin auch zu dieser Wahl angetreten – Ihr habt nicht genau hingeschaut, Ihr Russen – und wie bin ich zu dieser Wahl angetreten? Ich war bereit, dass die Menschen ihren neuen Präsidenten wählen. Ich hätte zur Wahlen nicht antreten können, aber was ich getan habe, war – entschuldigen Sie meine Unbescheidenheit – genial. Vor der Wahl habe ich öffentlich gesagt: Wissen Sie, ich trete bei dieser Wahl an. Wenn etwas passiert – Krieg, Umsturz im Land und so weiter – und ich bin nicht angetreten und das nach den Wahlen passiert, werden Sie mir vorwerfen, dass ich weggelaufen bin, dass ich feige bin.

Hör mal, ich habe regelrecht in die Zukunft geschaut. Was wäre, wenn es Lukaschenko in diesen Tagen nicht gegeben hätte? Nicht weil ich so großartig bin, sondern weil ich meine Sache verteidigt habe. Ich habe meins verteidigt, ich habe alles mit meinen eigenen Händen aufgebaut. Ob richtig oder falsch, daran kann man sich abarbeiten, wie man will, aber ich habe es geschaffen und verteidige es, als wäre es mein eigenes. Ich lief mit einem Maschinengewehr herum, ich wusste nicht, wie es ausgehen würde, nur für den Fall der Fälle. Und mein jüngster Sohn Kolya rannte um mich herum und verteidigte seinen Vater. Andere waren neben uns. Über sie wird nicht gesprochen. Wir sind losgezogen, um unser eigenes zu verteidigen.

Hätte es einen neuen Mann gegeben, er hätte so gut sein können wie Lukaschenko, aber, Dmitri, es war nicht seins. Jetzt ist das vorbei, ich habe später im engen Kreis und öffentlich gesagt, dass es die wichtigste Entscheidung in meinem Leben war, dass ich bei diesen Wahlen angetreten bin. Es stimmt nicht, dass wir die Wahlen manipuliert haben, dass nicht Lukaschenko gewählt wurde, sondern jemand anderes. Ich habe es damals sogar öffentlich gesagt, okay, 80,5 Prozent der Stimmen, solche Prozentsätze habe ich immer gehabt. Nun gut, es gibt einen Wettbewerb zwischen den Gouverneuren in Russland und bei uns. Der hat 90, ich habe 90,5 Prozent. Und sie quälen diese Menschen, beeinflussen sie und so weiter. Ich sage, dann streicht drei Prozent und es sind 77 Prozent, weil die irgendwo falsch gezählt haben, und so weiter. Fälschen wir es nach unten. In Ordnung, 75 Prozent. Nein, OK, 68: das sind zwei Drittel, das ist eine verfassungsgebende Mehrheit. Bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent, ich glaube, es waren 87 oder 85. Unsere Wahlbeteiligung ist immer hoch, sowohl bei den Parlamentswahlen als auch bei diesen Wahlen. Die Menschen gehen zur Wahl, wir fordern sie auf, mobilisieren sie und so weiter, aber es ist keine Pflicht.

Ich würde gerne eine objektive Person sehen, die sagt, dass die Präsidentschaftswahlen manipuliert wurden. Obwohl es den Menschen ordentlich in die Gehirne gepflanzt wurde. Aber warum sage ich das? Ich habe ja keinen Wahlkampf geführt. Ich war schon darauf vorbereitet und habe den Leuten gesagt: Hört zu, Weißrussen, wenn ihr einen neuen Präsidenten wählt, nicht mich, werde ich nicht beleidigt sein. Die Zeit ist reif, es braucht neue Leute. Das war meine wichtigste Botschaft. Ich habe kein einziges Treffen mit der Bevölkerung abgehalten, nicht ein einziges. Ich bin nicht im Fernsehen aufgetreten, ich habe meinen Gegnern alles gegeben. Ich bin nur zu den Aktivisten in die Region gegangen und habe den Aktivisten, den örtlichen Führern gesagt: Hier stehen wir, das ist die Situation. Die Menschen haben die Gefahr gespürt und es gut ist, dass ich bei diesen Wahlen angetreten bin.

Entschuldige meine Unbescheidenheit, aber das hat Weißrussland gerettet. Nicht, weil ich ein Diktator bin. Und als Margarita mich danach fragte, sagte ich zu ihr: „Ich glaube, die Leute haben das Gefühl, wie viele Jahre soll es noch so weitergehen, es sind schon 25 Jahre. Wahrscheinlich, ja, habe ich zu lange hier gesessen.“ Ich habe ihr das ehrlich gesagt. Ein Jahr später ist die Situation in Weißrussland eine völlig andere. Geh zu ihr und sag ihr, dass es Lukaschenko morgen nicht mehr gibt. (Anm. d. Übers.: Margarita Semonyan ist die Chefredakteurin von RT. Sie hat Lukaschenko vor einiger Zeit in einem Interview nach seiner langen Amtszeit gefragt und da hat Lukaschenko geantwortet, dass er eigentlich schon zu lange auf seinem Stuhl sitzt)

Sie wird traurig sein.

Also nein, das war ein Beispiel. Sie ja. Sie wird nicht untergehen, solche Menschen gehen nicht unter. Wir haben viele talentierte Leute, sie werden nicht untergehen, Dmitri. Wir beide auch nicht. Ich weiß nicht, ob Sie ein Kommunist waren, aber ich war Kommunist.

Ich war auch einer.

Und ich auch. Und ich schäme mich nicht dafür. Ich glaube auch nicht, dass Du Dich dafür schämst. Vielleicht sprichst Du nicht öffentlich darüber.

Nein, jetzt habe ich es gesagt.

Gesagt.

Ich sagte, ich war Kommunist, also schäme ich mich nicht.

Nun, ja. Ich auch.

Jeder macht seine Evolution durch.

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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